Energiepreise weltweit mit Charts (kurzfristig und langfristig): Rohöl, CoT Brent/WTI, EU Gas, EU Speicherbestände, US Gas, LNG Asien, Kohle ARA, Phelix Spot und Cal18, EUA, Auktionsergebnisse PV und Wind; LCOE-Analysen
Ölmarktbericht
Gasmärkte (EU, US, LNG Asien)
Kohlemärkte
Strommarkt & Carbon (Westeuropa)
Features:
Was kostet Rohöl? Von den Förderkosten bis zur Steuerquote – ein internationaler Vergleich
EnergetischeGebäudesanierung: Bundesweite Erhebungen zeigen massive Abweichung von den Erwartungen
Wie schnell kommen PV und EV? Stärken und Schwächen des Grantham/CarbonTracker Berichts
Die Top10 der globalen Photovoltaik-Branchen: Eine Übersicht
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Die aktuelle Ausgabe unseres Abo-Newsletters GLOBAL ENERGY BRIEFING Nr.131 vom 27. März 2016 widmet sich – neben den üblichen Preisübersichten und Marktdaten – folgenden Themen:
Feature: Heizen in Deutschland – Vergleich der Kosten und Emissionen unterschiedlicher Heizungsoptionen im Neubau
Feature: Elektromobilität – Vollkostenvergleich in Deutschland, China und USA
Trendwende im Ölmarkt
LNG-Preise im freien Fall
Neue Trends im Strommarkt der USA
Renditen der Offshore-Windparks in Deutschland
Unerwartete Verkehrswende in den USA
Deutsche Kohleassets bald wertlos (Studie)
China bremst Windkraftausbau
Aktuelle Preisdaten: Öl – Gas – Kohle – LNG – Kohle – Strom – CO2
u.v.m.
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Diese Ausgabe des Global Energy Briefing widmet sich mit einem globalem Blickwinkel den erneuerbaren Energien (EE). Kurz vor der Klimakonferenz in Paris wächst der Informationsbedarf: Wo und wie stark konnten sich nachhaltige Lösungen in den einzelnen Energiemärkten durchsetzen? In welchen Sektoren können EE absehbar zu einer klimapolitisch relevanten, nachhaltigen Lösung werden? Wo gibt es Wachstum, wo Stagnation? Und insbesondere: Wieviel kosten EE bei der Stromerzeugung, für Wärme und für Kraftstoffe?
Globale Daten sind naturgemäß nicht exakt, aber sie geben einen Anhaltspunkt für den Stand der globalen Energiewende. Demnach haben sich EE auf Basis der Zahlen für 2014 (IEA) weltweit unterschiedlich stark durchgesetzt:
Im Stromsektor stellen EE 22% der Strommengen bereit. Der größte Teil davon entfällt auf Wasserkraftwerke.
Im Straßenverkehr liefern Biokraftstoffe ca. 4% der Kraftstoffe.
Im Wärmesektor (Endenergie) stellen moderne EE (also ohne traditionelle Nutzungen mit Dung etc.) ca. 8% des Wärmebedarfs bereit.
Die Kosten der EE zeigen trotz der relativ standardisierten Technologien etwa bei der Photovoltaik und bei Windturbinen große Unterschiede zwischen den Hauptmärkten EU, China und USA. Auch die Kostentrends unterscheiden sich von Markt zu Markt. Lesen Sie mehr dazu im aktuellen Global Energy Briefing !
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Die Wärmewende stockt: Der Bundesverband Wärmepumpe meldet erneut einen stagnierenden Absatz für Wärmepumpen in Deutschland. Es verstärkt sich außerdem der Trend zu den Luftwärmepumpen, während der Absatz der energetisch effizienteren, aber technisch aufwendigeren Erdwärmepumpen zurückging.
International gelten Wärmepumpen für Industrie- und Schwellenländer als eine zentrale Technologie für die globale Wärmewende. Wichtig dabei ist ihre Einbindung in ein ganzheitliches Gebäude- und Quartierssanierungskonzept. Das wird im Prinzip auch in Berlin so gesehen. Aber das konzeptionslose Zurückrudern bei der Stromwende und die anhaltende Lähmung bei der Wärme– und Kraftstoffpolitik gefährden nun auch die Wende in den Heizungskellern.
Die meisten Wärmepumpen kommen in neuen Gebäuden zum Einsatz. Hier liegt ihr Marktanteil schon seit fünf Jahren bei eindrucksvollen 22-25 Prozent, nur geschlagen von den Gasbrennern. Aber wo läge der Anteil ohne die Anforderungen des EEWärmeG, das den Einsatz regenerativer Energien, von Biomasse oder eben von Umweltwärme, in Neubauten verbindlich vorschreibt? Das Problem zeigt sich spiegelbildlich im Bestand: Nur 0,7 Prozent der Wohnungen im Bestand nutzen Wärmepumpen (Quelle: AGEB).
Heizungssysteme in neuen Wohnungen
Das ist auf den ersten Blick verwunderlich, denn der technische Ansatz der Wärmepumpen ist bestechend: Man nehme 1 kWh Strom, addiere Umgebungswärme aus der Luft oder aus dem Erdreich, und schon stehen dank des „Temperaturhubs“ durch den Kompressor der Wärmepumpe 3-4 kWh Wärme zur Verfügung. Dieser Hebel ist die oft zitierte Jahresarbeitszahl der Wärmepumpen, also “JAZ 3” oder “JAZ 4”. Dasselbe technische Prinzip findet übrigens im Kühlschrank Anwendung – nur eben mit dem umgekehrten Ziel.
Insgesamt verbrauchen alle Wärmepumpen (für Raumwärme und Warmwasser) derzeit etwa 2,2 TWh Strom pro Jahr (Quelle: Bundesnetzagentur: Monitoringbericht 2013, Bonn 2013).
Zweiter Vorteil: Wärmepumpen sind technisch ausgereift und können, wenn der Strom aus erneuerbaren Quellen kommt, völlig ohne CO2-Emissionen oder Schadstoffemissionen die Wärme- und Kälteversorgung sichern. Insofern sind sie die ideale Ergänzung zur Stromwende.
Dritter Vorteil: Die Effizienzkurve der Wärmepumpen passt ideal zu gut gedämmten, modernen Gebäuden, die nur geringe Vorlauftemperaturen (z.B. für Fußbodenheizungen) benötigen.
Wärmepumpen vs Ölheizung: Die Kosten
Ein Problem stellen zweifellos die vergleichsweise hohen Investitionskosten für Wärmepumpen dar, die im Schnitt 2-3mal höher liegen als bei Öl- oder Gasbrennern. Die Wartungskosten sind gegenüber Ölheizungen eher niedriger, stellen aber ohnehin nur einen relativ kleinen Posten dar.
Auf der anderen Seite sind die Preisrisiken bei Ölheizungen langfristig weitaus höher: Bei Heizöl kann es jederzeit zu plötzlichen Preisexplosionen kommen, wenn sich Konflikte im Nahen Osten oder bei anderen großen Ölexporteuren zuspitzen sollten. Und langfristig wird Öl knapp und teuer. US-Schieferöl verschafft da nur eine kurze Verschnaufpause: Nach wie vor rechnen fast alle Ölexperten nach 2020 mit einer globalen Verknappung und deutlich steigenden Ölpreisen. Bei den Strompreisen jedoch liegen die steilen Zuwächse hinter uns. Die Vergütungssätze für neue PV- oder Windanlagen sind so niedrig, dass sie die EEG-Umlagesumme nur noch geringfügig erhöhen, während andererseits immer mehr stark geförderte EE-Anlagen der Vergangenheit aus der Förderung heraus fallen. Auch technologisch gilt: Die Förderung von Öl und Gas wird immer teurer, während die Kosten für Windstrom und Solarstrom immer weiter schrumpfen.
Insofern stellen die höheren Investitionskosten von Wärmepumpen, die ein Haus über Jahrzehnte versorgen werden, auch eine Versicherungsprämie gegen mögliche Kostenexplosionen auf den Weltmärkten dar.
Wie sieht es aber nun bei den Verbrauchskosten aus:
Bis 2007 waren die örtlichen Grundversorger verpflichtet, spezielle Heizstromtarife für Wärmepumpen anzubieten. Doch seither steigen die Kosten steil an. Im Jahr 2000 mussten im Schnitt um die 7 ct/kWh gezahlt werden, heute sind es bei großen Schwankungen im Einzelfall im Schnitt 18-22 ct/kWh (ein Vergleich der Tarife ist seit kurzem bei Verivox möglich). Das liegt nicht mehr weit vom normalen Stromtarif entfernt. Erschwerend kommt beim Heizstrom hinzu, dass es in einer Region nur selten die Möglichkeit gibt, den Anbieter zu wechseln. Immerhin hat das Bundeskartellamt die Anbieter 2010 verpflichtet, mehr Informationen preiszugeben, die Märkte stärker zu öffnen und die Tarife im Einzelfall auch zu senken.
Die Vergleichsrechnung bei den Verbrauchskosten ist relativ simpel. Gute Erdwärmepumpen haben eine JAZ von 4, gute Luftwärmepumpen eine JAZ von 3. Mittlerweile steht dem Markt eine Vielfalt moderner Konzepte mehrerer Hersteller zur Verfügung.
Verbraucht man also z.B. 1500 Liter Heizöl pro Jahr in einem Einfamilienhaus, dann kostet das derzeit 1260 Euro. Für dieselbe Wärmemenge (15.000 kWh) braucht eine Wärmepumpe mit einer JAZ von 3,5 etwa 4.286 kWh. Das kostet bei einem Heizstromtarif von 21 ct/kWh genau 900 Euro. Unterstellt man für die Wärmepumpe und den Ölbrenner eine Lebensdauer von 20 Jahren und konstante Energiepreise, dann summiert sich die Ersparnis (ohne Diskontierung) auf 7.200 Euro. Sollten die Ölpreise schneller steigen als die Strompreise, was recht wahrscheinlich erscheint, dann kann die Ersparnis rasch 10.000 Euro überschreiten.
Es gibt immer wieder kritische Berichte über falsch eingestellte oder falsch dimensionierte Wärmepumpen, die höhere Kosten “als im Prospekt” erzeugen. Das ist im Einzelfall sicherlich zutreffend, stellt aber ein generelles Problem dar, unter dem Öl- oder Gasheizungen ebenso leiden (z.B. überdimensionierte Kessel, zu hohe Temperaturen, etc.). Allerdings stellen extrem kalte Tage ein Problem für Wärmepumpen dar: Die Effizienz sinkt dann drastisch bis zu dem Punkt, wo ggf. der eingebaute Heizstab unterstützend eingreifen muss.
Energiepolitisches Fazit
Die langfristigen Trends arbeiten für die Wärmepumpenbranche: Je mehr moderne Gebäude mit guter Dämmung und geringeren Anforderungen an die Vorlauftemperaturen entstehen, desto leichter lassen sich Wärmepumpen integrieren. Auch der Klimawandel und die immer milderen Winter – eine Ironie der fossilen Geschichte – helfen bei der Effizienz der Wärmepumpen, da eine geringere Temperaturdifferenz zwischen Umgebung und Innenraum den Wirkungsgrad der Anlagen überproportional verbessert.
Aber eine Wärmepolitik, die nur auf Neubauten setzt, kann nur im Schneckentempo vorankommen. Zwei Missstände gilt es deshalb abzubauen:
1. Nach wie vor ist die Abgabenbelastung für Erdgas und Heizöl weitaus niedriger als für den zukunftsweisenden Wärmepumpenstrom. Es gibt keine Chancengleichheit im Wärmemarkt. Die gegenwärtige Ausgestaltung der Energiesteuern blockiert die Wärmewende in den Heizkellern.
2. Mehrere Millionen alter – im doppelten Sinne – fossiler Ölheizungen emittieren in oft schlecht gedämmten Bestandsbauten ungestört vor sich hin. Heizöl versorgt nach wie vor knapp 30% aller Wohnungen in Deutschland. Ein Sanierungskonzept für umwelt- und klimaschädliche Ölbrenner fehlt. Sie sollten sozial verträglich durch nachhaltigere Wärmekonzepte ersetzt werden, die sich zudem besser in zukunftsweisende Gesamtkonzepte der Energiewende integrieren lassen.
Mehr zum Thema Wärmemärkte, Öl & Gas finden Sie in unserem monatlich erscheinenden Newsletter Global Energy Briefing.
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Der folgende Chart zeigt die Entwicklung der Brennstoffkosten bzw. Heizenergiekosten für Privathaushalte 2006 bis Dezember 2013.
Um die Preisentwicklung vergleichbar zu machen, benutzen wir einen Index mit der Basis Januar 2006 = 100. Datenquelle ist Destatis. Bitte beachten Sie, dass die tatsächlichen Kosten regional und je nach Produkt unterschiedlich sind. Das Schaubild zeigt lediglich den durchschnittlichen Trend.
Es wird deutlich, dass alle Versorgungsarten deutlich teurer geworden sind. Erdgas hat die geringste Dynamik beim Preisanstieg und zeigt ebenso wie die Fernwärme relativ geringe Preisschwankungen im Zeitverlauf. Die Holzpreise (v.a. Pellets) ziehen seit 2010 gemächlich aber sehr stetig an. Die Heizölpreise haben einen extrem steilen Preisanstieg hinter sich und sind nach Strom die Variante mit den höchsten Kosten.
