Die globale Öl- und Gasproduktion und der Transport der Energieträger bis zum Verbraucher sind mit hohen, extrem klimabelastenden Methanemissionen verbunden. Die Mengen wurden in den letzten Jahren immer weiter nach oben revidiert.
Das belastet auch die Klimabilanz von Blauem Wasserstoff. Deutsche oder europäische Wasserstoffproduzenten können nur begrenzt auf die Produktionsmethoden und die behördlichen Kontrollen in Exportstaaten wie Russland, Algerien oder den USA Einfluss nehmen.
Fast täglich entdecken Satelliten große Methanwolken, die bei der Öl- und Gasförderung weltweit ungehindert in die Atmosphäre entweichen. Vor wenigen Tagen wurde ein Methanleck von Ölfirmen nördlich von Basra im Irak aufgespürt. Dabei entwichen 130 Tonnen Methan pro Stunde in die Atmosphäre.
Legt man einen Wirkungszeitraum von 20 Jahren an (Faktor 87 CH4/CO2), entspricht das dem Treibhausgaseffekt von 271.000 Tonnen CO2 pro Tag. Zum Vergleich: Das entspricht etwa 13% der gesamten deutschen CO2-Emissionen. Oder anders formuliert: Acht dieser Lecks verursachen dieselben Klimaschäden wie ganz Deutschland.
Im August identifizierten die Geoanalytiker von Kayrros eine ganze Serie von Methanlecks etwa 500 km südlich von Algiers. Das größte Leck entließ geschätzt 121 Tonnen Methan pro Stunde – also eine ähnliche Größenordnung wie im Irak.
Algerien und Irak rangieren seit längerem auch in den IEA-Statistiken weit oben auf der Liste der Methansünder. Der Methane Tracker der IEA schätzt, dass mehr als 70 Mio. Tonnen Methan jedes Jahr bei der Öl- und Gasförderung in die Atmosphäre gelangen. Das entspricht einer CO2-Menge von 6,1 Gigatonnen.
Reuters berichtet nun über neue, noch genauere Satellitendaten, die flächendeckend Öl- und Gasregionen in den USA und Kanada absuchten. Geofinancial Analytics und Signal Climate Analytics erfassten hier weitaus höhere Methanemissionen der Öl- und Gaskonzerne als den Behörden gemeldet wurden.
Die größte absolute Klimabelastung ging dabei von Shell und Chevron aus, gefolgt von ConocoPhillips, Marathon Oil and ExxonMobil. Die größte spezifische Belastung wird jedoch von privaten, kleineren Öl- und Gasfirmen verursacht, die ohne Aktionäre und oftmals unter dem Radar der Medien arbeiten.
Besonders die Daten über Shell überraschten jedoch, da der Konzern ein ambitioniertes Methanemissionsziel verkündet hatte. In einer ersten Reaktion insistierte der Konzern, dass er diesen Richtwert einhält. Die Forscher führen einen Teil der Diskrepanz auf Emissionen aus stillgelegten Bohrlöchern zurück und eventuell auf zeitliche Probleme bei der Erfassung, da Shell einige Assets an kleinere Firmen verkauft hat.
Das Problem der “Abandoned Wells” bleibt jedoch bestehen: In den USA gibt es Hunderttausende stillgelegter Bohrlöcher, insbesondere in den Schiefergas- und Schieferölregionen. Erst allmählich wird die damit verbundene Klimabelastung deutlich.
Für die Klimabilanz des Blauen Wasserstoffs, der auf Erdgasimporte angewiesen ist, verheißt das nichts Gutes: Die genaue Erfassung der Upstream-Emissionen ist mühsam, wenn nicht sogar unmöglich, wenn z.B. am LNG-Exportterminal die Gasmengen aus unterschiedlichen Gasfeldern und ggf. noch aus Ölfeldern als Associated Gas vermischt werden. Eine verlässliche Klima-Zertifizierung wird wohl nur bei den wenigsten Upstream-Ketten gelingen. Nur bei norwegischen Gaslieferungen erscheinen die Probleme vergleichsweise übersichtlich.