Category: Energiepolitik

  • Wasserstoff im Klimaschutz-Sofortprogramm

    Was muss direkt nach der Bundestagswahl in knapp vier Wochen geschehen, wenn die politisch vereinbarten Klimaziele erreicht werden sollen, also Klimaneutralität bis 2045 und Reduzierung der Emissionen bis 2030 um 65% gegenüber 1990. Die Berliner Institute Agora Energiewende, Agora Verkehrswende und die Stiftung Klimaneutralität schlagen ein Sofortprogramm mit 22 Punkten vor.

    Welche Rolle soll Wasserstoff in diesem Programm spielen? 

    1. Nationale Ebene: Die Produktion von Wasserstoff und die Infrastruktur

    Die Autoren bemängeln, dass ein Jahr nach der Veröffentlichung der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) im letzten Sommer der Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft noch immer unklar ist. Nach wie vor fehlen die Instrumente und Pläne. Das gilt für die Angebotsseite, die Nachfrageseite und auch für die Finanzierung der Infrastruktur . 

    Die Verabschiedung einer “Wasserstoffstrategie 2.0” ist daher in den ersten 100 Tagen Regierungsarbeit notwendig:

    a. Etwa 60 TWh klimaneutraler und daher Grüner Wasserstoff sollen bis 2030 zur Verfügung stehen. Das ist in etwa dieselbe Menge, die zur Zeit in Deutschland als Grauer Wasserstoff, also mit hohen Emissionen aus Erdgas, erzeugt und verbraucht wird. Das geschieht bisher vor allem in Ölraffinerien und in der Chemie. 

    b. Die zusätzlichen klimaneutralen Wasserstoffmengen sollen dagegen durch Elektrolyseure bereitgestellt werden. Bis 2030 sind Kapazitäten von 10 GW notwendig. Das Volumen der Förderprogramme für die Herstellung von Grünem Wasserstoff soll daher mindestens verdoppelt werden.

    c. Allerdings sollen die Elektrolyseure systemdienlich arbeiten. Standortwahl und Produktionszeiten sollen das Stromnetz nicht zusätzlich belasten. Also keine Anlagen, die – wie bisher die Dampfreformer in den Raffinerien – rund um die Uhr laufen und sich allein nach den Wünschen der Abnehmer richten. 

    d. Ein H2-Startnetz soll umgehend in Angriff genommen werden: Mit staatlicher Beteiligung soll zusammen mit den Gasnetzbetreibern eine zentrale Infrastrukturgesellschaft geschaffen werden, um den Bau und die Finanzierung eines H2-Startnetzes zu beschleunigen. 

    2. Nationale Ebene: Die Nachfrage nach Wasserstoff

    Die Autoren verfolgen keinen “All-of-the-Above”-Ansatz, wie er etwa in der Nationalen Wasserstoffsstrategie (NWS) anklingt oder wie er auch empirisch in Deutschland und weltweit beobachtbar ist. Dort gibt es mittlerweile ein buntes Sammelsurium von oftmals lokalen H2-Projekten, die sich nicht an der Systemoptimisierung oder der “Systemdienlichkeit” orientieren. Vielmehr sind es zahllose Einzelinitiativen für Grünen und Blauen Wasserstoff in vielen Bereichen der Mobilität, Industrie, Wärmeversorgung oder Stromspeicher.

    Im Gegensatz dazu soll der knappe Wasserstoff im Sofortprogramm nur in wenigen Sektoren zum Einsatz kommen. Vor allem dort, wo ein direkter Stromeinsatz nicht möglich ist. 

    a. Industrie

    Grüner Wasserstoff (Blauer Wasserstoff wird nicht erwähnt) soll im Sofortprogramm vor allem in der Stahl- und Chemieindustrie zum Einsatz kommen. Begründung: Hier gibt es neben den Wasserstoffpfaden nur wenige Alternativen, die klimaneutrale Prozesse ermöglichen.

    Die Mehrkosten der Unternehmen sollen durch das Angebot von Klimaschutzverträgen aufgefangen werden. Da ein Großteil der bestehenden Anlagen ohnehin bis 2030 ersetzt oder modernisiert werden muss, können diese Abkommen schrittweise zur Dekarbonisierung der Industrie beitragen, ohne dass disruptive Stilllegungen notwendig werden. 

    b. Güterverkehr auf der Straße

    Der Güterverkehr wird auch in den kommenden Jahrzehnten vor allem auf der Straße stattfinden. Batterie, Brennstoffzelle oder Oberleitung? Die Autoren wollen sich hier nicht festlegen. Europäische Innovationskorridore sollen allen Optionen eine Chance geben.

    c. Gebäudeheizung

    Auch bei der Wärme stehen mehrere Optionen zur Auswahl. Klar ist, dass ab 2024 weder im Neubau noch im Bestand neue fossile Heizungen eingebaut werden sollen. Wärmepumpen oder klimaneutrales Gas bzw. Liquids sind die Mittel der Wahl, wenn Nah- und Fernwärme nicht opportun erscheinen. 

    Der Einsatz von Grünem Wasserstoff für die Raumwärme soll im Sofortprogramm gering bleiben, wird aber – z.B. für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen – nicht ausgeschlossen.

    3. Maßnahmen auf der europäischen Ebene (EU)

    Im Dezember will die EU-Kommission weitere Maßnahmen für das “Fit for 55”-Paket vorschlagen. Die Autoren des Sofortprogramms schlagen eine Reihe von Verschärfungen und Ergänzungen gegenüber den bisherigen Vorschlägen der EU-Kommission vor:

    Die Bundesregierung soll sich dafür einsetzen, dass der Anteil der klimaneutralen Kraftstoffe im internationalen Luft- und Seeverkehr bis 2050 auf 100% steigen wird. Nach Stand der Technik kann das zum größeren Teil nur durch wasserstoffbasierte Kraftstoffe sowie durch Biokraftstoffe bewerkstelligt werden. 

    Auch soll die EU dafür sorgen, dass in allen Sektoren effizienteren strombasierten Lösungen Vorrang gegenüber anderen Lösungen eingeräumt wird. Das würde wasserstoffbasierte Anwendungen etwa im Wärmebereich oder im Verkehr tendenziell eher bremsen.

    Die EU soll zudem strikte Kontrollen bei Methanemissionen einführen und dazu passende Standards bei Energieimporten festlegen. Ergänzend soll ein satellitengestütztes Zertifizierungssystem für Methanemissionen eingeführt werden. Für die Wasserstoffwirtschaft kann das bedeuten, dass Importe von Blauem Wasserstoff (also erdgasbasiertem Wasserstoff plus CCS) erschwert werden.

    Länder mit hohen spezifischen Methanemissionen im Erdgassektor wie Algerien oder Russland hätten gegenüber Lieferanten mit geringeren Upstream-Emissionen wie Norwegen oder Saudi-Arabien Nachteile. Generell hätte Grüner Wasserstoff Vorteile gegenüber Blauem Wasserstoff.

    Quelle: Agora Energiewende, Agora Verkehrswende, Stiftung Klimaneutralität (2021): Das Klimaschutz- Sofortprogramm. 22 Eckpunkte für die ersten 100 Tage der neuen Bundesregierung. Download
    Projektleitung: Frank Steffe, Julia Metz, Benjamin Fischer 

  • Der World Energy Outlook 2014 der IEA (Global Energy Briefing Nr.105)

    Der World Energy Outlook 2014 der IEA (Global Energy Briefing Nr.105)

    Im aktuellen Global Energy Briefing (GEB Nr.105) finden Sie eine Präsentation und Analyse des wichtigsten Energieberichts des Jahres, des World Energy Outlook 2014 (WEO 2014) der Internationalen Energieagentur (IEA).

    Der WEO wird gerne als “Bibel der westlichen Energiepolitik“ bezeichet. Dem eigenen Anspruch nach liefert er nur Daten und zeigt Szenarien auf, aber in der Wahrnehmung der Medien und der Politik liefert er eine Vielzahl von Prognosen und Empfehlungen. Die zentrale Stellung der Szenarien im WEO und die plausible Annahme, dass die IEA kein Hauptszenario hervorheben würde, das sie selber für unrealistisch hält, führen dazu, dass die Daten wie Prognosen interpretiert und zur Grundlage energiepolitischer Planungen gemacht werden.

    Der Bericht ist bei aller Objektivität auch ein Spiegel seiner Zeit. Im letzten Jahrzehnt wurde zu lange an der damals vorherrschenden These einer schier endlosen Verfügbarkeit billiger fossiler Energie festgehalten. Die IEA galt daher in Peak-Oil-Kreisen und bei kritischen Energieexperten als Sprachrohr der Öl- und Gasindustrie. Der Preisanstieg beim Öl ab 2006 brachte die IEA dann in der Tat in Erklärungsnöte.

    Heute ist es eher umgekehrt: Während sich viele Experten von der Schieferöl- und Schiefergasrevolution sowie von den fallenden Öl-, Gas- und Kohlepreisen beeindruckt zeigen, hält die IEA die mahnende Fahne hoch: Die Risiken der Energieversorgung, so auch der aktuelle Bericht, seien nach wie vor hoch, Peak Oil zumindest außerhalb der OPEC komme schon in wenigen Jahren, und die Preise werden unaufhaltsam zulegen. Der Schieferölboom sei voraussichtlich schon im nächsten Jahrzehnt vorbei, der US-Schiefergasboom Ende der 2030er.

    Wir stellen die wichtigsten Daten und Ergebnisse des WEO 2014 vor, unter anderem:

    • Methoden: Welche Annahmen fließen in den WEO 2014 ein? Ist die Wahl des Hauptszenarios gerechtfertigt?
    • Energiepreise: Wie entwickeln sich die Ölpreise, Gaspreise und Kohlepreise bis 2040? Welche Annahmen fließen hier ein?
    • Schieferöl und Schiefergas: Wie lange hält der Boom noch an?
    • Ölversorgung: Wie hoch sind die Risiken und werden die Ölpreise wieder steigen?
    • Erneuerbare Energien: Wie schnell läuft die Stromwende weltweit? Wie steht die EU im internationalen Ranking da? Wieviel kostet die Energiewende weltweit?
    • Klimapolitik: Wieviel Gigatonnen CO2 werden in den einzelnen Szenarien emittiert? Welchen Anteil hat welche Region und welcher Energieträger?
    • Strom: Wie entwickelt sich der Mix im Strommarkt weltweit? Wieviel muss in die Kohle-, Gas- oder Atomkraftwerke investiert werden?
    • Subventionen: Wie stark wird fossile Energie weltweit gefördert? Welche methodischen Probleme gibt es bei der Erfassung?
    • u.v.m.

     

     

    World Energy Outlook 2014
    World Energy Outlook 2014

     

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  • TTIP & Energiewende: Potenzial wird unterschätzt / Analyse: Warum fallen die Ölpreise? (GEB 103)

    Im aktuellen Global Energy Briefing (GEB Nr.103) finden Sie auf 54 Seiten alles Wissenswerte über die wichtigsten Ereignisse, Trends und Preise auf den internationalen Energiemärkten.

    Schwerpunkte dieser Ausgabe:

    • Feature: TTIP & Energie – Welche Folgen hätte TTIP für den transatlantischen Energiehandel und Energieinvestitionen? Die Potenziale des Freihandelsabkommens für die Energiewende werden unterschätzt
    • Feature Ölpreis: Gerüchte und Fakten – Warum fallen die Ölpreise? Die Rolle der asiatischen Märkte. Subventionsabbau blockiert Nachfragereaktion. Mexiko im Dilemma, Riad entspannt, u.v.m.
    • US Schieferöl (Shale Oil): Wo liegt der Break-Even der Schieferölproduktion? Wie stark ist die Branche vom Ölpreissturz betroffen? Rätselraten über Umfang der Schieferölressourcen
    • Internationale Gasmärkte: Preise und Trends weltweit; Preiskapriolen im Nordosten der USA.
    • Internationale Kohlemärkte: Preise und Trends
    • Strommärkte: News
    • China Energy Briefing: Energiewelt steht auf dem Kopf – China erhöht Zölle und Steuern für Kohle – Australien will Solarmodule besteuern
    • Zum Stand der deutschen Energiewende: Eine aktuelle grafisch aufbereitete Darstellung.

    Weiterführende Informationen:

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  • Frackingsendung von Panorama
    Restrisiko Halbwissen – Stellungnahme zum Panorama-Bericht über Fracking und Schiefergas in Deutschland

    Das Magazin Panorama (ARD/NDR) hat im September mit mehreren Fernseh- und Videoberichten  die Fracking-Debatte in Deutschland belebt, aber auch verkürzt, und damit in eine Richtung gelenkt, die für die energiepolitische Debatte letztlich unergiebig ist.

    Wir haben in zahlreichen Analysen in den Jahren 2013 und 2014 die Schiefergas- und Schieferölförderung untersucht und unter verschiedenen Gesichtspunkten bewertet (vgl. unten). Auf dieser Basis möchte ich die Inhalte der TV-Sendungen wie folgt kommentieren.