Die amerikanischen Gaspreise klettern heute auf 4,9 $/MMBtu und damit auf den höchsten Stand seit fast vier Jahren (vgl. Chart). Eine erneute Kältewelle hat den Nordosten und den Mittleren Westen der USA bis nach Texas fest im Griff. Wie schon Anfang Januar ist der Wärmemarkt einer starken Belastungsprobe ausgesetzt.
Gaspreise in den USA 2009-2014
Heizungsmarkt USA
Der amerikanische Heizungsmarkt unterscheidet sich zum Teil deutlich von seinem deutschen Pendant. Das führt dazu, dass die US-Verbraucher überdurchschnittlich vom Temperatursturz betroffen sind – trotz der ständig in der Presse gefeierten Schiefergas- und Schieferölrevolution.
Zum einen ist der US-Wärmemarkt alles andere als integriert. Der hohe Heizbedarf führt im Moment zu extremen Preiskapriolen und Windfallprofits bei regionalen Gaspreisen und Strompreisen, über die wir vor kurzem berichtet hatten.
Ein zweiter Unterschied liegt in der Struktur des Heizungsmarktes. Ähnlich wie in Deutschland dominiert Erdgas als Heizungstyp. Von den 113,6 Mio. Wohnungen (EFH, Etagenwohnungen etc.) werden nach den letzten Zensusdaten 49% in erster Linie mit Erdgas beheizt, aber nur 6,1% mit Heizöl, wobei die Heizölpreise in den USA normalerweise 10-20% unter den deutschen Heizölpreisen liegen. Hinzu kommen 4,9% der Wohnungen, die mit Propan/LPG beheizt werden, 2,5% mit Holz.
Der sehr hohe Anteil der Stromheizungen als Hauptheizung (33,5% der Wohnungen) ist jedoch ein wesentlicher Unterschied zum deutschen Wärmemarkt.
Die folgende Karte zeigt, welche Heizungsarten in welchen Regionen der USA eingesetzt werden. Landesweit dominieren Erdgas- und Stromheizungen: Gas im kalten Norden, Strom mit Marktanteilen über 50% im warmen Süden. Heizöl spielt nur im Nordosten eine große Rolle. Propan und Holz werden überall eingesetzt, haben aber nur geringe Marktanteile.
Heizungstypen in den USA nach Region
Betrachtet man nicht die Zahl der Hauptheizungen, sondern die Menge der bereitgestellten Raumwärme, verschieben sich natürlich die Gewichte im Markt. Jetzt hat Erdgas einen Anteil von 70%, gefolgt von Heizöl mit 12% und Strom mit 10%. Der Rest ist zum größten Teil Propan. Betrachtet man das gesamte Raumklima, also Wärme und Kühlung, schrumpft der Anteil von Erdgas auf 61%, während Strom mit 21,5% einen erheblichen Marktanteil besitzt.
Wärmemarkt USA
Da die aktuelle Kältewelle bis weit in den Süden der USA vordringt, kommen hier nun v.a. Stromheizungen zum Einsatz, die als kombinierte Klimaanlagen mit der Hauptfunktion Kühlung und der Nebenfunktion Heizung ausgestattet sind. Sie sind technisch und baulich nicht optimiert, um niedrige Außentemperaturen zu kompensieren und verbrauchen unverhältnismäßig viel Strom. Die Strompreise wiederum steigen wegen der angespannten regionalen Versorgungslage steil an: Eine doppelte Belastung für die Privathaushalte.
Die amerikanischen Haushalte sind also auf ungewöhliche Wetterlagen schlecht vorbereitet: Die logistische Abschottung regionaler Märkte (z.B. Nordosten) führt zu Extrempreisen, während andere Regionen (Süden, Midwest) technologisch auf Temperaturstürze nicht vorbereitet sind.
Technologischer Nachholbedarf
Nicht nur im Süden, auch in den kälteren Regionen gibt es technologischen Modernisierungsbedarf im Heizungsmarkt, ähnlich wie in Deutschland. Die Gasbrenner (die in den meisten Fällen mit Warmluft als Medium arbeiten; also nicht mit Wasser wie in Deutschland) sind technisch oftmals veraltet. Noch immer gilt ein Standard aus dem Jahr 1992, da schärfere Normen immer wieder gerichtlich blockiert wurden. Der geltende Standard schreibt eine Effizienz (lt. AFUE) von 78% vor.
Ein Konsenspapier mit Heizungsherstellern aus dem Jahr 2010 (Abkommen) sieht regional unterschiedliche Standards vor, denn die Anforderungen sind im kalten Nordosten der USA andere als im heißen Süden, wo eher das Air Conditioning (Kühlung) im Vordergrund steht. Das Energieministerium wollte diese flexiblen Standards im Mai 2013 in Kraft treten lassen: 90% Heizeffizienz in den kalten Bundesstaaten, 80% im Rest der USA. Doch im letzten Moment gelang es einer Koalition aus Gasversorgern und Heizungshändlern, die neuen Regeln gerichtlich zu stoppen.
In der Praxis setzen sich effizientere Heizungen deshalb nur allmählich durch. So erreichten nur 35% der verkauften Gasheizungen im Jahr 2012 eine Effizienz von über 90% durch den Einsatz moderner Brennwerttechnik, die auch die Kondenswärme nutzen. Ein neuer verbindlicher Standard ist in den nächsten Jahren nicht in Sicht.
Rolle der Raumwärme im Gebäudesektor der USA
Im Laufe der Jahrzehnte sank der Anteil der Raumwärme (inkl. A/C) am Energieverbrauch der Privathaushalte. Die aktuellsten verfügbaren Daten (2009) zeigen einen Anteil von 41,5% für die Raumwärme. Das liegt deutlich unter den 53,1% im Jahr 1993. Air Conditioning (Kühlung) konnte seinen Anteil hingegen von 4,6% (1993) auf 6,2% (2009) ausweiten, während der Anteil des Warmwassers bei 18% verharrte. Der Rest wird für elektrische Geräte und Licht verwendet.
Die Gründe dafür liegen zum einen in der Modernisierung der Heizungen und der bessseren Dämmung der Gebäude und Fenster. Ein amerikanischer Sonderfaktor ist der steigende Anteil der Bevölkerung, der in den warmen Bundesstaaten lebt. Dort stehen mittlerweile 53% der neuen Wohngebäude, die nach dem Jahr 2000 errichtet wurden.
USA: Energieverbrauch in Privathaushalten 1993 und 2009
Viele Effizienzgewinne werden allerdings durch den höheren Wohlstand und Rebound-Effekte zunichte gemacht. Neue Wohneinheiten (nach 2000 gebaut) sind zwar weitaus moderner und effizienter, aber da sie im Schnitt 30% größer sind, liegt ihr Energiebedarf 2% höher – ein aus deutscher Sicht enttäuschender Wert, der jedoch in den USA als Erfolg verbucht wird. Zum Mehrverbrauch trägt neben der größeren Wohnfläche der starke Einsatz von Air Conditioning und eine größere Anzahl elektrischer Geräte bei, während der Bedarf an Heizenergie je Quadratmeter deutlich geringer ist.
USA: Höherer Energieverbrauch in Neubauten
Trotz des höheren Anteils an Neubauten, derzeit niedriger Gaspreise und klimatischer Vorteile sehen sich die USA also im Wärmemarkt großen Herausforderungen gegenüber: Regionale Wärmepreise können aufgrund von Defiziten in der Marktintegration innerhalb kürzester Zeit um über 100% steigen. Viele Heizungen sind technisch veraltet. Und der Süden des Landes ist auf extreme Wetterlagen heizungstechnisch nicht vorbereitet.
Gebäudedämmung: Wie und mit welchem Aufwand? Oder doch nur eine modernere Heizung? Diese Fragen bewegen längst nicht nur deutsche Gemüter. Von Russland bis Mexiko, von Norwegen bis Thailand ist der Heizungs- und Kühlungsbedarf von Gebäuden angesichts steigender Heizölpreise und Gaspreise eine wichtige Stellschraube für Investoren, den nationalen Energiebedarf oder die Außenhandelsbilanz. Und auch klimapolitisch führt kein Weg am Gebäudesektor vorbei.
Die Internationale Energieagentur (IEA) stellte hierzu jüngst ihre „Technology Roadmap: Energy Efficient Building Envelopes“vor (Paris Dez. 2013, Hauptautor Marc LaFrance; in Kooperation u.a. mit der Russian Energy Agency, Tsinghua University und dem amerikanischen Energieministerium).
Überblickszahlen: Der globale Wärmemarkt
In Gebäuden wird weltweit mehr als ein Drittel der Energie verbraucht und direkt oder indirekt ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen verursacht. In kalten Regionen sind es sogar bis zu 50%. Je nach Klimaregion wird 20-60% des gesamten Energieverbrauchs in einem Gebäude vom Design und den Materialien seiner Hülle festgelegt. Im Jahr 2010 wurde 70% der Gebäudeenergie in Wohngebäuden und 30% in gewerblich genutzten Gebäuden verbraucht.
Die meisten Gebäude in den alten Industrieländern (OECD) wurden vor 1970 gebaut und haben eine Lebensdauer von 50 bis 100 Jahren. Die Sanierungsrate liegt bei etwa bei 1% pro Jahr, aber nur ein kleiner Teil davon führt zu einer deutlich verbesserten Energieeffizienz. Hier sollte, so die IEA, energiepolitisch ohne Zögern gehandelt werden, da sich größere energetische Sanierungen oftmals nur lohnen, wenn ohnehin größere (nicht-energetische) Sanierungsmaßnahmen notwendig werden – also nur alle 20 Jahre ein Mal.
In den Entwicklungs- und Schwellenländern hingegen werden viele Gebäude bereits nach 25-35 Jahren wieder abgerissen. Insgesamt wächst der urbane Gebäudebestand dort rasch an. Hier ist es notwendig, möglichst rasch umfassende Building Codes (Bauvorschriften) einzuführen und zu überwachen, um Fehlentwicklungen zu stoppen.
Ohne eine höhere Energieeffizienz der Gebäude wird der Energiebedarf bis 2050 um 50% steigen. Nicht zuletzt, weil die Weltbevölkerung bis dahin um 2,5 Mrd. Menschen anwächst. Die Zahl der privaten Haushalte wird 2010 bis 2050 um fast 70% sprunghaft anwachsen, von 1,9 auf 3,2 Milliarden Haushalte, also Wohneinheiten. Die Wohnfläche wird ähnlich stark von 206 Mrd. auf 357 Mrd. Quadratmeter expandieren. Das entspricht recht genau der gesamten Fläche Deutschlands.
In fast allen Regionen steht bei der Gebäudenergie der Heizbedarf und der Kühlungsbedarf („Air Conditioning“) im Zentrum. Die Raumkühlung stellt dabei den dynamischsten Sektor dar: Bis 2050 soll der Energieaufwand hier um 150% steigen, außerhalb der Industrieländer sogar um 300-600%.
Energieeinsparungen und Kosten in einem Klimaschutzszenario („2DS“)
Moderne Gebäudehüllen können in kalten Klimazonen den Heizbedarf auf nur noch 20-30% gegenüber dem aktuellen OECD-Durchschnitt reduzieren, ohne dass innovative Technologien zum Einsatz kommen müssten. In heißen Regionen können moderne Gebäudehüllen den Einsatz von Air Conditioning stark reduzieren, oftmals völlig überflüssig machen.
Die folgenden Beispiele zeigen die unterschiedlichen Anforderungen an die energetische Gebäudesanierung (U=Wärmedurchgangskoeffizienten bei Dach und Wänden) im Vergleich zu konventionellen Bauweisen:
In einem energischen Klimaschutzszenario („2DS“) wäre die benötigte Heiz- und Kühlungsenergie im Jahr 2050 50-65% niedriger als im Trendszenario. Der Heizenergiebedarf sinkt dann in Neubauten der Industrieländer auf 25 kWh/m2. Allein die besseren Gebäudehüllen sparen dann jährlich 5,8 EJ ein – v.a. in China, der EU, Russland, Kanada und den USA (zum Vergleich: Der aktuelle Endenergiebedarf Deutschlands für Raumwärme liegt je nach Winter bei 1,4-1,9 EJ). Im Jahr 2050 liegen die direkten CO2- Emissionen entsprechend um 525 Mio. Tonnen CO2 niedriger. Nullenergiehäuser werden dann vom Nischenmarkt zum Standardmodell.
Das kommt jedoch nicht zum Nulltarif. Die Investitionen sind beträchtlich und belaufen sich 2015-2050 auf zusätzliche 3.700 Mrd. Dollar für die verbesserten Gebäudehüllen weltweit bei Bestands- und bei Neubauten. Auf der Habenseite steht neben dem Klimaschutz eine erheblich reduzierte Heiz/Kühlrechnung: Pro Jahr werden 125 Mrd. Dollar an Öl, Gas etc. eingespart.
Kostenbeispiel (Life Cycle Cost) für eine relativ kalte Region: Low-E-Glass, starke Dämmung, Luft-Wärmepumpe statt Heizstrahler. Die Kurven zeigen, dass ein integrierter Ansatz die niedrigsten Gesamtkosten (LCC) hat, wenn die bessere Dämmung eine Verkleinerung der kapitalintensiven Heizanlage ermöglicht. Der integrierte Anstz spart insgesamt 42% der Kosten und mehr als 80% der Heizenergie ein.
