Category: Energiewende

  • Global Energy Briefing Nr.164: Die globale Energieversorgung 1990-2017

    Global Energy Briefing Nr.164: Die globale Energieversorgung 1990-2017

    Auch in diesem Jahr bieten wir im Juni eine handliche und zitierfähige Übersicht zur globalen Energieversorgung. Sie fasst die zahllosen und oftmals unhandlichen Zahlen in einer Tabelle und 19 kommentierten Schaubildern zusammen.

    Datengrundlage ist die vor wenigen Tagen veröffentlichte 67. Ausgabe der Statistical Review of World Energy von BP. Sie ist die wohl populärste und am häufigsten verwendete historische Datensammlung für internationale Energiemärkte.

  • Der World Energy Outlook 2017 der IEA (GEB Nr.156)

    In der aktuellen Ausgabe unseres Global Energy Briefing (25 Seiten) stellen wir den jährlichen Hauptbericht der Internationalen Energieagentur (IEA) vor: den World Energy Outlook 2017 (WEO 2017). Er bietet zum einen eine sehr umfangreiche und interessante IST-Beschreibung aller Energiemärkte weltweit. Zusätzlich gibt er einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der globalen Energieversorgung bis zum Jahr 2040.

    Der WEO ist zweifellos ein herausragendes Panoptikum der weltweiten Energiemärkte, aber dennoch häuften sich in den letzten Jahren die kritischen Anmerkungen. Nicht ganz ohne Grund: Das World Energy Model, das den Szenarien zugrundeliegt, konnte eine lange Serie von Fehlprognosen/Fehleinschätzungen nicht verhindern. Das wiegt umso schwerer, als systematische Fehler, wie z.B. beim Wachstum der Photovoltaik oder bei der Shale Revolution, über viele Jahre nicht thematisiert oder methodisch reflektiert wurden.

    Die IEA rudert bei Kritik fast immer zurück. Sie präsentiere demnach im WEO  keine Prognosen oder konkrete Empfehlungen, sondern argumentiere nur im Rahmen genau definierter Szenarien. Dieses Dementi wirkt allerdings auf den langjährigen IEA-Beobachter halbherzig, denn bei der Präsentation der Ergebnisse geht dieser Hinweis regelmäßig unter.

    In der Wahrnehmung der Medien liefert der WEO daher konkrete Prognosen und gibt konkrete Empfehlungen. Zudem kann man argumentieren, dass die IEA kein Hauptszenario (New Policies Scenario) über Hunderte von Seiten analysieren würde, das sie selber für unrealistisch hält.
    Aus diesem Grund fehlt im WEO regelmäßig die Analyse des wichtigsten Trends: Eine offene Reflektion der fortlaufenden Revisionen der eigenen Prognosen. Dieses Manko führt zu einem „konservativen Bias“ des WEO, das sich auch in dieser Ausgabe zeigt.

    Das WEO-Team scheut trotz des enormen Sachverstandes, der sich dort im Laufe der Jahre angesammelt hat, vor einem methodischen Neustart zurück: Noch immer ist der Bericht traditionell angebotsorientiert gegliedert: Ölmarkt, Gasmarkt, Strommarkt etc. Die Kapitel mit den durchaus interessanten Policy-Empfehlungen stehen dann etwas verloren und eher quer zu dieser Analyse. Angesichts der aktuellen Herausforderungen und technischen Optionen bietet sich deshalb eine Orientierung an den Nachfragesektoren an. Aus dieser Perspektive wären die politischen Spielräume und auch die Hindernisse für eine Erreichung der Klima- und Umweltziele besser sichtbar.

    Seit einigen Jahren entzündet sich die inhaltliche Kritik am WEO vor allem an zwei Punkten: Das Mengenwachstum fossiler Energieträger wird überschätzt, während das Wachstum der Renewables, insbesondere der Photovoltaik, regelmäßig unterschätzt wird. Andere Kritikpunkte betreffen den ungewöhnlich hohen Stellenwert, der den Chancen der Atomindustrie und von  „Clean Coal“ (mit CCS) immer wieder eingeräumt wurde.

    Auch im aktuellen Bericht wird im Hauptszenario (“Best Guess”) bis 2040 ein steigender globaler Kohleverbrauch vermutet. Atomstrom wird sogar deutlich zulegen. Der Zuwachs bei PV und Windstrom bleibt verhalten und folgt einem linearen Wachstumspfad, d.h. die globale Energiewende wird sich nicht beschleunigen – was ein (von den Autoren eher en passant begründeter) Trendbruch gegenüber den letzten Jahren wäre.

    Die IEA wendet ein, dass sie im Hauptszenario nur Pläne und Absichten der politischen Akteure berücksichtige, also z.B. die Ausbauziele Pekings für Photovoltaik, die in der Tat im Laufe der Jahre immer höher geschraubt wurden. Das ist natürlich ein legitimes Vorgehen, aber intern werden dann doch Programmziele in vielen Ländern (oft mit guten Gründen) ignoriert. Ein kurzer Blick zurück zeigt deutlich, dass sich dieses Vorgehen methodisch nicht bewährt hat.

    Zudem werden in anderen Märkten wie Öl oder Gas durchweg Kostentrends akzeptiert, um daraus zukünftige Marktanteile abzuleiten. Nur bei Photovoltaik und Windstrom, die in immer mehr Märkten (natürlich auch dank vorteilhafter Policy-Bedingungen) wettbewerbsfähig geworden sind, wird das Argument einer selbsttragenden Wachstumsdynamik ignoriert…

    Lesen Sie mehr zu den Ergebnissen des WEO im aktuellen Newsletter.


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  • Weltenergiemärkte 1990-2016: Trends & Zahlen in Charts (GEB Nr.152)

    Auch in diesem Jahr stellen wir die wichtigsten Erkenntnisse aus der Statistical Review of World Energy (2017) vor. Grafisch aufbereitet konzentriert sich unsere Übersicht auf die Rolle der erneuerbaren Energien, die Aussichten auf eine globale Energiewende, die globalen Strommärkte und die CO2-Emissionen.


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  • Nachgerechnet: Kosten der Stromwende – Aktuelle Studie von Agora & Öko-Institut

    Nachgerechnet: Kosten der Stromwende – Aktuelle Studie von Agora & Öko-Institut

    (Anmerkung: Die ausführliche Besprechung der Studie finden Sie in unserem Newsletter Global Energy Briefing Nr.145)

    Eine aktuelle Studie von Agora Energiewende und dem Öko-Institut vergleicht die Kosten fossiler und regenerativer Stromerzeugungssysteme. Überraschend: Die öffentlich präsentierten Ergebnisse stehen im Widerspruch zu den Inhalten der Studie.

    Was kostet die Stromwende? Die Frage ist natürlich nicht neu. Neu ist jedoch das aktuelle Preisumfeld. Fast alle bisherigen Studien zur deutschen Energiewende verwenden Preisprognosen, die auf Daten vor 2014 zurückgreifen. Damals schien der Trend zu höheren Öl-, Gas- und Kohlepreisen unaufhaltsam. Doch die Energiemärkte haben sich seitdem grundlegend verändert. Praktisch alle anerkannten Institute und Marktexperten haben ihre mittel- und langfristigen Preiserwartungen für fossile Energierohstoffe seit 2014 massiv nach unten korrigiert.

    Insofern war ein Update überfällig. Die Studie „Erneuerbare vs. fossile Stromsysteme: ein Kostenvergleich“ von Agora Energiewende und Öko-Institut (Januar 2017, Download) kam daher genau zur richtigen Zeit. Eine lesenswerte Studie, insbesondere wegen der detaillierten Kostenvergleiche.

    Das Ergebnis laut Autoren bzw. Auftraggeber:
    „Strom aus Erneuerbaren vs. fossilen Energien: Die Energiewende gewinnt den Kostenvergleich“ (Link

    In der Zusammenfassung klingt es ähnlich: „Zusammenfassend lässt sich feststellen: Ein Stromsystem, das im Jahr 2050 nahezu vollständig auf Erneuerbaren Energien beruht, ist … auch kostenseitig attraktiv. Denn in den wahrscheinlichsten Zukunftsszenarien ist eine Versorgung auf Basis von Erneuerbaren Energien entweder etwa gleich teuer oder sogar günstiger als ein Stromsystem auf Basis fossiler Energieträger.“ (Hervorh. von mir, S.B.)

    Das klingt für Befürworter einer regenerativen Energiewende, zu denen ich auch mich zähle, nach einem erfreulichen, wenn auch etwas überraschenden Ergebnis.

    Aber ist dieses Resultat methodisch belastbar? 

    a) Die erste Einschränkung nennen die Autoren gleich selbst: Es geht um das Stromsystem im Jahr 2050. In der Studie werden also nicht die Kosten der Stromwende untersucht, also eines Prozesses, der zweifellos mit viel Trial-and-Error, vorübergehenden Parallelsystemen etc. verbunden ist, sondern um eine Zustandsbeschreibung nach der Energiewende.

    b) Kapitalzins 5 Prozent für alle: Das ist bereits eine wichtige methodische Vorentscheidung, denn es wird leider nicht wie sonst üblich die Sensitivität gegenüber anderen Kapitalmarktszenarien berechnet. In einem subventionsarmen Strommarkt 2050 könnten die Kapitalzinsen für PV-Anlagen und Windturbinen jedoch deutlich höher sein, da der Marktwert des Stroms extrem schwanken wird und immer wieder Überangebot herrscht. Da Kapitalmarktzinsen entscheidende Stellschrauben für Kosten und Risiken von PV und Windturbinen sind, sollte man hier mit alternativen Szenarien arbeiten.

    c) Wie teuer sind Solar- und Windstromanlagen im Jahr 2050? Die Studie schreibt den bisherigen Kostentrend über mehrere Jahrzehnte linear fort, was optimistisch, aber zumindest bei der Photovoltaik nicht unplausibel ist. Allerdings sollte man dann bei anderen Kostentrends ebenfalls keinen Trendbruch unterstellen (vgl. unten).

    d) Auch bei den Speichertechnologien Power-to-Gas (PtG) und Großbatterien wird der bisherige Trend fallender Kosten in die Zukunft fortgeschrieben, was für PtG angesichts der ausgereiften Technik nicht plausibel ist, aber bei Batterien durchaus möglich erscheint.

    e) Fossile Energiepreise:  Die Autoren greifen hier auf die Preiserwartungen im World Energy Outlook 2016 der Internationalen Energieagentur (IEA) zurück, den wir in zwei Ausgaben dieses Newsletters (Global Energy Briefing Nr.142 und Nr.143) ausführlich vorgestellt haben.

    Die Studie verwendet die IEA-Preisprognosen aber nicht konsistent. Bei Erdgas wird aus dem IEA-Durchschnittspreis ein „hoher“ Gaspreis; der IEA-Durchschnittspreis für Steinkohle bleibt ein „mittlerer“ Steinkohlepreis. In der Tendenz ergibt sich daraus methodisch ein nicht weiter begründeter „Anti-Kohle/Pro-Gas-Bias“.

    f) Emissionspreise: Der Emissionspreis ist eine entscheidende methodische Stellschraube, da er im kohlebasierten Szenario der Studie 2050 bis zu 46% der Systemkosten ausmachen kann.

    Die Studie zitiert zunächst CO2-Schadenskosten von 80 €/t. Auf diese Problematik bin ich an anderer Stelle ausführlich eingegangen (GEB Nr.129 CO2-Kostenanalysen – Methodische Scheinriesen). Dieser Wert ist aus mehreren Gründen für die deutsche Diskussion unbrauchbar, insbesondere wegen des Equity Weighting (d.h. ein Klimaschaden in Indien von 1 Euro fließt mit 10-15 Euro in die Kalkulation des UBA für die in vielen Studien zitierten 80 €/t ein; klingt unglaublich, ist aber so).

    Relevant für die Studie ist jedoch ohnehin nur der tatsächliche CO2-Preis im ETS. Er liegt im Moment bei 5 €/t. Deutlich höhere Preise sind politisch auch am fernen Horizont nicht sichtbar, weder in Europa, noch in China oder in den USA. Dennoch rechnet die Studie nur Szenarien durch, die 20-103 €/t als CO2-Preis für möglich halten. Hier wird methodisch ein Trendbruch unterstellt, der weder faktisch noch logisch begründbar erscheint.

    Denn hohe CO2-Preise passen auch aus logischen Gründen nicht in dieses Szenario für das Jahr 2050: Das fossile Szenario der Studie setzt auf Gas und Kohle, während der Ausbau der erneuerbaren Energien gebremst wird. Das bedeutet implizit, dass Klimaschutz politisch keinen großen Stellenwert erlangen konnte. Bei sehr hohen CO2-Preisen hätten Kohle und Gas kaum Chancen, im Jahr 2050 die Stromversorgung zu dominieren. In der Logik des fossilen Szenarios, wie auch im realen Trend, muss also also im fossilen Szenario ein niedriger CO2-Preis unterstellt werden, also zum Beispiel 5 €/t CO2.

    Fazit: Kosten der Stromerzeugungssysteme 2050

    Auf Basis der studieneigenen Daten können die folgenden Gesamtkosten für die Stromversorgung im Jahr 2050 berechnet werden:

    • Die 95%-EE-Stromversorgung kostet pro Jahr 63-64 Mrd. Euro.
    • Das kohlebasierte System kostet ohne CO2-Kosten ca. 43 Mrd. Euro.
    • Bei 5 €/t CO2 (aktueller CO2-Preis) kostet das kohlebasierte System 45 Mrd. Euro; bei 20 €/t CO2 51 Mrd. Euro. Erst wenn die CO2-Preise Richtung 50 €/t steigen, wäre das kohlebasierte System teurer als das 95%-EE-System.
    • Das erdgasbasierte System kostet ohne CO2-Preise 61 Mrd. Euro. Bei 5 €/t CO2 (aktueller Preis) wäre es nur wenig mehr ( 62 Mrd. Euro); bei 20 €/t CO2 wären es 65 Mrd. Euro und damit erstmals etwas mehr als im 95%-EE-Szenario.

    Die Autoren der Studie kommen also – anders als die Pressemitteilung vermuten lässt – zu dem Ergebnis, dass bei aktuellen CO2-Preisen eine kohlebasierte Stromversorgung etwa ein Drittel oder knapp 20 Mrd. Euro pro Jahr billiger wäre als eine Stromversorgung, die zu 95% auf EE oder auf Erdgas beruht.

    Diesem Preisvorteil steht natürlich der Klimanachteil höherer CO2-Emissionen gegenüber. Im Kohlesystem liegen sie jährlich knapp 400 Mio. Tonnen höher als im EE-System. Die CO2-Vermeidungskosten liegen hier also bei ca. 50 Euro je Tonne. Das Erdgassystem wäre nur unwesentlich billiger als ein 95%-EE-System. Die CO2-Vermeidungskosten liegen hier bei 15 Euro/Tonne.

    Autor: Dr. Steffen Bukold

    (Die ausführliche Besprechung sowie Vorschläge zur Methodik und Vertiefung der Studienergebnisse finden Sie in unserem aktuellen Newsletter Global Energy Briefing Nr.145.

  • Global Energy Briefing Nr.145: Trump und die Energiemärkte

    Vier Themen stehen im Mittelpunkt der aktuellen Ausgabe unseres Newsletters GLOBAL ENERGY BRIEFING:

    1. Trump und die Energiemärkte – Die ersten 100 Tage und der Kohleausstieg
    2. Globale Preiswende nach oben bei Gas & Kohle / Preiskapriolen im europäischen Strommarkt
    3. Studie Agora Energiewende / Öko-Institut zu Kosten der Energiewende: Analyse und kritische Anmerkungen
    4. Marktberichte Öl, Gas, Kohle, Strom, Erneuerbare Energien
    u.v.m.


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  • Weltenergiemärkte 1990-2015: Trends und Zahlen in ausgewählten Charts (GEB Nr.135)

    Weltenergiemärkte 1990-2015: Trends und Zahlen in ausgewählten Charts (GEB Nr.135)

    Auch in diesem Jahr stellen wir die wichtigsten Erkenntnisse aus der Statistical Review of World Energy (2016) vor. Grafisch aufbereitet konzentriert sich unsere 20-seitige Vorstellung auf die Rolle der erneuerbaren Energien, die Aussichten auf eine globale Energiewende, die globalen Strommärkte und die CO2-Emissionen.


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  • Newsletter Global Energy Briefing Nr.101 – Die Weltenergiemärkte im August 2014

    Newsletter
    Global Energy Briefing Nr.101 – Die Weltenergiemärkte im August 2014

    Heute erscheint die aktuelle Ausgabe des Global Energy Briefing (Nr.101, 5.Jg. August 2014).

    Wir berichten darin auf  54 Seiten über die wichtigsten Ereignisse, Trends und Preise auf den internationalen Energiemärkten.

    Schwerpunkte:

    • Russland/Ukraine-Krise: Ein Update zur aktuellen Lage. Welche Optionen hat die Ukraine nach dem Lieferstopp?
    • Russland/Ukraine-Krise: Welche Optionen hat die deutsche Gaspolitik im Krisenfall? Ein Zwischenfazit der Diskussion.
    • Ölsand: Eine Kosten- und Mengenanalyse – sind die kanadischen Ölsande überhaupt noch wettbewerbsfähig?
    • Internationale Ölmarkte: Preisanalyse, Analyse der aktuellen Angebots- und Nachfragesituation; Ölpolitik
    • Internationale Gasmärkte: Preise und Trends in Europa, USA und Fernost
    • Internationale Kohlemärkte: Preise und Trends
    • China: Energiemärkte und Energiepolitik – unser monatlicher Überblick
    • Zum Stand der deutschen Energiewende: Wie versorgt sich Deutschland mit Energie? Wo gelingt die Wende, wo stagniert sie? Eine grafisch aufbereitete Darstellung.

    u.v.m.

    GEB101 Titelbild


    Weiterführende Informationen:

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    Weitere Links:

    Sonderausgabe zur Ukraine-Krise: Global Energy Briefing Nr.96 und Nr.97:
    Ukraine und die europäische Gasversorgung

     

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  • Small is beautiful. Really?

    Zum Spannungsfeld zwischen Nachhaltigkeit und Dezentralität der Energiewende. Ein Diskussionthread auf Peak-oil.com lädt zum Mitdiskutieren ein.

  • Studie: Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten (Teil 5 & Schluss)

    In einer Serie von Artikeln auf dieser Webseite stellen wir unsere Kurzstudie für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen vor: Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten – Herausforderungen für die deutsche WärmepolitikSie wurde am 27. Dez.2013 veröffentlicht und in fast allen großen Medien Deutschlands vorgestellt und kommentiert.