    [pullquote]Panorama:
    Die Hauptthese der Berichte lautet, dass die Risiken des Frackings beherrschbar und nicht wesentlich größer als bei konventionellen („normalen”) Gasbohrungen seien.[/pullquote]

    Mein Kommentar:

    Die Aussagen der Interviewpartner beziehen sich fast ausschließlich auf den Vorgang des Frackings, also das Aufbrechen des dichten Schiefergesteins. Durch diese Verkürzung des Themas wird der Zuschauer irregeführt. Der Frackingprozess im Boden ist nur ein Schritt bei der Förderung von Schiefergas und Schieferöl. Was in der Bewertung fehlt:

    • die Bohrung selbst
    • der Transport enormer Mengen von Hilfsstoffen im ländlichen Raum mit schweren LKW
    • das Entweichen von Methan und anderer Gase bei der Bohrung (Fackelarbeiten)
    • die jahrelangen Gasemissionen durch Risse/Lücken in der Zementverschalung
    • das Auffangen und Entsorgen toxischer Rückflüsse
    • die Sicherung der Bohrlochintegrität über Jahrzehnte hinweg
    • und vor allem die große Zahl von Bohrungen.

    [pullquote]Panorama: Die Risiken des Frackings sind nicht wesentlich höher als die Risiken der konventionellen Gasförderung.[/pullquote]

    Mein Kommentar:
    Geht es bei dieser Aussage um das Aufbrechen des Gesteins oder die Schiefergasförderung insgesamt?

    Im ersten Fall ist die These sicherlich diskussionswürdig, wenn man die Auflagen für Fracking geeignet gestaltet und überwacht. Im zweiten Fall – und darum geht es ja schließlich in der energiepolitischen Debatte – ist die Aussage natürlich Unsinn.

    Allein die hohe Zahl der Bohrungen und die zahllosen Aktivitäten an der Oberfläche führen unfallstatistisch zu ganz anderen Größenordnungen. Um auch nur 10% des deutschen Gasbedarfs über 20 Jahre zu decken, müssten in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen mehrere Tausend Bohrungen niedergebracht werden.

    Und nicht zuletzt: Auch „normale“ Gasbohrungen bringen Risiken mit sich. Erdbeben (vgl. den Ausbaustopp in Groningen), undichte Bohrlöcher, klimaschädliche Methanemissionen, Fackelarbeiten (Verbrennung von austretenden Gasen) mit z.T. toxischen Bestandteilen sind in der europäischen Gaswirtschaft an der Tagesordnung.

    [pullquote]Panorama: Fast alle Wissenschaftler halten die Risiken des Frackings für beherrschbar.[/pullquote]

    Mein Kommentar:
    Auch hier ein Spiel mit Worten. Ein moderner PKW ist selbst bei hohen Geschwindigkeiten zweifellos „beherrschbar“. Aber wie hoch ist das Risiko, wenn Hunderte von Fahrzeugen durch eine Ortschaft rasen?

    Blickt man in die USA, also in das einzige Land, das über einige Jahre Fracking-Erfahrung verfügt, so ist dort von einem Konsens nichts zu merken. Allerdings wird die Debatte allmählich sachlicher und aufschlussreicher. Nur ein Aspekt unter vielen: Wer kümmert sich in 20 Jahren um die Hunderttausende (!) von verlassenen Bohrlöchern in den USA. Schiefergasförderung gleicht einem Wanderzirkus, da die Vorkommen sehr schnell versiegen und daher an anderer Stelle immer wieder neu gebohrt werden muss.

    Studien aus Pennsylvania und Kalifornien schätzen den Anteil der undichten Bohrlöcher und missglückten Bohrungen auf ca. 5%. Mit anderen Worten: In einigen Bundesstaaten der USA entsteht eine flächendeckende Altlast, deren Sanierung viele Milliarden Dollar verschlingen wird.

    [pullquote]Panorama: Fachleute, die Fracking nicht rundweg ablehnen, werden nur unzureichend in die Politikberatung einbezogen. [/pullquote]

    Mein Kommentar:
    Das ist sicherlich richtig. Das Pendel der Debatte und der Politikberatung schwingt zwischen den Extremen hin und her. Es gibt lautstarke Befürworter und Gegner der Schiefergasförderung, die nur sprachliche Nebelkerzen werfen. Sachinformationen sind hier unentbehrlich, von Seiten der BGR wie des UBA, und nicht zu vergessen der beeindruckende Sachverstand, der sich in vielen Bürgerinitiativen und NGOs angesammelt hat.

    Auch die Kommunen sollten mehr gehört werden. Sie sind unmittelbar betroffen: Der wochenlange Bohr- und Frackinglärm durch die großen Dieselgeneratoren, die enorme Verkehrsbelastung, die vielen Straßenschäden, wenn sich zahllose schwere LKW durch enge Ortschaften quälen, die Luftbelastung durch Methanemissionen und das Abfackeln der Gase, sowie Unfälle mit kontaminiertem Lagerstättenwasser und Chemikalien, die statistisch unvermeidlich sind.

    [pullquote]Panorama: Schweigen[/pullquote]

    Die Sendung schweigt leider zur eigentlichen Frage: Gibt es Alternativen, die unsere Energieversorgung mit geringeren Risiken und geringeren Kosten sichert?

    Fazit:

    Panorama präsentiert nur einen technischen Teilaspekt der Schiefergasförderung und will trotzdem allgemeine energiepolitische Schlüsse daraus ziehen. Damit verheben sich die Filmemacher.

    Das gilt auch noch aus einem anderen Grund: Selbst wenn man (kontrafaktisch) die Harmlosigkeit der Schiefergasförderung unterstellen möchte, ist damit noch nichts über eine Kosten-Nutzen-Analyse ausgesagt. Es gibt andere, bessere Optionen, den Energiebedarf Deutschlands zu decken.

    Nach unseren Schätzungen auf Basis der BGR-Zahlen und US-Erfahrungen ist eine maximale Schiefergasmenge von bis zu 10 bcm Erdgas pro Jahr möglich, die bis zu 11 % des deutschen Gasbedarfs decken könnte. Nach 20 Jahren wäre die Importabhängigkeit wieder genauso groß wie zuvor, da bis dahin die Schiefergasressourcen verbraucht sein werden. Und der Steuerzahler kann sich mit den Altlasten auseinandersetzen…

    Brauchen wir also Schiefergas, um unsere energiepolitischen Ziele zu erreichen? Oder ist es nur ein Rettungsring für eine Gaswirtschaft, die angesichts schwindender heimischer Gasreserven ihre Kapazitäten nicht mehr auslasten kann? Jede Menge Stoff für investigativen Journalismus…

    Dr. Steffen Bukold
    EnergyComment


    EnergyComment Analysen zum Theme Fracking, Shale Gas und Shale Oil:

    Global Energy Briefing GEB Nr.101 (Fracking im Rahmen der gaspolitischen Optionen Deutschlands)
    Global Energy Briefing GEB Nr.95 (Vollkostenanalyse Shale Gas)
    Global Energy Briefing GEB Nr.89 (Shale Oil)
    Global Energy Briefing GEB Nr.85+84 (Sonderausgabe Shale Gas & Fracking)
    Global Energy Briefing GEB Nr.82 (Shale Gas)
    Global Energy Briefing GEB Nr.81 (Shale Oil)


    Weiterführende Informationen:

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    Foto © kebox Fotolia-Lizenz

  • Newsletter
    Global Energy Briefing Nr.100: Irakkrise, US-Kohlepolitik, Globale Energieinvestitionen, Chinas Energiepolitik

    Heute erscheint die 100. Ausgabe des Global Energy Briefing: Wir berichten in dieser Jubiläumsausgabe auf  50 Seiten über die wichtigsten Ereignisse, Trends und Preise auf den internationalen Energiemärkten.

    Schwerpunkte dieser Ausgabe:

    • Irak: Analyse der Situation und der möglichen Folgen für die Ölversorgung. Könnte der Ausfall der irakischen Ölexporte kompensiert werden?
    • Die Lage auf den internationalen Gasmärkten
    • Was kostet die fossile Energieversorgung in den nächsten Jahrzehnten? Fakten und Einschätzungen zum World Energy Investment Outlook der IEA
    • Obamas neue Kohlepolitik: Details und Einschätzungen zu den Emissionsvorgaben der EPA für die Kohlebranche
    • China: Bestandsaufnahme nach einem Jahr “Airpocalypse”; Konflikte im Südchinesischen Meer u.v.m.

    Außerdem:

    • Aktuelle Charts: Globale Energieversorgung
    • Aktuelle Charts: Energie in Deutschland
    • Aktuelle Preise und Preistrends in Ölmärkten, Gasmärkten und Kohlemärkten

    Weiterführende Informationen:

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    Weitere Links:

    Global Energy Briefing Nr.84 und Nr.85: Shale Gas Fracking – Potenzialgrenzen (Nr.84) und Folgen für Gaspreise und Investitionen

    Global Energy Briefing Nr.86: Prognose der Ölpreise und Gaspreise; Wärmemarkt national; Benzinmarkt USA

    Sonderausgabe zur Ukraine-Krise: Global Energy Briefing Nr.96 und Nr.97
    Ukraine und die europäische Gasversorgung

     

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  • Glosse
    NATO-Generalsekretär will Abhängigkeit von russischem Gas zementieren (Realsatire III)

    In Brüssel liegen die Nerven blank: Nato-Generalsekretär Rasmussen erklärte in einer Veranstaltung des renommierten Chatham House in London, dass  Russland gezielt Umweltorganisationen in Europa unterwandere, um das Fracking von Schiefergas – und damit eine größere Unabhängigkeit Europas von russischem Gas – zu verhindern.

    Denkt man mehr als zwei Sekunden darüber nach, drängt sich dem amüsierten Leser jedoch genau die umgekehrte Schlussfolgerung auf: Will etwa die NATO die Abhängigkeit von russischem Gas zementieren? Es ist weitgehend unumstritten, dass die Schiefergasmengen in Europa erstens zu langsam, zweitens zu teuer und drittens in zu geringen Mengen gefördert werden können, um die in der Tat starke Abhängigkeit von russischem Gas nennenswert zu verringern. Ist also jede Pro-Fracking-Lobby von Russland unterwandert und lenkt von weitaus sinnvolleren Lösungsvorschlägen ab? Die NATO etwa auch? Wir warten gespannt auf die nächste Enthüllungsstory aus dem Nato-Hauptquartier…

  • Newsletter Ukraine-Konflikt, Gasabhängigkeit in Deutschland, die Rolle Chinas, fallende Gas- und Kohlepreise, Offshore-Risiken – Das Global Energy Briefing Nr.98

    Newsletter
    Ukraine-Konflikt, Gasabhängigkeit in Deutschland, die Rolle Chinas, fallende Gas- und Kohlepreise, Offshore-Risiken – Das Global Energy Briefing Nr.98

    In der aktuellen Ausgabe untersucht unser Newsletter Global Energy Briefing (Nr.98) auf insgesamt 42 Seiten die aktuellen Entwicklungen auf den internationalen Energiemärkten:

    1. Globaler Überblick

    Gaspreise und Kohlepreise in Europa auf Mehrjahrestief, LNG-Preise in Fernost fallen, China mit Neuorientierung der Kohlepolitik

    2. Feature: Ukraine-Konflikt

    Wer braucht wie viel Erdgas in Deutschland: Abhängigkeiten nach Sektoren und Regionen
    Szenarien: Vier Szenarien zur Reduzierung der Abhängigkeit von russischen Erdgasimporten von 40% auf 25%, 10%, 0% durch Maßnahmen auf der Angebots- und Nachfrageseite

    3. Ölmärkte: Aktuelle Lage und Preise
    4. Gasmärkte: Aktuelle Lage und Preise
    5. Kohlemärkte: Aktuelle Lage und Preise

    6. Feature: Vier Jahre nach der Deepwater Horizon – defekte Blowout-Preventer im Golf von Mexiko / Ölverschmutzung in der Nordsee

    7. Energie in Deutschland: Statistischer Überblick mit zahlreichen Grafiken / Verbraucherpreise in Europa

    8. China Energy Briefing – Die neue Kohlepolitik; Shale Gas vor dem Durchbruch; PKW-Markt u.v.m.

    9. Feature: China & Russland
    Das neue Dream-Team für Gas, Öl und Kohle? Eine ausführliche Analyse zum Stand der Verhandlungen kurz vor dem Putin-Besuch in Peking.