Forderung der IEA: 2% Sanierungsquote und Gesamtkostenbetrachtung
Die IEA plädiert dafür, die Sanierungsrate auf mindestens 2% pro Jahr zu verdoppeln, v.a. in den nördlichen Industrieländern wie Deutschland, wo 75-90% des aktuellen Gebäudebestands auch 2050 noch bewohnt sein wird. Dabei sollte das ganze Spektrum von Vorteilen im Auge behalten werden: Das reicht von der langfristigen Energieeinsparung, über gesundheitliche Vorteile der Bewohner bis zur Schaffung von Arbeitsplätzen und höheren Steuereinnahmen.
Ein aktuelles Beispiel ist das Programm „Warm Up New Zealand: Healthy Homes“. Es kommt insbesondere Familien mit niedrigem Einkommen in älteren Gebäuden zugute. Es umfasst 178.000 Gebäudesanierungen und 61.000 Heizungsmodernisierungen in den Jahren 2009-2012. Eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse, die insbesondere die verbesserte Gesundheit der Bewohner berücksichtigte, kam auf einen gesellschaftlichen Nutzen, der 4mal höher lag als die Investitionen.
In anderen Beispielen in heißen Regionen konnte klar gezeigt werden, dass schlechte Wärmeisolierungen (Klarglas Richtung Süden, nicht-reflektierende Dachmaterialien etc.) eine erhöhte Sterblichkeitsrate bei Hitzewellen verursachen.
Mehr Forschung, mehr Benchmarking, mehr Kosteneffizienz
Das deutsche Passivhaus-Konzept hat sich seit 1990 erfolgreich in der ganzen Welt verbreitet, wie die IEA lobend hervorhebt. Die Herausforderung besteht jetzt darin, die Kosten für diese Bauweise so stark zu senken, dass sie auch für den Massenmarkt attraktiv wird. Ebenso fanden die deutschen KfW-Förderprogramme weltweit Nachahmer. Nach wie vor einzigartig, so der IEA-Bericht, ist das KfW-Programm für die ostdeutschen Bundesländer, wo innerhalb von 20 Jahren 61% der Gebäude saniert wurden.
Im einzelnen bleibt trotzdem noch viel zu tun, um die Qualität der Gebäudehüllen zu verbessern und trotzdem die Kosten der Maßnahmen zu senken.
Aktivitäten sind insbesondere hier nötig:
• Verbesserte internationale Zusammenarbeit bei der Entwicklung preiswerter Passiv- und Nullenergiehäuser (hier führen Deutschland, Kanada, die EU und die USA)
• Weiter verbesserte Hochleistungsfenster
• Dünnere, weniger materialintensive Dämmtechniken
• Weniger Arbeitsaufwand bei der Versiegelung von Gebäuden
• Wetterbeständigere und preiswerterereflektierende Oberflächen für Dächer und Beschichtungen in heißen Regionen („Cool Roof“)
• Einheitliche internationale Effizienzindikatoren und Benchmarks für den Energieverbrauch diverser Gebäudetypen
• Bessere Marktbeobachtung: Wo setzen sich welche Ansätze und Produkte für bessere Gebäudehüllen durch?
• Einführung strikter energetischer Bauvorschriften für Neubauten (BuildingCodes IEA-UNDP) insbesondere in Schwellenländern. Jüngste Beispiele in China (Qinhuangdao, mit deutscher Beteiligung) zeigen, dass auch Hochhäuser in Innenstädten sehr gute Verbrauchswerte erreichen können.
Jede Region hat ihr eigenes Profil. Hier die Durchdringung regionaler Wärmemärkte mit einzelnen Komponenten moderner Gebäudehüllen, geordnet nach Land, Maßnahme und Grad der Markterschließung:
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In einer Serie von Artikeln auf dieser Webseite stellen wir unsere Kurzstudie für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen vor: Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten – Herausforderungen für die deutsche Wärmepolitik. Sie wurde am 27. Dez.2013 veröffentlicht und in fast allen großen Medien Deutschlands vorgestellt und kommentiert.
Wenn Sie den Text lieber offline lesen wollen, können Sie die gesamte Studie auch als PDF herunterladen: Download der Studie (PDF)
Öl aus Libyen, Erdgas aus Russland, Steinkohle aus Kolumbien: Ein herausragender Aspekt der deutschen Energieversorgung ist ihre Importabhängigkeit. Ohne die reibungslose internationale Versorgung mit den fossilen Energieträgern Öl, Gas und Steinkohle könnten weder die deutsche Wirtschaft, noch die deutsche Gesellschaft funktionieren. Fast der gesamte motorisierte Personen- und Güterverkehr, ein großer Teil der Stromversorgung und der größte Teil der Wärmeversorgung ist von diesen Energieressourcen abängig.
Die Einflussmöglichkeiten der nationalen und europäischen Politik auf die Energiekosten sind in den letzten Jahrzehnten geschrumpft, da der Energiemix und die Verkehrspolitik einseitig auf zunächst preiswerte und leicht verfügbare, zunehmend aber knappe und teure Energieimporte ausgerichtet wurde.
Heute ist Deutschland fast vollständig von fossilen Energieimporten abhängig. Die Importabhängigkeit bei Öl liegt um die 96%, bei Erdgas um die 86% und bei Steinkohle nahe 79% (vgl. Chart). Nur bei den meisten Erneuerbaren Energien und der Braunkohle liegt der Inlandsanteil bei 100%.
Preisanstieg und Importabhängigkeit wiegen bei Öl besonders schwer, da hier keine gleichwertigen Alternativen zur Verfügung stehen, während Gas und Kohle zumindest bei der Stromerzeugung leichter substitutierbar sind.
Fast schon vergessen sind die Befürchtungen aus den Jahren 2007/2008, als die Preise für Öl, Gas und Kohle unaufhaltsam zu steigen schienen. Fragen zur langfristigen Finanzierbarkeit einer einseitig fossilen Energieversorgung wurden laut – und nur wenige Jahre später in Südeuropa von der Wirklichkeit eingeholt: Unbezahlbare Heizölrechnungen führen zur Abholzung kritischer Baumbestände; hohe Tankstellenpreise schränken die motorisierte Mobilität großer Teile der Bevölkerung ein.
Eine schwere globale Rezession, die Dauerkrise Südeuropas und neue Fördermethoden in den USA (Schiefergas, Schieferöl) haben die unmittelbaren Versorgungsängste nach 2008 in den Hintergrund gedrängt. Aber für wie lange? In der Zukunft wird sich immer wieder die Frage nach den Kosten und der Resilienz (Widerstandsfähigkeit) unserer Energieversorgung stellen: Dezentral und regenerativ – oder fossil, global und zentralisiert.
3.1 Importmengen und Importkosten für Öl, Gas und Steinkohle 6
Fossile Ölimporte
Die Ölnettoimporte ergeben sich aus den Importmengen an Rohöl und Ölprodukten (Dieselkraftstoff, Rohbenzin etc.) abzüglich der Exporte. Die Nettoimporte sanken nach dem Jahr 2000 zunächst, bleiben aber seit 2007 in etwa stabil. Das ist vor allem auf die Mengenentwicklung bei Heizöl zurückzuführen. Der Verbrauch anderer Ölprodukte (Kraftstoffe, petrochemische Vorprodukte, etc.) ist vergleichsweise konstant.7
Der Mineralölabsatz in Deutschland wird 2013 voraussichtlich um 2 Prozent auf 105 Mio. Tonnen steigen. Die Exporte von Ölprodukten legten marginal zu, während die Produktimporte deutlich anzogen. Die Rohölimporte veränderten sich nur geringfügig.8
Die monatlichen Kosten für diese Nettoimporte liegen zur Zeit bei durchschnittlich 5-6 Milliarden Euro. Im Jahr 2012 betrugen die Kosten für die deutschen Ölnettoimporte insgesamt 68 Mrd. Euro. Im laufenden Jahr 2013 ist mit 67 Mrd. Euro zu rechnen.
Erdgasimporte
Die Nettoimportmengen (Importe minus Exporte) von Erdgas9 blieben in den letzten 13 Jahren relativ konstant. Sie stiegen zunächst bis 2006 und sinken seither. Im laufenden Jahr 2013 lagen die Nettoimporte bei ca. 2,8 PJ.10
Die monatlichen Kosten für diese Importe liegen zur Zeit bei durchschnittlich 1,8 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr 2012 betrugen sie 23 Mrd. Euro. Im laufenden Jahr 2013 ist mit 22 Mrd. Euro zu rechnen.11
Steinkohlenimporte für Kohlekraftwerke
Im Jahr 2012 sind die Importmengen für Kraftwerkststeinkohlen laut Bafa deutlich auf 32,0 Mio. Tonnen Steinkohle bzw. 27,5 Mio. Tonnen SKE (Steinkohleneinheiten) gestiegen. Die Mengen lagen 2013 bei ca. 30,5 Mio. t. SKE.12
Die gesamten Steinkohlenimporte, also einschließlich der Kohlen für den Wärmemarkt und die Stahlindustrie, lagen 2012 bei 44,7 Mio. t SKE. Der Anstieg setzte sich 2013 fort und erreichte laut AGEB 50,3 Mio. t SKE, verzeichnete also ein sehr deutliches Plus von 12,5%, auch um die zurückgehende einheimische Förderung zu ersetzen.
Der größte Teil der zusätzlichen Steinkohlenmengen wurde in Kraftwerken verfeuert. Damit reagierte die deutsche Stromwirtschaft auf international fallende Kohlepreise und niedrige CO2-Kosten.
Die Importkosten für Steinkohlen sind in den letzten 12 Jahren deutlich gestiegen. Vor einem Jahrzehnt mussten durchschnittlich 200-300 Mio. Euro pro Quartal aufgewendet werden. Mittlerweile sind es im Durchschnitt 600 Mio. Euro. Bei Lieferproblemen, z.B. bei den häufigen Flutkatastrophen in den Kohleregionen Australiens, können die Kosten schnell über 800 Mio. pro Quartal klettern.
Im laufenden Jahr 2013 ist mit Importkosten von ca. 2,5 Mrd. Euro zu rechnen. Das entspricht in etwa dem Vorjahreswert, da niedrigere Einfuhrpreise durch höhere Einfuhrmengen kompensiert wurden.
3.2 Importkosten insgesamt (Öl, Gas, Steinkohle)
Was kosten uns diese Importe insgesamt? Welche Summe könnte (theoretisch) im Außenhandel eingespart werden, wenn sie durch einheimische Energieträger bzw. Erneuerbare Energien ersetzt werden?
Zunächst ein Rückblick auf das Jahr 2012. Deutschland gab für die Nettoimporte im Einzelnen aus:
für Steinkohle (Kraftwerkskohle) 2,6 Mrd. Euro
für Erdgas23,2 Mrd. Euro
für Rohöl/Ölprodukte68,4 Mrd. Euro.
In der Summe beliefen sich die Nettoimportkosten für Öl, Gas und Steinkohle im Jahre 2012 auf 94 Mrd. Euro. Nie zuvor musste eine höhere Summe für die fossilen Energieimporte aufgebracht werden. Im laufenden Jahr 2013 ist mit Kosten in Höhe von 91 Mrd. Euro zu rechnen, dem bislang zweithöchstenJahreswert.
Kumuliert ergibt sich für die Jahre 2000-2013 die beeindruckende Summe von 833 Mrd. Euro für die fossilen Nettoimporte.
Die monatlichen Importkosten für Öl, Gas und Kohle liegen 2012 und 2013 in der Nähe der Rekordwerte, die im Sommer 2008 kurz vor dem Zusammenbruch der internationalen Finanzmärkte gezahlt werden mussten.
Deutlich sichtbar ist die Dominanz der Ölimportkosten, während die Steinkohle (Kraftwerkskohle) kaum ins Gewicht fällt. Der Anstieg der Kosten seit 2005 geht fast ausschließlich auf das Konto der gestiegenen Ölpreise.
3.3 Importkosten je Kopf und als BIP-Anteil
Im Jahr 2012 mussten 3,5 % des deutschen BIP aufgebracht werden, um die fosssilen Energieimporte zu finanzieren. Das ist der bislang höchste Jahreswert. Im Jahr 2013 sind es voraussichtlich 3,4%.
Selbst das Jahr 2008, das im ersten Halbjahr hohe Monatswerte von über 4% aufwies, hatte einen niedrigeren Jahresdurchschnitt von 3,3%. Vor zehn Jahren lagen die Werte bei 1,6 Prozent des deutschen BIP, also nur halb so hoch. Mit anderen Worten: Ein immer größerer Anteil unserer Wirtschaftskraft muss für die fossile Energieabhängigkeit aufgebracht werden.
Dementsprechend stiegen auch die Pro-Kopf-Ausgaben für die fossilen Energieimporte13 im Jahr 2012. Auf jeden Bundesbürger entfielen im Jahr 2012 1169 Euro. Im laufenden Jahr sind es voraussichtlich 1135 Euro. Vor 10 Jahren (2003) waren es nur 410 Euro.
3.4 Indirekte Kosten fossiler Energieimporte
CO2-Emissionen
Bei der Nutzung, also der Verbrennung von Öl, Gas und Kohle entstehen große Mengen an CO2. Im Jahr 2012 prouzierten die importierten fossilen Energieträger ca. 581 Mio. Tonnen CO2. Sie können folgendermaßen zugeordnet werden:14
Nettoimporte Öl/Ölprodukte: 332 Mio. Tonnen CO2
Nettoimporte Erdgas: 159 Mio. Tonnen CO2
Nettoimporte Steinkohle: 90 Mio. Tonnen CO2.