    Wenn Sie den Text lieber offline lesen wollen, können Sie die gesamte Studie auch als PDF herunterladen:  Download der Studie (PDF)

    Lesen Sie hier nun den letzten Teil (Fortsetzung von Teil 4):

    5.4 Heizöl – Preisfalle für 12 Mio. Haushalte

    Heizöl ist mittlerweile zur Preisfalle für 12 Millionen deutsche Haushalte geworden. Im Sommer 2012 wurden in vielen Regionen Deutschlands die Allzeithochs aus dem Jahr 2008 erreicht und zum Teil sogar überschritten. Preise zwischen 85 und 95 Euro für 100 Liter (Standardlieferung) wurden 2012 zur Norm. Im Jahr 2013 ließ der Preisdruck nach. Derzeit liegen die Heizölpreise bei 80-85 Euro/100 Liter. Zehn Jahr zuvor lagen sie im Schnitt nur bei 35 Euro, 1998 bei lediglich 22 Euro.

    Die bisherige Preisentwicklung macht aus dem ehemals preiswerten Brennstoff Heizöl eine vergleichsweise teure Heizart mit hohem Preisrisiko. Die Preise stiegen 2002-2012 um 153%, während die Gaspreise “nur” 53%, Fernwärme 67% und Holzpellets 37% zulegten. Die tatsächlichen Kosten für Heizöl liegen oftmals noch höher, da der Trend zu kleineren Bestellmengen geht: Der Preisaufschlag etwa für eine 1000-Liter-Bestellung gegenüber einer 3000-Liter-Standardorder liegt bei durchschnittlich 3-5%.

    Heizöl ist bei den laufenden Verbrauchskosten aufgrund der hohen Brennstoffpreise nach dem Elektroofen die teuerste Heizvariante.30  Die Attraktivität von Alternativen wie Holzpellets und Sole-Wasser-Wärmepumpen leidet jedoch unter den hohen Kapitalkosten, während sich die Bilanz der Fernwärme durch die hohen betriebsgebundenen Kosten verschlechtert hat. Ein Erdgasbrennwertkessel ist in vielen Fällen die günstigste Variante. Aus Kostengründen finden sogar Braunkohle-Briketts für Privathaushalte wieder mehr Absatz – mit entsprechend hohen Emissionen.

    Einzelne Länder wollen diesen Trend entschärfen, indem sie aktiv in die Heizstruktur der Zukunft eingriffen. So hat Dänemark den Einbau von Ölheizungen in Neubauten untersagt, wenn technische Alternativen zur Verfügung stehen. Ab 2016 werden auch die Altbauten umgestellt. Stattdessen setzt man dort verstärkt auf Fernwärme, die insbesondere in großen solarthermischen Anlagen entsteht.

     

    Preisentwicklung bei Heizöl, Holzpellets und Erdgas
    Preisentwicklung bei Heizöl, Holzpellets und Erdgas

    Quelle: http://www.carmen-ev.de/infothek/preisindizes/holzpellets/graphiken

    5.5 Energiearmut und fehlende Alternativen

    Akzeptable Zimmertemperaturen während der Heizperiode gehören unstrittig zur Grundversorgung der Bevölkerung. Verbraucherverbände beklagen jedoch europaweit bei der Strom- und Wärmeversorgung eine grassierende “Fuel Poverty” (Energiearmut31 ). Strom- und Gassperren werden statistisch erfasst, aber das gilt nicht für leere Heizöltanks oder kalte Wohnungen.

    Hohe Ölpreise machen sich bei der Heizkostenrechnung in 29% aller deutschen Haushalte bemerkbar. Kurzfristige Lösungen sind wegen der hohen Investitionskosten neuer Heizlösungen oftmals schwierig. In Mietwohnungen entscheidet zudem der Vermieter über die Art der Heizanlage, deren Brennstoffkosten einfach an die Mieter weitergereicht werden können (Investor-Nutzer-Dilemma).

    Hinzu kommt, dass gerade ältere Einfamilienhäuser oder schlecht gedämmte Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern mit Heizöl versorgt werden. Sie werden überdurchschnittlich häufig von älteren Menschen bewohnt, die sich auch tagsüber zu Hause aufhalten und daher höhere Heizkosten haben. Ein Großteil der 18 Mio. Wohngebäude wurde vor 1978 errichtet, also vor der ersten Wärmeschutzverordnung. Hier, im älteren Gebäudebestand, liegt die größte  wärmepolitische Herausforderung.

    Im Jahr 2008 (der aktuellsten verfügbaren Zahl) mussten 13,8% der deutschen Haushalte mehr als 10% ihres Nettoeinkommens für Energie aufbringen.32  Nach einem Bericht der Landesregierung in Schleswig-Holstein sind Geringverdiener ohne Transferleistungen von Energiepreissteigerungen besonders stark betroffen.33

    Die Belastungen sind regional unterschiedlich und hängen von der Bausubstanz sowie klimatischen Bedingungen ab: Hohe Verbrauchswerte gibt es insbesondere in Nordeutschland, im Raum Berlin/Brandenburg und Südbayern.

    In vielen Regionen rangieren über zwei Drittel des Gebäudebestands auf oder unter dem energetischen Standard des niedrigsten Wärmeschutzstandards (WSVO 77 und darunter). Etwa ein Drittel der Heizanlagen ist zudem älter als 20 Jahre.34

    Mit der technischen Verbesserung allein ist es allerdings nicht getan. Schlecht gedämmte Gebäude weisen in der Praxis einen deutlich niedrigeren, sehr moderne Gebäude in der Praxis einen deutlich höheren Verbrauch auf, als es das Gebäudepotenzial erwarten lässt (Rebound-Effekt). Flächendeckende Erhebungen zeigen, dass der Verbrauch bei sehr gutem Dämmstandard doppelt so hoch wie errechnet und bei sehr schlechtem Dämmstandard nur halb so hoch wie errechnet ist.35

    Hier spielen offensichtlich Änderungen im Nutzerverhalten eine entscheidende Rolle: Sparsamkeit und Verzicht hier, Verschwendung und höherer Komfort dort.

    5.6 Preisprognose für Heizöl 

    Generell macht sich die Bundesregierung keine Prognosen zur langfristigen Preisentwicklung von Öl, Kohle und Gas zu eigen.”36 

    Diese Haltung ist schwer nachvollziehbar, wenn gleichzeitig mit Hinweis auf das gesetzliche Wirtschaftlichkeitsgebot die Weichen für die Gebäudesanierungspolitik oder die Förderung Erneuerbarer Energien neu gestellt werden sollen.

    Ohne Annahmen zur längerfristigen Entwicklung der Brennstoffpreise lässt sich die Wirtschaftlichkeit langfristig angelegter politischer Programme wie der Energiewende schlichtweg nicht beurteilen. Ohne Preisprognosen werden solche langfristigen Projekte zwangsläufig auf Sicht gefahren und irrlichtern ohne klaren Kurs.

    Die Argumente in den vorigen Kapiteln legen die Schlussfolgerung nahe, dass auch in Zukunft mit weiter steigenden Ölpreisen gerechnet werden sollte. Die Wahrscheinlichkeit einer Preisstagnation oder gar dauerhaft fallender Preise erscheint vergleichsweise gering. Jede vorausschauende Energiepolitik sollte diese Preisrisiken berücksichtigen.

    Eine konservativ gerechnetes Szenario lässt folgende Heizölpreise für Verbraucher in der Zukunft erwarten (in Preisen des jeweiligen Jahres):

    • 2002 35 c/l (ca. 3,5c je kWh)
    • 2012 90 c/l (ca. 9c je kWh)
    • 2020 131 c/l (ca. 13c je kWh)
    • 2030 184 c/l (ca. 18c je kWh)

    Dabei fließen folgende Annahmen ein:

    • ein stabiler Mehrwertsteuersatz 
    • stabile Energiesteuern
    • in realen Preisen konstante absolute Margen im Gasoil- und Heizölmarkt 
    • ein stabiles Euro-Dollar-Verhältnis
    • eine Fortsetzung des Rohölpreisanstiegs (Brent) der letzten 10 Jahre in absoluten Werten (plus 8,5 $/b pro Jahr); eine exponentielle Preissteigerung erscheint hingegen unwahrscheinlich aufgrund linearer Preiskomponenten und dämpfender Nachfrageeffekte.  

    Das entspricht einer Kostensteigerung von durchschnittlich 4% pro Jahr, was lediglich 1,5-2 Prozentpunkte über der allgemeinen Inflationsrate liegt.37  Die Kostenstruktur verschiebt sich dadurch weiter von den eher stabilen Investitionskosten für Ölheizungen zu den rasch steigenden variablen Kosten für den Brennstoff Heizöl.

    Prognose der Heizölpreise bis 2030
    Prognose der Heizölpreise bis 2030

    Die  Kosten für die Füllung eines handelsüblichen 3000-Liter-Tanks würden sich von 2700 Euro im Jahr 2012 auf 5520 Euro im Jahr 2030 verdoppeln und gegenüber 2002 verfünffachen.

    Die Heizölrechnung (ohne Warmwasser) einer durchschnittlich gedämmten Wohnung (150 kWh/qm) mit 70 qm Wohnfläche steigt dadurch von ca. 945 Euro im Jahr 2012 auf 1932 Euro am Ende des kommenden Jahrzehnts (2030) – falls keine Sanierungsmaßnahmen erfolgen. Der monatliche Heizkostenabschlag steigt von 79 Euro auf 161 Euro.

    Je länger der Betrachtungszeitraum ist, desto attraktiver erscheinen im Vergleich zu Heizöl Sanierungsmaßnahmen oder Heizungsarten mit geringeren Brennstoffkosten.

    6. Exemplarische Gegenmaßnahmen

    6.1 Heizöl in der Sackgasse

    Heizöl weist im Vergleich zu anderen Heizarten sehr hohe CO2-Emissionen auf. Ölbrenner konnten in den letzten Jahrzehnten zwar technisch verbessert werden (vom Niedertemperatur-kessel zur Brennwerttechnik). Heute sind sie jedoch in einer technologischen Sackgasse angelangt, die keine weiteren Effizienzsprünge erwarten lässt. Mit anderen Worten: Das Heizen mit Öl wird immer teurer werden.

    Dem steht heute eine ganze Palette neuer Technologien gegenüber, die ein erhebliches Entwicklungspotenzial haben, klimapolitisch akzeptabel sind und deren Kosten eher sinken als steigen werden.

    Noch wichtiger als der Technologiewechsel in der Wärmeerzeugung ist jedoch die Nachfragereduzierung durch eine umfassende Sanierung der Gebäude. Hier besteht aktuell die Gefahr, dass das Sanierungstempo gedrosselt wird und stattdessen nur eine isolierte Effizienzsteigerung der Heizanlagen erfolgt, die nach einer späteren Sanierung ungeeignet oder zumindest überdimensioniert sein werden.

    Daher lohnt ein Blick über den Tellerrand der Tagespolitik. Ein klimaverträgliches, integriertes Strom- und Wärmenetz der Zukunft auf Basis regenerativer Technologien kann nur dann wie geplant verwirklicht werden, wenn die Wärmenachfrage rechtzeitig und nachhaltig verringert wird.

    6.2 Einsparpotenziale – Vier Beispiele

    Die steigende Kostenbelastung und die Preisrisiken fossiler Energieimporte könnten durch eine Reihe von Maßnahmen entschärft werden.38

    Welche Auswirkungen hätten bessere Heizungen, bessere Dämmung, effizientere PKW oder die Einführung von Elektrofahrzeugen auf unsere aktuelle Importrechnung? Um die Größenordnungen deutlicher zu machen, werden vier Einzelmaßnahmen und ihre Wirkung auf den Umfang der jährlichen Ölimporte vorgestellt:

    Abbau alter Ölheizungen

    Wenn 1 Mio. alte Ölheizungen (ca. 17% der Ölbrenner) in schlecht gedämmten Gebäuden durch andere Heizungen ersetzt werden, verringert sich der Heizölverbrauch in Deutschland um ca. 1,2 Mio. Tonnen Heizöl. Daraus ergeben sich Kosteneinsparungen beim Nettoölimport39 in Höhe von 0,8 Mrd. Euro.

    Bessere Dämmung für alte Mehrfamilienhäuser 

    Drei Viertel der Wohngebäude in Deutschland wurden vor 1978 errichtet, also noch vor der ersten Wärmeschutzverordnung. Durch bessere Gebäudehüllen in einer Million älterer Mehrfamilienhäuser40  mit Ölheizung könnten ca. 4,1 Mio. Tonnen Heizöl eingespart werden. Das könnte die deutsche Ölimportrechnung im Jahr um ca. 2,7 Mrd. Euro reduzieren.41

    Effizientere PKW

    Wenn die PKW-Flotte ihren Spritverbrauch um 1 Liter Kraftstoff auf 100 km verringert, sinkt der Bedarf an Rohölimporten bereits deutlich. Die Ölimportrechnung wäre dann z.B. im Jahr 2012 2,9 Mrd. Euro niedriger gewesen.42

    Elektrofahrzeuge

    Die Einführung von Elektrofahrzeugen (PKW) senkt ebenfalls den Importbedarf an Rohöl und Ölprodukten. Bei einer Flotte von 1 Million Elektrofahrzeugen (PKW) wäre die Ölimportrechnung 2012 560 Mio. Euro niedriger ausgefallen. Bei einer Flotte von 5 Millionen Elektrofahrzeugen, also einem Marktanteil von knapp 12 Prozent, liegt die Einsparung bereits bei 2,8 Mrd. Euro pro Jahr.43

    In der Summe könnten diese vier Maßnahmen die Importkosten Deutschlands (Nettoölimporte) um 9,2 Mrd. Euro entlasten. Das wären 13,5% der gesamten Ölnettoimportkosten.

    Ölimportabhängigkeit - Gegenmassnahmen
    Ölimportabhängigkeit – Gegenmassnahmen

    7. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

    ….finden Sie im ersten Kapitel dieser Studie (Link dorthin).

    8. Anhang

    Im PDF-Dokument.

    —–

    30 Vgl. hierzu AGFW: Heizkostenvergleich nach VDI 2067 Musterrechnung: 15.10.2012, Frankfurt/M. 2012; M. Cerveny/Th.Sturm: Vollkostenvergleich von Heizsystemen für Einfamilienhäuser, ÖGUT Wien Dez. 2011.

    31 Unter “Energiearmut” im engeren Sinn wird hier nicht die durchschnittliche Kostenbelastung armer Haushalte verstanden, die in erster Linie eine sozialpolitische Herausforderung darstellt. Vielmehr geht es dabei um eine überdurchschnittliche Belastung einkommensschwacher oder armer Haushalte. Dazu gehören z.B. große, schlecht gedämmte Wohnungen von Rentnerinnen.

    32 Auskunft der Bundesregierung; Quelle: Kleine Anfrage der Abgeordneten Bärbel Höhn u.a.: Energiearmut erkennen und Lösungen anbieten, 28. August 2012, BT-Drucksache: 17/10475.

    33 Bericht des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein zur Entwicklung und den Auswirkungen der Strompreise, Kiel 2012.

    34 Vgl. Techem: Energiekennwerte 2013, Eschborn 2013; auf Basis von 1,6 Mio. Wohnungen; Mehrfamilienhäuser sind in dieser Studie gegenüber selbstgenutzen Eigenheimen überrepräsentiert.

    35 Weitere Gründe kommen hinzu, so z.B. auch Baumängel bei technisch sehr anspruchsvollen neuen Gebäuden und ein suboptimaler Betrieb der Heizungsanlage. Vgl. Techem: Energiekennwerte 2013, Eschborn 2013, S.48-50.

    36 Kleine Anfrage der Abgeordneten Bärbel Höhn u.a.: Energiearmut erkennen und Lösungen anbieten, 28. August 2012, BT-Drucksache: 17/10475.

    37  Andere Prognosen erwarten noch höhere Preise. Die Agentur für erneuerbare Energien (www.unendlich-viel-energie.de) kommt zu weitaus pessimistischeren Ergebnissen. Renews Spezial Januar 2011; „Erneuerbare Wärme“ www.unendlich-viel-energie.de. Der Ausgangspreis für Heizöl ist dort niedriger (6 c/l im Februar 2010), aber es wird aus der Vergangheit eine jährliche Steigerung der Heizölpreise von 10,78% abgeleitet. Das erscheint zu pessimistisch, da der Verbraucherpreis auch konstante (Energiesteuern) oder eher linear wachsende Komponenten enthält (Margen für Transport, Handel; Raffineriemarge je Tonne). Selbst beim Rohölpreis führt die Annahme eines exponentiell steigenden Preises über 20 Jahre hinweg rasch zu unwahrscheinlichen Werten.
    Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen kommt in ihrer Prognose zu leicht höheren Ergebnissen. Sie erwartet, dass die Heizölpreise 2011-2020 um 59 Prozent steigen werden. “Für eine 70-m²-Wohnung würde das bei gleichbleibender Energiemenge folgende Erhöhungen bedeuten: Im Jahr 2011 lagen die Brennstoffkosten für das benötigte Heizöl bei durchschnittlich 800 Euro. Im Jahr 2020 kostet die gleiche Menge Heizöl 1.280 Euro. Die Brennstoffkosten für Erdgas liegen heute bei 700 Euro und steigen im Jahr 2020 auf 940 Euro. Für Fernwärme mussten Mieter und Eigentümer einer 70-Quadratmeter-Wohnung im vergangenen Jahr 900 Euro bezahlen, im Jahr 2020 werden im Schnitt 1.390 Euro für die gleiche Brennstoffmenge fällig.”
    http://www.co2online.de/ueber-co2online/newsanzeige/article/7/energiepreise-verdoppeln-sich-bis-2020/index.html

    38 Die folgenden Beispiele dienen nur der Anschauung und werden mit vereinfachenden Annahmen durchgerechnet. Eine genaue Analyse würde den Rahmen dieser Kurzstudie sprengen.

    39 Rohöl und Ölprodukte. Bei prozentualer Anwendung der von der Bafa gemeldeten Außenhandelsmengen und Einfuhrpreisen für Rohöl (Bafa) und leichtem Heizöl (Rotterdam) im Jahr 2012. Annahmen: Wohnungsgröße 70qm; Verbrauchsverteilung (alt/neu) wie in der Überblicksstudie “Energiekennwerte 2013” (Techem, Eschborn 2013); nur Raumwärme, kein Warmwasser.

    40 Die Höhe des Einspareffekts ist umstritten, da Rebound-Effekte oder Baumängel einen Teil der errechneten Einsparung zunichte machen. Wir haben daher trotz des hohen Ursprungverbrauchs nur einen relativ geringen Einspareffekt von 50% der Heizenergie (ohne Warmwasser) angesetzt, der weit unter dem technisch möglichen Optimum bleibt. Weitere Annahmen: MFH mit 7 Wohneinheiten à 70qm.