     

     


    Weiterführende Informationen:

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    Weitere Links:

    Global Energy Briefing Nr.84 und Nr.85: Shale Gas Fracking – Potenzialgrenzen (Nr.84) und Folgen für Gaspreise und Investitionen

    Global Energy Briefing Nr.86: Prognose der Ölpreise und Gaspreise; Wärmemarkt national; Benzinmarkt USA

    Sonderausgabe zur Ukraine-Krise:
    Ukraine und die europäische Gasversorgung

     

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  • Sonderausgabe (Doppel-Newsletter)
    Überblicksanalyse: Der russisch-ukrainische Konflikt und die europäische Gasversorgung (GEB 96+97)

    In einer Doppel-Sonderausgabe untersucht unser Newsletter Global Energy Briefing (Nr.96 und Nr.97) auf insgesamt 54 Seiten den Ukraine-Russland-Konflikt und die möglichen Folgen für die europäische Gasversorgung: Analysen, Szenarien, Karten und Tabellen ermöglichen ein Gesamtbild der Krise und der Konsequenzen für Europas Energiemärkte.

    Welche Folgen hätte ein Ausfall des Gastransits durch die Ukraine oder ein Ausfall der gesamten russischen Gasexporte für Deutschland und die EU?
    Wer wäre am stärksten betroffen, wieviel könnte kompensiert werden? Welchen Beitrag könnten LNG-Importe oder die Gasspeicher leisten?

    Aus dem Inhalt:

    1. Die aktuelle politische Lage: Situation, Interessenanalyse, Konfliktherde für Störungen im Gastransit durch die Ukraine
    2. Rückblick: Gastransit durch die Ukraine seit den 70er Jahren
    3. Die Situation im ukrainischen Gasmarkt und Gastransit: Kostenanalyse, Mengenanalyse, Interessenanalyse
    4. Die russische Perspektive: Abhängigkeit von fossilen Importen; Kostenanalyse, Interessenanalyse
    5. Europas Gasversorgung und Gasmärkte
      – Überblick
      – Importabhängigkeiten der einzelnen EU-Mitgliedstaaten
      – Gas Flows in Europa: Routen, Kapazitäten, Grenzübergänge nach Mitgliedstaat und Region
      – Wie reagiert der Gasmarkt auf Versorgungsprobleme? Der Winter 2012/2013.
      – LNG-Importe (Flüssiggas): Überblick, aktuelle Situation und Potenziale für Europa
      – Gasspeicher in Europa: Überblick und aktuelle Situation nach Ländern und Anlagen
    6. Fazit: Szenarien für den Gasmarkt und den Gastransit; mögliche Maßnahmen zur Sicherung der Gasversorgung in Europa.

     

    Ukraine und die europäische Gasversorgung

     


    Weiterführende Informationen:

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    Weitere Links:

    Global Energy Briefing Nr.84 und Nr.85: Shale Gas Fracking – Potenzialgrenzen (Nr.84) und Folgen für Gaspreise und Investitionen

    Global Energy Briefing Nr.86: Prognose der Ölpreise und Gaspreise; Wärmemarkt national; Benzinmarkt USA

     

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  • Interview
    Was passiert, wenn Öl und Gas aus Russland fehlen…

    Interview SWR 2 Journal am Morgen (Wilm Hüffer) mit Steffen Bukold.

  • Hintergrundinfos: Russlands Exporteinnahmen aus Öl und Gas

    Hintergrundinfos: Russlands Exporteinnahmen aus Öl und Gas

    Die Krim-Krise demonstriert einmal mehr die Abhängigkeit der EU von Öl- und Gasimporten aus Russland. Der Energieriese ist (knapp vor Saudi-Arabien) der größte Rohölproduzent der Welt und (knapp hinter den USA) der zweitgrößte Gasproduzent der Welt. Auch ist Russland der zweitgrößte Exporteur von Ölprodukten. Hier handelt es vor allem um Diesel/Gasoil, Naphtha und HFO (Heavy Fuel Oil).

    Umgekehrt hängt aber auch die russische Volkswirtschaft am Tropf der Einnahmen aus fossilen Energieträgern. Aber wie stark? Das folgende Schaubild zeigt, wie sich die Exporterlöse seit 2002 entwickelt haben.*

    • Beim Erdgas sind sie von 20 Mrd. Dollar im Jahr 2002 auf 68 Mrd. Dollar im Jahr 2012 gestiegen (in Preisen des jeweiligen Jahres). 2013 haben sie noch einmal zugelegt.
    • Aber diese Summen verblassen vor den Exporterlösen aus Rohöl und Ölprodukten. Hier stiegen sie von 44 Mrd. Dollar (2002) auf enorme 290 Mrd. Dollar (2012). Die Werte für 2013 dürften ähnlich hoch ausgefallen sein.

    Russland hängt also weitaus stärker von Ölexporten ab als von seinen Gasexporten. Schwankungen bei den Ölpreisen oder Störungen bei der Ölausfuhr sind weitaus relevanter für die russische Volkswirtschaft und ihren Außenhandel als etwaige Probleme beim Gastransit durch die Ukraine.

    russland einnahmen aus ölexporten und gasexporten

    Öl und Gas zusammen erbrachten im Jahre 2012 Exporteinnahmen von 358 Mrd. Dollar. Im folgenden Schaubild werden zum Größenvergleich die russischen Militärausgaben dargestellt. Sie sind laut SIPRI in den letzten beiden Jahren um fast 50% auf umgerechnet 90 Mrd. Dollar gestiegen. Die Exporteinnahmen aus Öl und Gas liegen etwa vier Mal so hoch.

    Russland Öl- und Gaseinnahmen vergleich mit militärausgaben

    Fußnote: Bitte beachten, dass die Datenlage nicht immer befriedigend ist. Während die Exportmengen einigermaßen verlässlich erfasst werden können, sind bei den Exporterlösen vereinfachende Annahmen notwendig, da einige Preise nicht öffentlich zugänglich sind.


    Lesen Sie eine ausführliche Analyse zur Krimkrise und ihren möglichen Konsequenzen für die Öl- und Gasmärkte in der März-Ausgabe des Global Energy Briefing (Nr.96, 6.Jg.).

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  • Krim-Krise: Szenarien und Prognosen für die Gaspreise und die Gasversorgung

    Welche Konsequenzen könnte die Krim-Krise für die Gaspreise und die Gasmärkte in der EU und darüber hinaus haben? Welche Optionen hat die deutsche Energiepolitik angesichts der wieder aufflackernden Diskussion um die Versorgungssicherheit? Sollte die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas reduziert werden? Welche Folgen haben die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine für die Zukunft von Gazprom und die russischen Öl- und Gasexporte insgesamt?

    Lesen Sie die ausführliche Analyse mit Szenarien und unserer Prognose in der nächsten Ausgabe des Global Energy Briefing (März 2014 Nr.96, 6.Jg.).


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  • Woher bezieht Deutschland Öl und Gas?

    Einen aktuellen grafischen Überblick finden Sie bei peak-oil.com.

  • Wärmepumpen: Energiepolitik blockiert Wärmewende im Heizungskeller

    Bildnachweis © Angela Stolle (fotolia.de)

    Der Markt für Wärmepumpen: Die Lage

    Die Wärmewende stockt: Der Bundesverband Wärmepumpe meldet erneut einen stagnierenden Absatz für Wärmepumpen in Deutschland. Es verstärkt sich außerdem der Trend zu den Luftwärmepumpen, während der Absatz der energetisch effizienteren, aber technisch aufwendigeren Erdwärmepumpen zurückging.

    International gelten Wärmepumpen für Industrie- und Schwellenländer als eine zentrale Technologie für die globale Wärmewende. Wichtig dabei ist ihre Einbindung in ein ganzheitliches Gebäude- und Quartierssanierungskonzept. Das wird im Prinzip auch in Berlin so gesehen. Aber das konzeptionslose Zurückrudern bei der Stromwende und die anhaltende Lähmung bei der Wärme– und Kraftstoffpolitik gefährden nun auch die Wende in den Heizungskellern.

    Die meisten Wärmepumpen kommen in neuen Gebäuden zum Einsatz. Hier liegt ihr Marktanteil schon seit fünf Jahren bei eindrucksvollen 22-25 Prozent, nur geschlagen von den Gasbrennern. Aber wo läge der Anteil ohne die Anforderungen des EEWärmeG, das den Einsatz regenerativer Energien, von Biomasse oder eben von Umweltwärme, in Neubauten verbindlich vorschreibt? Das Problem zeigt sich spiegelbildlich im Bestand: Nur 0,7 Prozent der Wohnungen im Bestand nutzen Wärmepumpen (Quelle: AGEB).

    Heizungssysteme in neuen Wohnungen

    Beheizungssysteme in neuen Wohnungen 2000-2013
    Beheizungssysteme in neuen Wohnungen 2000-2013 (Quelle: AGEB)

    Das ist auf den ersten Blick verwunderlich, denn der technische Ansatz der Wärmepumpen ist bestechend: Man nehme 1 kWh Strom, addiere Umgebungswärme aus der Luft oder aus dem Erdreich, und schon stehen dank des „Temperaturhubs“ durch den Kompressor der Wärmepumpe 3-4 kWh Wärme zur Verfügung. Dieser Hebel ist die oft zitierte Jahresarbeitszahl der Wärmepumpen, also “JAZ 3” oder “JAZ 4”. Dasselbe technische Prinzip findet übrigens im Kühlschrank Anwendung – nur eben mit dem umgekehrten Ziel.

    Insgesamt verbrauchen alle Wärmepumpen (für Raumwärme und Warmwasser) derzeit etwa 2,2 TWh Strom pro Jahr (Quelle: Bundesnetzagentur: Monitoringbericht 2013, Bonn 2013).

    Zweiter Vorteil: Wärmepumpen sind technisch ausgereift und können, wenn der Strom aus erneuerbaren Quellen kommt, völlig ohne CO2-Emissionen oder Schadstoffemissionen die Wärme- und Kälteversorgung sichern. Insofern sind sie die ideale Ergänzung zur Stromwende.

    Dritter Vorteil: Die Effizienzkurve der Wärmepumpen passt ideal zu gut gedämmten, modernen Gebäuden, die nur geringe Vorlauftemperaturen (z.B. für Fußbodenheizungen) benötigen.

    Wärmepumpen vs Ölheizung: Die Kosten

    Ein Problem stellen zweifellos die vergleichsweise hohen Investitionskosten für Wärmepumpen dar, die im Schnitt 2-3mal höher liegen als bei  Öl- oder Gasbrennern. Die Wartungskosten sind gegenüber Ölheizungen eher niedriger, stellen aber ohnehin nur einen relativ kleinen Posten dar.

    Auf der anderen Seite sind die Preisrisiken bei Ölheizungen langfristig weitaus höher: Bei Heizöl kann es jederzeit zu plötzlichen Preisexplosionen kommen, wenn sich Konflikte im Nahen Osten oder bei anderen großen Ölexporteuren zuspitzen sollten. Und langfristig wird Öl knapp und teuer. US-Schieferöl verschafft da nur eine kurze Verschnaufpause: Nach wie vor rechnen fast alle Ölexperten nach 2020 mit einer globalen Verknappung und deutlich steigenden Ölpreisen. Bei den Strompreisen jedoch liegen die steilen Zuwächse hinter uns. Die Vergütungssätze für neue PV- oder Windanlagen sind so niedrig, dass sie die EEG-Umlagesumme nur noch geringfügig erhöhen, während andererseits immer mehr stark geförderte EE-Anlagen der Vergangenheit aus der Förderung heraus fallen. Auch technologisch gilt: Die Förderung von Öl und Gas wird immer teurer, während die Kosten für Windstrom und Solarstrom immer weiter schrumpfen.

    Insofern stellen die höheren Investitionskosten von Wärmepumpen, die ein Haus über Jahrzehnte versorgen werden, auch eine Versicherungsprämie gegen mögliche Kostenexplosionen auf den Weltmärkten dar.

    Wie sieht es aber nun bei den Verbrauchskosten aus:

    Bis 2007 waren die örtlichen Grundversorger verpflichtet, spezielle Heizstromtarife für Wärmepumpen anzubieten. Doch seither steigen die Kosten steil an. Im Jahr 2000 mussten im Schnitt um die 7 ct/kWh gezahlt werden, heute sind es bei großen Schwankungen im Einzelfall im Schnitt 18-22 ct/kWh (ein Vergleich der Tarife ist seit kurzem bei Verivox möglich). Das liegt nicht mehr weit vom normalen Stromtarif entfernt. Erschwerend kommt beim Heizstrom hinzu, dass es in einer Region nur selten die Möglichkeit gibt, den Anbieter zu wechseln. Immerhin hat das Bundeskartellamt die Anbieter 2010 verpflichtet, mehr Informationen preiszugeben, die Märkte stärker zu öffnen und die Tarife im Einzelfall auch zu senken.

    Die Vergleichsrechnung bei den Verbrauchskosten ist relativ simpel. Gute Erdwärmepumpen haben eine JAZ von 4, gute Luftwärmepumpen eine JAZ von 3. Mittlerweile steht dem Markt eine Vielfalt moderner Konzepte mehrerer Hersteller zur Verfügung.