Zur Größenordnung dieser CO2-Mengen: 80% der gesamten Biomasse in Deutschland wird benötigt, um das bei der Verbrennung der fossilen Importe Jahr für Jahr entstehende CO2 der Atmosphäre zu entziehen.15
Insgesamt gelangten durch die Verbrennung der fossilen Energieimporte 2000-2012 etwa 7.850 Mio. Tonnen CO2 in die Atmosphäre.
Wertschöpfung und Arbeitsplätze
Eine fossile, importabhängige Energieversorgung verzichtet gegenüber einer einheimischen Lösung auf erhebliche Wertschöpfungs- und Arbeitsplatzeffekte.
Die fossile Infrastruktur ist kapitalintensiv (Tanker bzw. Frachter, Pipelines, Häfen, Großkraftwerke) und erzeugt vergleichsweise wenige Arbeitsplätze. Die finanziellen Aufwendungen für die laufende Verbrennung der Energieträger verlassen das Land bzw. die EU und erzeugen damit die Notwendigkeit, exportstarke Branchen aufzubauen, um die Energieimporte finanzieren zu können.
Diese außenwirtschaftliche Abhängigkeit erscheint so lange nebensächlich, wie die eigene Wirtschaft konkurrenzfähig ist. Wenn dies jedoch nicht mehr der Fall ist, aus welchen Gründen auch immer, kann eine Exportschwäche die Einfuhr lebensnotwendiger, teurer Energieressourcen erschweren oder sogar verhindern. Das ist ein wirtschaftspolitisches und gesellschaftliches Risiko, das minimiert werden sollte.
Der Aufbau und die Unterhaltung einer Energieversorgung, die auf regenerative heimische Energiequellen setzt, ist demgegenüber vergleichsweise arbeitsplatzintensiv und hält einen großen Teil der Wertschöpfung im Land bzw. sogar in der nahen Region.
Die Nettoimportausgaben für Öl, Gas und Steinkohle in Höhe von 91 Mrd. Euro (2013) stellen eine Kaufkraft von 1135 Euro pro Kopf und Jahr dar, die theoretisch in der Region bleiben und über Multiplikatoreffekte entsprechenden Wohlstand schaffen könnten.
Die Dezentralität moderner, regenerativer Energiesysteme erhöht zudem die Resilienz (Widerstandsfähigkeit) und Planbarkeit des Gesamtsystems und verteilt die Wertschöpfung gleichmäßiger über die Fläche.
Wechselkursrisiken
Im letzten Jahr wurde deutlich, welche Preisrisiken durch Energieimporte aus anderen Währungsräumen entstehen können. Obwohl 2012 die Rohölpreise 20 Prozent unter den Höchstständen des Jahres 2008 lagen, mussten an der Tankstelle und für Heizöl Rekordpreise gezahlt werden, da der Euro gegenüber dem Dollar an Wert verloren hatte.
Eine regenerative Energieversorgung könnte diese Währungsrisiken weitgehend eliminieren, da lediglich bei bestimmten Kapitalkosten und bei einzelnen Komponenten, die auf dem Weltmarkt zugekauft werden müssen, solche Risiken auftreten könnten. Im laufenden Betrieb spielen die Wechselkurse dann keine Rolle mehr.
Kosten für strategische Ölvorräte
Wegen der hohen Importhängigkeit Deutschlands entstehen der Gesellschaft zusätzliche Kosten durch die Vorhaltung strategischer Reserven, die im Notfall die Öl- und Gasversorgung für mehrere Monate sichern können.
Die in Deutschland vom EBV (Erdölbevorratungsverband) eingelagerten Rohöl- und Ölproduktmengen (ohne Delegationsmengen) haben einen Marktwert von etwa 20 Mrd. Euro.16
Dieses Kapital könnte dem Haushalt zur Verfügung stehen, sobald es gelingt, die Abhängigkeit von Ölimporten auf ein strategisch erträgliches Maß zu reduzieren. Die Reserven könnten dann verkauft werden – eine Art “Begrüßungsgeld” im postfossilen Zeitalter. Allerdings ist hier eine Gegenrechnung notwendig, da die fluktuierende Einspeisung von Sonnen- und Windenergie beim gegenwärtigen Stand der Technik die kapitalintensive Vorhaltung aufwendiger Puffer notwendig macht.
—–
6 Bei Redaktionsschluss (20. Dezember 2013) lagen bei der Bafa noch nicht alle Daten für das laufende Jahr vor. Die fehlenden Monatswerte wurden daher von der AG Energiebilanzen, MWV, BDEW und VDKi übernommen, die bereits vorläufige Jahrezahlen vorgelegt haben. Fehlende Preisdaten wurden geschätzt (Kohle: Rotterdamer Importpreise; Erdgas: NBP, EEX/NCG und zeitversetzte Ölindexierung; Öl: Rotterdamer Produktpreise und ICE-Brent).
8 Vorläufige Daten des Mineralölwirtschaftsverbandes MWV.
9 Laut Bafa; zur Vorgehensweise und zu methodischen Einschränkungen siehe Anhang.
10 Vgl. Bafa und auch BDEW: Entwicklungen in der deutschen Erdgaswirtschaft 2013, Dez. 2013, vorläufige Zahlen.
11 Die offiziell gemeldeten Daten über fossile Energieimporte (Bafa) im Jahr 2013 sind vorläufig.
12 Die Bafa-Statistik erfasst nur die Steinkohle für Kraftwerke (Kesselkohle). Daneben wird Importkohle v.a. in der Eisen- und Stahlindustrie eingesetzt. Datenquellen für die Daten in diesem Bericht sind Bafa, VDKi, AGEB, McCloskey.
13 Wenn nicht ausdrücklich anders angegeben, handelt es sich in diesem Text stets um Nettoimporte, also Import minus Export.
14 Die Menge an CO2-Emissionen, die bei der Verbrennung einzelner Energieträger und Kraftstoffe entsteht, ist je nach Quelle leicht unterschiedlich. Wir verwenden die Daten des Umweltbundesamtes (UBA).
15 Auf Basis folgender Untersuchung: Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina (2013): Bioenergie – Möglichkeiten und Grenzen. Halle (Saale). Der Wert bezieht sich auf die Nettoprimärproduktion.
In einer Serie von Artikeln auf dieser Webseite stellen wir in den kommenden Tagen unsere Kurzstudie für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen vor: Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten – Herausforderungen für die deutsche Wärmepolitik. Sie wurde am 27. Dez.2013 veröffentlicht und in fast allen großen Medien Deutschlands vorgestellt und kommentiert.
Wenn Sie den Text lieber offline lesen wollen, können Sie die Studie auch als PDF herunterladen: Download der Studie (PDF)
Inhaltsverzeichnis
0. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
1. Einleitung
2. Auf kleiner Flamme: Der GroKo-Vertrag
3. Fossile Energiemporte: Steigende Preise, steigende Abhängigkeiten
3.1 Importmengen und Importkosten für Öl, Gas und Steinkohle!
3.2 Importkosten insgesamt (Öl, Gas, Steinkohle)
3.3 Importkosten je Kopf und als BIP-Anteil
3.4 Indirekte Kosten fossiler Energieimporte
4. Ausblick 2030: Preis- und Versorgungsrisiken bei Rohöl und Heizöl
4.1 Wachsende Abhängigkeit und steigende Risiken
4.2 Fracking: Fossil Fuels Forever?
4.3 Kostenszenario für fossile Energieimporte
5. Folgen für die Heizölrechnung
5.1 Raumwärme und Wohnflächen
5.2 Heizöl im Raumwärmemarkt
5.3 Ein zentrales Problem: Die Altersstruktur der Ölheizungen
5.4 Heizöl – Preisfalle für 12 Mio. Haushalte
5.5 Energiearmut und fehlende Alternativen
5.6 Preisprognose für Heizöl
6. Exemplarische Gegenmaßnahmen
6.1 Heizöl in der Sackgasse
6.2 Einsparpotenziale – Vier Beispiele
Anhang
0. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
1. Diese Kurzstudie skizziert drei Probleme:
die steigenden Kosten der Importabhängigkeit Deutschlands von Öl, Erdgas und Steinkohle
die Folgen dieser Abhängigkeit für die deutschen Heizkosten
die soziale Dimension dieser Kostenexplosion.
2. Die Energiedebatte in Deutschland konzentriert sich seit Jahren auf den Stromsektor, und hier vor allem auf die Investitionen in Erneuerbare Energien. Diese Debatte bleibt jedoch unvollständig, wenn nicht auch die Kosten und Kostenrisiken unsererbestehenden, fossil geprägtenEnergieversorgung mit Öl, Gas und Kohle berücksichtigt werden.
3. Diese einseitige Orientierung ist dafür verantwortlich, dass 2012 und 2013 zu den teuersten Heizjahren der Geschichte wurden. Die Nachzahlungen für 2012 beliefen sich für eine 80qm-Wohnung mit Ölheizung auf durchschnittlich 204 Euro. Und der Trend setzt sich 2013 fort. Allein das erste Quartal 2013 dürfte nach Branchenangaben zu erneuten Mehrkosten von 55-65 Euro pro Haushalt geführt haben.
4. Die Vorhaben der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD lassen nicht erkennen, wie die Problematik steigender Heizkosten und extremer fossiler Importabhängigkeit entschärft werden soll. Insbesondere fehlt eine Gegenüberstellung der Aufwendungen: Investitionen in die Energiewende einerseits, wachsende Kosten und Risiken einer fossilen Importabhängigkeit andererseits. Erst in der Zusammenschau wird erkennbar, welcher Pfad auch ökonomisch sinnvoller ist.
5.In der Summe beliefen sich die Nettoimportkosten Deutschlands für Öl, Gas und Steinkohle im Jahr 2012 auf 94 Mrd. Euro.Nie zuvor musste eine höhere Summe aufgebracht werden. Im laufenden Jahr 2013 ist mit Kosten in Höhe von 91 Mrd. Euro zu rechnen, dem bislang zweithöchsten Jahreswert. Kumuliert ergibt sich für dieJahre 2000-2013 eine Summe von 833 Mrd. Euro.
6. Im Jahr 2012 mussten 3,5 % des deutschen BIP aufgebracht werden, um die fosssilen Energieimporte zu finanzieren. Das ist der bislang höchste Jahreswert. Im Jahr 2013 sind es voraussichtlich 3,4%.Vor zehn Jahren lagen die Werte nur halb so hoch bei 1,6 Prozent des deutschen BIP. Mit anderen Worten: Ein immer größerer Anteil der Wirtschaftskraft muss für unsere fossile Energieabhängigkeit aufgewendet werden.
7. Dementsprechend stiegen auch die Pro-Kopf-Ausgaben für die fossilen Energieimporte im Jahr 2012. Auf jeden Bundesbürger entfielen 1169 Euro. Im laufenden Jahr 2013 sind es voraussichtlich 1135 Euro. Vor 10 Jahren (2003) waren es nur 410 Euro.
8. Heizkosten: Allgemeine Kostentrends verdecken die individuell sehr unterschiedliche Belastung. Während die Heizkosten in sanierten Gebäuden oder Neubauten gesunken sind, werden die Mieter in älteren, unsanierten Gebäuden, die zudem noch eine der 1,2 Mio. veralteten Ölheizungen nutzen müssen, überdurchschnittlich vom Kostenanstieg betroffen. Hier liegt die größte sozial- und energiepolitische Herausforderung der Wärmepolitik in den kommenden Jahren.
9. Ausblick in das Jahr 2030: Die deutschen Nettoimportkosten für Öl, Gas und Kohle legen in unserem konservativ gerechneten Szenario weiter zu. In nominalen Preisen klettern sie von jährlich 94 Mrd. Euro (2012) über 118 Mrd. Euro (2020) auf 173 Mrd. Euro (2030). Kumuliert sind das in den Jahren 2013-2030 insgesamt 2.300 Mrd. Euro, die für fossile Energieimporte (Öl, Gas, Kohle) ausgegeben werden müssen. Durch Fracking gewonnenes Schieferöl und Schiefergas können diesen Preisanstieg nur kurzfristig abbremsen.
10. Preisprognose für Heizöl: In unserem Szenario sind folgende Heizölpreise für Verbraucher in der Zukunft zu erwarten (in Preisen des jeweiligen Jahres):
2002 35 c/l (ca. 3,5c je kWh)
201290 c/l (ca. 9c je kWh)
2020 131 c/l (ca. 13c je kWh)
2030184 c/l (ca. 18c je kWh)
Das entspricht einer Kostensteigerung von durchschnittlich 4% pro Jahr, was lediglich 1,5-2 Prozentpunkte über der allgemeinen Inflationsrate liegt. Die Heizölrechnung (ohne Warmwasser) einer durchschnittlich gedämmten Wohnung (150 kWh/70 qm) steigt dadurch von 945 Euro im Jahr 2012 auf 1932 Euro Ende des kommenden Jahrzehnts (2030), wenn keine Gegenmaßnahmen erfolgen.
11. Exemplarische Gegenmaßnahmen: Die steigende Kostenbelastung und die Preisrisiken fossiler Energieimporte könnten durch eine Reihe von Maßnahmen entschärft werden. Exemplarisch würde der Ersatz alter Ölheizungen, eine bessere Dämmung für alte Wohngebäude, eine geringfügig effizientere PKW-Flotte und die Einführung von Elektroantrieben für einen Teil der PKW die Importkosten Deutschlands (Nettoölimporte) um 9,2 Mrd. Euro pro Jahr entlasten. Das wären 13,5% der gesamten Ölnettoimportkosten.