    41 Rohöl und Ölprodukte. Bei prozentualer Anwendung der von der Bafa gemeldeten Außenhandelsmengen und Einfuhrpreisen für Rohöl (Bafa) und leichtem Heizöl (Rotterdam) im Jahr 2012.

    42 Annahmen: Strom aus Erneuerbaren Energien; eingesparte Kraftstoffmengen haben durchschnittlichen Importanteil; Einsparungen auf VK- und DK-PKW gleichmäßig verteilt; ohne Biokraftstoffe. Die Verkehrs- und Fahrzeugdaten in diesem Abschnitt sind entnommen: Uwe Kunert, Sabine Radke, Bastian Chlond und Martin Kagerbauer: Auto-Mobilität: Fahrleistungen steigen 2011 weiter  (DIW Wochenbericht Nr. 47.2012).

    43 Annahmen: Strom aus Erneuerbaren Energien; Elektrofahrzeuge ersetzen je zur Hälfte DK- und VK-PKW.

     

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  • Studie: Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten (Teil 4)

    In einer Serie von Artikeln auf dieser Webseite stellen wir unsere Kurzstudie für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen vor: Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten – Herausforderungen für die deutsche WärmepolitikSie wurde am 27. Dez.2013 veröffentlicht und in fast allen großen Medien Deutschlands vorgestellt und kommentiert.

    Wenn Sie den Text lieber offline lesen wollen, können Sie die gesamte Studie auch als PDF herunterladen:  Download der Studie (PDF)

    Lesen Sie hier nun die Fortsetzung von Teil 3:

    Szenarioannahmen für die Ölpreise, Gaspreise, Steinkohlepreise sowie die Importmengen:

    1. Öl

    1.1 Ölpreise

    Die Ölpreise steigen bis 2016 lediglich im Rahmen der allgemeinen Inflationsrate. Nach 2016 lässt der preisdämpfende Effekt von amerikanischem Shale Oil (LTO, “Schieferöl”) nach, während die Kosten weiter zulegen. Die globale Ölnachfrage steigt nach wie vor in moderatem Tempo und trifft auf ein knapperes Angebot. Nach 2016 steigt der Ölpreis 2 Prozentpunkte p.a. schneller als die allgemeine Inflationsrate.

    1.2 Deutsche Ölimportnachfrage

    Die heimische Ölproduktion bleibt unverändert niedrig. Die deutsche Ölnachfrage fällt um 1% pro Jahr (deutlich schrumpfende Nachfrage bei Heizöl; leicht abnehmender Kraftstoffverbrauch).

    2. Erdgas

    2.1 Gaspreise

    Die deutschen Erdgasimportpreise steigen angesichts der global rasch wachsenden Nachfrage um  durchschnittlich 2 Prozentpunkte p.a. über der Inflationsrate. 

    2.2 Deutsche Gasimportnachfrage

    Die heimische Erdgasförderung geht leicht zurück. Substitutionseffekte, insbesondere Heizöl-Erdgas, stabilisieren die Nachfrage, während eine höhere Energieeffizienz dämpfend wirkt. Der Importbedarf bleibt in unserem Szenario daher konstant.

    3. Steinkohle

    3.1 Steinkohlepreise

    Die internationalen Steinkohlepreise (Kesselkohle) sind in den letzten Jahren deutlich gefallen, drängen nun aber bereits marginale Anbieter aus dem Markt. Die Steinkohlepreise werden daher wieder steigen, auch weil die internationale Nachfrage (insbesondere in Indien) wächst und die Produktionskosten weltweit deutlich zulegen. Wir nehmen daher einen Preisanstieg von 2 Prozentpunkten über der allgemeinen Teuerungsrate an.

    3.2 Deutsche Steinkohlenachfrage

    Trotz des aktuellen Booms in der Steinkohlenachfrage gehen wir in unserem Szenario von einer zunächst konstanten, dann aber nach 2015 um 2% pro Jahr fallenden Steinkohleimportnachfrage aus.

    4. Sonstige Annahmen

    Allgemeine Preissteigerungsrate 2013-2030: 2,5% pro Jahr

    Ergebnisse des Szenarios

    Die deutschen Nettoimportkosten für Öl, Gas und Kohle legen in unserem Szenario zu. In nominalen Preisen klettern sie von 94 Mrd. Euro (2012) über 118 Mrd. Euro (2020) und 173 Mrd. Euro (2030) auf 252 Mrd. Euro (2040).

    Kumuliert sind das in den Jahren 2013-2030 insgesamt 2.300 Mrd. Euro, die für fossile Energieimporte (Öl, Gas, Kohle) ausgegeben werden müssen, bis 2040 sogar 4.450 Mrd. Euro.

    Die Kosten steigen also auch in einem gemäßigten Szenario, selbst wenn es gelingen sollte, den Verbrauch von Öl wie bisher langsam zu reduzieren.

    Nur eine Beschleunigung der Energiewende zugunsten regenerativer Energieerzeugung, in Verbindung mit einem reduzierten Bedarf (beschleunigte energetische Gebäudesanierung, geringerer Spritverbrauch der Kraftfahrzeuge), könnte diesen Kostentrend stoppen.

    Kostenszenario fossile Energieimporte
    Kostenszenario fossile Energieimporte

    Das nächste Schaubild zeigt, dass Öl nach wie vor eine Schlüsselrolle bei den Importkosten spielen wird. Der Jahr für Jahr geringere Bedarf in Deutschland wird durch die steigenden Preise überkompensiert.

    Der Anteil von Rohöl/Ölprodukten an der fossilen Importrechnung steigt sogar von derzeit 72% auf 77% (2040) weiter an, obwohl der Verbrauch in unserem Szenario sinkt.

    Kostenszenario nach Energieträger Öl Gas Kohle
    Kostenszenario nach Energieträger Öl Gas Kohle

     

    5. Folgen für die Heizölpreise und die Heizölrechnung

    5.1 Raumwärme und Wohnflächen

    Die Größe des Wärmesektors wird häufig unterschätzt. Allein die Raumwärme benötigt 31% unseres Endenergieverbrauchs. Hinzu kommen Warmwasser mit 4%, der große Bereich der Prozesswärme (Industrie, Kochen) mit 21%, sowie der Kältebedarf mit 2%. Mehr als die Hälfte der Endenergie entfällt auf die Erzeugung von Wärme. Der Wärmesektor ist energetisch gesehen also deutlich größer als z.B. der Verkehrssektor (mechanische Energie).

    Der Heizenergieverbrauch pro Quadratmeter geht bereits seit Ende der 90er Jahre zurück: Pro Quadratmeter wurden Jahr für Jahr 1,5% weniger Heizenergie benötigt. Steigende Wohnflächen sorgten jedoch dafür, dass der Gesamtverbrauch in den letzten 20 Jahren nur um 8% gesunken ist – trotz der häufig milden Winter.26

    Diese Überblickszahlen verdecken allerdings die individuell sehr unterschiedliche Entwicklung. Während die Heizkosten in neu sanierten Gebäuden, Neubauten oder bei Nutzung regenerativer Energien stabil blieben oder sogar stark sanken, waren die Mieter/Selbstnutzer in älteren Gebäuden voll vom Anstieg der Brennstoffkosten für Öl und Gas betroffen.

    Die meisten Gebäude (74%) in Deutschland wurden vor 1978 errichtet. also vor Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung. Dieser Altbestand hat den höchsten Bedarf an Heizenergie pro Quadratmeter. Er liegt je nach Einzelfall 2-5 mal höher als bei einem modernen Neubau.

    5.2 Heizöl im Raumwärmemarkt

    Hintergrund

    Heizöl wird aus fossilem Rohöl hergestellt. Zusammen mit Diesel und Kerosin gehört es zu den Mitteldestillaten, also den Rohölfraktionen “mittlerer” Dichte. Heizöl hat einen sehr hohen Energiegehalt: 1 Liter Heizöl hat einen Heizwert von 10 kWh. Es ist leicht zu transportieren und verbrennt sauberer als Kohle. Bis Anfang der 70er Jahre war Heizöl bei Rohölpreisen um die 2 Dollar pro Fass ($/b) extrem billig.

    Diese Eigenschaften führten seit den 60er Jahren dazu, dass es zum bevorzugten Rohstoff für den Hausbrand wurde. Erst die staatlich geförderte Einführung von Erdgas und Fernwärme verdrängte die Ölheizungen auf den zweiten Platz.

    Im privaten Hausbrand kommt heute überwiegend schwefelarmes Heizöl zum Einsatz. Es hat einen Schwefelanteil von maximal 50 mg/kg (zum Vergleich: Dieselkraftstoff hat maximal 10mg). Bis vor wenigen Jahren dominierte noch leichtes Standardheizöl mit einem Schwefelanteil von max. 1000 mg/kg.

    Heizölverbrauch in Deutschland

    Deutschland und die USA sind die größten Heizölmärkte der Welt. Daneben haben auch Frankreich und Kanada einen hohen Bedarf.

    Etwa 60% des Heizöls wird in Deutschland in privaten Haushalten für die Raumwärme oder Warmwasser verbrannt. Weitere ca. 25-30% werden für dieselben Zwecke in gewerblichen Räumen (Büros, Läden, Werkstätten) eingesetzt. Der Rest (10-15%) wird in der Industrie für eine breite Palette von Anwendungen verbraucht.27

    Die deutschen Privathaushalte verbrennen, je nachdem wie streng der Winter ausfällt, zur Zeit 11-13 Millionen Tonnen Heizöl pro Jahr.28

    Der gesamte deutsche Heizölverbrauch (alle Einsatzbereiche) ging in den letzten beiden Jahrzehnten um fast die Hälfte zurück. Anfang der 90er Jahre lag er um die 35 Mio. Tonnen, aktuell bei 18-21 Mio. Tonnen. Die wichtigsten Ursachen dafür sind effizientere Ölbrenner, der Wechsel zu anderen Heizarten und mildere Winter. 2012 und 2013 stieg der Absatz wegen der kalten Winter wieder an.

    Heizöl Inlandsabsatz 1990-2013
    Heizöl Inlandsabsatz 1990-2013

    Relevanz der Heizölanlagen im privaten Raumwärmemarkt

    Die Bedeutung von Heizöl lässt sich auf unterschiedliche Weise erfassen. Betrachtet man die erzeugte Raumwärme, stellt Heizöl 26% des Bedarfs zur Verfügung (AGEB 2010). An erster Stelle steht Gas mit 43%. Bereits an dritter Stelle kommen erneuerbare Energien mit einem Anteil von 15%.

    Blickt man auf den Markt für neue Heizungen (im Neubau oder Modernisierung im Bestand), liegt der Anteil der Ölheizungen bei 12%. Gasbrenner führen im Neumarkt mit weitem Abstand mit 77% Marktanteil. An dritter Stelle stehen Wärmepumpen.

    Marktentwicklung der Wärmeerzeuger 2002-2012
    Marktentwicklung der Wärmeerzeuger 2002-2012

    Quelle: BDH (NT = Niedertemperaturkessel; BW=Brennwertkessel)

    Betrachtet man nur die Heizungsarten in neuen Wohnungen (also ohne  Heizungsmodernisierung im Bestand), dann wird die schrumpfende Attraktivität von Heizöl überdeutlich. Nur noch 1,0% aller Neubauten bauen Ölheizungen ein. Im Jahr 2000 waren es noch 13,4%. Gas und Wärmepumpen sind zur Zeit die attraktivsten Optionen.

    Anders verhält es sich im gesamten Wohnungsbestand. Hier heizen noch 29,3% aller Wohnungen mit Heizöl. Der Anteil schrumpft, aber nur langsam. Im Jahr 2000 lag der Heizölanteil bei 32,6%, also nicht wesentlich darüber.

    5.3 Ein zentrales Problem: Die Altersstruktur der Ölheizungen

    Nach Erhebungen des Schornsteinfegerverbandes gibt es über 5,8 Mio. Ölfeuerungsanlagen in Deutschland (und mehr als 9,1 Mio. Gasfeuerungsanlagen).29

    Von diesen 5,8 Mio. Anlagen sind 1,2 Millionen Anlagen (20,6%) älter als 21 Jahre, haben also ihre normale Lebensdauer bereits überschritten. Fast 0,5 Mio. Anlagen sind sogar älter als 29 Jahre (8,5%). Daraus ergibt sich ein enormer Modernisierungsbedarf. Ein Drittel der Anlagen ist schon heute weit vom Stand der Technik entfernt.

    Ölfeuerungsanlagen 2012
    Ölfeuerungsanlagen 2012

    Quelle: Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks: Erhebungen des Schornsteinfegerhandwerks für 2012

    —–

    26 Quellen: Shell Hauswärme-Studie: Nachhaltige Wärmeerzeugung für Wohngebäude. Fakten, Trends und Perspektiven, Hamburg 2011; Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“: Stellungnahme zum ersten Monitoring-Bericht der Bundesregierung für das Berichtsjahr 2011, Dez. 2012

    27 Quellen: MWV, Shell, Destatis, Branchenkreise.

    28 Genauere Daten sind nicht verfügbar: (1) Der Verbrauch des nicht-industriellen Gewerbes in Abgrenzung zu den privaten Haushalten wird nur unregelmäßig erfasst. (2) Die Statistiken erfassen nur den Heizölabsatz, nicht den tatsächlichen Verbrauch. Der wechselnde Füllstand privater Heizöltanks kann nur geschätzt werden und wird nicht flächendeckend erfasst.

    29 Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks: Erhebungen des Schornsteinfegerhandwerks für 2012, o.O., o.J.

    [infopane color=”2″ icon=”0018.png”]Fortsetzung Freitag (10. Januar)[/infopane]

     

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  • Studie: Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten (Teil 3)

    In einer Serie von Artikeln auf dieser Webseite stellen wir unsere Kurzstudie für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen vor: Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten – Herausforderungen für die deutsche WärmepolitikSie wurde am 27. Dez.2013 veröffentlicht und in fast allen großen Medien Deutschlands vorgestellt und kommentiert.

    Wenn Sie den Text lieber offline lesen wollen, können Sie die gesamte Studie auch als PDF herunterladen:  Download der Studie (PDF)

    Lesen Sie hier nun die Fortsetzung von Teil 2:

    4. Ausblick 2030: Preis- und Versorgungsrisiken bei Rohöl und Heizöl (inkl. Ölpreisprognose)

    4.1 Wachsende Abhängigkeit und steigende Risiken

    Wie entwickeln sich die Importabhängigkeiten bei Rohöl (x-Achse) und bei Erdgas (y-Achse) in den kommenden Jahrzehnten, falls politisch nicht gegengesteuert wird? Das folgende Schaubild zeigt das Hauptszenario der IEA (Internationale Energieagentur) bis zum Jahr 2035.17

    Links unten stehen die Länder, die sowohl Gas als auch Öl exportieren; also Russland, Afrika, der Nahe Osten (Middle East) und der Kaspische Raum. Hier gibt es nur geringe Verschiebungen bis 2035. Den größten Sprung macht Brasilien: vom Importeur von Öl und Gas zum Exporteur. Auch die USA können ihre Position etwas verbessern, bleiben aber von Rohölimporten abhängig.

    Bei den übrigen Staaten verschlechtert sich die Lage: Vor allem die EU steuert von einer ohnehin schon großen auf eine fast vollständige Importabhängigkeit zu. Auch Indien, China, Südostasien und selbst Indonesien rutschen in eine größere Abhängigkeit, v.a. von Ölimporten. Sollte es also in den kommenden Jahrzehnten zu Versorgungsengpässen kommen, wird eine wachsende Zahl von Ländern um die Gunst einer immer kleineren Zahl von Exporteuren konkurrieren müssen.

    gas und öl importabhängigkeiten 2011 und 2035
    Gas und Öl: Importabhängigkeiten 2011 und 2035 (Quelle: IEA)

    Zusätzlich zur Abhängigkeit von großen Importmengen stellt sich die Frage, welche zukünftigen Preisrisiken speziell mit fossilen Energieimporten verbunden sind?

    Grundsätzlich haben alle Formen der Energieversorgung Preis- und Kostenrisiken. Das gilt auch für regenerative Energieformen, wo z.B. instabile Branchenstrukturen oder internationale Handelskonflikte für starke Preisschwankungen und Knappheitspreise bei der Hardware (Windturbinen, Solarzellen) oder bei Dienstleistungen sorgen können. Diese Risiken beschränken sich jedoch gewöhnlich auf den Ausbau des Energieangebots, nicht auf die laufende Energieerzeugung in bereits bestehenden Anlagen.

    Bei der fossilen Energieversorgung steigen dagegen die Preisrisiken sowohl beim Ausbau der Förderinfrastruktur (Offshore-Plattformen, Stahl für Pipelines, entlegene Kohleminen, etc.) als auch beim laufenden Betrieb.

    Eine ganze Palette von Risiken wurde in den letzten Jahren sichtbar:

    • geopolitische Versorgungsrisiken
    • geologische Verknappungsrisiken
    • internationale Kartellrisiken
    • technisch-ökologische Risiken (Wirbelstürme, Überflutungen, Unfälle)
    • Wechselkursrisiken

    Diese latenten Risiken können jederzeit manifest werden und für steil steigende Energiepreise sorgen. Selbst unter sehr optimistischen Annahmen sind erhebliche Preisrisiken vorhanden. Auch gemäßigte Szenarien lassen vermuten, dass die Aufwendungen in den kommenden Jahrzehnten weiter steigen werden, selbst wenn es zu keinen größeren Krisen in wichtigen Öl- oder Gasproduzentenländern kommen sollte.

    Wichtige Ursachen für diesen langfristigen Preistrend sind immer höhere Kosten bei der Öl-, Gas- und Kohleförderung, die abnehmende Qualität neuer Ressourcenfunde, die Standortrisiken neuer Förderanlagen (Tiefsee, Arktis) und die allmähliche globale Verknappung bei Rohöl. Hinzu kommen die Anforderungen wichtiger Produzenten- und Kartellländer, die auf den Märkten hohe Preise durchsetzen müssen, um sich innenpolitisch durch eine teure Klientelpolitik zu stabilisieren.

    Die folgenden drei Schaubilder zeigen für Rohöl, Erdgas und Steinkohle den rapiden Anstieg der Jahresdurchschnittspreise der letzten Jahre.