    Verbraucht man also z.B. 1500 Liter Heizöl pro Jahr in einem Einfamilienhaus, dann kostet das derzeit 1260 Euro. Für dieselbe Wärmemenge (15.000 kWh) braucht eine Wärmepumpe mit einer JAZ von 3,5 etwa 4.286 kWh. Das kostet bei einem Heizstromtarif von 21 ct/kWh  genau 900 Euro. Unterstellt man für die Wärmepumpe und den Ölbrenner eine Lebensdauer von 20 Jahren und konstante Energiepreise, dann summiert sich die Ersparnis (ohne Diskontierung) auf 7.200 Euro. Sollten die Ölpreise schneller steigen als die Strompreise, was recht wahrscheinlich erscheint, dann kann die Ersparnis rasch 10.000 Euro überschreiten.

    Es gibt immer wieder kritische Berichte über falsch eingestellte oder falsch dimensionierte Wärmepumpen, die höhere Kosten “als im Prospekt” erzeugen. Das ist im Einzelfall sicherlich zutreffend, stellt aber ein generelles Problem dar, unter dem Öl- oder Gasheizungen ebenso leiden (z.B. überdimensionierte Kessel, zu hohe Temperaturen, etc.). Allerdings stellen extrem kalte Tage ein Problem für Wärmepumpen dar: Die Effizienz sinkt dann drastisch bis zu dem Punkt, wo ggf. der eingebaute Heizstab unterstützend eingreifen muss.

    Energiepolitisches Fazit

    Die langfristigen Trends arbeiten für die Wärmepumpenbranche: Je mehr moderne Gebäude mit guter Dämmung und geringeren Anforderungen an die Vorlauftemperaturen entstehen, desto leichter lassen sich Wärmepumpen integrieren. Auch der Klimawandel und die immer milderen Winter – eine Ironie der fossilen Geschichte – helfen bei der Effizienz der Wärmepumpen, da eine geringere Temperaturdifferenz zwischen Umgebung und Innenraum den Wirkungsgrad der Anlagen überproportional verbessert.

    Aber eine Wärmepolitik, die nur auf Neubauten setzt, kann nur im Schneckentempo vorankommen. Zwei Missstände gilt es deshalb abzubauen:

    1. Nach wie vor ist die Abgabenbelastung für Erdgas und Heizöl weitaus niedriger als für den zukunftsweisenden Wärmepumpenstrom. Es gibt keine Chancengleichheit im Wärmemarkt. Die gegenwärtige Ausgestaltung der Energiesteuern blockiert die Wärmewende in den Heizkellern.

    2. Mehrere Millionen alter – im doppelten Sinne – fossiler Ölheizungen emittieren in oft schlecht gedämmten Bestandsbauten ungestört vor sich hin. Heizöl versorgt nach wie vor knapp 30% aller Wohnungen in Deutschland. Ein Sanierungskonzept für umwelt- und klimaschädliche Ölbrenner fehlt. Sie sollten sozial verträglich durch nachhaltigere Wärmekonzepte ersetzt werden, die sich zudem besser in zukunftsweisende Gesamtkonzepte der Energiewende integrieren lassen.

     


    Mehr zum Thema Wärmemärkte, Öl & Gas finden Sie in unserem monatlich erscheinenden Newsletter Global Energy Briefing.


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    Bildnachweis: Angela Stolle fotolia.com

  • GEB Nr.92: Der World Energy Outlook 2013 (Teil 2)

    In der aktuellen Ausgabe unseres Global Energy Briefing (Nr.92; 5. Jg.) stellen wir die Themen Öl und Gas im wohl einflussreichsten Energiebericht des Jahres vor: Den World Energy Outlook 2013 der IEA (Internationale Energieagentur).

    In dieser Ausgabe untersuchen wir auf 30 Seiten folgende Themen:

    • Ölnachfrage und Rolle einzelner Ölprodukte (Diesel, Benzin, LPG u.a.) bis 2035
    • Öl im Verkehr: Energieverbrauch im Verkehr bis 2035 – LKW-Verkehr wird wichtiger als PKW-Verkehr
    • Ölproduktion und Decline (Förderrückgang) in Ölfeldern
    • Die Shale-Oil-Blase in den USA: IEA warnt vor zu großem Optimismus
    • Kosten der Ölproduktion bleiben weitgehend stabil
    • Verschiebungen in der Raffineriebranche und im Ölhandel bis 2035
    • Erdgas: Entwicklung der Nachfrage und des Angebots bis 2035
    • Langfristige Entwicklung der Erdgaspreise in alternativen Szenarien
    • Rolle des unkonventionellen Erdgases in der Gasversorgung
    • Importabhängigkeiten bei Öl und Gas: 2013 und 2035
    • Fossile Reserven und Ressourcen: Öl, Gas, Kohle – wieviel ist noch da und wie lange reichen die Vorkommen?
    • Endet das fossile Zeitalter im 21. Jahrhundert durch Ressourcenerschöpfung?

     

     

    Weitere Links:

    Global Energy Briefing Nr.84 und Nr.85: Shale Gas Fracking – Potenzialgrenzen (Nr.84) und Folgen für Gaspreise und Investitionen (Nr.85)

    Global Energy Briefing Nr.86: Prognose der Ölpreise und Gaspreise; Wärmemarkt national; Benzinmarkt USA

    Global Energy Briefing Nr.88: Die Kosten fossiler Energieimporte

    Informationen:

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  • GEB Nr.91: Der World Energy Outlook 2013 (Teil 1)

    In der aktuellen Ausgabe unseres Global Energy Briefing (Nr.91; 5. Jg.) stellen wir den wohl einflussreichsten Energiebericht des Jahres vor: Den World Energy Outlook 2013 der IEA (Internationale Energieagentur).

    In dieser Ausgabe untersuchen wir auf 28 Seiten folgende Themen:

    • Methodische Stärken und Schwächen des WEO 2013; Diskussion um die energiepolitische Bedeutung des WEO 2013
    • Entwicklung der globalen Energienachfrage bis 2035
    • Entwicklung der globale Energieproduktion bis 2035
    • CO2-Emissionen: Länder und Energieträger
    • Langfristige Entwicklung der Energiepreise (Öl, Gas, Kohle) und Energiesubventionen weltweit
    • Wettbewerbsfaktor Energiepreise: Warum sind die Strompreise und Energiepreise in den USA doppelt so hoch wie in der EU?
    • Energieverbrauch der Privathaushalte und Wärmemarkt
    • Potenziale der Energieeffizienz
    • Die Rolle der Kohle im globalen Energiemix bis 2035
    • Die Rolle der Erneuerbaren Energien im globalen Energiemix bis 2035
    • Langfristige Trends im Stromsektor.

     

     

    Weitere Links:

    Global Energy Briefing Nr.84 und Nr.85: Shale Gas Fracking – Potenzialgrenzen (Nr.84) und Folgen für Gaspreise und Investitionen (Nr.85)

    Global Energy Briefing Nr.86: Prognose der Ölpreise und Gaspreise; Wärmemarkt national; Benzinmarkt USA

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  • Swiss Energy und Climate Summit 2013 – Energiewende, Fracking und Innovation in der Schweiz

    Am 11. und 12. September fand die wohl interessanteste energiepolitische Veranstaltung in der Schweiz statt, und zwar nur 50m vor dem schweizerischen Parlament in Bern: Die SwissECS 2013 (Swiss Energy and Climate Summit). Die räumliche Nähe zum politischen Zentrum der Alpenrepublik beflügelte auch die Teilnehmer, da die Regierung dort erst wenige Tage zuvor die “Energiestrategie 2050” vorgestellt hatte. Sie detailliert den Ausstieg der Schweiz aus der fossilen Energie und aus der Atomkraft (wenn auch ohne konkrete Abschalttermine). Dem Klimaschutz und dem Ausbau der erneuerbaren Energien in allen Sektoren gibt die Strategie einen klaren Vorrang.

    Auch in der bislang gas- und ölarmen Schweiz wächst das Interesse der Öl- und Gasindustrie, unkonventionelles Gas aufzusuchen und zu erschließen. Ich hatte daher die Gelegenheit, meine Bewertung von Fracking und Schiefergas in Europa vor 500 Zuhörern ausführlich vorzustellen und anschließend mit dem Präsidenten der Erdöl-Vereinigung der Schweiz, Dr. Rolf Hartl, zu diskutieren. Die Charts dazu sind übrigens frei erhältlich – Email genügt.

    Interessant war für einen deutschen Zuschauer die Erkenntnis, wie geschlossen Wirtschaft, Politik und Forschung in der Schweiz hinter dem Projekt der Energiewende stehen, bei allen Problemen, die ein solcher Übergang auch dort erzeugt. Die energiepolitischen Diskussionen waren durchaus kontrovers, aber ganz überwiegend konstruktiv und nicht so destruktiv, wie man es zur Zeit in Deutschland erleben muss.

    Ebenfalls spannend aus deutscher Sicht waren die zahllosen innovativen Ansätze (etwa die stationäre Liquid Metal Battery von Ambri/MIT), die viele Probleme der deutschen Energiewende als durchaus lösbar erscheinen lassen. Dazu passte bei dieser sehr gut organisierten Konferenz dann auch der anregende Eingangsvortrag von Thomas Friedman (New York Times), der seine Sicht auf die enorme globale Beschleunigung der Innovation durch neue Informationstechnologien vorstellte.

    Weitere Links:

    Speaker

    Videos und Charts der Vorträge

    Programm

     

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  • Syrien und der Ölpreis – Global Energy Briefing Nr.87

    In der aktuellen Ausgabe unseres Global Energy Briefing (Nr.87; 5. Jahrgang) finden Sie auf 34 Seiten folgende Themen:

    [bullets icon=”0234.png”]

    • Feature: Die Lage im Nahen Osten – welche Risiken birgt ein Militärschlag gegen Syrien für den Ölmarkt?
    • Weltenergiemärkte: Aktuelle Trends
    • Internationale Ölmärkte und Ölpreisentwicklung
    • Internationale Gasmärkte: Aktuelle Entwicklungen und Preise
    • Internationale Kohlemärkte: Aktuelle Trends und Preise
    • Energie in Deutschland: Übersicht
    • Feature: Wärmemarkt global – Wie  heizt/kühlt die Welt? Märkte & Trends (Teil 1)
    • China News: Die wichtigsten Neuigkeiten aus dem größten Energiemarkt der Welt

    [/bullets]

    Weitere Links:

    Global Energy Briefing Nr.84 und Nr.85: Shale Gas Fracking – Potenzialgrenzen (Nr.84) und Folgen für Gaspreise und Investitionen (Nr.85)

    Global Energy Briefing Nr.86: Prognose der Ölpreise und Gaspreise; Wärmemarkt national; Benzinmarkt USA

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  • “Fracking – Segen oder Fluch” Energy Hills Aachen

    Am 25. Juni diskutieren Dr. Steffen Bukold (EnergyComment, PFI) und Volker Klosowski (Vorstand TÜV Rheinland) über das Thema Fracking von Shale Gas. Der Vortrag von Volker Klosowski konzentriert sich auf die Analyse der technischen Risiken und die Möglichkeiten zur Risikominimierung beim Fracken von Shale Gas in Deutschland. Steffen Bukold legt den Schwerpunkt auf die ökonomische Relevanz und die energiepolitische Bewertung von Shale Gas. Der Eintritt ist frei.

    Gastgeber sind Prof. Dr. Ulrich Daldrup und Prof. Dr. Rik de Doncker von Energy Hills, dem größten grenzüberschreitenden Energie-Cluster in der Europäischen Union. Mitorganisator ist PFI-Mitglied Christoph Senz (Procom Aachen).

  • SRU-Stellungnahme zum Shale-Gas-Fracking: “Entbehrlich”

    SRU-Stellungnahme zum Shale-Gas-Fracking: “Entbehrlich”

    Die Wellen um Shale Gas und Fracking in Deutschland schlagen weiter hoch. Das gilt für die mittlerweile zahlreichen Bürgerinitiativen (kein-fracking.de), Lobby-Aktionen und Berliner Ressortrivalitäten gleichermaßen wie für die offizielle Politikberatung.

    Zur Vorgeschichte: Im letzten Jahr gerieten sich die Hannover BGR (Bundesanstalt für Geowissenschaften) und das Dessauer Umweltbundesamt in die Haare. Die BGR hatte die Potenziale für Schiefergas (Shale Gas) in Deutschland untersucht und dazu eine erste Untersuchung vorgelegt (Download-Link). Sie hält die Risiken des Fracking für beherrschbar, wenn bestimmte Verfahrensregeln eingehalten werden. Das sah das UBA kritischer. Die Risiken seien erst ansatzweise bekannt und müssten erst einmal ausführlich evaluiert und modelliert werden (Stellungnahme des UBA). Die BGR hält das UBA wiederum für überkritisch und fordert ein vorurteilsfreies und methodisch sauberes Herangehen. Ein Kongress im Juni soll weitere Einsichten bringen.