12. Schlussfolgerungen: Die deutsche Energiepolitik sollte frühzeitig auf Entwicklungspfade einschwenken, die das Kosten-, Klima- und Versorgungsrisiko minimieren. Zwei Kriterien sind dabei entscheidend:
Reduzierung des Energiebedarfs: Viele Energiesparmaßnahmen, die heute zu teuer erscheinen, werden sich rechnen, wenn steigende fossile Energiepreise berücksichtigt werden.
RegenerativeEnergieerzeugung: Anders als bei der fossilen Versorgung fallen hier die Kosten Jahr für Jahr aufgrund technologischer und organisatorischer Innovationen. Hinzu kommen höhere Wertschöpfungs– und Arbeitsplatzeffekte in der Region sowie eine weitaus geringere Klima– und Umweltbelastung.
1. Einleitung
Für die meisten Mieter wird das Jahr 2013 zum teuersten Heizjahr der Geschichte. Die Heizpauschalen werden erhöht und die Nachschlagzahlungen erreichen oftmals hohe dreistellige Summen, gegen die jede Anhebung der EEG-Umlage verblasst.
Alles deutet darauf hin, dass neue Negativrekorde folgen werden: Die Abhängigkeit der meisten deutschen Privathaushalte, v.a. in den unteren und mittleren Einkommensschichten, von Öl- und Gasheizungen hält unvermindert an und sorgt für eine steigende Zahl vermeidbarer sozialer Härten.
Wie bei der Einkommensentwicklung öffnet sich auch bei den Heizkosten eine immer größere Schere zwischen Arm und Reich: Hier die gut isolierten, mit modernen Heizanlagen ausgestatteten Neubauten – dort die schlecht gedämmten, von alten Ölbrennern versorgten Bestandsbauten.
Für diese Kostenrekorde gibt es zwei Ursachen: Ein ungewöhnlich langer Winter 2012/2013, aber vor allem unsere Abhängigkeit von teuren fossilen Energieträgern für die Wärmeversorgung.
Mangels eigener Ressourcen steigt die Abhängigkeit Deutschlands und der EU von fossilen Energieimporten, also Öl, Gas und Steinkohle, immer weiter an.¹
Alle drei Energieträger erlebten in den letzten 10 Jahren einen beispiellosen Preisanstieg. Die Konsequenz sind immer wieder neue Rekordkosten: 2012 waren es insbesondere die Kraftstoffpreise, die neue Allzeithochs erklommen und eine Debatte über unsere einseitige Kraftstoffpolitik auslösten. Jetzt sind es die Heizkosten.
Die aktuelle Energiedebatte konzentriert sich jedoch einseitig auf den Stromsektor, und hier vor allem auf die Kosten der Energiewende. Die Debatte bleibt jedoch unvollständig, wenn nicht auch die Kosten und Kostenrisiken unserer bestehenden, ganz überwiegend fossil geprägten Energieversorgung berücksichtigt werden.
Die Bewertung der Investitionen für eine breite Energiewende in Deutschland ist also erst dann tragfähig, wenn auch die Kosten unserer bestehenden, fossil geprägten Energieversorgung betrachtet werden:
Was kosten uns diese fossilen Importe?
Wie teuer wird die Energieversorgung in den kommenden Jahrzehnten sein?
Was bedeutet das für die Heizkosten, wenn nicht umgesteuert wird?
Welche Gegenmaßnahmen sind denkbar?²
2. Auf kleiner Flamme: Der GroKo-Vertrag
Der Ist-Zustand: Wachsende wärmepolitische Herausforderungen
Die neue Regierung in Berlin beginnt ihre Arbeit in einem Umfeld großer wärmepolitischer Herausforderungen:
Die Heizkosten laufen für immer mehr Mieter und Eigenheimbesitzer aus dem Ruder.
Die Geschwindigkeit der energetischen Sanierung der Gebäude und der Modernisierung der Heizungsanlagen kann mit dem Anstieg der Öl-, Gas- und Fernwärmepreise nicht Schritt halten.
Für die soziale Dimension des Heizkostenanstiegs (“Energiearmut”) gibt es keine nachhaltigen Konzepte.
Bei der Wärmewende im Gebäudebestand geht es kaum noch voran.
Die langfristigen wärmepolitischen Ziele der Energiewende erscheinen zunehmend illusionär.
Die Heizkostenabrechnung fiel 2012 für ölbeheizte Wohnungen 22% höher aus als 2011. Bei Gasheizungen waren es 9,5% mehr, bei Fernwärme 10,5%. Die Nachzahlungen für 2012 beliefen sich für eine 80qm große Wohnung mit Ölheizung auf durchschnittlich 204 Euro.
Bundesweit lagen die Heizkosten 2012 um 9% höher als 2011. Der Trend setzte sich im langen Winter 2013 fort. Allein das erste Quartal dürfte laut DMB zu erneuten Mehrkosten von 55-65 Euro pro Haushalt geführt haben. Eine erste Prognose (Stand Oktober) für 2013 ergab, dass die Heizkosten weiter steigen könnten (80qm-Wohnung):³
Ölheizung 1288 Euro (+157 Euro gegenüber 2012)
Gasheizung 1031 Euro (+151 Euro gegenüber 2012)
Fernwärme 1158 Euro (+175 Euro gegenüber 2012).
Selbst wenn man den Effekt milderer bzw. kälterer Winter herausrechnet, gelingt es nicht mehr, den Preisanstieg der Energierohstoffe durch einen reduzierten Verbrauch spürbar zu entschärfen. Dazu ist die Sanierungsquote der Gebäude und die Modernisierungsquote der Heizungen zu gering.4
Auch die neue EnEV 2014 (Energieeinspar-Verordnung) ist für den Bereich der Bestandsbauten nicht ambitioniert genug, da sie nur extrem alte Konstanttemperaturkessel für Öl und Gas erfasst und umfangreiche Ausnahmeregelungen zulässt. Die unbefristete Verlängerung der Laufzeiten von Nachtspeicherheizungen weist ebenfalls in die falsche Richtung, da sie extrem hohe Kosten in vielen Mietwohnungen zementiert.
Gleichzeitig konnten sich Erneuerbare Energien in Bestandsbauten bislang nur in Form von Pelletheizungen spürbar durchsetzen, während integrierte Wärmenetze mit großen Wärmespeichern noch immer ein Schattendasein fristen.5
Da die Biomasse nicht beliebig vermehrbar ist und auch für andere Anwendungen zur Verfügung stehen muss, steht die deutsche Wärmepolitik vor einem großen konzeptionellen Problem. Die Hauptstütze des bisherigen regenerativen Wachstums wird stagnieren, während sich die Alternativen nur langsam entwickeln. Nach dem Einbruch bei den Biokraftstoffen droht nun also auch im Wärmemarkt ein Rückschlag bei der Energiewende.
Die Ziele der Großen Koalition (Groko-Vertrag)
Wie reagiert die Große Koalition bislang auf diese Herausforderungen? Das Projekt der deutschen Energiewende, also die drastische Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch einen reduzierten Energiebedarf sowie die Verdrängung fossiler Energieträger durch Erneuerbare Energien in den Bereichen Kraftstoffe, Wärme und Strom, in schwerem Fahrwasser. Die Kraftstoffwende stagniert bereits seit Jahren, die Wärmewende dümpelt vor sich hin, und die Stromwende wird zur Zeit abgebremst.
Die Vorhaben der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD, soweit sie im Koalitionsvertrag bereits erkennbar sind, lassen nur einen geringen Ehrgeiz erkennen, die Problematik steigender Heizkosten und extremer fossiler Importabhängigkeit zu entschärfen. Man gewinnt sogar den Eindruck, dass sie die Wende außerhalb des Stromsektors nur noch moderieren will, denn die Ausführungen im Abschnitt „Die Energiewende zum Erfolg führen“ werden ihrem Titel nur ansatzweise gerecht.
Insbesondere fehlt eine Gegenüberstellung der Aufwendungen: Investitionen in die Energiewende einerseits, wachsende Kosten und Risiken einer fossilen Importabhängigkeit andererseits. Da die fossile Gegenrechnung fehlt, können Investition in die Wärme. oder Kraftstoffwende nur unter dem Gesichtspunkt der Kosten, aber nicht der langfristigen Einsparungen bewertet werden.
Wärmepolitisch entsteht dadurch ein „Dienst nach Vorschrift“, der die steigende Heizkostenbelastung der Privathaushalte ebenso wie die Preisrisiken fossiler Energieimporte weitgehend ignoriert. Klimapolitisch wird auf Fernziele verwiesen, sozialpolitisch werden keine Konzepte entwickelt.
Im Bereich der Wärmepolitik wird zwar an den langfristigen Zielen festgehalten, aber konkret ist nicht erkennbar, mit welchem Fahrplan und welchen Zwischenetappen diese Ziele erreicht werden sollen. Dabei ist schon jetzt klar, dass der jetzige Kurs ohne explizite Weichenstellungen nicht ausreichen wird, die wärmepolitischen Ziele für die Zeit nach 2020 auch nur annähernd zu erreichen.
Das hat schon heute weitreichende Folgen für konkrete Investitionsvorhaben: Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 1 Million Heizungen saniert, ersetzt oder oder neu eingebaut. Die Medienkampagnen gegen Erneuerbare Energien und Gebäudesanierungen sowie für eine scheinbare langfristige Sicherheit bei Öl- und Gaspreisen (Stichwort: Fracking) verunsichern jedoch: Welche Investitionsentscheidung ist nun richtig? Die Ölheizung modernisieren, das Gebäude (teil-)sanieren oder auf regenerative Heizlösungen setzen?
Hier wird ein wärmepolitischer Rahmen gebraucht, der langfristig orientierte Investitionen im privaten und gewerblichen Sektor in eine ökonomisch und klimapolitisch optimale Richtung lenkt.
—
1 Zuletzt warnte die Bundesanstalt für Geowissenschaften (BGR) vor den Risiken einer drohenden Rohstoffverknappung. BGR; Bericht zur Rohstoffsituation in Deutschland 2012, Hannover 2013.
2 Dieser Bericht greift u.a. auf zwei frühere Studien für die BT-Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zurück: “Die Kosten fossiler Energieimporte 2000-2012” (Autor: S.Bukold/EnergyComment) sowie “Verheizt? Heizöl im deutschen Wärmemarkt Preisrisiken und Alternativen” (Autor: S.Bukold/EnergyComment). Dort finden sich weitere Informationen und methodische Hinweise zu den hier angesprochenen Themen.
3 Deutscher Mieterbund/CO2Online: Heizspiegel 2013; Techem.de Kühlere Witterung und gestiegene Energiepreise in 2012 haben Privathaushalte belastet, Eschborn 29. Nov. 2013.
4 Vgl. hierzu ausführlich die Shell/BDH: Hauswärmestudie – Klimaschutz im Wohnungssektor: Wie heizen wir morgen?, Hamburg 2013.
5 Vgl. hierzu ausführlich: Hamburg-Institut: Soziale und Nachhaltige Wärmepolitik – Kurzstudie für das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie, Erfurt/Hamburg, 21. August 2013.
In der aktuellen Ausgabe unseres Global Energy Briefing (Nr.91; 5. Jg.) stellen wir den wohl einflussreichsten Energiebericht des Jahres vor: Den World Energy Outlook 2013 der IEA (Internationale Energieagentur).
In dieser Ausgabe untersuchen wir auf 28 Seiten folgende Themen:
Methodische Stärken und Schwächen des WEO 2013; Diskussion um die energiepolitische Bedeutung des WEO 2013
Entwicklung der globalen Energienachfrage bis 2035
Entwicklung der globale Energieproduktion bis 2035
CO2-Emissionen: Länder und Energieträger
Langfristige Entwicklung der Energiepreise (Öl, Gas, Kohle) und Energiesubventionen weltweit
Wettbewerbsfaktor Energiepreise: Warum sind die Strompreise und Energiepreise in den USA doppelt so hoch wie in der EU?
Energieverbrauch der Privathaushalte und Wärmemarkt
Potenziale der Energieeffizienz
Die Rolle der Kohle im globalen Energiemix bis 2035
Die Rolle der Erneuerbaren Energien im globalen Energiemix bis 2035
In der heute beginnenden Artikelserie geht es um die globale Versorgung mit Raumwärme, also das Heizen und Kühlen von Gebäuden. Der Wärmesektor steht medial etwas im Schatten der beiden anderen Sektoren: des “griffigen” Verkehrssektors, der technisch relativ homogen ist und der für die deutsche Exportwirtschaft eine besondere Bedeutung hat; und (2) des Stromsektors, der wegen der Energiewende in Deutschland ohnehin intensiv diskutiert wird. Der folgende Text stützt sich überwiegend auf Veröffentlichungen der IEA, die im Rahmen ihrer Schriftenreihe „Energy Technology Perspectives“ die wichtigsten Verbrauchssektoren für Energie untersucht.
Der Wärmesektor besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Segmenten:
(1) Die Raumwärme für Gebäude. Hier geht es also v.a. um das Heizen und Kühlen von Räumen. Gelegentlich wird auch das Zubereiten von Warmwasser dazu gezählt.
(2) Die Prozesswärme für industrielle und häusliche Prozesse, also z.B. das Schmelzen von Eisenerz oder das Kochen. Prozesswärme ist nicht unser Thema.