    Ölpreise Jahresdurchschnittswerte
    Ölpreise Jahresdurchschnittswerte

    Gaspreise international - Jahresdurchschnittswerte
    Gaspreise international – Jahresdurchschnittswerte

     

    Internationale Steinkohlepreise
    Internationale Steinkohlepreise

     

    4.2 Fracking: Fossil Fuels Forever?

    Könnten die Ölpreise für lange Zeit stabil bleiben oder sogar fallen? Diese These setzt einen Trendbruch in der Preisentwicklung voraus und ignoriert weitgehend akzeptierte Argumente für einen weiteren Ölpreisanstieg, wie sie zuletzt auch von der Internationalen Energieagentur bestätigt wurden.18

    Optimistische Gegenkonzepte stützen sich auf die Förderung von Schieferöl (Light Tight Oil, Shale Oil) und Schiefergas (Shale Gas) in den USA.19  Öl aus besonders dichtem und undurchlässigem Gestein ist der aktuelle Hoffnungsträger, der die Ölversorgung grundsätzlich verändern soll.20

    Das Öl wird hier mit aufwendigen Fördermethoden (Fracking, Einpressen von Chemikalien und Wasser, horizontale Fächerbohrungen) an die Oberfläche befördert. Technische und organisatorische Fortschritte, sowie eine laxe Umweltpolitik in der Bush-Ära, lösten einen Ölboom in mehreren Bundesstaaten aus, insbesondere in North Dakota und Texas. Außerhalb der USA und Kanadas wird auf absehbare Zeit keine nennenswerte Shale Oil Produktion erwartet.21

    In der Tat sind die Mengen in nationaler Perspektive beträchtlich, jedoch in globaler Perspektive kein Game Changer. Zur Zeit liefert amerikanisches Shale Oil 2,5% der Weltölversorgung. Die IEA hält einen Anstieg auf 5% der Weltölversorgung für denkbar, erwartet aber schon Mitte des kommenden Jahrzehnts einen allmählichen Rückgang der Fördermengen, da die Vorkommen begrenzt sind und jede Bohrung innerhalb von 2-3 Jahren bereits erschöpft ist.

    Doch selbst ein Boom bei amerikanischem Shale Oil muss nicht zu niedrigeren Ölpreisen in Europa führen. Die Preise für Nordseeöl (Brent) sind bis heute unverändert auf hohem Niveau. Zahllose logistische Probleme, die Raffineriestruktur und amerikanische Exportverbote für Rohöl dürften Shale Oil zu einer “inneramerikanischen” Angelegenheit machen, die den Weltmarkt nur begrenzt entlasten wird.

    Alles in allem wird der Shale Oil Boom zwar einen steilen Anstieg der Ölpreise bis in das kommende Jahrzehnt hinein bremsen, aber andererseits sind die Kosten der Schieferölproduktion so hoch, dass die Preise auch nicht weiter fallen können. Öl bleibt also teuer und wird mittel- und langfristig immer teurer werden.

    Bei Shale Gas ist die Situation teilweise ähnlich: Zwar sind die verfügbaren Mengen erheblich größer als bei Shale Oil, aber auch hier wird das zusätzliche Angebot v.a. von der rasch steigenden amerikanischen Binnennachfrage absorbiert. Der Export nach Europa wird in wenigen Jahren möglich werden, aber der asiatische Markt dürfte für die US-Exporteure wegen des dort herrschenden höheren Preisniveaus interessanter sein. Trotz der Fracking-Euphorie sind die US-Erdgaspreise momentan auf dem höchstem Stand seit Sommer 2011.22

    4.3 Kostenszenario für fossile Energieimporte

    Wie könnten sich die Kosten unserer fossilen Importabhängigkeit in der Zukunft entwickeln? Wir nutzen zur Anschauung ein Kostenszenario, das gemäßigten Annahmen folgt, die uns zur Zeit realistisch erscheinen und die sich ganz überwiegend auch in internationalen Referenzberichten23 zum Thema wiederfinden.

    Die IEA rechnet in ihrem jüngst erschienenen World Energy Outlook 201324 mit folgenden nominalen Mindestpreisen im „Current Policies Scenario“:25

    Ölpreisprognose, Gaspreisprognose, Kohlepreisprognose der IEA
    Ölpreisprognose, Gaspreisprognose, Kohlepreisprognose der IEA

    Selbst die in Preisfragen als recht konservativ geltende IEA, die in ihren Szenarien eine Art „Branchen-Mainstream“ widerspiegelt, rechnet also mit weiter anziehenden fossilen Energiepreisen, sowohl bei Erdöl, als auch bei Erdgas und Steinkohle.

    Unser Kostenszenario folgt in etwa den Annahmen der IEA, bleibt also auf der konservativen Seite. Es unterstellt etwas optimistisch, dass es zu keinen größeren geopolitischen oder anderen Krisen in der Ölversorgung kommen wird.

    —–

    17 IEA: World Energy Outlook 2013, Paris 2013.

    18 IEA: World Energy Outlook 2013, Paris 2013; IEA: Medium-Term Oil Market Report, Paris 2013.

    19 Es handelt sich hier um hochwertiges, leichtes Öl, das im Source Rock, in dem das Öl ursprünglich entstand, gefangen blieb; normalerweise wandert Öl aufwärts, bis es in poröserem Gestein z.B. durch eine darüber liegende, undurchlässige Salzschicht aufgehalten wird und sich dort ansammelt.

    20 Ein zweites Argument geht von „Peak Demand“ aus, also dem Rückgang der globalen Ölnachfrage vor einer Verknappung. Angesichts der erst beginnenden Motorisierung und Industrialisierung in Süd- und Ostasien, sowie Afrika und Lateinamerika, gibt es jedoch zu Recht nur wenige Befürworter dieser These. Außerdem: Sollte die Nachfrage wider Erwarten unerwartet schnell sinken, wäre mit niedrigeren Ölpreisen zu rechnen, was die Ölnachfrage rasch wieder ankurbeln dürfte.

    21 IEA: World Energy Outlook 2013, Paris 2013.

    22 Mitte Dezember 4,4 $/MMBtu an der US-Gasbörse; 2013 sind die Gaspreise bislang um 32% gestiegen; vgl. Bloomberg 12.Dez.2013.

    23 IEA: WEO 2013, Paris 2013; IEA: MTOMR, Paris 2013; IEA: MTGMR, Paris 2013; IEA: MTCMR, Paris 2012.

    24 Die faktische Entwicklung der Energiemärkte zeigt, dass das “Current Policies Scenario” im Moment realistischer ist als das „New Policies Scenario“: Der Kraftstoff- bzw. Antriebswechsel im Verkehr kommt nicht wie erwartet voran (Stichwort: Krise der E-Mobility); Kohle wird durch fallende Preise weltweit immer attraktiver, zumal der europäische Emissionsmarkt nicht funktioniert; und die Förderung der modernen erneuerbaren Energien ist in vielen Ländern in einer Finanzierungs- und Akzeptanzkrise. Zuguterletzt verdrängt der Shale-Gas-Boom in den USA Zweifel an der “Nachhaltigkeit” einer langfristig gesicherten fossilen Energieversorgung. Insofern kann man also seit zwei Jahren eher von einem Stillstand oder sogar einem Rollback in der internationalen Energiepolitik sprechen und keinesfalls von einem Schub durch “New Policies”.

    25 Die IEA präsentiert je nach Szenario unterschiedliche Energiepreise für die einzelnen Energieträger. Diese Zahlen führen immer wieder zu Missverständnissen, da sie mit Prognosen wenig zu tun haben. Tatsächlich sind dies Mindestpreise, die notwendig wären “to stimulate sufficient investment in supply to meet projected demand over the period.” (S.43). Dieser kostenbasierte Ansatz setzt natürlich sehr gut funktionie- rende, störungsfreie Märkte voraus, was in der Realität häufig nicht der Fall ist (OPEC-Kartell, Projektverzögerungen, Finanzierungsprobleme, geopolitische Spannungen). Die tatsächlichen Preise werden also auch nach Auffassung der IEA im Durchschnitt deutlich höher liegen.

    [infopane color=”2″ icon=”0018.png”]Fortsetzung morgen (8. Januar)[/infopane]

     

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  • Studie: Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten (Teil 2)

    In einer Serie von Artikeln auf dieser Webseite stellen wir unsere Kurzstudie für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen vor: Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten – Herausforderungen für die deutsche WärmepolitikSie wurde am 27. Dez.2013 veröffentlicht und in fast allen großen Medien Deutschlands vorgestellt und kommentiert.

    Wenn Sie den Text lieber offline lesen wollen, können Sie die gesamte Studie auch als PDF herunterladen:  Download der Studie (PDF)

    Lesen Sie hier nun die Fortsetzung von Teil 1:

    3. Fossile Energiemporte: Steigende Preise, steigende Abhängigkeiten

    Öl aus Libyen, Erdgas aus Russland, Steinkohle aus Kolumbien: Ein herausragender Aspekt der deutschen Energieversorgung ist ihre Importabhängigkeit. Ohne die reibungslose internationale Versorgung mit den fossilen Energieträgern Öl, Gas und Steinkohle könnten weder die deutsche Wirtschaft, noch die deutsche Gesellschaft funktionieren. Fast der gesamte motorisierte Personen- und Güterverkehr, ein großer Teil der Stromversorgung und der größte Teil der Wärmeversorgung ist von diesen Energieressourcen abängig.

    Die Einflussmöglichkeiten der nationalen und europäischen Politik auf die Energiekosten sind in den letzten Jahrzehnten geschrumpft, da der Energiemix und die Verkehrspolitik einseitig auf zunächst preiswerte und leicht verfügbare, zunehmend aber knappe und teure Energieimporte ausgerichtet wurde.

    Heute ist Deutschland fast vollständig von fossilen Energieimporten abhängig. Die Importabhängigkeit bei Öl liegt um die 96%, bei Erdgas um die 86% und bei Steinkohle nahe 79% (vgl. Chart). Nur bei den meisten Erneuerbaren Energien und der Braunkohle liegt der Inlandsanteil bei 100%.

    importabhaengigkeit bei fossiler energie
    Deutsche Importabhaengigkeit bei fossiler Energie

    Preisanstieg und Importabhängigkeit wiegen bei Öl besonders schwer, da hier keine gleichwertigen Alternativen zur Verfügung stehen, während Gas und Kohle zumindest bei der Stromerzeugung leichter substitutierbar sind.

    Fast schon vergessen sind die Befürchtungen aus den Jahren 2007/2008, als die Preise für Öl, Gas und Kohle unaufhaltsam zu steigen schienen. Fragen zur langfristigen Finanzierbarkeit einer einseitig fossilen Energieversorgung wurden laut – und nur wenige Jahre später in Südeuropa von der Wirklichkeit eingeholt: Unbezahlbare Heizölrechnungen führen zur Abholzung kritischer Baumbestände; hohe Tankstellenpreise schränken die motorisierte Mobilität großer Teile der Bevölkerung ein.

    Eine schwere globale Rezession, die Dauerkrise Südeuropas und neue Fördermethoden in den USA (Schiefergas, Schieferöl) haben die unmittelbaren Versorgungsängste nach 2008 in den Hintergrund gedrängt. Aber für wie lange? In der Zukunft wird sich immer wieder die Frage nach den Kosten und der Resilienz (Widerstandsfähigkeit) unserer Energieversorgung stellen: Dezentral und regenerativ – oder fossil, global und zentralisiert.

    3.1 Importmengen und Importkosten für Öl, Gas und Steinkohle 6

    Fossile Ölimporte

    Die Ölnettoimporte ergeben sich aus den Importmengen an Rohöl und Ölprodukten (Dieselkraftstoff, Rohbenzin etc.) abzüglich der Exporte. Die Nettoimporte sanken nach dem Jahr 2000 zunächst, bleiben aber seit 2007 in etwa stabil. Das ist vor allem auf die Mengenentwicklung bei Heizöl zurückzuführen. Der Verbrauch anderer Ölprodukte (Kraftstoffe, petrochemische Vorprodukte, etc.) ist vergleichsweise konstant.7

    Der Mineralölabsatz in Deutschland wird 2013 voraussichtlich um 2 Prozent auf 105 Mio. Tonnen steigen. Die Exporte von Ölprodukten legten marginal zu, während die Produktimporte deutlich anzogen. Die Rohölimporte veränderten sich nur geringfügig.8

    Die monatlichen Kosten für diese Nettoimporte liegen zur Zeit bei durchschnittlich 5-6 Milliarden Euro. Im Jahr 2012 betrugen die Kosten für die deutschen Ölnettoimporte insgesamt 68 Mrd. Euro. Im laufenden Jahr 2013 ist mit 67 Mrd. Euro zu rechnen.

    Öl/Ölprodukte - Nettoimporte in Tonnen
    Öl/Ölprodukte – Nettoimporte in Tonnen
    Öl/Ölprodukte - Monatliche Kosten der Nettoimporte
    Öl/Ölprodukte – Monatliche Kosten der Nettoimporte

    Erdgasimporte

    Die Nettoimportmengen (Importe minus Exporte) von Erdgas9  blieben in den letzten 13 Jahren relativ konstant. Sie stiegen zunächst bis 2006 und sinken seither. Im laufenden Jahr 2013 lagen die Nettoimporte bei ca. 2,8 PJ.10

    Die monatlichen Kosten für diese Importe liegen zur Zeit bei durchschnittlich 1,8 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr 2012 betrugen sie 23 Mrd. Euro. Im laufenden Jahr 2013 ist mit 22 Mrd. Euro zu rechnen.11 

    Erdgas - Monatliche Nettoimporte
    Erdgas – Monatliche Nettoimporte
    Erdgas - Kosten der Nettoimporte
    Erdgas – Kosten der Nettoimporte

    Steinkohlenimporte für Kohlekraftwerke

    Im Jahr 2012 sind die Importmengen für Kraftwerkststeinkohlen laut Bafa deutlich auf 32,0 Mio. Tonnen Steinkohle bzw. 27,5 Mio. Tonnen SKE (Steinkohleneinheiten) gestiegen. Die Mengen lagen 2013 bei ca. 30,5 Mio. t. SKE.12

    Die gesamten Steinkohlenimporte, also einschließlich der Kohlen für den Wärmemarkt und die Stahlindustrie, lagen 2012 bei 44,7 Mio. t SKE. Der Anstieg setzte sich 2013 fort und erreichte laut AGEB 50,3 Mio. t SKE, verzeichnete also ein sehr deutliches Plus von 12,5%, auch um die zurückgehende einheimische Förderung zu ersetzen.

    Der größte Teil der zusätzlichen Steinkohlenmengen wurde in Kraftwerken verfeuert. Damit reagierte die deutsche Stromwirtschaft auf international fallende Kohlepreise und niedrige CO2-Kosten.

    Die Importkosten für Steinkohlen sind in den letzten 12 Jahren deutlich gestiegen. Vor einem Jahrzehnt mussten durchschnittlich 200-300 Mio. Euro pro Quartal aufgewendet werden. Mittlerweile sind es im Durchschnitt 600 Mio. Euro. Bei Lieferproblemen, z.B. bei den häufigen Flutkatastrophen in den Kohleregionen Australiens, können die Kosten schnell über 800 Mio. pro Quartal klettern.

    Im laufenden Jahr 2013 ist mit Importkosten von ca. 2,5 Mrd. Euro zu rechnen. Das entspricht in etwa dem Vorjahreswert, da niedrigere Einfuhrpreise durch höhere Einfuhrmengen kompensiert wurden.

    Steinkohlenimporte
    Steinkohlenimporte

     

    Kosten der Steinkohlenimporte
    Kosten der Steinkohlenimporte

    3.2 Importkosten insgesamt (Öl, Gas, Steinkohle)

    Was kosten uns diese Importe insgesamt? Welche Summe könnte (theoretisch) im Außenhandel eingespart werden, wenn sie durch einheimische Energieträger bzw. Erneuerbare Energien ersetzt werden?

    Zunächst ein Rückblick auf das Jahr 2012. Deutschland gab für die Nettoimporte im Einzelnen aus:

    • für Steinkohle (Kraftwerkskohle) 2,6 Mrd. Euro
    • für Erdgas 23,2 Mrd. Euro
    • für Rohöl/Ölprodukte 68,4 Mrd. Euro.

    In der Summe beliefen sich die Nettoimportkosten für Öl, Gas und Steinkohle im Jahre 2012 auf 94 Mrd. Euro. Nie zuvor musste eine höhere Summe für die fossilen Energieimporte aufgebracht werden. Im laufenden Jahr 2013 ist mit Kosten in Höhe von 91 Mrd. Euro zu rechnen, dem bislang zweithöchsten Jahreswert.

    Kumuliert ergibt sich für die Jahre 2000-2013 die beeindruckende Summe von 833 Mrd. Euro für die fossilen Nettoimporte.

    Die monatlichen Importkosten für Öl, Gas und Kohle liegen 2012 und 2013 in der Nähe der Rekordwerte, die im Sommer 2008 kurz vor dem Zusammenbruch der internationalen Finanzmärkte gezahlt werden mussten.

    Deutlich sichtbar ist die Dominanz der Ölimportkosten, während die Steinkohle (Kraftwerkskohle) kaum ins Gewicht fällt. Der Anstieg der Kosten seit 2005 geht fast ausschließlich auf das Konto der gestiegenen Ölpreise.

    Übersicht: Kosten der fossilen Nettoimporte Deutschlands
    Übersicht: Kosten der fossilen Nettoimporte Deutschlands

    3.3 Importkosten je Kopf und als BIP-Anteil

    Im Jahr 2012 mussten 3,5 % des deutschen BIP aufgebracht werden, um die fosssilen Energieimporte zu finanzieren. Das ist der bislang höchste Jahreswert. Im Jahr 2013 sind es voraussichtlich 3,4%.

    Selbst das Jahr 2008, das im ersten Halbjahr hohe Monatswerte von über 4% aufwies, hatte einen niedrigeren Jahresdurchschnitt von 3,3%. Vor zehn Jahren lagen die Werte bei 1,6 Prozent des deutschen BIP, also nur halb so hoch. Mit anderen Worten: Ein immer größerer Anteil unserer Wirtschaftskraft muss für die fossile Energieabhängigkeit aufgebracht werden.

    Kosten fossiler Nettoimporte als Anteil am BIP
    Kosten fossiler Nettoimporte als Anteil am BIP

    Dementsprechend stiegen auch die Pro-Kopf-Ausgaben für die fossilen Energieimporte13  im Jahr 2012. Auf jeden Bundesbürger entfielen im Jahr 2012 1169 Euro. Im laufenden Jahr sind es voraussichtlich 1135 Euro. Vor 10 Jahren (2003) waren es nur 410 Euro.