    Auch wir hatten unser Scherflein in den letzten Monaten beigetragen und ausführlich die produktionstechnischen, ökonomischen und energiepolitischen Perspektiven des Shale Gas Booms in den USA bewertet (Global Energy Briefing Nr. 82, 84 und 85).

    Erst vorgestern veröffentlichte die IEA in ihrem Bericht “Resources to Reserves 2013” neue Daten zum Thema. Auf 270 Seiten präsentiert die Internationale Energieagentur die neuesten Daten zu den Shale Gas und Shale Oil Ressourcen (sowie zur Versorgungslage für konventionelles Öl, Gas und Kohle). Wir werden die Ergebnisse dieser Studie im nächsten Global Energy Briefing (Nr.86, Mitte Juni) vorstellen.

    Aktuell: Heute hat sich auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen, kurz SRU oder „Umweltrat“ genannt, in die Debatte eingeschaltet. Das Expertengremium, bestehend aus mehreren Wissenschaftlern und dem Generalsektretär Christian Hey, berät die Bundesregierung seit 1971 zu umweltpolitischen Fragen.

    In der 56-seitigen Stellungnahme: „Fracking zur Schiefergasgewinnung – Ein Beitrag zur energie- und umweltpolitischen Bewertung“ (Download) kommt die SRU zu einer kritischen Gesamtwürdigung.

    1. Die Versorgungssicherheit wird nicht erhöht, die Gaspreise werden nicht gesenkt, der klimapolitische Effekt ist eher negativ und die ökologischen Schäden und Risiken sind nicht von der Hand zu weisen. 

    2. Die Mengen an förderwürdigem Schiefergas sind in Deutschland zu gering, um energiepolitisch relevant zu werden. Der SRU zitiert hier die o.g. BGR-Studie. Dabei könnte aus unserer Sicht noch angemerkt werden, dass die laut BGR gewinnbaren Schiefergasmengen in Deutschland (700-2300 Mrd. Kubikmeter – bcm), die ihrerseits nur etwa 10% des Gas-in-Place sind, nur einen theoretischen Wert darstellen. Die Praxis in den USA zeigt, dass langfristig nur etwa 20% des gewinnbaren Schiefergases tatsächlich gefördert wird. Die Maximalmengen für Deutschland, selbst bei einer flächendeckenden Erschließung weiter Teile Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens, reduzieren sich dadurch auf etwa 140-460 bcm (vgl. GEB Nr.84/85). Diese Mengen könnten den Gasbedarf Deutschlands nur für 1,5 bis 5 Jahre decken.

    3. Auch wird die Förderung von Shale Gas in Deutschland teuer sein. Die Erdgaspreise können in Deutschland folglich nicht fallen. Das ist in den USA anders. Niedrige US-Gaspreise verdrängen dort vor allem die Kohle. Niedrigere Kohlepreise bremsen dann wiederum in Europa das teure Gas aus. Der klimapolitische Effekt ist aus dieser Sicht also negativ. Auch hier könnte man noch hinzufügen, dass die engagierten Unternehmen v.a. auf einen hohen Anteil von Liquids (Öl, NGL) hoffen, der die Bilanz der Gasbohrung erheblich verbessern würde. Erst diese “Quersubventionierung” macht Fracking in Deutschland profitabel. Für die Verbraucher ändert sich dadurch allerdings nichts.

    4. Zudem könnten der Ausbau erneuerbarer Energien und Effizienzmaßnahmen durch Schiefergas verzögert werden, also die Energiewende gefährden. Der SRU schlägt daher „flankierende Maßnahmen“ vor wie z.B. höhere Preise für Emissionsrechte. Dadurch soll Kohlestrom wieder teurer werden. 

    5. Bei den besonders umstrittenen Umweltrisiken schlägt der SRU vor, das Vorsorgeprinzip anzuwenden. Fracking soll also zunächst einmal vorsorglich verboten werden, bis die Risiken ausreichend bekannt sind. Das gilt v.a. für den Schutz von Trink- und Grundwasser, für die Entsorgung des Flowback bzw. der Abwässer, die langfristige Dichtigkeit von Bohrlöchern und die Gefahren durch Unfälle.

    6. Klimapolitisch ist es laut SRU noch zu früh, um Schiefergas bewerten zu können. Die Ergebnisse der bisherigen Analysen liegen bei dieser Technologie, die ja erst seit wenigen Jahren massenhaft eingesetzt wird, noch zu weit auseinander.

    7. Der SRU tritt deshalb für Pilotprojekte ein, um weitere Daten sammeln zu können. Sie sollten jedoch außerhalb von Wasserschutzgebieten oder für das Trinkwasser relevanten Regionen stattfinden.

    FAZIT

    Die SRU-Stellungnahme bereichert die Fracking-Diskussion, indem sie energiepolitische und umweltpolitische Aspekte zusammenführt.

    Die entscheidenden Fragen sind aus unserer Sicht nämlich nicht, wie groß die möglichen Umweltschäden durch Shale-Gas-Fracking sind, oder welche Mengen mit welchem Aufwand in Deutschland förderbar wären.

    Entscheidend sind vielmehr die zwei umfassenderen Fragen,
    (a) welchen Beitrag Shale Gas leisten kann, die erklärten energiepolitischen Ziele des Landes zu erreichen – und
    (b) ob es andere Pfade gibt, mit denen das vielleicht weitaus schneller und verträglicher gelingen kann.

    Brauchen wir also Shale Gas? Hierauf gibt der Umweltrat (SRU) eine eindeutige Antwort in seiner Presseerklärung: Schiefergas sei „entbehrlich“.

    [pullquote]

    Im Ergebnis kommt der SRU hinsichtlich des Frackings zur Schiefergasförderung zu folgenden Schlussfolgerungen:

    – Fracking ist energiepolitisch nicht notwendig und kann keinen maßgeblichen Beitrag zur Energiewende leisten.

    – Fracking ist im kommerziellen Umfang derzeit wegen gravierender Wissenslücken nicht zuzulassen.

    – Fracking ist erst auf der Basis positiver Erkenntnisse aus systematisch zu entwickelnden Pilotprojekten verantwortbar.“ (aus der SRU-Studie)

    [/pullquote]

     

     

  • Protected: Kosten der fossilen Importabhängigkeit: …. Mrd. Euro in 2012

    Protected: Kosten der fossilen Importabhängigkeit: …. Mrd. Euro in 2012

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  • China Energy Briefing Nr.16

    Auszüge aus dem Inhalt des aktuellen China Energy Briefing (23 Seiten):

    1. Umwelt- und Klimaschutz: Energiepolitik von Xi und Li trifft auf Widerstand der Raffineriebetreiber  und Kohlekonzerne
    2. Verkehrspolitik: Neue Flottenvorgaben für Benzin- und Dieselverbrauch
    3. Windenergie: Der Regen machts möglich – Wind liegt erstmals vor Kohle
    4. Wassermangel kostet Kohlekonzerne 20 Mrd. Dollar
    5. NEA mit neuem Direktor: Wu Xinxiong
    6. Tankstellenmarkt: Freie Tankstellenbetreiber unter Druck nach Gesetzesänderung
    7. Rohölbörse in China soll Nymex und ICE Paroli bieten
    8. Benzin- und Dieselverbrauch wieder auf Rekordkurs
    9. Petrochemie: Autarkie in Sicht
    10. Neue Gaspolitik: Netback statt Cost-plus soll Sektor beleben
    11. LNG-Rekordpreise fallen wieder
    12. Shale Gas mit Hindernissen / CBM-Förderung enttäuscht
    13. Windenergie: Zahlen für 2012 / Netz überlastet / Peking verhängt Ausbaustopp in einzelnen Provinzen
    14. Solarenergie: Neuer Ansatz für PV-Förderung
    15. Elektromobilität: Neuer Subventionsschub
    16. Elektromobilität: E-Bikes belasten globalen Bleimarkt / Recycling wird ausgebaut
    16. Verkehrswirtschaft: LKW mit LNG-Antrieb breiten sich rasant aus
    17. Energieeffizienz: Green Label für Einzelhandelsprodukte wird eingeführt
    18. ETS: Einführung des Carbon Trading wird verschoben
    19. Erdgasimporte: Endlos-Verhandlungen mit Russland ein Schritt weiter
    20. Ölimporte: China wird Deutschland als größten Importeur russischen Öls ablösen
    21. Auslandsakquisitionen chinesischer Energiekonzerne: CNPC in Mosambik, Ölexport aus Afghanistan
    22. LNG und Gaspreise in China und Südasien: Vorschläge der IEA für Erdgas-Hub

    Möchten Sie das monatlich erscheinende China Energy Briefing abonnieren? Informationen gibt es hier:
    bukold@energycomment.de oder Tel. 040/20911848. Das Abo ist kostenpflichtig. Der Preis richtet sich nach dem Abonnententyp (Einzelabo, Organisation/Firma, Großunternehmen/Großorganisationen).

     

  • Stoppt Fracking die Energiewende?

    Ein Interview von Kathrin Hondl mit Steffen Bukold (EnergyComment) zu den Chancen regenerativer Energiepolitik im Zeitalter von Schiefergas und Schieferöl: Mediathek.

  • Wachstum ohne Öl – Transportwirtschaft und Energiepolitik

    Tagung der Evangelischen Akademie Berlin (Dr. Michael Hartmann) in Kooperation mit der Mobilitätsinitiatve moin (Eckhart Kuhla, PFI)  am 8./9. März 2013. Hintergrund der Tagung war die aktuelle Erarbeitung einer neuen Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie (MKS) durch die Bundesregierung: Wie soll sich, wie wird sich der Güterverkehr bis 2050 entwickeln. Welche Konzepte hat die staatliche Energiepolitik? Wie können die Ziele der Energiewende erreicht und die Risiken einer Ölverknappung vermieden werden? 

    Wir diskutierten in einem weiten inhaltlichen Bogen über die Risken und Potenziale fossiler und postfossiler Mobilität: Von den kulturellen Aspekten des (Verkehrs-)Wachstumsmodells, über grundlagende Aspekte postfossiler Mobilität, Klimaschutz,  die aktuelle Energiepolitik bis hin zu Preisrisiken der Ölversorgung und speziell des Dieselmarktes und praktischen neuen Konzepten für den kombinierten Verkehr LKW/Schiene und die Seeschiffahrt.

    Die Referenten und Zuhörer kamen aus der Transport- und Energiewirtschaft, aus Wissenschaft & Forschung, aus Ministerien und aus Mobilitätsinitiativen. Das PFI (Postfossil Institut Hamburg) war durch Eckhard Kuhla und Steffen Bukold vertreten.

    Auszüge dem Programm:

    Eröffnung – Dr. Michael Hartmann; Evangelische Akademie zu Berlin

    Einführung: Anlass der Tagung, Einordnung des Themas „Übergang“ – Eckhard Kuhla, Mobilitätsinitiative „moin“ , Syke

    Impulsvortrag: Wachstum, Wirtschaft, Gesellschaft und das Erdöl („Easy Oil“) – Prof. Dr. Harald Welzer, FUTURZWEI. Stiftung Zukunftsfähigkeit, Berlin

    Güterverkehr aus Sicht des Klimaschutzes – Dr. Axel Friedrich, Berlin

    Globale Logistik in der Nachölzeit – Andreas J. Hübscher, Projektleiter, Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik, Bremen

    Zur Energiewende gehört die Verkehrswende – Jörg Schindler, ASPO Deutschland e. V., Mobilitätsinitative „moin“ , Neubiberg

    Perspektiven aus Sicht der Raumentwicklung – Gerd Würdemann, Mobilitätsinitative “moin“, ehem. Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Niederkassel

    Der LKW: unsere Zukunft? – Karl Michael Fischer, Geschäftsführer, LKZ Prien GmbH (Logistik Kompetenz Zentrum), Prien am Chiemsee

    Der Diesel: ein Knappheits- und Preisproblem (Tendenzen auf den internationalen Kraftstoffmärkten) – Dr. Steffen Bukold, energycomment, Hamburg

    Politisches Handeln: „Bleibt alles anders?“ Energiewende und Kraftstoffverfügbarkeit – Ministerialrat Frank Bonaldo, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Berlin

    Nationales Entwicklungsprogramm LKW-Verkehr – Vorstellung der Thesen – Eckhard Kuhla, Mobilitätsinitative “moin“

    Der LKW im Spannungsfeld zwischen ökologischen und ökonomischen Herausforderungen – Prof. Dr. Karlheinz Schmidt, Geschäftsführendes Präsidialmitglied,

    Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e. V, Frankfurt am Main

    Streitgespräch – Zukunft ohne Öl? – Greenwashing oder nachhaltigen Wandel einleiten? Prof. Dr. Karlheinz Schmidt, Geschäftsführendes Präsidialmitglied, Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung e. V, Frankfurt am Main &  Jörg Schindler, ASPO Deutschland e. V., “moin“, Neubiberg

    Hier geht es zum Veranstalter und zur Webseite der Veranstaltung.