Grundsätzlich gilt: Weder im Verkehr noch in der Industrie wird weltweit so viel Endenergie verbraucht wie für Gebäude (Anmerkung: Endenergie ist die Energie, die dem Verbraucher zur Verfügung steht, z.B. als Strom, Gas oder Kraftstoff. Die Primärenergie (in Form von Kohle, Erdgas, Rohöl etc.) muss z.B. zur Stromerzeugung oder in der Raffinerie erst unter großen Energieverlusten in nutzbare Endenergie transformiert werden). Grund genug, sich dieses Themas detaillierter anzunehmen. Etwa 35% des globalen Endenergieverbrauchs entfallen auf Raumwärme, Air Conditioning, Warmwasser, Licht, Kochen oder elektrische Geräte. Das ist mehr Energie, als im Verkehr (30%) oder in der Industrie (31%) benötigt werden. In nicht-industrialisierten Regionen der Welt entfallen sogar bis zu 80% des Endenergiebedarfs auf den Gebäudesektor.
Das folgende Schaubild veranschaulicht die große Bedeutung von Gebäuden. Die “Renewables” (erneuerbare Energien) bestehen v.a. aus traditioneller Biomasse (Holz, Dung etc.) und nur zu einem sehr geringen Teil aus Wind- oder Solarenergie. “Commercial Heat” bezeichnet Fernwärme im weiteren Sinne.
Gebäude und der globale Endenergieverbrauch 2010
Quelle: IEA; Zahlen sind für 2010
Raumwärme und Heizung weltweit: Vielfalt der Ausgangssituationen und Lösungen
Der internationale Raumwärmemarkt ist jedoch sehr heterogen und deshalb analytisch eher „unhandllich”. Je nach Land, Klimazone und Wohlstandsniveau stammt z.B. die Heizenergie aus höchst unterschiedlichen Quellen. Noch dazu sind die Daten nicht so gut aufbereitet wie z.B. im Verkehr, v.a. außerhalb der Industrieländer. Deshalb müssen wir in vielen Fällen etwas pauschal vom Heizen oder Kühlen im „Gebäudesektor“ sprechen. Das umfasst dann Wohngebäude, Büros, kleinere Werkstätten und Läden (aber nicht Fabriken oder andere industrielle Einrichtungen). Und noch eine Sprachregelung: Wenn wir von „Wärme“ sprechen, meinen wir normalerweise auch das Kühlen, also nicht nur Heizungen, sondern auch stationäre Klimaanlagen bzw. A/C-Geräte.
Die IEA kommt in ihrem Hauptszenario zu dem Ergebnis, dass der gesamte Energieverbrauch in Gebäuden (Heizen, Kühlen, Strom, Kochen) bis 2050 um 50% steigen wird, wenn die aktuellen Trends fortgeschrieben werden. Etwa drei Viertel dieses Anstiegs könnten mit rein technischen Verbesserungen vermieden werden.
Alle dafür notwendigen Technologien stehen schon heute zur Verfügung, allerdings nicht immer zu wettbewerbsfähigen Preisen. Hier sind die Voraussetzungen länderspezifisch: Eine Fassadensanierung kann sich bei hohen Energiekosten wie in Deutschland lohnen, aber in Russland oder China trotz kälterer Winter bei niedrigen Erdgas- oder Fernwärmetarifen unrentabel bleiben.
Hinzu kommen institutionelle oder historisch gewachsene Strukturen, die energetisch effizienten Lösungen im Weg stehen.
Beispiel China: Viele Wohnhäuser oder Quartiere werden aus historischen Gründen von kleineren, relativ ineffizienten Kohlebrennern ohne Kraft-Wärme-Kopplung mit Heizenergie versorgt. Oftmals fehlt es an Thermostaten, um den Verbrauch in den Wochnungen zu regeln. Hinzu kommen Pauschalzahlungen der Haushalte, die ebenfalls keinen Anreiz zu sparsamem Verhalten geben. Auch der Komfort ist eingeschränkt: In Peking darf erst ab dem 15. November die Kohleheizung eingeschaltet werden. In den übrigen Zeiten müssen vergleichsweise teure Stromheizungen genügen. Das sind zumeist kleine A/C-Anlagen, die im Sommer zum Kühlen der Räume eingesetzt werden, die aber Zusatzfunktionen zum Heizen haben. In kleineren Räumen wie z.B. Badezimmern dominieren elektrischeHeizstrahler.
Die großen Unterschiede zwischen den Regionen zeigen sich auch bei den Einsparpotenzialen. Während sich z.B. in Deutschland die Diskussion fast ausschließlich um Gebäudeisolierung und Heizsysteme dreht, liegt der Schwerpunkt der Einsparpotenziale global gesehen oftmals in anderen Bereichen:
Weltweit betrachtet könnte durch Investitionen in eine verbesserte Warmwasserzubereitung im Moment mehr Energie eingespart werden als bei der Raumwärme. Das liegt v.a. am ineffizienten und umweltschädlichen Einsatz traditioneller Biomasse in ärmeren Regionen.
Auch gewinnt der Bereich der Klimatisierung bzw. Kühlung eine immer größere Relevanz, weil in den heißeren Regionen (Südchina, Indien, Brasilien etc.) die Bautätigkeit und der Zuwachs an städtischer Wohfläche erheblich schneller erfolgen als im “alten” Europa.
Und schließlich: Die größten Einsparpotenziale, gerade auch bei schädlichen Emissionen, bietet nach wie vor die Energie, die für das Kochen verwendet wird. Hier wird noch so viel traditionelle Biomasse auf ineffiziente Weise verwendet, dass selbst bescheidene technologische Verbesserungen relevante Verbesserungen in der globalen Energie- und Klimabilanz ermöglichen.
Bedeutung des Gebäudesektors für die Klimapolitik
Die IEA kommt je nach Region zu unterschiedlichen Empfehlungen. Im folgenden Schaubild werden die zwei wichtigsten Maßnahmen je Region jeweils für technologische Verbesserungen und politische Programme angegeben. Die roten Kästen bezeichnen die kurzfristig wichtigsten Schritte.
– In kälteren Klimazonen stehen die Isolierung der Gebäudefassaden und die beschleunigte Einführung von Wärmepumpen an erster Stelle. Daneben ist v.a. in den Schwellen- und Entwicklungsländern die Einführung und Implementierung verbindlicher Buildings Codes (Baurecht im weiteren Sinn, das auch den Betrieb des Gebäudes einschließt) wichtig.
– In warmen und heißen Klimazonen ist es entscheidend, die traditionelle Verbrennung der Biomasse rasch durch moderne Heiz- und Kochtechniken zu ersetzen. Dabei kann die Solarthermie eine wichtige Rolle spielen.
Herausgehobene Probleme und Lösungsansätze einzelner Regionen:
ASEAN: Effizientere Nutzung der Biomasse; Energiebedarf zur Kühlung von Räumen reduzieren
Brasilien: Energiebedarf zur Kühlung von Räumen reduzieren; beschleunigte Einführung der Solarthermie
Indien: Effizientere Nutzung der Biomasse; beschleunigte Einführung der Solarthermie
Mexiko: Energiebedarf zur Kühlung von Räumen reduzieren; beschleunigte Einführung der Solarthermie
Südafrika: Effizientere Nutzung der Biomasse; beschleunigte Einführung der Solarthermie
China: Gebäudeisolierung in kalten Regionen; Einführung von Wärmepumpen
EU: Gebäudeisolierung in kalten Regionien; Einführung von Wärmepumpen
USA: Gebäudeisolierung in kalten Regionen; Einführung von Wärmepumpen
Russland: Gebäudeisolierung in kalten Regionen; Einführung von Wärmepumpen
Regionale Empfehlungen der IEA für die Wärmeversorgung
Kosten-Nutzen-Analyse der Investitionen in den Wärmemarkt
Die IEA errechnt in ihrem Hauptszenario, dass auf diese Weise Investitionen von 12.000 Mrd. Dollar die Energiekosten bis 2050 um 17.000 Mrd. Dollar senken könnten. Die Investitionen würden sich also gesamtwirtschaftlich lohnen.
Allerdings steht diese Rechnung auf wackligen Füßen: Je nach Diskontierungsrate des Kapitals kann auch ein negatives Saldo entstehen. Die Investition muss ja früher erfolgen als der Nutzen eintreten kann und der angemessene Zinssatz der Diskontierung des Nutzens (also seiner Darstellung als heutigen Barwert) ist bis zu einem bestimmten Grad beliebig.
In ihrer heutigen Pressemitteilung informiert die AG Energiebilanzen über den Einsatz von Strom und Wärme in privaten Haushalten. Die Daten stammen aus Einzeluntersuchungen im Jahr 2011:
“Haushalte wenden am meisten Energie für Wärme auf – Industrie bleibt größter Stromverbraucher/AG Energiebilanzen aktualisiert Anwendungsbilanz
Berlin/Köln (11.04.2013) – Fast die Hälfte des Haushaltsstromes wird in Deutschland für die Erzeugung von Wärme in unterschiedlichster Form verwandt, wie die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AG Energiebilanzen) jetzt im Rahmen ihres bundesweiten Forschungsprojekts zur Energieanwendung ermittelte. Davon dient mit fast 28 Prozent des gesamten Haushaltsstromverbrauchs der mit Abstand größte Teil der Bereitstellung von Prozesswärme (Kochen, Waschen, Spülen), gefolgt von der Warmwasserbereitung mit rund 14 Prozent. Dagegen bewegt sich der Anteil des Stromeinsatzes in Stromspeicherheizungen bei zudem fallender Tendenz lediglich in einer Größenordnung von 7 bis 8 Prozent.
Mehr als ein Fünftel des Haushaltsstromverbrauchs entfällt inzwischen auf Kälteanwendungen. Für Kommunikation und Unterhaltung werden fast 18 Prozent eingesetzt und auf die Beleuchtung entfallen rund 9 Prozent. Am gesamten Stromverbrauch in den Endenergiesektoren hatten die privaten Haushalte nach den Berechnungen der AG Energiebilanzen zuletzt einen Anteil von knapp 27 Prozent. Der Sektor Gewerbe, Handel und Dienstleistungen kam auf 26 Prozent. In diesem Sektor wird Strom vor allem für Beleuchtungszwecke eingesetzt. Größter Stromverbraucher, so die AG Energiebilanzen, bleibt die Industrie: 2011 lag der Anteil des industriellen Stromverbrauchs am gesamten Stromverbrauch in den Endenergiesektoren bei fast 42 Prozent. Vor allem in Folge von Einsparungen in den Bereichen Kälte, mechanische Energie sowie Kommunikation und Beleuchtung hat sich der Stromverbrauch der Industrie seit 2008 jedoch um 2,5 Prozentpunkte vermindert.
Auch beim gesamten Endenergieeinsatz dominiert in Deutschland die Erzeugung von Wärme mit einem Anteil von mehr als 53 Prozent über alle Verbrauchssektoren. Den höchsten Anteil der Wärme weisen die privaten Haushalte auf. Infolge der milden Witterung sank der Anteil am Gesamtverbrauch 2011 allerdings leicht auf rund 88 Prozent, nach jeweils über 90 Prozent in den Vorjahren. In der Industrie stieg der Bedarf von Prozesswärme 2011 konjunkturbedingt deutlich an. Am gesamten Energiebedarf der Industrie hatte Wärme 2011 einen Anteil fast 75 Prozent.
2011 wurde deutlich mehr Energie für Motoren und Antriebe infolge konjunkturbedingt höherer Verkehrsleistungen eingesetzt. Am gesamten Endenergieverbrauch hatte dieser Sektor einen Anteil von über 38 Prozent, das waren über 2 Prozentpunkte mehr als 2010. Industrie und private Haushalte konnten in diesem Bereich wirksam ihre Energieeffizienz steigern und den Energieeinsatz vermindern.
In den einzelnen Verwendungsbereichen variieren die Anteile der verschiedenen Energieträger entsprechend ihrer Markt- und Produkteigenschaften. Mineralöl dominiert unverändert den Bereich mechanische Energie/Verkehr mit einem Anteil von gut drei Viertel. Im Bereich Wärme liegt das Erdgas mit einem Anteil von rund 43 Prozent deutlich vor dem Mineralöl mit nur noch 17 Prozent.
Strom dominiert die Anwendungsbereiche Kälte, Kommunikation und Beleuchtung. Kohle und Fernwärme halten geringe, aber stabile Anteile in der Wärmeversorgung.
Die erneuerbaren Energien steigern ihren Beitrag nicht nur durch höhere Anteile an der Stromerzeugung. Ihr Einsatz im Wärmebereich überstieg 2011 erstmals die Marke von 10 Prozent, 2008 lag der Anteil noch bei weniger als 7 Prozent.
Die Bilanz für die Energieanwendung wird im Auftrag des Bundeswirtschaftsministers durch die AG Energiebilanzen in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI), dem Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Anwendungstechnik an der TU München sowie dem Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) erstellt. Die erste Anwendungsbilanz konnte nach aufwändigen wissenschaftlichen Vorarbeiten zu Methoden und Daten für das Jahr 2008 erstellt werden. Jetzt liegt eine geschlossene Zeitreihe bis 2011 vor.
Die Anwendungsbilanzen der AG Energiebilanzen ermöglichen es, den Verbrauch sowie die einzelnen Anwendungszwecke in den Bereichen Industrie, Gewerbe-Handel-Dienstleistungen, bei den Privathaushalten und im Verkehr zuverlässig zu ermitteln. ” (farbliche Hervorh. v. mir, S.B.)