    Pro-Kopf-Ausgaben für fossile Energieimporte
    Pro-Kopf-Ausgaben für fossile Energieimporte

    3.4 Indirekte Kosten fossiler Energieimporte

    CO2-Emissionen

    Bei der Nutzung, also der Verbrennung von Öl, Gas und Kohle entstehen große Mengen an CO2. Im Jahr 2012 prouzierten die importierten fossilen Energieträger ca. 581 Mio. Tonnen CO2. Sie können folgendermaßen zugeordnet werden:14

    • Nettoimporte Öl/Ölprodukte: 332 Mio. Tonnen CO2
    • Nettoimporte Erdgas: 159 Mio. Tonnen CO2
    • Nettoimporte Steinkohle: 90 Mio. Tonnen CO2.

    Zur Größenordnung dieser CO2-Mengen: 80% der gesamten Biomasse in Deutschland wird benötigt, um das bei der Verbrennung der fossilen Importe Jahr für Jahr entstehende CO2 der Atmosphäre zu entziehen.15

    Insgesamt gelangten durch die Verbrennung der fossilen Energieimporte 2000-2012 etwa 7.850 Mio. Tonnen CO2 in die Atmosphäre.

    Wertschöpfung und Arbeitsplätze

    Eine fossile, importabhängige Energieversorgung verzichtet gegenüber einer einheimischen Lösung auf erhebliche Wertschöpfungs- und Arbeitsplatzeffekte.

    Die fossile Infrastruktur ist kapitalintensiv (Tanker bzw. Frachter, Pipelines, Häfen, Großkraftwerke) und erzeugt vergleichsweise wenige Arbeitsplätze. Die finanziellen Aufwendungen für die laufende Verbrennung der Energieträger verlassen das Land bzw. die EU und erzeugen damit die Notwendigkeit, exportstarke Branchen aufzubauen, um die Energieimporte finanzieren zu können.

    Diese außenwirtschaftliche Abhängigkeit erscheint so lange nebensächlich, wie die eigene Wirtschaft konkurrenzfähig ist. Wenn dies jedoch nicht mehr der Fall ist, aus welchen Gründen auch immer, kann eine Exportschwäche die Einfuhr lebensnotwendiger, teurer Energieressourcen erschweren oder sogar verhindern. Das ist ein wirtschaftspolitisches und gesellschaftliches Risiko, das minimiert werden sollte.

    Der Aufbau und die Unterhaltung einer Energieversorgung, die auf regenerative heimische Energiequellen setzt, ist demgegenüber vergleichsweise arbeitsplatzintensiv und hält einen großen Teil der Wertschöpfung im Land bzw. sogar in der nahen Region.

    Die Nettoimportausgaben für Öl, Gas und Steinkohle in Höhe von 91 Mrd. Euro (2013) stellen eine Kaufkraft von 1135 Euro pro Kopf und Jahr dar, die theoretisch in der Region bleiben und über Multiplikatoreffekte entsprechenden Wohlstand schaffen könnten.

    Die Dezentralität moderner, regenerativer Energiesysteme erhöht zudem die Resilienz   (Widerstandsfähigkeit) und Planbarkeit des Gesamtsystems und verteilt die Wertschöpfung gleichmäßiger über die Fläche.

    Wechselkursrisiken

    Im letzten Jahr wurde deutlich, welche Preisrisiken durch Energieimporte aus anderen Währungsräumen entstehen können. Obwohl 2012 die Rohölpreise 20 Prozent unter den Höchstständen des Jahres 2008 lagen, mussten an der Tankstelle und für Heizöl Rekordpreise gezahlt werden, da der Euro gegenüber dem Dollar an Wert verloren hatte.

    Eine regenerative Energieversorgung könnte diese Währungsrisiken weitgehend eliminieren, da lediglich bei bestimmten Kapitalkosten und bei einzelnen Komponenten, die auf dem Weltmarkt zugekauft werden müssen, solche Risiken auftreten könnten. Im laufenden Betrieb spielen die Wechselkurse dann keine Rolle mehr.

    Kosten für strategische Ölvorräte

    Wegen der hohen Importhängigkeit Deutschlands entstehen der Gesellschaft zusätzliche Kosten durch die Vorhaltung strategischer Reserven, die im Notfall die Öl- und Gasversorgung für mehrere Monate sichern können.

    Die in Deutschland vom EBV (Erdölbevorratungsverband) eingelagerten Rohöl- und Ölproduktmengen (ohne Delegationsmengen) haben einen Marktwert von etwa 20 Mrd. Euro.16

    Dieses Kapital könnte dem Haushalt zur Verfügung stehen, sobald es gelingt, die Abhängigkeit von Ölimporten auf ein strategisch erträgliches Maß zu reduzieren. Die Reserven könnten dann verkauft werden – eine Art “Begrüßungsgeld” im postfossilen Zeitalter. Allerdings ist hier eine Gegenrechnung notwendig, da die fluktuierende Einspeisung von Sonnen- und Windenergie beim gegenwärtigen Stand der Technik die kapitalintensive Vorhaltung aufwendiger Puffer notwendig macht.

    —–

    6 Bei Redaktionsschluss (20. Dezember 2013) lagen bei der Bafa noch nicht alle Daten für das laufende Jahr vor. Die fehlenden Monatswerte wurden daher von der AG Energiebilanzen, MWV, BDEW und VDKi übernommen, die bereits vorläufige Jahrezahlen vorgelegt haben. Fehlende Preisdaten wurden geschätzt (Kohle: Rotterdamer Importpreise; Erdgas: NBP, EEX/NCG und zeitversetzte Ölindexierung; Öl: Rotterdamer Produktpreise und ICE-Brent).

    7 Vgl. detailliert: http://www.energycomment.de/olverbrauch-deutschland-1995-2012/

    8 Vorläufige Daten des Mineralölwirtschaftsverbandes MWV.

    9 Laut Bafa; zur Vorgehensweise und zu methodischen Einschränkungen siehe Anhang.

    10 Vgl. Bafa und auch BDEW: Entwicklungen in der deutschen Erdgaswirtschaft 2013, Dez. 2013, vorläufige Zahlen.

    11 Die offiziell gemeldeten Daten über fossile Energieimporte (Bafa) im Jahr 2013 sind vorläufig.

    12 Die Bafa-Statistik erfasst nur die Steinkohle für Kraftwerke (Kesselkohle). Daneben wird Importkohle v.a. in der Eisen- und Stahlindustrie eingesetzt. Datenquellen für die Daten in diesem Bericht sind Bafa, VDKi, AGEB, McCloskey.

    13 Wenn nicht ausdrücklich anders angegeben, handelt es sich in diesem Text stets um Nettoimporte, also Import minus Export.

    14 Die Menge an CO2-Emissionen, die bei der Verbrennung einzelner Energieträger und Kraftstoffe entsteht, ist je nach Quelle leicht unterschiedlich. Wir verwenden die Daten des Umweltbundesamtes (UBA).

    15 Auf Basis folgender Untersuchung: Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina (2013): Bioenergie – Möglichkeiten und Grenzen. Halle (Saale). Der Wert bezieht sich auf die Nettoprimärproduktion.

    16 Geschäftsbericht des EBV: http://www.ebv-oil.org/cms/pdf/EBV_GB_2011_2012.pdf und eigene Berechnung auf Grundlage der EBV-Daten.

     

    [infopane color=”2″ icon=”0018.png”]Fortsetzung morgen (7. Januar)[/infopane]

     

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  • Studie: Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten (Teil 1)

    In einer Serie von Artikeln auf dieser Webseite stellen wir in den kommenden Tagen unsere Kurzstudie für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen vor: Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten – Herausforderungen für die deutsche WärmepolitikSie wurde am 27. Dez.2013 veröffentlicht und in fast allen großen Medien Deutschlands vorgestellt und kommentiert.

    Wenn Sie den Text lieber offline lesen wollen, können Sie die Studie auch als PDF herunterladen:  Download der Studie (PDF)

    Inhaltsverzeichnis

    0. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
    1. Einleitung
    2. Auf kleiner Flamme: Der GroKo-Vertrag
    3. Fossile Energiemporte: Steigende Preise, steigende Abhängigkeiten
    3.1 Importmengen und Importkosten für Öl, Gas und Steinkohle!
    3.2 Importkosten insgesamt (Öl, Gas, Steinkohle)
    3.3 Importkosten je Kopf und als BIP-Anteil
    3.4 Indirekte Kosten fossiler Energieimporte

    4. Ausblick 2030: Preis- und Versorgungsrisiken bei Rohöl und Heizöl
    4.1 Wachsende Abhängigkeit und steigende Risiken
    4.2 Fracking: Fossil Fuels Forever?
    4.3 Kostenszenario für fossile Energieimporte

    5. Folgen für die Heizölrechnung
    5.1 Raumwärme und Wohnflächen
    5.2 Heizöl im Raumwärmemarkt
    5.3 Ein zentrales Problem: Die Altersstruktur der Ölheizungen
    5.4 Heizöl – Preisfalle für 12 Mio. Haushalte
    5.5 Energiearmut und fehlende Alternativen
    5.6 Preisprognose für Heizöl

    6. Exemplarische Gegenmaßnahmen
    6.1 Heizöl in der Sackgasse
    6.2 Einsparpotenziale – Vier Beispiele

    Anhang

     


     

    0. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen 

    1. Diese Kurzstudie skizziert drei Probleme:

    • die steigenden Kosten der Importabhängigkeit Deutschlands von Öl, Erdgas und Steinkohle
    • die Folgen dieser Abhängigkeit für die deutschen Heizkosten
    • die soziale Dimension dieser Kostenexplosion.

    2. Die Energiedebatte in Deutschland konzentriert sich seit Jahren auf den Stromsektor, und hier vor allem auf die Investitionen in Erneuerbare Energien. Diese Debatte bleibt jedoch unvollständig, wenn nicht auch die Kosten und Kostenrisiken unserer bestehenden, fossil geprägten Energieversorgung mit Öl, Gas und Kohle berücksichtigt werden.

    3. Diese einseitige Orientierung ist dafür verantwortlich, dass 2012 und 2013 zu den teuersten Heizjahren der Geschichte wurden. Die Nachzahlungen für 2012 beliefen sich für eine 80qm-Wohnung mit Ölheizung auf durchschnittlich 204 Euro. Und der Trend setzt sich 2013 fort. Allein das erste Quartal 2013 dürfte nach Branchenangaben zu erneuten Mehrkosten von 55-65 Euro pro Haushalt geführt haben.

    4. Die Vorhaben der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD lassen nicht erkennen, wie die Problematik steigender Heizkosten und extremer fossiler Importabhängigkeit entschärft werden soll. Insbesondere fehlt eine Gegenüberstellung der Aufwendungen: Investitionen in die Energiewende einerseits, wachsende Kosten und Risiken einer fossilen Importabhängigkeit andererseits. Erst in der Zusammenschau wird erkennbar, welcher Pfad auch ökonomisch sinnvoller ist.

    5. In der Summe beliefen sich die Nettoimportkosten Deutschlands für Öl, Gas und Steinkohle im Jahr 2012 auf 94 Mrd. Euro. Nie zuvor musste eine höhere Summe aufgebracht werden. Im laufenden Jahr 2013 ist mit Kosten in Höhe von 91 Mrd. Euro zu rechnen, dem bislang zweithöchsten Jahreswert. Kumuliert ergibt sich für die Jahre 2000-2013 eine Summe von 833 Mrd. Euro.

    6. Im Jahr 2012 mussten 3,5 % des deutschen BIP aufgebracht werden, um die fosssilen Energieimporte zu finanzieren. Das ist der bislang höchste Jahreswert. Im Jahr 2013 sind es voraussichtlich 3,4%. Vor zehn Jahren lagen die Werte nur halb so hoch bei 1,6 Prozent des deutschen BIP. Mit anderen Worten: Ein immer größerer Anteil der Wirtschaftskraft muss für unsere fossile Energieabhängigkeit aufgewendet werden.

    7. Dementsprechend stiegen auch die Pro-Kopf-Ausgaben für die fossilen Energieimporte im Jahr 2012. Auf jeden Bundesbürger entfielen 1169 Euro. Im laufenden Jahr 2013 sind es voraussichtlich 1135 Euro. Vor 10 Jahren (2003) waren es nur 410 Euro.

    Ausgaben pro Kopf für fossile Nettoenergieimporte (Öl, Gas, Kohle)
    Ausgaben pro Kopf für fossile Nettoenergieimporte (Öl, Gas, Kohle)

    8. Heizkosten: Allgemeine Kostentrends verdecken die individuell sehr unterschiedliche Belastung. Während die Heizkosten in sanierten Gebäuden oder Neubauten gesunken sind, werden die Mieter in älteren, unsanierten Gebäuden, die zudem noch eine der 1,2 Mio. veralteten Ölheizungen nutzen müssen, überdurchschnittlich vom Kostenanstieg betroffen. Hier liegt die größte sozial- und energiepolitische Herausforderung der Wärmepolitik in den kommenden Jahren.

    9. Ausblick in das Jahr 2030: Die deutschen Nettoimportkosten für Öl, Gas und Kohle legen in unserem konservativ gerechneten Szenario weiter zu. In nominalen Preisen klettern sie von jährlich 94 Mrd. Euro (2012) über 118 Mrd. Euro (2020) auf 173 Mrd. Euro (2030). Kumuliert sind das in den Jahren 2013-2030 insgesamt 2.300 Mrd. Euro, die für fossile Energieimporte (Öl, Gas, Kohle) ausgegeben werden müssen. Durch Fracking gewonnenes Schieferöl und Schiefergas können diesen Preisanstieg nur kurzfristig abbremsen.

    10. Preisprognose für Heizöl: In unserem Szenario sind folgende Heizölpreise für Verbraucher in der Zukunft zu erwarten (in Preisen des jeweiligen Jahres):

    • 2002 35 c/l (ca. 3,5c je kWh)
    • 2012 90 c/l (ca. 9c je kWh)
    • 2020 131 c/l (ca. 13c je kWh)
    • 2030 184 c/l (ca. 18c je kWh)

    Das entspricht einer Kostensteigerung von durchschnittlich 4% pro Jahr, was lediglich 1,5-2 Prozentpunkte über der allgemeinen Inflationsrate liegt. Die Heizölrechnung (ohne Warmwasser) einer durchschnittlich gedämmten Wohnung (150 kWh/70 qm) steigt dadurch von 945 Euro im Jahr 2012 auf 1932 Euro Ende des kommenden Jahrzehnts (2030), wenn keine Gegenmaßnahmen erfolgen.

    11. Exemplarische Gegenmaßnahmen: Die steigende Kostenbelastung und die Preisrisiken fossiler Energieimporte könnten durch eine Reihe von Maßnahmen entschärft werden. Exemplarisch würde der Ersatz alter Ölheizungen, eine bessere Dämmung für alte Wohngebäude, eine geringfügig effizientere PKW-Flotte und die Einführung von Elektroantrieben für einen Teil der PKW die Importkosten Deutschlands (Nettoölimporte) um 9,2 Mrd. Euro pro Jahr entlasten. Das wären 13,5% der gesamten Ölnettoimportkosten.

    Ölimportabhängigkeit - Gegenmassnahmen
    Ölimportabhängigkeit – Gegenmassnahmen

    12. Schlussfolgerungen: Die deutsche Energiepolitik sollte frühzeitig auf Entwicklungspfade einschwenken, die das Kosten-, Klima- und Versorgungsrisiko minimieren. Zwei Kriterien sind dabei entscheidend:

    • Reduzierung des Energiebedarfs: Viele Energiesparmaßnahmen, die heute zu teuer erscheinen, werden sich rechnen, wenn steigende fossile Energiepreise berücksichtigt werden.
    • Regenerative Energieerzeugung: Anders als bei der fossilen Versorgung fallen hier die Kosten Jahr für Jahr aufgrund technologischer und organisatorischer Innovationen. Hinzu kommen höhere Wertschöpfungs– und Arbeitsplatzeffekte in der Region sowie eine weitaus geringere Klima– und Umweltbelastung.

    1. Einleitung

    Für die meisten Mieter wird das Jahr 2013 zum teuersten Heizjahr der Geschichte. Die Heizpauschalen werden erhöht und die Nachschlagzahlungen erreichen oftmals hohe dreistellige Summen, gegen die jede Anhebung der EEG-Umlage verblasst.

    Alles deutet darauf hin, dass neue Negativrekorde folgen werden: Die Abhängigkeit der meisten deutschen Privathaushalte, v.a. in den unteren und mittleren Einkommensschichten, von Öl- und Gasheizungen hält unvermindert an und sorgt für eine steigende Zahl vermeidbarer sozialer Härten.

    Wie bei der Einkommensentwicklung öffnet sich auch bei den Heizkosten eine immer größere Schere zwischen Arm und Reich: Hier die gut isolierten, mit modernen Heizanlagen ausgestatteten Neubauten – dort die schlecht gedämmten, von alten Ölbrennern versorgten Bestandsbauten.

    Für diese Kostenrekorde gibt es zwei Ursachen: Ein ungewöhnlich langer Winter 2012/2013, aber vor allem unsere Abhängigkeit von teuren fossilen Energieträgern für die Wärmeversorgung.

    Mangels eigener Ressourcen steigt die Abhängigkeit Deutschlands und der EU von fossilen Energieimporten, also Öl, Gas und Steinkohle, immer weiter an.¹

    Alle drei Energieträger erlebten in den letzten 10 Jahren einen beispiellosen Preisanstieg. Die Konsequenz sind immer wieder neue Rekordkosten: 2012 waren es insbesondere die Kraftstoffpreise, die neue Allzeithochs erklommen und eine Debatte über unsere einseitige Kraftstoffpolitik auslösten. Jetzt sind es die Heizkosten.

    Die aktuelle Energiedebatte konzentriert sich jedoch einseitig auf den Stromsektor, und hier vor allem auf die Kosten der Energiewende. Die Debatte bleibt jedoch unvollständig, wenn nicht auch die Kosten und Kostenrisiken unserer bestehenden, ganz überwiegend fossil geprägten Energieversorgung berücksichtigt werden.

    Die Bewertung der Investitionen für eine breite Energiewende in Deutschland ist also erst dann tragfähig, wenn auch die Kosten unserer bestehenden, fossil geprägten Energieversorgung betrachtet werden:

    • Was kosten uns diese fossilen Importe?
    • Wie teuer wird die Energieversorgung in den kommenden Jahrzehnten sein?
    • Was bedeutet das für die Heizkosten, wenn nicht umgesteuert wird?
    • Welche Gegenmaßnahmen sind denkbar?²

    2. Auf kleiner Flamme: Der GroKo-Vertrag

    Der Ist-Zustand: Wachsende wärmepolitische Herausforderungen

    Die neue Regierung in Berlin beginnt ihre Arbeit in einem Umfeld großer wärmepolitischer Herausforderungen:

    • Die Heizkosten laufen für immer mehr Mieter und Eigenheimbesitzer aus dem Ruder.
    • Die Geschwindigkeit der energetischen Sanierung der Gebäude und der Modernisierung der Heizungsanlagen kann mit dem Anstieg der Öl-, Gas- und Fernwärmepreise nicht Schritt halten.
    • Für die soziale Dimension des Heizkostenanstiegs (“Energiearmut”) gibt es keine nachhaltigen Konzepte.
    • Bei der Wärmewende im Gebäudebestand geht es kaum noch voran.
    • Die langfristigen wärmepolitischen Ziele der Energiewende erscheinen zunehmend illusionär.