  • EIPIX – Was kosten die Importe von Öl, Gas und Kohle?

    EIPIX – Was kosten die Importe von Öl, Gas und Kohle?

    Letzte Aktualisierung: 2. März 2013

    Unser EIPIX (Energieimportkosten-Index) erfasst die Kosten der fossilen Energieimporte Deutschlands auf monatlicher Basis. Er wird monatlich aktualisiert auf Basis der aktuellsten verfügbaren amtlichen Daten.

    Dezember 2012:

    •  Ölimporte (abzgl. der Produktexporte) kosteten  5,1 Milliarden Euro

    •  Erdgasimporte 2,6 Mrd. €

    •  Die Einfuhr von Steinkohle knapp 0,2 Mrd. €.

    Insgesamt mussten für die deutschen fossilen Energieimporte im Oktober 2012 7,8 Mrd. € aufgewendet werden, also deutlich weniger als im Vormonat.

    Das zweite Schaubild vergleicht die Kosten der deutschen Nettoimporte fossiler Energieträger (Öl, Gas, Kohle) und das deutsche BIP. Derzeit müssen 3,5 % des deutschen BIP aufgebracht werden, um die fosssilen Energieimporte zu finanzieren. Das sind 0,4 Prozentpunkte weniger als im Vormonat. 

    EIPIX Energie-Importkostenindex 2000 bis Dez. 2012

    energie-importkosten-deutschland-bis-dezember-20121

    EIPIX Energieimportkostenindex 2000 bis Dez. 2012

    BIP-Anteil der monatlichen deutschen Nettoimporte fossiler Energieträger
    (Rohöl/Ölprodukt, Erdgas, Steinkohle)

    energie-importkosten-deutschland-anteil-am-BIP-bis-dezember-20121

     

     

    Methodische Einschränkungen:
    Die offiziellen Steinkohlenimporte und Steinkohlenpreise werden nur auf Quartalsbasis und mit zweimonatiger Verspätung erfasst. Wir nehmen eine Gleichverteilung über drei Monate an und schätzen Verbrauch und Preise auf der Grundlage aktueller Marktdaten bis die offiziellen Daten vorliegen. Bei den Öl/Ölproduktimporten handelt es sich um Nettoimporte, also abzüglich der Exporte von Ölprodukten. Bei den Erdgasimporten sind bestimmte Spotmarktimporte unterrepräsentiert, da sie nicht erfasst werden. Das tatsächliche Preisniveau liegt vermutlich im Moment etwas niedriger als hier auf Basis der Bafa-Daten dargestellt (Näheres hier).
    Für die Erdgaskosten sind die rückwirkenden Änderungen des Bafa vom Okt.2012 eingearbeitet worden. 

     

  • Schiefergas/Fracking: Regierung einigt sich auf Verordnungsentwurf

    Das Handelsblatt meldet unter Berufung auf nicht näher bezeichnete Regierungsquellen, dass sich Bundesumweltminister Altmaier und Bundeswirtschaftsminister Rösler darauf verständigt haben, das chemisch unterstützte Fracking zur Förderung von Schiefergas unter bestimmten Auflagen zu genehmigen.

    Eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll bei neuen Vorhaben vorgeschrieben werden. Zudem soll Fracking in Trinkwasserschutzgebieten verboten werden.

    Hinweis: Die kommende Ausgabe unseres “Global Energy Briefing” wird die geologischen und technischen Hintergründe sowie die ökonomischen Folgen von Shale Gas und Shale Oil in einer Sonderausgabe darstellen und ausführlich analysieren.

  • Dänemark verbietet Ölheizungen ab 1.1.2013

    Dänemark hat sich angesichts der steigenden Heizölpreise zu weitreichenden Schritten in der Wärmepolitik durchgerungen:

    Ab 1.1.2013 sind keine Ölbrenner mehr in Neubauten erlaubt; ab 2016 darf es auch keine Neuinstallation/Modernisierung von Ölbrennern im Bestand geben, wenn Alternativen zur Verfügung stehen.

    Details finden Sie hier in dieser Blogmeldung von Ecoquent. Das vorbereitende Policy Paper des dänischen Ministeriums finden Sie hier.

  • World Energy Outlook 2012 der IEA

    Gestern erschien der neue “World Energy Outlook” (WEO) der Internationalen Energieagentur (IEA). Er gilt als “Bibel” und “Fibel” der internationalen Energiepolitik und Energieforschung. In einzelnen Kapiteln werden die längerfristigen Trends im Ölmarkt, Gasmarkt, Kohlemarkt, Strommarkt und den Märkten für Erneuerbare Energien dargestellt. Hinzu kommen Sonderthemen, wie z.B. die Situation im Irak, die Potentiale der Energieeffizienzpolitik, der Ölpreis u.v.m.

    Eine ausführliche Darstellung und Bewertung gibt es demnächst in unserem Global Energy Briefing Nr.79 sowie – aus chinesischer Perspektive – in unserem China Energy Briefing Nr.13.

    Eine kostenlose, leider sehr knappe Zusammenfassung des IEA-Berichts in verschiedenen Sprachen gibt es hier auf der IEA-Webseite. Das Irak-Kapitel erschien bereits im Oktober.

    Der Gesamtbericht ist für 120€ als PDF bzw. 150€ als Buch bei der IEA hier erhältlich. Universitäten und NGOs erhalten 30% Rabatt.

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    Die Eigenbeschreibung des Berichts:

    “Der World Energy Outlook 2012 ist Pflichtlektüre für alle
    Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik sowie alle
    gesellschaftlichen Akteure mit Interesse an der Energiewirtschaft. Er
    enthält richtungsweisende Projektionen der Energietrends bis 2035 und
    gibt Aufschluss darüber, was diese Trends für die Versorgungssicherheit, die
    ökologische Nachhaltigkeit und die wirtschaftliche Entwicklung bedeuten.
    Analysiert werden alle Energieträger – Öl, Kohle, Erdgas, erneuerbare Energien
    und Kernenergie –, wobei auch aktualisierte Informationen zu Fragen des
    Klimawandels geliefert werden. Weltenergieverbrauch und -produktion,
    Handel, Investitionen und CO2-Emissionen werden nach Regionen bzw. Ländern,
    Energieträgern und Sektoren aufgeschlüsselt.
    Folgende strategische Fragestellungen werden behandelt:
    – Die Auswirkungen der Realisierung des wirtschaftlichen
    Energieeffizienzpotenzials, Land für Land und Sektor für Sektor, auf die
    Energiemärkte, die Wirtschaft und die Umwelt.

    – Die Energiewirtschaft des Iraks, sowohl hinsichtlich ihrer Bedeutung für die
    Deckung des inländischen Energiebedarfs, als auch ihrer entscheidenden Rolle
    für die weltweite Öl- und Gasversorgung.

    – Der Themenkomplex Wasser und Energie unter dem Blickwinkel
    zunehmend knapper Wasserressourcen und wachsender Konflikte über
    den Zugang zu Wasser.

    – Fortschrittsindikatoren auf dem Weg zur Verwirklichung des Zugangs zu
    modernen Energiedienstleistungen für alle.

    Vieles ist noch ungewiss; viele Entscheidungen können jedoch nicht
    aufgeschoben werden. Der World Energy Outlook 2012 liefert wertvolle
    Erkenntnisse für die, die unsere zukünftige Energieversorgung
    gestalten müssen.”

    [divider]

    Und die Inhaltsübersicht:

    iea-inhaltsverz

  • Energiepolitik, Energiepreise und Energiemärkte weltweit: Global Energy Briefing Nr.78

    Unser monatlicher Newsletter Global Energy Briefing Nr.78 ist erschienen. Auf 38 Seiten informiert er über die internationalen Energiemärkte und Energiepolitik:

    Globaler Überblick: Energiepolitik und Energiemärkte S.2-4

    Feature Öl im Irak S.5-11

    Feature Ölmarkt 2012-2017 S.12-16

    Ölpreis und Ölpolitik aktuell: Rohölpreis, Ölpreisspekulation, Ölmarkt, Ölnachfrage, Ölangebot, Ölpolitik, Raffineriemargen, Ölpreisprognose, Peak Oil Barometer (akt.) S.17-29

    Erdgasmärkte und Erdgaspolitik S.29-30

    Kohlemärkte und Kohlepolitik S.31-33

    Energie in Deutschland S.34-35

    Verbraucherpreise in der EU S.36-37

    Nähere Informationen zum Abonnement können Sie hier anfordern: bukold@energycomment.de oder Tel. 040/2o911848

    Screenshots:

    Global-Energy-Briefing-Nr.78-Teil-1

    Global-Energy-Briefing-Teil-2

  • Wie funktionieren Städte ohne Öl: Zweiter Workshop “Dresden auf Entzug”

    Während sich die Berliner Energiepolitik zur Zeit darin erschöpft, die Energiewende im Stromsektor abzubremsen, bereiten sich immer mehr Kommunen auf den Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter vor. Beim Strom geschieht das freiwillig, aber wie sieht es beim Öl aus?

    Wie sollten Städte und Kommunen langfristig auf eine drohende Ölverknappung reagieren? Was passiert, wenn der Ölpreis, die Tankstellenpreise und die Heizölpreise im selben Tempo wie bisher steigen?

    Welche Folgen hat das für das für die Standortqualität, die Verkehrsplanung, die Grundstückspreise oder die Wirtschaftsstruktur, wenn die automobile Mobilität für große Teile der Bevölkerung unerschwinglich werden sollte?

    Diesen Fragen geht das Büro für Regionalentwicklung unter der Leitung von Norbert Rost (www.peak-oil.com) bereits seit Jahren nach. Schon im Frühjahr platzte seine erste Veranstaltung “Dresden auf Entzug” aus allen Nähten. Grund genug, diese Themen am 8. November in Dresden ein zweites Mal in einem größeren Rahmen zu vertiefen. Städtische Behörden, Stadtforscher und Praktiker präsentieren die Problematik aus ihrer Sicht.

    Weitere Informationen finden Sie im Flyer-Dresden-auf-Entzug-2 sowie hier.

    dresden-auf-entzug

  • Öl im Irak – Perspektiven einer neuen Ölsupermacht

    Gehen wir 9 Jahre in der Zeit zurück: 2003. Die USA und einige Verbündete erobern unter fingiertem Vorwand den Irak. Schon nach wenigen Wochen ist der Feldzug entschieden. Der Ölmarkt bleibt nervös, denn eine wahre Ölflut und steil fallende Ölpreise werden nun für die nächsten Jahre erwartet. Das alte Mesopotamien verfügt über große Ölfelder und umfangreiche Ölreserven, die nach zwanzig Jahren Krieg und Sanktionen erst ansatzweise erschlossen wurden. Die Experten erwarteten einen steilen Anstieg der Produktionsmengen von 2 mb/d (Millionen Barrel pro Tag), auf 6 mb/d und in dann sogar 12 mb/d, was den Irak zum wichtigsten Ölproduzenten der Welt gemacht hätte. Marktwirtschaft und Demokratie sollten einen Investitionsboom auslösen, der die ganze Region des Nahen Ostens erfassen würde.

    Karte-Irak

    Quelle: IEA Iraq Energy Outlook 2012

    Soweit die Theorie. Es kam bekanntlich anders: (more…)

  • Japan steigt aus Atomenergie aus

    Späte Einsicht, aber immerhin: mehr dazu bei Reuters. Für die nächsten Jahren bedeutet das anhaltend hohe Importe von Öl, LNG (Flüssiggas) und Kohle.

    Rohöl und Fuel Oil werden in Japan nach wie vor in großem Umfang zur Stromerzeugung verfeuert. Da der Aufbau erneuerbarer Energien dauern wird – auch wegen des hinhaltenden Widerstands der starken Versorger und der mangelhaften Integration des Stromnetzes – ist dieser Schritt Wasser auf die Mühlen derjenigen Experten, die sowohl bei Öl als auch bei Gas mit steigenden Weltmarktpreisen rechnen.

    (Einen ausführlichen Bericht zur japanischen Energieversorgung im Jahr 2011 finden Sie im “Global Energy Briefing Nr.59“).

     

  • EIPIX aktualisiert: Kosten für deutsche Energieimporte fallen erneut

    Die Kosten für die deutschen Importe fossiler Energieträger sind auch im Juni gefallen.

    •  Die Ölnettoimporte kosteten im Juni 2012 5,2 Milliarden Euro

    •  Die Erdgasimporte kosteten 2,0 Mrd. €

    •  Die Einfuhr von Steinkohle kostete 0,2 Mrd. €.

    Insgesamt mussten für die fossilen Energieimporte im Juni 2012 7,4 Mrd. € aufgewendet werden. Das sind 0,7 Milliarden Euro weniger als im Vormonat und 1,4 Milliarden Euro weniger als im Februar, der bisher das Jahreshoch markiert.