Die Energiewende in Deutschland steht zur Zeit aus allen Richtungen unter Beschuss. Erst die „Vermaisung“ und „Verspargelung“ der Landschaft, dann die Debatte um steigende Strompreise sowie die Kritik an Offshore-Windparks.
Und jetzt der Wärmemarkt: Lohnt sich die energetische Gebäudesanierung, selbst angesichts der rasanten Entwicklung der Heizölpreise und Gaspreise, ja sogar der Pelletpreise? Das Forschungsinstitut Prognos hat im Auftrag der KfW-Bank das Kosten-Nutzen-Verhältnis der energetischen Gebäudesanierung untersucht. Die Studie (Prognos AG: Ermittlung der Wachstumswirkungen der KfW-Programme zum Energieeffizienten Bauen und Sanieren) kommt – so der erste Eindruck – zu dem Ergebnis, dass die Kosten der Maßnahmen bis 2050 bei 838 Mrd. Euro liegen werden, wenn die energiepolitischen Ziele (-80% CO2 bis 2050) erreicht werden sollen. Der Nutzen durch eingesparte Heizkosten sei allerdings nur knapp halb so groß, nämlich 372 Mrd. Euro.
Ergo, so das einhellige Fazit in der Presse (Spon, Focus, Wiwo, Welt): Die energetische Sanierung des Gebäudebestands lohne sich nicht. (Nachtrag 4.4.: Spon hat seinen Artikel nach der klärenden PM der KfW revidiert).
Vorschnell interpretiert
Diese Schlussfolgerung blieb zu Recht nicht unwidersprochen.
1.
Zum einen, weil auch Prognos das nicht behauptet. Ziel der Studie war eine gesamtwirtschaftliche Bewertung der energetischen Gebäudesanierung. Die Einsparungen bei den Heizkosten durch Heizöl, Gas etc. ist nur ein Kriterium. Hinzu kommen erhebliche Arbeitsplatzeffekte, ein höheres Wirtschaftswachstum und CO2-Vermeidung. Zum letzten Punkt siehe auch MdB Fell (Die Grünen).
Es geht also nicht um den Sinn der Sanierung schlechthin, sondern um die Frage, ob sich die Maßnahme für alle Beteiligten lohnt. Staat und Volkswirtschaft profitieren zweifellos, aber eben nicht – so scheint es – die Hausbesitzer, Bauherren und Mieter. Die sparen zwar erhebliche Summen, weil sie sich von der Entwicklung der Heizölpreise ein Stück weit unabhängiger machen. Aber die Kosten für die Sanierung seien letztlich höher.
2.
Aber selbst diese eingeschränkte Kritik trifft nicht zu. Die Auftraggeberin der Studie, KfW, schob ob der Fehlinterpretationen rasch eine klärende Pressemitteilung nach: In den Investitionen (838 Mrd. in Szenario 2) sind auch allgemeineRenovierungskosten enthalten, die ohnehin anfallen – also unabhängig von einer zusätzlichen energetischen Sanierung. Zieht man die “Ohnehin-Kosten” ab, dann lohnt sich die energetische Sanierung auch für die Bestandsbauten.
Hinzu kommen weitere Argumente und Einwände, durch die sich die Bilanz noch weiter zugunsten der energetischen Sanierung verschiebt:
3.
Die Abschreibungszeit ist länger als in der Studie angenommen: Die Dämmung (WDVS) muss nach ca. 20 Jahren nicht völlig erneuert werden. Normalerweise wird eine einfache Renovierung, also insbesondere ein Fassadenanstrich genügen, der auch ohne Dämmung fälllig wäre. Mehr dazu bei fassadendoc.
Bei der Dämmung der Kellerdecke wird der Sanierungseffekt auch noch 80 Jahren noch spürbar sein. Da greift eine Abschreibungszeit von 20-30 Jahren zu kurz. Nimmt man weiter an, dass zinslose Kredite zur Verfügung stehen, dann stellt sich auch die Frage nach dem geeigneten Diskontsatz. In der Studie wird er mit 2,25% angesetzt, also der Verzinsung der 30jährigen Bundesanleihe. Ein Einspareffekt von 100 Euro, der z.B. erst 2080 eintritt, hat bei diesem Diskontsatz einen aktuellen Barwert von nur 18 Euro.
4.
Eine intelligente Auswahl von Teilsanierungen kann wegen der Vielzahl von Situationen methodisch nicht berücksichtigt werden, wie Andreas Kühl herausstellt. In der Praxis werden sich die Bauherren oder Hausbesitzer die kostengünstigsten Maßnahmen heraussuchen, also nicht zwangsläufig eine teure Gesamtsanierung wählen. Je nach Gebäude oder Standort lässt sich schon mit einem Teil der Maßnahmen ein großer Teil der Einspareffekte erzielen.
5.
Die Gebäude erfahren durch die Sanierung einen Wertzuwachs und haben einen gestiegenen Wohnkomfort, den man mit den Kosten gegenrechnen müsste, während Heizöl oder Erdgas einfach durch den Schornstein verpuffen.
6.
Die Entwicklung der Energiepreise, insbesondere der Heizölpreise und Holzpreise und die Annahmen zum Energieträgermix erscheinen willkürlich. Die Studie geht ohne nähere Begründung von einer sehr moderaten Preistendenz bei der Endenergie in den kommenden 38 Jahren aus:
[blockquote author=”Prognos”] Im Vergleich zu den Szenarien zum Energiekonzept wurde in dieser Studie ein stärker ansteigender Energiepreispfad unterstellt. Für Endkunden beträgt die mittlere jährliche Realpreissteigerung in allen Szenarien etwa 1,1 %. [/blockquote]
Die folgende Tabelle zeigt die realen Preise je kWh. Sie sollen je nach Szenario von 7,8 Cent auf 11,8 bzw. 11,9 Cent steigen. In den beiden Zielszenarien wird Heizöl und z.T. auch Gas überraschenderweise vor allem durch Holz verdrängt, zum kleineren Teil auch durch Solarthermie und Wärmepumpen. Das ist natürlich ein mögliches Szenario, aber man könnte einwenden, dass die Pelletpreise bei einem starken Nachfragezuwachs sehr steil steigen werden. Das konnte man in den letzten Monaten bereits sehen. Auch bei Heizölpreisen und Gaspreisen kann man unangenehmere Szenarien gut begründen, wie wir es in unserer Kurzstudie ansatzweise getan haben. Damit wären schon 70% des Wärmemarktes im Jahr 2050 erheblichen Preisrisiken ausgesetzt.
Insofern würde es sich lohnen, auch ein Szenario mit einer realen Preissteigerung von 2% pro Jahr durchzurechnen. Die energetische Sanierung würde dann sehr viel vorteilhafter dastehen.
Allerdings ist auch der umgekehrte Fall vorstellbar: Sollten Überschüsse im Stromsektor (Wind, Solar) über Warmwasserspeicher im Wärmemarkt ankommen, könnten die Heizungskosten sinken. Ähnliches ist bei modernen Stromheizungen denkbar, die überschüssigen Windstrom im Winter zu günstigen Tarifen abnehmen. Das wäre für die Mieter bzw. Eigentümer erfreulich, verringert dann aber die Attraktivität der energetischen Sanierung. Auch sollte man den Rebound-Effekt bei gut gedämmten Häusern nicht außer acht lassen. Wer nur noch wenig verbraucht, wird sorgloser als bisher mit Wärmeenergie umgehen.
Quelle: Prognose
7.
Effizienzsteigerung bei energetischer Sanierung: Prognos wählt eine vorsichtige Variante bei der Produktivitätsentwicklung in der energetischen Sanierung:
[pullquote style=”default”]Hinsichtlich der Kostenentwicklung im Bereich der energetischen Gebäudesanierung konnten keine historischen Daten recherchiert werden, die eine belastbare Basis für die Fortschreibung bis 2050 darstellen… Es wird davon ausgegangen, dass bis 2050 die Kostensenkungspotenziale insgesamt überwiegen und somit ein Netto-Kostendegressionspotenzial von 15% existiert.[/pullquote]
15% in 38 Jahren – das ist praktisch ein Stillstand in der Innovationskraft einer ganzen Branche. Wenn die Kapazitäten größer werden, wächst der Wettbewerb und damit der Kostendruck. Auch hier könnte man sich also ein weitaus vorteilhafteres Szenario vorstellen, das die Gesamtbilanz der Sanierungsmaßnahmen deutlich verbessert.
FAZIT
Die Prognos-Studie wurde in der Presse bislang oberflächlich oder gar falsch interpretiert, dabei bietet sie zahlreiche Daten und Einsichten, die zu einem verbesserten Verständnis der Kosten und des Nutzens der energetischen Gebäudesanierung beitragen.
Energetische Sanierungsmaßnahmen rechnen sich demnach nicht nur aus energiepolitischer und volkswirtschaftlicher Sicht. Auch für Hausbesitzer und Mieter weisen sie in den meisten Fällen eine finanziell attraktive Bilanz auf. Hinzu kommt: Schon leicht veränderte Annahmen in den Szenarien, etwa bei den Energiepreissteigerungen oder bei den Kosten der Sanierung, lassen das Pendel noch deutlicher zugunsten der energetischen Sanierung ausschlagen.
27.Feb.13 In unserer Heizölstudie für die Bundestagsfraktion der Grünen erwarten wir, dass die Heizölpreise in den nächsten Jahren um (nominal) 4% pro Jahr steigen werden, also etwa 2% p.a. über der Inflationsrate. Wir plädieren für eine Senkung des Heizbedarfs und den Übergang zu nachhaltigeren Heizlösungen.
Das hat aufgeregte Reaktionen bei den Organen der Mineralölwirtschaft ausgelöst, insbesondere beim Energieinformationsdienst, der in erprobter Manier die Aussagen des Textes verdrehte und uns zu “gefährlich(en)”, “unseriös(en)” “Vorzugsbeauftragen” der Grünen adelte. Auch der Mineralölwirtschaftsverband in Berlin reagierte. Er vertritt die in Deutschland tätigen ausländischen Ölkonzerne. Dort wurde den Heizölkunden umgehend versichert, dass sie sich auch künftig “gewärmte Wohnzimmer” leisten können. Zu den übrigen Wohnräumen gab es leider keine Einschätzung. Warnungen vor höheren Preisen seien ein “Täuschungsmanöver”, so der Verband.
Bei den überregionalen Zeitungen (Zeit, Spiegel, FAZ u.a.) wurde hingegen ausgewogen berichtet, ebenso wie heute durch dpa (E.Gienke), abgedruckt u.a. hier.
Die genannten Gründe legen die Schlussfolgerung nahe, dass auch in Zukunft mit weiter steigenden Ölpreisen gerechnet werden sollte. Die Wahrscheinlichkeit einer Preisstagnation oder gar dauerhaft fallender Preise erscheint vergleichsweise gering. Jede vorausschauende Energiepolitik sollte diese Preisrisiken berücksichtigen.
Wir rechnen daher, unter folgenden konservativen Annahmen:
– stabiler Mehrwertsteuersatz
– stabile Energiesteuern
– in realen Preisen konstante absolute Margen im Gasoil- und Heizölmarkt
– stabiles Euro-Dollar-Verhältnis
– Fortsetzung des Rohölpreisanstiegs (Brent) der letzten 10 Jahre in absoluten Werten (plus 8,5 $/b pro Jahr)
mit den folgenden Verbraucherpreisen für Heizöl:
2002 35 c/l (ca. 3,5c je kWh)
2012 90 c/l (ca. 9c je kWh)
2020 131 c/l (ca. 13c je kWh)
2030 184 c/l (ca. 18c je kWh)
Das entspricht einer Kostensteigerung von durchschnittlich 4% pro Jahr. Die Kostenstruktur verschiebt sich dadurch weiter von den eher stabilen Investitionskosten für Ölheizungen zu den rasch steigenden variablen Kosten für den Brennstoff Heizöl.
Andere Prognosen erwarten noch höhere Preise. Die Agentur für erneuerbare Energien (www.unendlich-viel-energie.de) kommt noch zu weitaus pessimistischeren Ergebnissen (vgl. Renews Spezial Januar 2011; „Erneuerbare Wärme“ www.unendlich-viel-energie.de). Der Ausgangspreis für Heizöl ist dort niedriger (6 c/l im Februar 2010), aber es wird aus der Vergangheit eine jährliche Steigerung der Heizölpreise von 10,78% abgeleitet. Das erscheint zu pessimistisch, da der Verbraucherpreis auch konstante (Energiesteuern) oder eher linear wachsende Komponenten enthält (Margen für Transport, Handel; Raffineriemarge je Tonne). Selbst beim Rohölpreis führt die Annahme eines exponentiell steigenden Preises über 20 Jahre hinweg rasch zu unwahrscheinlichen Werten.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen kommt in ihrer Prognose zu leicht höheren Ergebnissen. Sie erwartet, dass die Heizölpreise 2011-2020 um 59 Prozent steigen werden. “Für eine 70-m²-Wohnung würde das bei gleichbleibender Energiemenge folgende Erhöhungen bedeuten: Im Jahr 2011 lagen die Brennstoffkosten für das benötigte Heizöl bei durchschnittlich 800 Euro. Im Jahr 2020 kostet die gleiche Menge Heizöl 1.280 Euro. Die Brennstoffkosten für Erdgas liegen heute bei 700 Euro und steigen im Jahr 2020 auf 940 Euro. Für Fernwärme mussten Mieter und Eigentümer einer 70-Quadratmeter-Wohnung im vergangenen Jahr 900 Euro bezahlen, im Jahr 2020 werden im Schnitt 1.390 Euro für die gleiche Brennstoffmenge fällig.” (Quelle: http://www.co2online.de/ueber-co2online/newsanzeige/article/7/energiepreise-verdoppeln-sich-bis-2020/index.html).