    Die Heizkostenabrechnung fiel 2012 für ölbeheizte Wohnungen 22% höher aus als 2011. Bei Gasheizungen waren es 9,5% mehr, bei Fernwärme 10,5%. Die Nachzahlungen für 2012 beliefen sich für eine 80qm große Wohnung mit Ölheizung auf durchschnittlich 204 Euro.

    Bundesweit lagen die Heizkosten 2012 um 9% höher als 2011. Der Trend setzte sich im langen Winter 2013 fort. Allein das erste Quartal dürfte laut DMB zu erneuten Mehrkosten von 55-65 Euro pro Haushalt geführt haben. Eine erste Prognose (Stand Oktober) für 2013 ergab, dass die Heizkosten weiter steigen könnten (80qm-Wohnung):³

    • Ölheizung 1288 Euro (+157 Euro gegenüber 2012)
    • Gasheizung 1031 Euro (+151 Euro gegenüber 2012)
    • Fernwärme 1158 Euro (+175 Euro gegenüber 2012).

    Selbst wenn man den Effekt milderer bzw. kälterer Winter herausrechnet, gelingt es nicht mehr, den Preisanstieg der Energierohstoffe durch einen reduzierten Verbrauch spürbar zu entschärfen. Dazu ist die Sanierungsquote der Gebäude und die Modernisierungsquote der Heizungen zu gering.4

    Auch die neue EnEV 2014 (Energieeinspar-Verordnung) ist für den Bereich der Bestandsbauten nicht ambitioniert genug, da sie nur extrem alte Konstanttemperaturkessel für Öl und Gas erfasst und umfangreiche Ausnahmeregelungen zulässt. Die unbefristete Verlängerung der Laufzeiten von Nachtspeicherheizungen weist ebenfalls in die falsche Richtung, da sie extrem hohe Kosten in vielen Mietwohnungen zementiert.

    Gleichzeitig konnten sich Erneuerbare Energien in Bestandsbauten bislang nur in Form von Pelletheizungen spürbar durchsetzen, während integrierte Wärmenetze mit großen Wärmespeichern noch immer ein Schattendasein fristen.5

    Da die Biomasse nicht beliebig vermehrbar ist und auch für andere Anwendungen zur Verfügung stehen muss, steht die deutsche Wärmepolitik vor einem großen konzeptionellen Problem. Die Hauptstütze des bisherigen regenerativen Wachstums wird stagnieren, während sich die Alternativen nur langsam entwickeln. Nach dem Einbruch bei den Biokraftstoffen droht nun also auch im Wärmemarkt ein Rückschlag bei der Energiewende.

    Die Ziele der Großen Koalition (Groko-Vertrag)

    Wie reagiert die Große Koalition bislang auf diese Herausforderungen? Das Projekt der deutschen Energiewende, also die drastische Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch einen reduzierten Energiebedarf sowie die Verdrängung fossiler Energieträger durch Erneuerbare Energien in den Bereichen Kraftstoffe, Wärme und Strom, in schwerem Fahrwasser. Die Kraftstoffwende stagniert bereits seit Jahren, die Wärmewende dümpelt vor sich hin, und die Stromwende wird zur Zeit abgebremst.

    Die Vorhaben der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD, soweit sie im Koalitionsvertrag bereits erkennbar sind, lassen nur einen geringen Ehrgeiz erkennen, die Problematik steigender Heizkosten und extremer fossiler Importabhängigkeit zu entschärfen. Man gewinnt sogar den Eindruck, dass sie die Wende außerhalb des Stromsektors nur noch moderieren will, denn die Ausführungen im Abschnitt „Die Energiewende zum Erfolg führen“ werden ihrem Titel nur ansatzweise gerecht.

    Insbesondere fehlt eine Gegenüberstellung der Aufwendungen: Investitionen in die Energiewende einerseits, wachsende Kosten und Risiken einer fossilen Importabhängigkeit andererseits. Da die fossile Gegenrechnung fehlt, können Investition in die Wärme. oder Kraftstoffwende nur unter dem Gesichtspunkt der Kosten, aber nicht der langfristigen Einsparungen bewertet werden.

    Wärmepolitisch entsteht dadurch ein „Dienst nach Vorschrift“, der die steigende Heizkostenbelastung der Privathaushalte ebenso wie die Preisrisiken fossiler Energieimporte weitgehend ignoriert. Klimapolitisch wird auf Fernziele verwiesen, sozialpolitisch werden keine Konzepte entwickelt.

    Im Bereich der Wärmepolitik wird zwar an den langfristigen Zielen festgehalten, aber konkret ist nicht erkennbar, mit welchem Fahrplan und welchen Zwischenetappen diese Ziele erreicht werden sollen. Dabei ist schon jetzt klar, dass der jetzige Kurs ohne explizite Weichenstellungen nicht ausreichen wird, die wärmepolitischen Ziele für die Zeit nach 2020 auch nur annähernd zu erreichen.

    Das hat schon heute weitreichende Folgen für konkrete Investitionsvorhaben: Jedes Jahr werden in Deutschland etwa 1 Million Heizungen saniert, ersetzt oder oder neu eingebaut. Die Medienkampagnen gegen Erneuerbare Energien und Gebäudesanierungen sowie für eine scheinbare langfristige Sicherheit bei Öl- und Gaspreisen (Stichwort: Fracking) verunsichern jedoch: Welche Investitionsentscheidung ist nun richtig? Die Ölheizung modernisieren, das Gebäude (teil-)sanieren oder auf regenerative Heizlösungen setzen?

    Hier wird ein wärmepolitischer Rahmen gebraucht, der langfristig orientierte Investitionen im privaten und gewerblichen Sektor in eine ökonomisch und klimapolitisch optimale Richtung lenkt.

    1 Zuletzt warnte die Bundesanstalt für Geowissenschaften (BGR) vor den Risiken einer drohenden Rohstoffverknappung. BGR; Bericht zur Rohstoffsituation in Deutschland 2012, Hannover 2013.

    2 Dieser Bericht greift u.a. auf zwei frühere Studien für die BT-Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zurück: “Die Kosten fossiler Energieimporte 2000-2012” (Autor: S.Bukold/EnergyComment) sowie “Verheizt? Heizöl im deutschen Wärmemarkt Preisrisiken und Alternativen” (Autor: S.Bukold/EnergyComment). Dort finden sich weitere Informationen und methodische Hinweise zu den hier angesprochenen Themen.

    3 Deutscher Mieterbund/CO2Online: Heizspiegel 2013; Techem.de Kühlere Witterung und gestiegene Energiepreise in 2012 haben Privathaushalte belastet, Eschborn 29. Nov. 2013.

    4 Vgl. hierzu ausführlich die Shell/BDH: Hauswärmestudie – Klimaschutz im Wohnungssektor: Wie heizen wir morgen?, Hamburg 2013.

    5 Vgl. hierzu ausführlich: Hamburg-Institut: Soziale und Nachhaltige Wärmepolitik – Kurzstudie für das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie,  Erfurt/Hamburg, 21. August 2013.

    [infopane color=”2″ icon=”0018.png”]Fortsetzung morgen (6. Januar)[/infopane]

     

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  • Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten: Neue Studie von EnergyComment

    Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten: Neue Studie von EnergyComment

    Unsere neue Studie für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen:

    Fossile Energieimporte und hohe Heizkosten
    Herausforderungen für die deutsche Wärmepolitik

    Kurzstudie im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

    Autor: Dr. Steffen Bukold

    EnergyComment Hamburg, Dezember 2013

    Download der Studie (PDF)

    Inhaltsverzeichnis

    0. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
    1. Einleitung
    2. Auf kleiner Flamme: Der GroKo-Vertrag
    3. Fossile Energiemporte: Steigende Preise, steigende Abhängigkeiten
    3.1 Importmengen und Importkosten für Öl, Gas und Steinkohle!
    3.2 Importkosten insgesamt (Öl, Gas, Steinkohle)
    3.3 Importkosten je Kopf und als BIP-Anteil
    3.4 Indirekte Kosten fossiler Energieimporte

    4. Ausblick 2030: Preis- und Versorgungsrisiken bei Rohöl und Heizöl
    4.1 Wachsende Abhängigkeit und steigende Risiken
    4.2 Fracking: Fossil Fuels Forever?
    4.3 Kostenszenario für fossile Energieimporte

    5. Folgen für die Heizölrechnung
    5.1 Raumwärme und Wohnflächen
    5.2 Heizöl im Raumwärmemarkt
    5.3 Ein zentrales Problem: Die Altersstruktur der Ölheizungen
    5.4 Heizöl – Preisfalle für 12 Mio. Haushalte
    5.5 Energiearmut und fehlende Alternativen
    5.6 Preisprognose für Heizöl

    6. Exemplarische Gegenmaßnahmen
    6.1 Heizöl in der Sackgasse
    6.2 Einsparpotenziale – Vier Beispiele

    Anhang

     

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  • Internationale Wärmemärkte & die globale Energiewende (Teil 1)

    In der heute beginnenden Artikelserie geht es um die globale Versorgung mit Raumwärme, also das Heizen und Kühlen von Gebäuden. Der Wärmesektor steht medial etwas im Schatten der beiden anderen Sektoren: des “griffigen” Verkehrssektors, der technisch relativ homogen ist und der für die deutsche Exportwirtschaft eine besondere Bedeutung hat; und (2) des Stromsektors, der wegen der Energiewende in Deutschland ohnehin intensiv diskutiert wird. Der folgende Text stützt sich überwiegend auf Veröffentlichungen der IEA, die im Rahmen ihrer Schriftenreihe „Energy Technology Perspectives“ die wichtigsten Verbrauchssektoren für Energie untersucht.

    Der Wärmesektor besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Segmenten:

    (1) Die Raumwärme für Gebäude. Hier geht es also v.a. um das Heizen und Kühlen von Räumen. Gelegentlich wird auch das Zubereiten von Warmwasser dazu gezählt.

    (2) Die Prozesswärme für industrielle und häusliche Prozesse, also z.B. das Schmelzen von Eisenerz oder das Kochen. Prozesswärme ist nicht unser Thema.

    Grundsätzlich gilt: Weder im Verkehr noch in der Industrie wird weltweit so viel Endenergie verbraucht wie für Gebäude (Anmerkung: Endenergie ist die Energie, die dem Verbraucher zur Verfügung steht, z.B. als Strom, Gas oder Kraftstoff. Die Primärenergie (in Form von Kohle, Erdgas, Rohöl etc.) muss z.B. zur Stromerzeugung oder in der Raffinerie erst unter großen Energieverlusten in nutzbare Endenergie transformiert werden). Grund genug, sich dieses Themas detaillierter anzunehmen. Etwa 35% des globalen Endenergieverbrauchs entfallen auf Raumwärme, Air Conditioning, Warmwasser, Licht, Kochen oder elektrische Geräte. Das ist mehr Energie, als im Verkehr (30%) oder in der Industrie (31%) benötigt werden. In nicht-industrialisierten Regionen der Welt entfallen sogar bis zu 80% des Endenergiebedarfs auf den Gebäudesektor.

    Das folgende Schaubild veranschaulicht die große Bedeutung von Gebäuden. Die “Renewables” (erneuerbare Energien) bestehen v.a. aus traditioneller Biomasse (Holz, Dung etc.) und nur zu einem sehr geringen Teil aus Wind- oder Solarenergie. “Commercial Heat” bezeichnet Fernwärme im weiteren Sinne.

    Gebäude und der globale Endenergieverbrauch 2010

    Globaler Endenergieverbrauch und Gebäude
    Globaler Endenergieverbrauch und Gebäude

    Quelle: IEA; Zahlen sind für 2010

    Raumwärme und Heizung weltweit: Vielfalt der Ausgangssituationen und Lösungen

    Der internationale Raumwärmemarkt ist jedoch sehr heterogen und deshalb analytisch eher „unhandllich”. Je nach Land, Klimazone und Wohlstandsniveau stammt z.B. die Heizenergie aus höchst unterschiedlichen Quellen. Noch dazu sind die Daten nicht so gut aufbereitet wie z.B. im Verkehr, v.a. außerhalb der Industrieländer. Deshalb müssen wir in vielen Fällen etwas pauschal vom Heizen oder Kühlen im „Gebäudesektor“ sprechen. Das umfasst dann Wohngebäude, Büros, kleinere Werkstätten und Läden (aber nicht Fabriken oder andere industrielle Einrichtungen). Und noch eine Sprachregelung: Wenn wir von „Wärme“ sprechen, meinen wir normalerweise auch das Kühlen, also nicht nur Heizungen, sondern auch stationäre Klimaanlagen bzw. A/C-Geräte.

    Die IEA kommt in ihrem Hauptszenario zu dem Ergebnis, dass der gesamte Energieverbrauch in Gebäuden (Heizen, Kühlen, Strom, Kochen) bis 2050 um 50% steigen wird, wenn die aktuellen Trends fortgeschrieben werden. Etwa drei Viertel dieses Anstiegs könnten mit rein technischen Verbesserungen vermieden werden.

    Alle dafür notwendigen Technologien stehen schon heute zur Verfügung, allerdings nicht immer zu wettbewerbsfähigen Preisen. Hier sind die Voraussetzungen länderspezifisch: Eine Fassadensanierung kann sich bei hohen Energiekosten wie in Deutschland lohnen, aber in Russland oder China trotz kälterer Winter bei niedrigen Erdgas- oder Fernwärmetarifen unrentabel bleiben.

    Hinzu kommen institutionelle oder historisch gewachsene Strukturen, die energetisch effizienten Lösungen im Weg stehen.

    Beispiel China: Viele Wohnhäuser oder Quartiere werden aus historischen Gründen von kleineren, relativ ineffizienten Kohlebrennern ohne Kraft-Wärme-Kopplung mit Heizenergie versorgt. Oftmals fehlt es an Thermostaten, um den Verbrauch in den Wochnungen zu regeln. Hinzu kommen Pauschalzahlungen der Haushalte, die ebenfalls keinen Anreiz zu sparsamem Verhalten geben. Auch der Komfort ist eingeschränkt: In Peking darf erst ab dem 15. November die Kohleheizung eingeschaltet werden. In den übrigen Zeiten müssen vergleichsweise teure Stromheizungen genügen. Das sind zumeist kleine A/C-Anlagen, die im Sommer zum Kühlen der Räume eingesetzt werden, die aber Zusatzfunktionen zum Heizen haben. In kleineren Räumen wie z.B. Badezimmern dominieren elektrische Heizstrahler.

    Die großen Unterschiede zwischen den Regionen zeigen sich auch bei den Einsparpotenzialen. Während sich z.B. in Deutschland die Diskussion fast ausschließlich um Gebäudeisolierung und Heizsysteme dreht, liegt der Schwerpunkt der Einsparpotenziale global gesehen oftmals in anderen Bereichen:

    • Weltweit betrachtet könnte durch Investitionen in eine verbesserte Warmwasserzubereitung im Moment mehr Energie eingespart werden als bei der Raumwärme. Das liegt v.a. am ineffizienten und umweltschädlichen Einsatz traditioneller Biomasse in ärmeren Regionen.
    • Auch gewinnt der Bereich der Klimatisierung bzw. Kühlung eine immer größere Relevanz, weil in den heißeren Regionen (Südchina, Indien, Brasilien etc.) die Bautätigkeit und der Zuwachs an städtischer Wohfläche erheblich schneller erfolgen als im “alten” Europa.
    • Und schließlich: Die größten Einsparpotenziale, gerade auch bei schädlichen Emissionen, bietet nach wie vor die Energie, die für das Kochen verwendet wird. Hier wird noch so viel traditionelle Biomasse auf ineffiziente Weise verwendet, dass selbst bescheidene technologische Verbesserungen relevante Verbesserungen in der globalen Energie- und Klimabilanz ermöglichen.

    Bedeutung des Gebäudesektors für die Klimapolitik

    Die IEA kommt je nach Region zu unterschiedlichen Empfehlungen. Im folgenden Schaubild werden die zwei wichtigsten Maßnahmen je Region jeweils für technologische Verbesserungen und politische Programme angegeben. Die roten Kästen bezeichnen die kurzfristig wichtigsten Schritte.

    – In kälteren Klimazonen stehen die Isolierung der Gebäudefassaden und die beschleunigte Einführung von Wärmepumpen an erster Stelle. Daneben ist v.a. in den Schwellen- und Entwicklungsländern die Einführung und Implementierung verbindlicher Buildings Codes (Baurecht im weiteren Sinn, das auch den Betrieb des Gebäudes einschließt) wichtig.

    – In warmen und heißen Klimazonen ist es entscheidend, die traditionelle Verbrennung der Biomasse rasch durch moderne Heiz- und Kochtechniken zu ersetzen. Dabei kann die Solarthermie eine wichtige Rolle spielen.

    Herausgehobene Probleme und Lösungsansätze einzelner Regionen:

    • ASEAN: Effizientere Nutzung der Biomasse; Energiebedarf zur Kühlung von Räumen reduzieren
    • Brasilien: Energiebedarf zur Kühlung von Räumen reduzieren; beschleunigte Einführung der Solarthermie
    • Indien: Effizientere Nutzung der Biomasse; beschleunigte Einführung der Solarthermie
    • Mexiko: Energiebedarf zur Kühlung von Räumen reduzieren; beschleunigte Einführung der Solarthermie
    • Südafrika: Effizientere Nutzung der Biomasse; beschleunigte Einführung der Solarthermie
    • China: Gebäudeisolierung in kalten Regionen; Einführung von Wärmepumpen
    • EU: Gebäudeisolierung in kalten Regionien; Einführung von Wärmepumpen
    • USA: Gebäudeisolierung in kalten Regionen; Einführung von Wärmepumpen
    • Russland: Gebäudeisolierung in kalten Regionen; Einführung von Wärmepumpen

     Regionale Empfehlungen der IEA für die Wärmeversorgung

    Regionale Empfehlungen der IEA für den Bereich Raumwärme
    Regionale Empfehlungen der IEA für den Bereich Raumwärme

    Kosten-Nutzen-Analyse der Investitionen in den Wärmemarkt

    Die IEA errechnt in ihrem Hauptszenario, dass auf diese Weise Investitionen von 12.000 Mrd. Dollar die Energiekosten bis 2050 um 17.000 Mrd. Dollar senken könnten. Die Investitionen würden sich also gesamtwirtschaftlich lohnen.