    Das untere Schaubild vergleicht diese Kosten und das deutsche BIP. Die Importkosten entsprechen zur Zeit 3,4 % des deutschen BIP. Das sind 0,3 Prozentpunkte weniger als im Mai. Im Februar mussten noch 4,1% des BIP aufgewendet werden.

    EIPIX-Juni-2012-energieimportkostenindex

    Methodische Anmerkungen: hier 

  • Verbraucherschutz und Energiepolitik – Handlungsbedarf überall

    Im Energiemarkt steht fast überall eine kleine Anzahl von Anbietern und Großkunden einer sehr großen Zahl von Verbrauchern oder Einzelhändlern gegenüber. Eine Asymmetrie der Marktmacht, die nicht nur in Deutschland die Behörden und Verbraucherschützer beschäftigt. Gleich drei Sektoren sind jetzt in der öffentlichen Diskussion.

    Fernwärme:
    Elf Anbieter sind unter Verdacht, überhöhte Preise zu verlangen. Das Bundeskartellamt ermittelt, wie die Stiftung Warentest berichtet.

    Strom:
    Fallende Einkaufskosten für Strom werden nicht weitergereicht. Gewerbliche Großkunden werden systematisch gegenüber privaten Haushalten bevorzugt. Die Preisschere klafft immer weiter auseinander und erhöht die Kosten der Energiewende, wie eine Studie der Grünen belegt.

    Öl:
    Eine Handvoll Raffinerien und Mineralölkonzerne, Hunderte von Händlern, Tausende von Tankstellen, Millionen von Heizölkunden und Autofahrern. Nicht gerade ein “level playing field”. Das Bundeskartellamt war und ist aktiv, um den möglichen Missbrauch von Marktmacht zu untersuchen. Eine Studie der Grünen zeigte im Frühjahr eine massive Ausweitung der Margen.

    In der Energieversorgung sind aktiver Verbraucherschutz und starke Wettbewerbsbehörden unverzichtbar. Eine einseitige Angebotsorientierung der Energiepolitik erhöht die Kosten und verringert die Akzeptanz energiepolitischer Maßnahmen. Wir werden die zuständigen Minister Aigner, Rösler und Altmaier daran messen, wie sie die Waagschalen wieder ins Gleichgewicht bringen.
  • Transition Town Konferenz 21.-23. September in Witzenhausen

    Weitgehend unbemerkt von den Mainstream-Medien ist eine weltweite Grassroots-Bewegung entstanden, die sich auf eine Welt ohne Öl vorbereitet. Auch in Deutschland entstehen immer mehr lokale Initiativen, die unter dem Namen Transition Town regionale Selbstversorgung organisieren und die dafür notwendigen Fertigkeiten in einem ganzheitlichen Konzept vermitteln.

    Vom 21. bis 23. September finden nun schon die dritte deutschsprachige Transition Town Konferenz in Witzenhausen statt, dem geografischen Mittelpunkt Deutschlands.

    Nähere Informationen:
    – eine aktuelle Einordnung auf Peak-oil.com (Norbert Rost)
    Details und Anmeldung zur Konferenz
    – Hintergründe zur  Transition Town Bewegung sowie eine Liste deutscher TT-Initiativen auf Wikipedia.

  • EIPIX aktualisiert: Was kosten unsere fossilen Energieimporte?

    Unser EIPIX (Energieimportkosten-Index) erfasst die Kosten der fossilen Energieimporte Deutschlands auf monatlicher Basis.

    Für den MAI 2012 ergeben sich folgende Werte:

    •  Die Ölimporte (abzgl. der Produktexporte) kosteten im Mai 2012 5,3 Milliarden Euro

    •  Die Erdgasimporte 2,6 Mrd. €

    •  Die Einfuhr von Steinkohle 0,2 Mrd. €.

    Insgesamt mussten für die deutschen fossilen Energieimporte im Mai 2012 8,1 Mrd. € aufgewendet werden. Das sind 0,5 Milliarden Euro weniger als im März 2012.

    (more…)

  • Chinesische Energiepolitik – eine Einführung

    shanghaiFoto: Shanghai (Artifan/Shutterstock)

    Der Aufstieg Chinas ist das bedeutendste wirtschaftspolitische Phänomen unserer Zeit. Nie zuvor in der Geschichte ist eine große Volkswirtschaft so rasant gewachsen. In den letzten sieben Jahren hat sich der Energieverbrauch verdoppelt, so dass China heute 20% der Energie weltweit verbraucht und 25% der CO2-Emissionen erzeugt.

    Im Jahr 2009 überholte das Reich der Mitte die USA als weltgrößter Energiekonsument und Güterproduzent – eine Position, die es bis ins 19. Jahrhundert innehatte, bevor es zunächst von Großbritannien und dann von den USA abgelöst wurde.

    Thesen

    China ist zum Dreh- und Angelpunkt der internationalen Energieversorgung geworden. Vor diesem Hintergrund will dieser Artikel drei Punkte deutlich machen:

    1. Über die Energiepreise und die Versorgungssicherheit Europas wird nicht mehr in erster Linie in Berlin, Brüssel, Washington, Riad oder Moskau entschieden, sondern in China.
    2. Die chinesische Energiepolitik agiert einerseits unter komplexeren wirtschaftspolitischen Zwängen, hat aber andererseits noch mehr technologische Entwicklungsoptionen als Europa und die USA. Jeder Kurswechsel in China wird sich global überproportional bemerkbar machen, sowohl beim Energiemix als auch bei den Technologiepfaden, z.B. im Automobilsektor.
    3. China und die EU stehen in den kommenden Jahrzehnten vor ähnlichen Herausforderungen, während die USA zusammen mit Kanada nahezu energieautark wird. Eine Regionalisierung der globalen Energieversorgung bahnt sich an, die vor dem Hintergrund knapper Energieressourcen eine verstärkte Kooperation zwischen der EU und Peking erfordert.

    China als Dreh- und Angelpunkt der globalen Energieversorgung

    Einige wenige Zahlen sollen den Stellenwert Chinas in der Energie- und Klimapolitik verdeutlichen. Selbst unter optimistischen Annahmen entfallen in den kommenden 25 Jahren auf China:(1)

    • – 36% des zusätzlichen Primärenergieverbrauchs der Welt
    • – 90% des zusätzlichen globalen Kohleverbrauchs
    • – 90% der zusätzlichen globalen Ölimporte und
    • – 57% des zusätzlichen globalen Ölverbrauchs
    • – 40% der zusätzlichen globalen Gasimporte und etwa
    • – 22% des zusätzlichen globalen Gasverbrauchs
    • – 58% der zusätzlichen CO2-Emissionen.

     

    Die Risiken fossiler Energieversorgung (Öl, Gas, Kohle) sind in den letzten Jahren nicht nur aus Sicht des Klimaschutzes stark gestiegen. Sie erzeugen zwar nach wie vor 87% der globalen Primärenergie (2), aber bei Öl und Kohle, in einigen Jahren auch bei Gas, fehlen Puffer und freie Kapazitäten, um unerwartete Störungen auffangen zu können. Die Preissprünge bei Öl und bei Kesselkohle waren erste Vorläufer der angespannten Versorgungssituation.

    Dies wird von Jahr zu Jahr deutlicher werden, da Chinas Volkswirtschaft trotz ihrer Größe immer noch dynamisch wächst und Engpässe erzeugt. Plötzliche massive Dieselimporte, stark schwankende Kohleimporte und spekulatives Horten bei Preisverzerrungen sind typische Beispiele. Noch relevanter sind jedoch die längerfristigen Unsicherheiten:

    China und Erdöl

    Ironie des Fortschritts: In den überlasteten Großstädten Chinas bewegen sich die PKW genauso langsam wie die Fahrräder in der Mao-Ära. Verkehrspolitik und Städtebau zementieren die Ölnachfrage der Zukunft.

    Der Schwerpunkt liegt nach wie vor beim Ausbau der Straßen und Flughäfen. Viele Städte wuchern planlos ins Umland, was die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel erschwert. Der Weg zur automobilen Gesellschaft ist vorgezeichnet. Die Zahl der PKW hat sich in den letzten drei Jahren auf etwa 40 Millionen verdoppelt, aber noch immer ist die PKW-Dichte 12mal niedriger als in Europa.

    Es ist jedoch praktisch ausgeschlossen, dass die globale Ölförderung jemals für eine volle Industrialisierung und Mobilisierung Chinas nach westlichem Modell ausreicht. Ein Bieterwettstreit wäre unvermeidlich, mit schwer kalkulierbaren außenpolitischen und ökonomischen Risiken.

    Vor diesem Hintergrund wird in Peking überlegt, ob und wie sich der Ölbedarf schneller “deckeln” lässt, denn Ölmangel könnte zur Achillesferse der Wirtschaftsentwicklung werden. Die Zentralregierung setzt u.a. auf ein landesweites Schnellbahnnetz, das bereits heute einigen Fluglinien das Leben schwer macht.

    Auch andere Faktoren werden dafür sorgen, dass der westliche Mobilitätsweg nicht einfach kopiert wird:

    1. Der Fahrzeugpark ist sehr modern und die Benzinpreise sind hoch (höher als in den USA, niedriger als in Westeuropa).

    2. In vielen Städten bringt der PKW weder Zeitnoch Kostenvorteile. Einige Metropolen verzögern bereits die Zulassung von Fahrzeugen, weil die Infrastruktur überlastet ist und aus Platzgründen auch nicht weiter ausgebaut werden kann.

    3. Die extreme Einkommensungleichheit behindert das Wachstum des automobilen Mittelstands, der für Europa und die USA prägend ist.

    4. Elektro-Zweiräder sind bereits weit verbreitet. Ihre Zahl wird auf über 100 Millionen geschätzt. Auch Elektro-PKW werden in einigen Jahren auf den Markt drängen.

    4. Gekühltes Flüssiggas (LNG) eignet sich für schwere LKW, Busse und Binnenschiffe. Ähnlich wie die „Teapot“-Kleinraffinerien für Öl gibt es in China eine wachsende Zahle von LNG-Minianlagen. Interessante Märkte sind insbesondere die Flussschiffahrt auf dem Yangtze und Fischereiboote entlang der Küste.

    5. Die Küsten- und Binnenschiffahrt kann aufgrund geografischer Vorteile erhebliche Marktanteile im Güterverkehr auf sich ziehen.

    Es wäre also denkbar, aber keineswegs sicher, dass sich das Wachstum der Ölnachfrage in China, die aktuell bei 9,5 Millionen Fass pro Tag liegt, in absehbarer Zeit verlangsamt. Nimmt man beispielsweise an, dass sich der zukünftige chinesische Ölkonsum pro Kopf bei einem Drittel des aktuellen deutschen Durchschnittswertes stabilisiert, dann kommt man auf einen Gesamtverbrauch von 13-14 Millionen Barrel pro Tag. Das läge weit unter den bisherigen Mainstream-Prognosen.

    China und Erdgas

    China verbraucht derzeit mit 100 bcm ungefähr so viel Erdgas wie Deutschland. Das entspricht knapp 5% seines Energiemixes. Schon 2015 könnte der Verbrauch bei 250 bcm liegen, 2030 bei 450-500 bcm. Der politisch erwünschte Gasboom soll sich aus eigenen Erdgasquellen, LNG-Importen und Pipelinegas aus Russland und Turkmenistan speisen.

    Die Gasimporte könnten so rasch ansteigen, dass ein großer Teil der russischen, zentralasiatischen, australischen und indonesischen Gasexporte von China absorbiert werden. Erdgas wird dann global teurer und könnte innerhalb weniger Jahre für Westeuropa preislich unattraktiv werden.

    Einige Experten rechnen jedoch mit einer anhaltenden globalen „Gasschwemme“ und dauerhaft niedrigen Gaspreisen. Die Erschließung von Shale Gas (Schiefergas) und CBM (Kohleflözgas) könnte Erdgas über Jahrzehnte hinweg preislich attraktiv halten und damit sowohl der Kohle als auch den Erneuerbaren Energien Marktanteile abnehmen. Auch hier spielt China eine Schlüsselrolle.

    Der Umfang der zukünftigen Gasimporte ist letztlich nicht vorhersehbar, da er politisch entschieden wird. Die chinesischen Schiefergasvorkommen sollen ähnlich umfangreich sein wie in den USA.(3) Hinzu kommen enorme Mengen an Flözgas aus den zahllosen Kohlebergwerken. Aber noch ist unklar, wieviel davon tatsächlich förderwürdig ist und wie schnell die Produktion ausgebaut werden kann. Die CBM-Förderung ist noch relativ gering und für Shale-Gas-Projekte laufen die ersten Ausschreibungen. Schon kleinere Abweichungen von den Planzielen werden die globale Versorgungsbilanz und die Erdgaspreise massiv beeinflussen.