Je länger der Betrachtungszeitraum ist, desto attraktiver erscheinen im Vergleich zu Heizöl Sanierungsmaßnahmen oder Heizungsarten mit geringeren Brennstoffkosten.
“Generell macht sich die Bundesregierung keine Prognosen zur langfristigen Preisentwicklung von Öl, Kohle und Gas zu eigen.” (Quelle: Kleine Anfrage der Abgeordneten Bärbel Höhn u.a.: Energiearmut erkennen und Lösungen anbieten, 28. August 2012, BT-Drucksache: 17/10475)
Längerfristige Prognosen für Rohstoffpreise sind naturgemäß schwierig, da es viele Einflussfaktoren gibt. Die Ölpreise werden z.B. auch von den Finanzmärkten beeinflusst, so dass ölferne Variablen wie die Geldpolitik oder Fondsstrategien eine Rolle spielen können. Hinzu kommen schwer abschätzbare technologische Entwicklungen, etwa im Bereich Elektromobilität oder Schieferöl.
Dennoch enthält jede Energiepolitik, explizit oder implizit, eine Ölpreisprognose. Häufig leider implizit, insbesondere in der Form, dass stillschweigend ein relativ stabiler Ölpreis unterstellt wird, ohne dass diese gewagte Annahme explizit zur Diskussion gestellt wird. Eine zweite Variante ist ein “Alles ist möglich”, wenn stillschweigend angenommen wird, dass Ölpreise in den kommenden Jahrzehnten ebenso gut fallen wie steigen könnten.
Ölpreis Fehlprognosen
In den Mainstream-Studien zur deutschen Energiepolitik überwog in der Vergangenheit die Prognose, dass sich die Ölpreise nur geringfügig ändern können. Höhere Preise würden, so das Argument, an verstärkten Anstrengungen zur Ausweitung des Ölangebots und attraktiven Alternativen scheitern. Dieser sog. “Goldman-Sachs Consensus” hielt sich auch in anderen Ländern bis weit in das letzte Jahrzehnt, obwohl die tatsächlichen Preise immer deutlicher eine andere Sprache sprachen.
Erneuerbare Energien hatten 2011 einen Anteil von 12,2% bei der Bereitstellung der Endenergie insgesamt. Der Anteil im Stromsektor steigt steil an, während die Biokraftstoffe nach 2007 Marktanteile verloren haben.
Im Wärmemarkt (Raumwärme, Warmwasser, Prozesswärme, Kälte) erreichten die regenerativen Energien einen Marktanteil von 10,4%. Der Marktanteil wächst mit durschnittlich 0,5 Prozentpunkten pro Jahr nur langsam.
Etwa drei Viertel davon entfallen auf feste Biomasse, insbesondere Holz für die etwa 9 Mio. Kaminöfen und andere Holzfeuerstätten, darunter seit einigen Jahren auch eine steigende Zahl moderner Holzpelletheizungen. Das verbleibende Viertel wird durch Gas (Biogas, Klärgas, Deponiegas), Pflanzenöl, Solarthermie und Geothermie (Erdwärme, Umweltwärme) erzeugt.
Da die Biomasse nicht beliebig vermehrbar ist und auch für andere Anwendungen zur Verfügung stehen muss, steht die deutsche Wärmepolitik vor einem großen konzeptionellen Problem. Die Hauptstütze des Wachstums wird stagnieren, während sich die Alternativen nur langsam entwickeln. Nach dem Einbruch bei den Biokraftstoffen droht nun auch im Wärmemarkt ein Rückschlag bei der Energiewende.
Heizöl wird aus fossilem Rohöl hergestellt. Zusammen mit Diesel und Kerosin gehört es zu den Mitteldestillaten, also den Rohölfraktionen “mittlerer” Dichte.
Heizöl hat einen sehr hohen Energiegehalt: 1 Liter Heizöl hat einen Heizwert von 10 kWh. Es ist leicht zu transportieren und verbrennt sauberer als Kohle. Bis Anfang der 70er Jahre war Heizöl bei Rohölpreisen um die 2 Dollar pro Fass ($/b) extrem billig. Im Vergleich zu anderen Brennstoffen bleib es bis Ende der 90er Jahre bei Rohölpreisen um die 20 $/b immer noch relativ preiswert.
Diese Eigenschaften führten seit den 60er Jahren dazu, dass es zum bevorzugten Rohstoff für den Hausbrand wurde. Erst die staatlich geförderte Einführung von Erdgas und Fernwärme verdrängte die Ölheizungen auf den zweiten Platz.
Im privaten Hausbrand kommt fast nur noch leichtes, relativ schwefelarmes Heizöl zum Einsatz. Es hat heute einen Schwefelanteil von maximal 50 mg/kg (zum Vergleich: Dieselkraftstoff hat maximal 10mg). Bis vor wenigen Jahren dominierte noch leichtes Standardheizöl mit einem Schwefelanteil von max. 1000 mg/kg. Seit kurzem werden auch Heizölsorten mit Biokomponenten angeboten. Der Anteil der Pflanzenöle liegt hier bei 5 bis 15 Prozent.
Heizölverbrauch in Deutschland
Deutschland und die USA sind die größten Heizölmärkte der Welt. Daneben haben auch Frankreich und Kanada einen hohen Verbrauch.
Heizöl als Preisfalle für 12 Millionen deutsche Haushalte
Die Energiewende in Deutschland findet in drei Sektoren statt: Strom, Wärme und Kraftstoffe. Die politische Diskussion konzentriert sich zur Zeit auf die Strompreisdebatte und übersieht dabei die weitaus höheren Preisrisiken fossiler Energieträger für Heizungen und Kraftstoffe.
Das gilt in besonderem Maße für Erdöl, denn die Rohölpreise haben sich in den letzten zehn Jahren verfünffacht und befinden sich auch weiterhin in einem steilen Aufwärtstrend. Dadurch ist Heizöl zur Preisfalle für 12 Millionen deutsche Haushalte geworden: Die Heizölpreise stiegen in den letzten 10 Jahren um 153%. 2012 war das teuerste Heizöljahr der Geschichte.
Heizöl kommt inbesondere in schlecht gedämmten Wohnungen und älteren Einfamilienhäusern zum Einsatz. Die Brenner sind oftmals veraltet und wenig effizient.
Dadurch wird Heizöl nicht nur zu einer klimapolitischen Herausforderung, sondern auch zu einem drängenden sozialpolitischen Problem, denn einkommensschächere Familien und ältere Menschen sind besonders häufig betroffen. Als Mieter haben sie kaum Einfluss auf eine Jahr für Jahr steigende Heizölrechnung.
Die Risiken und Belastungen verschärfen sich weiter
Politik und Wirtschaftsforschung haben den Anstieg der Ölpreise bislang häufig unterschätzt oder sogar ignoriert. Dabei ist es aus vielen Gründen weitaus plausibler, mit einem weiteren Anstieg der Ölpreise zu rechnen als mit einer Seitwärtsbewegung oder gar einem dauerhaften Preisrückgang (vgl. Kap. 3.4). Erschwerend kommt hinzu, dass die Einflussmöglichkeiten der nationalen Politik in den letzten Jahrzehnten geschrumpft sind, da der Energiemix einseitig auf zunächst preiswerte und leicht verfügbare, zunehmend aber knappe und teure Energieimporte ausgerichtet wurde.
Die staatliche Energie-, Verkehrs- und Wirtschaftspolitik agiert zur Zeit ohne ein belastbares Szenario zur langfristigen Ölpreisentwicklung. Diese Haltung ist schwer nachvollziehbar, wenn gleichzeitig mit Hinweis auf das Wirtschaftlichkeitsgebot die Weichen gegen eine raschere Gebäudesanierungspolitik und gegen den zügigeren Ausbau erneuerbarer Energien gestellt werden. Ohne (zumindest implizite) Annahmen zur längerfristigen Entwicklung der Brennstoffpreise lässt sich diese Wirtschaftlichkeit nicht beurteilen.
Unsere Preisprognose erwartet, dass die Heizölpreise von 35 Cent/Liter (2002) über 90 Cent/Liter (2012) weiter auf 131 Cent/Liter im Jahr 2020 und 184 Cent/Liter im Jahr 2030 klettern werden.
Die Kosten für die Füllung eines handelsüblichen 3000-Liter-Tanks werden sich dadurch von 2700 Euro im Jahr 2012 auf 5520 Euro im Jahr 2030 verdoppeln.
Im Vergleich zum Jahr 2002 haben sich die Kosten dann sogar verfünffacht und gegenüber 1998, einem Jahr mit niedrigen Rohölpreisen, sogar verachtfacht.
Die Heizölrechnung für eine durschschnittlich gedämmte 70qm-Wohnung steigt dadurch von 945 Euro im Jahr 2012 auf 1932 Euro am Ende des kommenden Jahrzehnts. Der monatliche Heizkostenabschlag steigt von 79 auf 161 Euro.
Alternativen für Verbraucher und Klimaschutz
Heizöl steht auch den klimapolitischen Zielen im Weg. Es weist im Vergleich zu anderen Heizarten sehr hohe CO2-Emissionen auf. Ölbrenner sind zudem am Ende ihrer technischen Entwicklung angelangt, was keine weiteren Verbesserungen erwarten lässt.
Diesem fossilen Brennstoffkonzept steht heute eine ganze Palette neuer Technologien und Sanierungskonzepte gegenüber, die ein erhebliches Entwicklungspotenzial haben, klimapolitisch akzeptabel sind und deren Kosten eher sinken als steigen werden.
In einer Bewertungsmatrix (Kap.4) zeigt sich, dass fast alle Alternativen gegenüber Heizöl ein besseres Profil aufweisen. Ein zentrales Ziel der Wärmepolitik muss daher sein, den Verbrauch von Heizöl rasch und umfassend mit folgenden Maßnahmen zu reduzieren:
1. Die Reduzierung des Heizbedarfs ist der Königsweg der Wärmepolitik. Die Preisrisiken fossiler Brennstoffe werden dadurch drastisch reduziert, die CO2-Bilanz deutlich verbessert und der Einstieg in innovative Konzepte der Wärmeversorgung erleichtert.
Dazu gehört in erster Linie eine stark beschleunigte Sanierung des Gebäudebestands. Nur so besteht eine Chance, die wärmepolitischen Ziele bis 2050, also einen weitgehend klimaneutralen Gebäudebestand, zu erreichen und die Preisrisiken bei Öl und Gas zu entschärfen. Eine isolierte Effizienzsteigerung der Heizanlagen vertagt die Preis- und Klimarisiken nur, beseitigt sie jedoch nicht.
Ergänzend sind Anforderungen an Neubauten nötig, die nicht nur den technischen Stand des letzten Jahrzehnts fordern, wie es zur Zeit der Fall ist, sondern energetisch und konzeptionell wegweisend sind.
2. Auf der Angebotsseite sollten Anreize und Vorschriften dafür sorgen, dass Ölheizungen gestaffelt durch nachhaltigere Lösungen ersetzt werden. Auch hier ist der Bestand entscheidend, denn nur noch ein Prozent der Neubauten nutzt Heizöl als Wärmequelle.
Die Staffelung der Anreize sollte sich zunächst auf ältere Brenner konzentrieren. Etwa 25% der Ölheizungen sind älter als 20 Jahre, 5% sogar älter als 32 Jahre. Die anderen Dimensionen der Anreizstaffelung sollten nach Ein-/Zweifamilienhäusern und Mehrfamilienhäusern sowie nach Mietern bzw. Selbstnutzern von Wohneigentum differenzieren.
Aber auch bei der Angebotssteuerung gilt das Primat der Nachfragepolitik. Entscheidend ist nicht der Brennstoffwechsel, sondern die deutliche Reduzierung der Nachfrage und die intelligente Lösung für den Restwärmebedarf auf der Basis regenerativer Energien.
Nur so besteht die Chance, die klimapolitischen Ziele im Wärmesektor zu erreichen und die wachsenden sozialen Probleme fossiler Energiepolitik zu bewältigen.
Die komplette Studie (36 Seiten) können Sie hier herunterladen.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) hat heute die Absatzzahlen für Mineralölprodukte im deutschen Wärmemarkt im Monat August veröffentlicht.
Der Absatz an Heizöl sank gegenüber dem Vorjahresmonat drastisch von 2,00 Mio. Tonnen auf nur 0,93 Mio. Tonnen. In unserer Heizöl-Preisprognose hatten wir ebenfalls mit einem deutlichen, wenn auch weniger drastischen Rückgang gerechnet. Um so erstaunlicher, dass sich die Heizölpreise im August bei über 90 Euro/100 l halten konnten.
Von den 0,93 Mio. Tonnen entfielen 0,69 Mio. t auf schwefelarmes Heizöl, 0,24 Mio. t auf normales Standardheizöl.
Insgesamt fiel der Heizöl-Absatz 2012 in den Monaten Januar bis August bislang ähnlich aus wie im Vorjahr (-0,6%).
Die Bundesregierung erwägt eine Händlerabgabe, mit der Modernisierungszuschüsse finanziert werden sollen. Möglicherweise waren die gestrigen Rekorde für Heizölpreise der Anlass für das heutige Interview von Umweltminister Altmaier. Mehr dazu hier.
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