    Allerdings steht diese Rechnung auf wackligen Füßen: Je nach Diskontierungsrate des Kapitals kann auch ein negatives Saldo entstehen. Die Investition muss ja früher erfolgen als der Nutzen eintreten kann und der angemessene Zinssatz der Diskontierung des Nutzens (also seiner Darstellung als heutigen Barwert) ist bis zu einem bestimmten Grad beliebig.

    FORTSETZUNG FOLGT

  • Energiewende in China? Peking veröffentlicht neuen Plan

    Am 12. September hat die chinesische Regierung (State Council) ihren neuen, konkretisierten Plan zur Bekämpfung von Smog und Umweltverschmutzung veröffentlicht. Nach der Smogkatastrophe in der Region Peking im Januar 2013 war der öffentliche Druck enorm gestiegen. Schutzmasken sind zu einem alltäglichen Anblick in vielen Städten geworden. Hochqualifizierte Arbeitnehmer werden eher mit hochwertigen Luftfiltern für Privatwohnungen, als mit Dienstwagen geködert. Schulen werben mit ihrer Atemluftqualität. Umweltverschmutzung hat mittlerweile Landenteignungen als wichtigste Ursache für Proteste und Demonstrationen abgelöst.

    Nicht zuletzt ein Twitterfeed der US-Botschaft in Peking hatte den Stein ins Rollen gebracht. Darin wurden die bislang von der Pekinger Stadtregierung geheim gehaltenen Luftwerte stündlich veröffentlicht. Den chinesischen Behörden blieb nichts anderes übrig als mitzuziehen, so dass nun in Peking und vielen anderen Städten eine gewisse Transparenz über den Grad der Gesundheitsgefährdung besteht.

    Der jetzt veröffentlichte Plan soll die besonders gefährlichen Smogpartikel (PM2.5) in Peking, Tianjin und der Provinz Hebei bis 2017 um 25% reduzieren, in Shanghai bzw. dem Yangtze Flussdelta um 20% sowie im Perlflussdelta (Hongkong, Guangzhou) um 15%. Drei Maßnahmen stehen im Mittelpunkt:

    1. Der Anteil der Kohle am chinesischen Energiemix soll bis 2017 von derzeit 67% auf unter 65% fallen. Dazu soll eine Reduzierung der Stahlproduktion ebenso beitragen wie die beschleunigte Schließung alter energieintensiver Anlagen.

    2. Stattdessen werden Atomenergie und Erdgas stärker gefördert. Die Ausbauziele für die Atomkraft, die nach Fukushima deutlich reduziert worden waren, wurden implizit wieder leicht angehoben (50 GW bis 2017 statt 58 GW bis 2020; derzeit sind es 12,5 GW)

    3. Schließlich sollen die besonders von Smog betroffenen Metropolen die Zahl der Automobile „scharf“ reglementieren. Die übrigen Städte sollen die Automobilisierung nur in „vernünftigem“ Umfang anwachsen lassen. Weniger moderne, emissionsreiche Fahrzeuge („Yellow Label“) sollen bis 2015 bzw. 2017 von den Straßen Chinas verschwunden sein. Für den übrigen Fahrzeugpark wurden die Vorschriften jedoch nicht verschärft.

    Unser Kommentar:

    Eine leichte Beschleunigung der Energiepolitik; letztlich ein halbherziger Schritt in die richtige Richtung und sicherlich keine „Energiewende“. Dem aktuellen Plan fehlen zudem zahlreiche Konkretisierungen für eine erfolgreiche Implementierung und Überwachung der Ziele.

    Die Rolle der Kohle wird wie erwartet prozentual reduziert, aber in absoluten Mengen wird der Kohleverbrauch wohl bis mindestens 2020 weiter steigen. In den dicht bevölkerten Küstenregionen sollen keine neuen Kohlekraftwerke genehmigt werden, aber es ist zu erwarten, dass Kohlestrom über das rasch expandierende Stromnetz aus anderen Provinzen importiert wird.

    Der Ausbau der Erdgasversorgung wird nach wie vor von den hohen Gaspreisen gebremst. Hier leisten die Stromkonzerne und die Industrie hinhaltenden Widerstand. Der Plan befürwortet zudem den Bau der großen Coal-to-Gas-Anlagen, die einen hohen Wasser- und Energiebedarf haben. Der Ausbau der AKW wiederum könnte rasch am wachsenden Widerstand in der Bevölkerung sowie an Engpässen der (häufig regionalen) Zulieferer scheitern.

    Weitere Links zum Thema:

    1. [icon icon=”0077.png”][/icon] Interview zum Thema mit Dr. Steffen Bukold, EnergyComment (am Rande des SwissECS Summit in Bern) im Schweizer Radio (SRF 4 News Iwan Santoro)

    2. Monatliche News zur chinesischen Energiepolitik im Global Energy Briefing (hrsg. v. EnergyComment).

     

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  • Swiss Energy und Climate Summit 2013 – Energiewende, Fracking und Innovation in der Schweiz

    Am 11. und 12. September fand die wohl interessanteste energiepolitische Veranstaltung in der Schweiz statt, und zwar nur 50m vor dem schweizerischen Parlament in Bern: Die SwissECS 2013 (Swiss Energy and Climate Summit). Die räumliche Nähe zum politischen Zentrum der Alpenrepublik beflügelte auch die Teilnehmer, da die Regierung dort erst wenige Tage zuvor die “Energiestrategie 2050” vorgestellt hatte. Sie detailliert den Ausstieg der Schweiz aus der fossilen Energie und aus der Atomkraft (wenn auch ohne konkrete Abschalttermine). Dem Klimaschutz und dem Ausbau der erneuerbaren Energien in allen Sektoren gibt die Strategie einen klaren Vorrang.

    Auch in der bislang gas- und ölarmen Schweiz wächst das Interesse der Öl- und Gasindustrie, unkonventionelles Gas aufzusuchen und zu erschließen. Ich hatte daher die Gelegenheit, meine Bewertung von Fracking und Schiefergas in Europa vor 500 Zuhörern ausführlich vorzustellen und anschließend mit dem Präsidenten der Erdöl-Vereinigung der Schweiz, Dr. Rolf Hartl, zu diskutieren. Die Charts dazu sind übrigens frei erhältlich – Email genügt.

    Interessant war für einen deutschen Zuschauer die Erkenntnis, wie geschlossen Wirtschaft, Politik und Forschung in der Schweiz hinter dem Projekt der Energiewende stehen, bei allen Problemen, die ein solcher Übergang auch dort erzeugt. Die energiepolitischen Diskussionen waren durchaus kontrovers, aber ganz überwiegend konstruktiv und nicht so destruktiv, wie man es zur Zeit in Deutschland erleben muss.

    Ebenfalls spannend aus deutscher Sicht waren die zahllosen innovativen Ansätze (etwa die stationäre Liquid Metal Battery von Ambri/MIT), die viele Probleme der deutschen Energiewende als durchaus lösbar erscheinen lassen. Dazu passte bei dieser sehr gut organisierten Konferenz dann auch der anregende Eingangsvortrag von Thomas Friedman (New York Times), der seine Sicht auf die enorme globale Beschleunigung der Innovation durch neue Informationstechnologien vorstellte.

    Weitere Links:

    Speaker

    Videos und Charts der Vorträge

    Programm

     

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  • Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien 1990-2012

    Letzte Aktualisierung: 5. April 2013

    Der Chart zeigt die Stromerzeugung aus den wichtigsten Sektoren der Erneuerbaren Energien wie Wind, Sonne (Photovoltaik), Biogas, Wasserkraft und Sonstige.

    In den 90er Jahren war das Wachstum verhalten. Die Wasserkraft lieferte damals mit Abstand den wichtigsten Beitrag. Seit der Jahrhundertwende beschleunigt sich das Wachstum. Insbesondere die Windkraft nimmt seither rasant zu. In den letzten Jahren hat vor allem die Photovoltaik zum Wachstum beigetragen.

    stromerzeugung-aus-erneuerbaren-energien-bis-2012

     

  • Primärenergieverbrauch Deutschland 1990-2012

    Eine aktualisierte Fassung dieses Artikels finden Sie hier.


    Letzte Aktualisierung: 5. April 2013

    Der Chart zeigt den Energieverbrauch Deutschlands. Während bei der Endenergie die Energiemenge erfasst wird, die beim Verbraucher ankommt (Strom aus der Steckdose, Wärme aus der Heizung), geht es hier um die Primärenergie (Wirkungsgradmethode), also die Energie, die aufgewendet werden muss, um die Endenergie zu erzeugen. Das ist z.B. die Kohle, die im Kraftwerk verfeuert wird, um Strom zu erzeugen. Da Kohlekraftwerke einen Wirkungsgrad um die 40 Prozent haben, ist die Primärenergie in diesem Fall also 2,5fach größer als die erzeugte Strommenge. Für Atomkraftwerke werden 33% Wirkungsgrad angesetzt, bei einem Windrad oder einer PV-Anlage für die Stromerzeugung 100%.

    Diese Perspektive hat Vor- und Nachteile: Einerseits erfasst man dadurch den gesamten “Input” unserer Energieversorgung, also vor allem unseren Verbrauch an fossilen Energieträgern wie Öl, Gas und Kohle. Andererseits sind Windenergie und Photovoltaik unterrepräsentiert.

    Im Chart ist zu sehen, dass der Verbrauch fossiler Energie in den letzten 21 Jahren stetig zurückgegangen ist. Der Verbrauch an Steinkohle fiel um ein Drittel, der Verbrauch von Braunkohle halbierte sich. Auch Energie aus Atomkraftwerken ging, vor allem durch die Abschaltungen seit 2011, um ein Drittel zurück.

    Der Bedarf an Mineralöl fiel um etwa 15 Prozent, also nur moderat, während die Nachfrage nach Erdgas um etwa 20 Prozent wuchs.

    Die Bereitstellung von Primärenergie aus Erneuerbaren Energien (EE) hat sich seit 1990 verachtfacht. Die 1578 PJ (2011) aus EE haben die Atomkraft bereits überflügelt und werden demnächst wohl auch die Stein- und die Braunkohle hinter sich lassen.

    Trotzdem gilt weiterhin, dass Deutschland eine Energieversorgung hat, die vor allem auf der Verbrennung fossiler Energieträger basiert. Kohle, Erdgas und Mineralöl erzeugten 2012 immer noch 78,9 Prozent der deutschen Primärenergie.

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    Mausklick vergrößert Schaubild

  • Ölverbrauch Deutschland 1995-2012

    Der Chart zeigt, wie sich die deutsche Ölnachfrage (ohne Biokraftstoffe) seit 1995 entwickelt hat. Die wichtigsten Produkte sind Dieselkraftstoff, Ottokraftstoff (Benzin), Rohbenzin für die petrochemische Industrie und leichtes Heizöl. Daneben sind auch Kraftstoffe für den Flugverkehr, schweres Heizöl und andere Produkte wie z.B. Bitumen für den Straßenbau von Bedeutung.

    In den letzten 17 Jahren ist es gelungen, den deutschen Mineralölverbrauch von 130,0 auf 108,4 Mio. Tonnen pro Jahr zu senken (ohne Recycling), also um 21,6 Mio. t oder durchschnittlich etwa mehr als 1 Prozent pro Jahr.

    Allerdings beschränkt sich die Einsparung weitgehend auf das leichte Heizöl, wo neben moderneren Heizanlagen, dem Wechsel zu anderen Energieträgern und besserer Wärmedämmung auch die wärmeren Wintermonate beigetragen haben. Betrachtet man die deutsche Ölnachfrage ohne leichtes Heizöl, dann reduziert sich der Einspareffekt erheblich: Statt um 21,6 Mio. t ging der Verbrauch nur um 5,0 Mio. t zurück, also etwa 0,3 Prozent pro Jahr.

     

    Mineralölabsatz in Deutschland 1995-2012

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  • Rückgang des deutschen Energieverbrauchs verfehlt Planziele (Gastautor Norbert Rost)

    Unser Gastautor Norbert Rost (peak-oil.com) hat sich den Trend im deutschen Energieverbrauch genauer angesehen. Liegt Berlin noch im Plan, den Primärenergieverbrauch bis 2050 zu halbieren?

    “Seinen Höhepunkt hatte der Primärenergieverbrauch in Deutschland im Jahr 1979. Von 1980 bis 2010 sank der Primärenergieverbrauch in Deutschland um etwa 0,3% pro Jahr. Im Rahmen der jüngeren Krise beschleunigte sich die Einsparung: von 2006 bis 2011 stieg der Trend auf -1,6% pro Jahr. Um eine Halbierung des Primärenergieverbrauchs bis 2050 zu erreichen, wie es das Energiekonzept der Bundesregierung vorsieht, sind jedoch 1,7% jährliche Verbrauchssenkung notwendig.

    Die Entwicklung im ersten Halbjahr 2012 lässt vermuten, dass sich die Absenkung des Energieverbrauchs wieder auf die Durchschnittsrate von 1980 bis 2010 einpendelt: 0,3% wären möglich (Grafik). Das würde bedeuten, dass die Zielstellung des Energiekonzepts nicht erreicht wird, obwohl das Stichwort “Energiewende” in aller Munde ist. Eine jährliche Verbrauchssenkung um 0,3% pro Jahr bringt bis 2050 gerade mal eine Gesamtersparnis von etwa 15%. Vielmehr bedeutet der Trendbruch von 2006 bis 2011, dass die Verbrauchssenkung mehr durch die wirtschaftlichen Verwerfungen im Rahmen der Finanzkrise induziert ist als durch echte Energieeinsparungen.” Norbert Rost

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    Dazu passend unsere Grafiken:

    Primärenergieverbrauch Deutschland bis 2011

    und ganz aktuell:

    Primärenergieverbrauch Deutschland 2012 (Erstes Halbjahr)

    sowie in internationaler Perpektive ab 1965:

    Deutschland – USA – China ab 1965

  • Lesenswert: Kohleverflüssigung – eine Option für die deutsche Energiepolitik ?

    Christoph Senz untersucht in seinem Gastbeitrag auf peak-oil.com die Frage, in welchem Umfang Erdöl durch Kohleverflüssigung ersetzt werden kann.

    (more…)

  • China Energy Letter Nr.5 (Auszüge)

    china-energy-letter-5

    Energieeffizienz und der 12. Fünfjahresplan (“Chinesische Energiewende” – Teil 2)

    Neun strategische Märkte für China, drei Optionen für Peking und eine Konsequenz für die deutsche Energiepolitik*

    * Teil 1 erschien im Letter Nr.4 am 30. April 2012. Die Schaubilder in Letter 4 und Letter 5 entstanden anlässlich eines Vortrags auf der Hannover Messe am 25. April 2012

    Teil 1 (Letter Nr.4) stellte die bisherige Entwicklung bis zum Jahr 2011 vor: Der extrem steile Anstieg der Energienachfrage in den letzten fünf Jahren wurde durch eine geringere Energieintensität von -19% etwas abgebremst. Das gelang vor allem durch Energieeffizienzmaßnahmen, insbesondere in Kohlekraftwerken, und eine wachstumsbedingte Modernisierung der Schwerindustrie. Erneuerbare Energien (ohne große Staudammprojekte) spielten bislang kaum eine Rolle.

    Viele Effizienzerträge konnten bislang „en passant“ erzielt werden, weil das hohe Wirtschaftswachstum dazu führte, dass alte Anlagen – relativ gesehen – einen immer geringeren Anteil am Bestand hatten. Der aktuelle Fünfjahresplan (2011-2015) muss nun aber einen Energiemarkt steuern, der in den letzten fünf Jahren um über 50% zugelegt hat. Eine Kurskorrektur wird nun von Jahr zu Jahr schwieriger, teurer und politisch aufwendiger, da die „low-hanging fruits“ abgeerntet sind.

    Der chinesischen Energiepolitik stehen erneut drei Strategien zur Verfügung:
    1. Änderung des wirtschafts- und industriepolitischen Wachstumskurses
    2. Rascher Ausbau der erneuerbaren Energien bei gleichzeitiger Deckelung des Kohleverbrauchs
    3. Sprunghafte Erhöhung der Energieeffizienz

    In der Tat ist das Wirtschaftswachstum seit 2011 etwas langsamer als in den Jahren zuvor. Die Wachstumsraten des GDP dürften von 10% auf 8% zurückgehen. Andererseits wurden laut NDRC die Effizienzziele 2011 verfehlt und schon 2010 nur in einem Hauruck-Verfahren durch die massenhafte (vorübergehende) Schließung von Fabriken und Kraftwerken erreicht. Zudem fallen die Ziele zur Energieintensität (mit -16% je GDP-Unit bis 2015) bescheidener aus als im letzten Plan (vgl. Details in Letter Nr.4).

    Eine schnelle Liberalisierung der recht niedrigen Endverbraucherpreise (v.a. Strom) ist aus sozialpolitischen Gründen ebenso schwierig wie ein rascher Ausbau des Smart Grid, da große und effiziente, aber letztlich unflexible Kohlekraftwerke ein denkbar ungeeignetes Pendant zu den an Zahl und Größe rasch wachsenden Windparks und Solaranlagen darstellen. Immer stärkere klimatische Schwankungen verringern außerdem die Grundlastfähigkeit der Wasserkraft. Im letzten Jahr mussten außerplanmäßig alte Kohlekraftwerke in Betrieb genommen werden, weil ungewöhnlich geringe Niederschlagsmengen den Output der Staudammturbinen drosselten.

    Die neue Führungsmannschaft in Peking hat nun die Wahl zwischen Regulieren (z.B. Kohledeckel, Effizienzrichtlinien), Deregulieren (z.B. Endverbraucherpreise) oder Investieren (Effizienzsubventionen und Wind-/Solarenergie). Wie häufig in China ist das Ergebnis nicht ein „entweder-oder“, sondern ein „sowohl-als auch“, aber der Schwerpunkt liegt eindeutig auf der Investitionsvariante, während die makroökonomischen Wachstumsziele sakrosankt bleiben.

    Die Anstrengungen zur Eindämmung des Energieverbrauchs konzentrieren sich im 12. Fünfjahresplan auf neun strategische Märkte (siehe unten). Darunter befinden sich Märkte, in denen auch schon bisher einige Erfolge erzielt wurden (Cleaner Conventional Energy, insb. Kohlekraftwerke; Windenergie; Effizienzmärkte in der Industrie; Ausbau des Schienenverkehrs), aber auch neue Schwerpunkte. Dazu zählen die Solar-PV (bisher hat sich nur die Solarthermie durchsetzen können), eine schnellere Gangart beim Smart Grid und der Integration der regionalen Stromnetze, die Einführung alternativer Antriebe im Straßenverkehr, aber vor allem eine höhere Energieeffizienz bei Gebäuden und der Bauwirtschaft insgesamt.

    china-strategische-maerkte-energie Vor der Charakterisierung der Einzelmärkte hier noch einige Details zum Stromnetz und zu den Herausforderungen in der Gebäudeeffizienz. Etwa ein Viertel der Investitionen im Stromsektor werden in den Netzausbau und die Netzmodernisierung fließen (siehe nächste Seite). Die regionalen Netze tauschen bislang nur geringe Strommengen aus, nicht zuletzt, weil ökonomische Incentives für die Netzintegration fehlen. Auch liegen ähnlich wie in Deutschland die aussichtsreichsten Windregionen im Norden, also weit ab von den Verbrauchszentren im Osten und Südosten. Xinjiang ist völlig abgekoppelt, für Gansu fehlen leistungsfähige HV-Verbindungen, und in der Inneren Mongolei gibt es sowohl institutionell als auch technisch noch erhebliche Hindernisse, den Windstrom Richtung Süden zu transportieren.

    Noch eine ganze Dimension größer gestalten sich die Herausforderungen in der Gebäudeeffizienz. Viele Building Codes sind zwar ausgearbeitet und detailliert, aber die Implementation und Kontrolle vor Ort gestalten sich bislang äußerst schwierig. Von einigen wenigen Modellprojekten und Städten abgesehen, wurden die Codes bis vor kurzem in weniger als 10 Prozent der Gebäude tatsächlich zufriedenstellend umgesetzt. Erst in jüngster Zeit scheint es einigen Provinzen gelungen zu sein, hier zu deutlichen Verbesserungen zu kommen. Jede Verzögerung bei der Umsetzung der Anforderungen für die Außenwanddämmung, die Warmwasser- und Heizsysteme etc. erzeugt in den nächsten Jahren einen enormen, kumulierenden Energiebedarf. Das Schaubild auf der folgenden Seite verdeutlich die Größenordnung. China baut pro Jahr in etwa so viel Wohnraum wie der gesamte Wohnungsbestand Spaniens oder der Türkei. Schon vor zehn Jahren wurde „drei Mal Schweden“ pro Jahr errichtet. Die geringe Energieeffizienz dieses Gebäudebestandes hat die Energienachfrage Chinas wortwörtlich für Jahrzehnte zementiert. Allein die Bauvorhaben in Chongqing in diesem Jahrzehnt (2011-2020) übersteigen mit ihren 1109 Mio. qm den gesamten aktuellen Wohngebäudebestand Polens (807 Mio. qm). Chengdu plant in demselben Zeitraum mehr als das Land Schweden heute besitzt (447 vs. 411 Mio. qm); Peking wird in den nächsten 10 Jahren mit 350 Mio. qm die gesamte Schweiz „nachbauen“ (352 Mio.).

    bauboom-china

     

    Die beiden folgenden Tabellen geben einen Überblick über die Eigenschaften der neun wichtigsten Märkte, die im aktuellen, und wohl auch im nächsten Fünfjahresplan in China im Mittelpunkt stehen werden. Die Spalten charakterisieren die Eigenschaften des jeweiligen Marktes, von der Marktgröße über die politischen Rahmenbedingungen bis zum Marktzugang und Wachstumspotenzial.

     

    strategische-energiemärkte-china-1

     

    strategische-energiemärkte-china-2

    Schlussbemerkung und Ausblick – Chinas Lead Markets und die deutsche Energiepolitik

    Energie und Umwelt sind die Achillesfersen des chinesischen Wachstumsmodells. Überraschende Ankündigungen wie der „Kohledeckel 2015“, also das geplante Einfrieren der Kohleproduktion bei 3,9 Mrd. Tonnen Jahresleistung, die scharf überwachten „Energiedeckel“ für ganze Provinzen oder die diskutierte Einführung von „Cap-and-Trade“-Modellen zeigen, dass auch im Politbüro die Einsicht gewachsen ist, dass sich China energiepolitisch auf eine Sackgasse zubewegt, die nicht nur hohe Kosten, sondern auch eine immer geringere Energiesicherheit bedeutet.

    Aus mehreren Gründen erscheint es wahrscheinlicher, dass sich Peking aus der fossilen Sackgasse eher „herausinvestiert“ als „herausspart“. Ein starkes Wirtschaftswachstum ist sowohl im Interesse der politischen Legitimation Pekings als auch der fiskalischen Lage der Provinzen und der Karrierechancen regionaler politischer Akteure. Geringes Wachstum würde nicht nur Spannungen zwischen der Zentralregierung in Peking und den Provinzfürsten, sondern auch zwischen Peking und den sehr einflussreichen Energiekonzernen mit sich bringen.

    Das bedeutet umgekehrt größere Chancen für deutsche Unternehmen. Die Größe des Marktes und der Problemdruck führen dazu, dass in China die neuen Lead Markets für erneuerbare Energien und Energieeffizienz entstehen werden. Im Verkehrsbereich wird die Verfügbarkeit von Rohölimporten bald an ihre Grenzen stoßen („Peak Oil“). Schon jetzt zeichnen sich für CNG (komprimiertes Erdgas), LNG (flüssiges Erdgas) und, etwas verhaltener, auch für die Elektromobilität große Absatzmärkte ab. Die Chancen von Erdgasantrieben für die Küsten-/Flussschiffahrt, Busse und LKW sind von ausländischen Anbietern bislang kaum erkannt worden.

    Die Investitionswelle im Energiesektor wird einen enormen Push für die Wind- und Solarenergie mit sich bringen. Die heimische Branche wäre schnell überlastet und müsste auf ausländische Lieferanten zurückgreifen. Insofern ist auch Berlin schlecht beraten, für die kollabierende deutsche Solarbranche und die schwächelnde deutsche Windbranche ausgerechnet jetzt die politische Unterstützung zu reduzieren. Trotz der unbestreitbaren Probleme beim Marktzugang in China ist offensichtlich, dass die Zeit für die deutschen Unternehmen in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz arbeitet. Der Druck, die Planziele zu erfüllen, wird das globale Preisniveau in der Wind- und Solarbranche beflügeln und damit auch deutschen Unternehmen neue Absatzchancen bieten.

    S.B.

    China Energy Briefing 

    Neben diesem kostenlosen China Energy Letter bieten wir auch das abonnementgebundene CHINA ENERGY BRIEFING an. Es liefert einen umfangreichen, systematischen und stärker praxisorientierten Überblick über die chinesischen Energiemärkte. Sie finden darin u.a. aktuelle Statistiken, einen breiten News-Überblick, Hintergrundinformationen und – auf Wunsch – kundenorientierte Sektionen. Näheres finden Sie auf unserer Webseite: http://www.dceb.de/china_energy_briefing/ Oder via Email und Telefon: bukold@dceb.de / 040.20911848

  • China Energy Letter Nr.4 April 2012 (Auszüge)

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    Energieeffizienz und der 12. Fünfjahresplan – Rückblick und Ausblick auf die chinesische “Energiewende”- (TEIL 1)*

    * Dieser Text basiert auf meinem Vortrag auf der Hannover Messe am 25.4.2012. Teil 2 erscheint in der nächsten Ausgabe.

    Die Entmachtung des Politbüromitglieds Bo Xilai und die fast täglichen Enthüllungen über Verbrechen und Skandale in seiner direkten Umgebung beherrschen derzeit die Schlagzeilen. Der Machtwechsel von der Hu/Wen- zur Xi/Li-Administration verläuft schwieriger als erwartet. Doch Sand im Getriebe des Staats- und Parteiapparates kann sich China zur Zeit nicht leisten, denn wichtige wirtschaftspolitische Weichenstellungen stehen an. Das gilt immer dringender auch für die Energiepolitik. Der Verbrauch fossiler Energierohstoffe wie Kohle, Öl und Gas steigt unvermindert rasant an (Abb. unten).

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    Die Energieversorgung ist nicht langfristig orientiert und bewegt sich auf eine Sackgasse zu. Drei Alternativen anbieten sich grundsätzlich an:

    1. Änderung des wirtschafts- und industriepolitischen Wachstumskurses (derzeit unwahrscheinlich)
    2. Rascher Ausbau der Erneuerbaren bei gleichzeitiger Deckelung des Kohleverbrauchs
    3. Sprunghafte Erhöhung der Energieeffizienz

    Welche Variante erscheint wahrscheinlich und gangbar und wurden bislang, insbesondere im eben abgelaufenen Fünfjahresplan, die größten Forschritte erzielt? China hat bis heute eine kohledominierte Energieversorgung (Chart unten).

    china-kohle

     

    Anders als in Europa, Japan oder USA ist die Industrie der Hauptverbraucher im Stromsektor (Chart unten).

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    Die Energienachfrage hat sich nach 2002 abrupt beschleunigt, als insbesondere die Schwerindustrien ausgebaut wurden, zum Teil wegen der starken Nachfrage, zum Teil wegen des spezifischen chinesischen Anreizsystems, das den Ausbau der Schwerindustrie für lokale und regionale Regierungen attraktiv macht. Die Folgen dieser Industrialisierungswelle sind aber auch Umweltverschmutzung, Klimabelastung, Abhängigkeit von Energieimporten und steigende Kosten. Allein schon die absehbare Ressourcenknappheit wird eine Fortsetzung dieses Tempos in wenigen Jahren stoppen, da weder Kohle noch Öl in ausreichenden Mengen zur Verfügung gestellt werden könnten.

    – Eine Motorisierung nach westlichem Vorbild würde eine Verdopplung der globalen Ölproduktion erfordern – ein Ding der Unmöglichkeit.
    – Eine weiterhin steil steigende Kohlenachfrage würde schon in wenigen Jahren riesige logistische Folgekosten nach sich ziehen und spätestens 2020 die Kohleförderung quantitativ überfordern, weil immer weniger ergiebige, abgelegene Vorkommen in wasserarmen Regionen ausgebeutet werden müssten.

    Das wurde im Prinzip schon 2004 in Peking erkannt: Ein „Low-Carbon Energy Mix“ und höhere Energieeffizienz sollten einen Ausweg anbieten, während der industriepolitische Kurs mit wenigen Nuancen beibehalten wurde.

    STRATEGIE 1: ERNEUERBARE ENERGIE

    Bei den Erneuerbaren Energien waren die Erfolge bislang begrenzt. Ihr Anteil stieg in den letzten 30 Jahren lediglich von 4 auf 8,3% (2010) (Chart unten).

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    Der Zuwachs konzentrierte sich weitgehend auf Hydroelektrizität und seit vier Jahren auch die Windkraft. Die Prozentanteile verdecken allerdings vor dem Hintergrund des insgesamt expandierenden Energieangebots das Volumenwachstum. Schon heute ist China der mit Abstand größte Markt für Renewables in der Welt (Chart unten).

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    Die Entwicklung der Windenergie verläuft seit 2006 in einem phänomenalen Tempo. Ende 2011 hatte China die USA und Deutschland bereits überholt. Fast die Hälfte aller Neuinstallationen 2011 fanden dort statt, so dass in China aktuell ein Viertel des globalen Windparks steht. Die Entwicklung soll vor allem in sieben „Windregionen“ vorangetrieben werden, die von der Zulieferindustrie bis zum Verkauf der Energie alle Wertschöpfungsschritte anbieten. Die größeren „Wind Power Bases“ werden Ende des Jahrzehnts mehr Windräder haben als ganz Deutschland.

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    STRATEGIE 2: ENERGIEEFFIZIENZ

    Die Energieintensität (EI), also der Energieinput je GDP-Einheit, erfasst die Energieeffizienz des Landes. Die EI fiel zunächst (also verbesserte sich) kontinuierlich bis zum Jahr 2002 (Chart unten).

    Energieeffizienz-China

    Das war zum Teil noch der Abbau des Mao-Erbes, als die chinesische Wirtschaft aus Autarkiegründen stark auf die Schwerindustrie gesetzt hatte. Unter Deng änderte sich das schrittweise: Die Förderung der Leichtindustrie und der Dienstleistungen senkte allein schon aus strukturellen Gründen die EI. Doch dieser Prozess kam 2002 für einige Jahre zum Halten. Eine Vielzahl von Gründen, die von der Steuerreform zuungusten der regionalen Körperschaften bis zur Wechselkurspolitik reichen, führte dazu, dass die Schwerindustrie überproportional wuchs und mit ihr die EI. Im 11. Fünfjahresplan begann man mit einer Vielzahl von Maßnahmen gegenzusteuern (Chart unten).

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    Dadurch gelang es, die EI von 2006 bis 2010 um 19% zu senken, allerdings nur mit Hauruck-Aktionen in letzter Minute, als Peking Tausende von Betrieben vorübergehend stilllegte, da viele Provinzen, Bezirke und Kreise die Planvorgaben nicht einhalten konnten oder wollten.

    Auch 2011 gelang es nach vorläufigen Auswertungen des NDRC nicht, die selbstgesteckten Ziele zu erreichen. Bis heute liegt die EI daher deutlich über den Werten der USA (vgl. Chart unten). Der Abstand hat sich in den letzten zwanzig Jahren kaum verringert.

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    Das Schaubild unten macht deutlich, dass die Verschiebung des Energiemixes zu Erneuerbaren Energien bislang keinen nennenswerten Beitrag zur Vermeidung fossiler Brennstoffe leisten konnte. Nur 13% gingen auf ihr Konto. Die restlichen Einsparungen (630 Millionen Kohleäquivalenztonnen) wurden durch eine höhere Energieeffizienz erreicht, davon übrigens nur 8% im Gebäudebereich.

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    Die Übersicht unten zeigt für das Jahr 2010, mit welchen Einzelmaßnahmen CO2 eingespart wurde. Neben Windenergie, Aufforstung und Beleuchtung gelang das überwiegend mit einer Vielzahl von Initiativen im Sektor konventionelle Energieerzeugung, v.a. bei Kohlekraftwerken.

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    Die Zukunft: Der 12. Fünfjahresplan 2011-2015

    Der aktuelle Fünfjahresplan findet energiepolitisch erschwerte Bedingungen vor, denn der Energiebedarf ist in den letzten fünf Jahren um über 50% gewachsen. Der „Supertanker“ China wird also immer größer und schwerer und jede Kurskorrektur damit teurer und politisch aufwändiger. Das verdeutlichen die Ziele und Rahmenbedingungen des aktuellen Fünfjahresplans (vgl. Übersicht unten).

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    1. Der Anteil regenerativ erzeugter Energie soll von 8.3% auf 11,4% steigen, also in etwa auf das aktuelle Niveau in Deutschland. Die Gesamtnachfrage steigt aber so schnell, dass der Verbrauch fossiler Energie, v.a. der Kohle, trotzdem weiter wachsen wird.

    2. Die Energieintensität soll in den nächsten fünf Jahren um 16% fallen (d.h. die Energieeffizienz um 16% steigen). Das Tempo der Effizienzgewinne wird damit im Vergleich zum 11. Fünfjahresplan gedrosselt, obwohl der strukturelle Wandel der chinesischen Wirtschaft, also Drosselung des Wohnungsbaus und des Ausbaus der Schwerindustrie, eine höhere Effizienz tendenziell begünstigen sollte.

    Das sind alles in allem keine sehr ambitionierten Ziele. Es zeigt sich, dass die leicht realisierbaren Maßnahmen bereits durchgeführt wurden. Jetzt wird der Weg mühsamer, da nun energiepolitische Ziele gegen den Widerstand der wachstumsorientierten Provinzen und Regionen und gegen den Widerstand der großen Energieanbieter (Ölkonzerne, Kohlekonzerne, Netzbetreiber) durchgesetzt werden müssen. Doch nicht selten rangiert der Chef dieser Konzerne in der Parteihierarchie über dem Minister, der ihn beaufsichtigen sollte. Implementationsprobleme nachfrageorientierter Energiepolitik sind vorprogrammiert.

    Zwei weitere Probleme kommen hinzu:

    1. Die starren und im internationalen Vergleich niedrigen Energiepreise für Endverbraucher behindern energiesparende Investitionen im Bau- und Industriesektor. Während in der Industrie Investor und Nutznießer identisch sind, fehlen diese Incentives in der riesigen Bauwirtschaft. Hier müsste der Developer Investitionen vornehmen (überwacht von Bauaufsichtsbehörden), von denen jedoch der spätere Wohnungsbesitzer profitieren wird.

    2. Ähnlich wie in Deutschland erzeugt die fluktuierende Netzeinspeisung der Windturbinen Probleme im Stromnetz. Aber anders als in Deutschland fehlen als Pendant flexible Gaskraftwerke. Ganz im Gegenteil versucht die Kohlepolitik Pekings aus nachvollziehbaren Gründen, die Vielzahl kleinerer, flexiblerer aber wenig effizienter Kohlekraftwerke zu reduzieren und die Stromerzeugung auf große moderne Kohlekraftwerke zu konzentrieren.

    Doch dadurch fällt die Flexibilität des Gesamtnetzes. Die Energiepolitik muss also nach neuen Ansätzen suchen. Der bisherige Kurs verlangsamt die Fahrt in die Sackgasse, stellt aber noch keine Kurskorrektur dar. Eine intensive Diskussion hat begonnen, die konzeptionell zum Teil weit über die europäische Energiepolitik hinausgeht. (Fortsetzung im nächsten Newsletter)

    TEIL 2 erscheint im nächsten China Energy Letter Nr.5. (Link zu Letter 5)

     

    Neben diesem kostenlosen China Energy Letter bieten wir auch das abonnementgebundene CHINA ENERGY BRIEFING an. Es liefert einen umfangreichen, systematischen und stärker praxisorientierten Überblick über die chinesischen Energiemärkte. Sie finden darin u.a. aktuelle Statistiken, einen breiten News-Überblick, Hintergrundinformationen und – auf Wunsch – kundenorientierte Sektionen. Näheres finden Sie auf unserer Webseite: http://www.dceb.de/china_energy_briefing/ Oder via Email und Telefon: bukold@dceb.de / 040.20911848

     

     

  • DCEB auf der Hannover Messe

    Lernen Sie uns auf der Hannover Messe kennen! Am 25. April auf dem DENA-Forum  “Efficiency Arena: Energy Management in Industry“

    • ab 10.30 Vortrag Dr. Steffen Bukold (DCEB): China´s Energy Markets: Putting the dragon on a diet? Energy Management & Energy Efficience Policies in the Middle Kingdom.
    • ab 13.15 Podiumsdiskussion u.a. mit Dr. Steffen Bukold (DCEB): Energieeffizienz und Energiemanagementsysteme im internationalen Vergleich

    Ort: Efficiency Arena, Hannover Messe 2012, Halle 14