    China und Kohle

    Kohle dominiert in Chinas Energiemix aus naheliegenden Gründen: Sie ist billig und reichlich vorhanden; der Bau von Kohlekraftwerken ist tausendfach erprobt und rasch möglich. Viele Provinzen verfügen über eigene Vorkommen.

    Schon kleine Störungen im riesigen chinesischen Binnenmarkt, etwa durch eine Überlastung der Schienentransporte oder Verzerrungen im Preissystem, führen zu enormen Schwankungen des Importbedarfs. Das vergangene Jahr gab einen ersten Vorgeschmack, als der Import im Handumdrehen ein Volumen erreichte, das dem gesamten Kohleverbrauch Deutschlands entsprach.

    Auch längerfristig ist die Lage unübersichtlich. Zwar werden sehr große Kohlereserven im Westen und Nordwesten vermutet, aber die Geschwindigkeit der Erschließung ist unklar. Zahlreiche neue Kohleminen sind im Bau, so dass vor 2015 wohl keine Engpässe bei der Förderung zu erwarten sind. Viele Experten gehen davon aus, dass die Förderung in den nächsten zwei Jahrzehnten sogar um weitere 50% gesteigert werden kann.

    Mittelfristig stehen dafür die großen Kohlevorkommen in der Inneren Mongolei und auch in der westlichen Provinz Xinjiang zur Verfügung. Die Förderung in Xinjiang könnte nach chinesischen Schätzungen von 100 Millionen auf 1000 Millionen Tonnen pro Jahr ausgebaut werden. Xinjiang wäre dann der größte Kohleproduzent der Welt.

    Der Transport der Kohle zu den Verbrauchszentren ist allerdings aufwendig, da die Schienenkapazitäten ausgebaut werden müssen. Eine größere Verbindung soll 2013 die Arbeit aufnehmen. Ergänzend werden die Verstromung vor Ort und leistungsfähige Übertragungsnetze geplant. Der Wassermangel in Xinjiang stellt jedoch ein großes Hindernis für diese Strategie dar.

    Eine schnelle Erschließung in Xinjiang könnte die Weltkohlepreise drücken. Umgekehrt: Eine langsame Entwicklung würde dafür sorgen, dass viele ostchinesische Kraftwerksbetreiber und Stahlwerke auf billigere Importe zurückgreifen – mit entsprechenden Folgen für die Weltkohlepreise. Auch hier gilt also, dass die Weltenergiepreise von China abhängen.

    China und die Verkehrstechnologie der Zukunft

    Auch technologisch wird China viele Trends vorgeben. Das Land ist verkehrspolitisch flexibler als der Westen, da noch nicht alle Weichen gestellt sind.

    Größe und Geschwindigkeit der chinesischen Investitionen bedeuten, dass dort die Lead Markets entstehen: Wenn sich China Richtung Elektromobilität bewegt, dann werden alle großen Automobilhersteller der Welt mitziehen, und damit auch deren Heimatmärkte. Wenn sich in China die Dieselhybridtechnik oder Erdgasantriebe durchsetzen sollten, würde das ebenfalls die Automobilmärkte weltweit prägen.

    Im Moment sieht es danach aus, dass sich der Erdgasantrieb (CNG, LNG) weitaus schneller durchsetzen wird als die Elektromobilität.

    Spielräume der chinesischen Energiepolitik

    In China findet Energiepolitik in einem erheblich komplexeren Umfeld als in den westlichen Industrieländern statt.

    1. Energiepolitik soll in erster Linie die Energieversorgung für die rasch wachsende Wirtschaft und die privaten Haushalte sicherstellen, ohne andere Ziele wie Preisstabilität, Versorgungssicherheit oder Umweltschutz zu stark zu gefährden.

    In den letzten zehn Jahren wurden die Zielkonflikte immer dramatischer. Der Energiebedarf steigt schneller als zuvor, aber nur höhere Preise bieten den Produzenten ausreichende Anreize, das einheimische Angebot zu erhöhen. Das Ergebnis ist Inflation, die wiederum als Gefahr für die politische Stabilität betrachtet wird. Steigen die Binnenpreise, werden Energieimporte attraktiv, was wiederum die Versorgungssicherheit gefährdet und gleichzeitig die Steuerungsmöglichkeiten des Staates beschneidet.

    2. Heterogene Preissteuerung: Die meisten Upstream- Märkte wie Kohle- oder Rohölförderung sind liberalisiert. Hier bilden sich die Preise relativ frei. In verbrauchernahen Märkten (Downstream) wie Haushaltsstrom, Erdgasheizung oder Benzin bedürfen die Preise hingegen staatlicher Genehmigung. Eine dritte Form sind die zahlreichen inoffiziellen oder historisch gewachsenen Versorgungsstrukturen, die außerhalb der Märkte und der staatlichen Preiskontrolle existieren.

    Der planwirtschaftliche Einfluss erhöht einerseits die Steuerungsmöglichkeiten des Staates, führt aber andererseits immer wieder zu Friktionen. So entstehen Stromengpässe, wenn die liberalisierten Kohlepreise über den staatlichen Strompreisen liegen, denn der Stromversorger würde mit jeder Kilowattstunde Verluste produzieren. Ähnlich ist es bei Benzin und Diesel, sobald die staatlichen Preise unter die Rohölimportkosten der Raffinerien fallen.

    3. Mit der Teilprivatisierung der großen Öl- und Gaskonzerne wanderte ein großer Teil der Fachkompetenz aus den Ministerien ab. Die Planungsbehörden der Pekinger Energiepolitik sind klein und haben einen schweren Stand gegenüber der Staatswirtschaft.  Auch aus diesem Grund konzentrierte sich die Energiepolitik zu lange auf die Bereitstellung des Energieangebots statt die Entstehung der Energienachfrage zu begrenzen.

    Erst unter Hu und Wen gab es energischere Versuche zur Kurskorrektur, vor allem mit industriepolitischen Instrumenten. Dazu gehört die Schließung ineffizienter Betriebe und eine höhere Produktivität in der Industrie.

    4. Die Interessen Pekings und der Provinzen driften häufig auseinander. Hier spielen regionale und sektorale Profitinteressen, aber auch das riesige Entwicklungsgefälle zwischen den Provinzen eine Rolle. Während das reiche Shanghai saubere Luft und moderne Gaskraftwerke fordert, hängt das ökonomische Überleben ganzer Regionen im Norden und Nordwesten vom Kohlebergbau ab. Die Ziele der Fünfjahrespläne können daher oft nur mit zum Teil drastischen Adhoc-Maßnahmen der Zentralregierung wie z.B. durch massenhafte, vorübergehende Betriebsschließungen verwirklicht werden. Längerfristige Ziele lassen sich so aber nur schwer verankern.

    Angesichts dieser enormen und sich rasch wandelnden Herausforderungen ist die chinesische Energiepolitik, gemessen an ihren eigenen Zielen, bislang sehr erfolgreich gewesen. Die Wirtschaft konnte ungehindert um 10 Prozent pro Jahr wachsen, ohne dass es zu mehr als vorübergehenden oder lokalen Engpässen gekommen wäre.

    Dieser Erfolg hatte aber seinen Preis: Eine enorme ökologische Belastung und die Abhängigkeit von internationalen Energiemärkten. Eine erneute Verdopplung des chinesischen Energiekonsums in diesem Jahrzehnt ist kaum vorstellbar. Die Konsequenzen wären steil steigende Energiepreise, Ressourcenverknappung, Inflation und eine von der Bevölkerung immer weniger tolerierte Umweltbelastung. Teilweise sind die ökologischen Grenzen auch schon erreicht, wenn z.B. der Wassermangel in manchen Regionen den Bau weiterer Kohlekraftwerke unmöglich macht.

    Energie wird allmählich zur Achillesferse der chinesischen Wirtschaftspolitik. Ohne eine vorausschauende Energieaußenpolitik und eine nachfrageorientierte Energiesparpolitik im Inland sind Preis- und Mengenkrisen vorprogrammiert.

    Energie-Geopolitik 

    An die Stelle der früheren Energieautarkie tritt immer sichtbarer die Abhängigkeit von Energieimporten.(4) China ähnelt insofern immer stärker der EU. Hier schwinden die Öl- und Gasreserven rapide. Schon Ende des Jahrzehnts müssen in der EU 90% des Öls und über 80% des Erdgasbedarfs importiert werden.

    Völlig anders stellt sich die Lage in den USA dar. Die schwächelnde Supermacht ist bei Kohle und Erdgas autark geworden. Die Ölimporte werden in den nächsten Jahren deutlich zurückgehen und können zunehmend aus dem benachbarten Kanada gedeckt werden.

    Die EU und China brauchen also eine langfristig angelegte Energieaußenpolitik (5), die relevante Versorgungsrisiken berücksichtigt. Und sie müssen enger zusammenarbeiten, um eine politisch und ökonomisch kostspielige Rivalität zu vermeiden. Demgegenüber kann Washington unabhängiger agieren.

    Die Beziehungen zwischen Peking und Brüssel/Berlin stehen allerdings vor neuen Herausforderungen. Bis vor kurzem waren die regionalen Überschneidungen gering: Weder für Kohle, noch für Gas gab es überlappende Bezugsregionen, sondern höchstens indirekte Preisimpulse vermittelt über die südafrikanische Kohle oder LNG aus Katar. Beim Öl ist der Weltmarkt wegen der geringen Transportkosten zwar stärker integriert, aber auch hier gab es nur in Westafrika und am Persischen Golf physische Überlappungen.

    Ein Blick auf die Produktionsprognosen und Lieferverträge zeigt jedoch bereits die Konturen einer neuen Energie-Geopolitik:

    1. Eine nordamerikanische Region mit den Vereinigten Staaten und Kanada. Die Region ist autark bei Kohle und Gas. Die Importabhängigkeit bei Öl geht rasch zurück.

    2. Die EU wird stärker von Öl- und Gasimporten abhängig, insbesondere aus Russland, dem kaspischen/zentralasiatischen Raum, Nord- und Westafrika sowie dem Persischen Golf.

    3. Chinas Energieimporte konzentrieren sich auf das ostasiatisch-pazifische Hinterland mit Indonesien, Australien, Ostsibirien und Zentralasien sowie ebenfalls den Persischen Golf und Westafrika. Mittelfristig könnte auch Kanada für Ölsande und Gas ein relevanter Lieferant werden.

    Die EU und China müssen jedoch ihre Bezugsregionen ausdehnen. Die Zahl der Überschneidungen wächst dadurch. Dazu gehören Erdgas aus Turkmenistan, Öl aus Kasachstan, Kohle aus Südafrika, Öl aus Westafrika, Öl und Gas aus Russland, Gas aus Qatar und Öl vom Persischen Golf.

    Neben Australien wird auch Russland für China immer wichtiger: Die russischen Ölexporte laufen bereits verstärkt Richtung Osten. Praktisch alle Vorkommen östlich von Westsibirien könnten von China bzw. dem Pazifischen Raum absorbiert werden.

    Eine ähnliche Entwicklung bahnt sich beim Erdgas an: Die Preisverhandlungen über ostsibirische Gasexporte nach China gestalten sich zwar schwierig, werden aber zum Abschluss kommen, sobald das globale Überangebot an LNG (Flüssiggas) abgebaut ist. Russland verringert dadurch seine einseitige Abhängigkeit von den stagnierenden europäischen Absatzmärkten.

    Selbst die großen russischen Offshore-Gasvorkommen in der Barents- und Karasee müssen nicht automatisch an das Pipelinenetz Richtung Westen angeschlossen werden. Wenn stattdessen LNG-Terminals gebaut werden und die Nordroute schiffbar wird, wird China ein potentieller Kunde.

    Schlussfolgerungen

    Diese Streiflichter sollen deutlich machen, dass jedes energiepolitische Konzept in Brüssel oder Berlin ohne eine Analyse der chinesischen Energiemärkte Stückwerk bleibt.

    Insbesondere das Exportland Deutschland braucht mehr Expertise, um vorausschauend auf den energie- und verkehrspolitischen Kurs Chinas reagieren zu können. Außenpolitisch wird die Kooperation mit Peking immer wichtiger, da sich die Bezugsregionen für Öl, Gas und Kohle zunehmend überschneiden und damit Konfliktpotenzial erzeugen.

    Eine frühzeitige Abstimmung und Kooperation sollte in beiderseitigem Interesse sein. Die Preisrisiken fossiler Energien sind deutlich gestiegen und sollten als Risikoprämien konzeptionell berücksichtigt werden.

    Die Zukunft ist nur noch bis zu einem gewissen Grad offen: Während sich die Versorgungslage beim Erdöl sichtbar zuspitzt, sind die Entwicklungspfade bei Erdgas und Kohle weniger deutlich. Es wird vor allem von China abhängen, wie die Energiewelt in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts aussieht.

    Autor: Steffen Bukold
    Peking, 2011/2012

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    Fußnoten :

    (1) Bitte beachten, dass es sich hier um den NETTO-Zuwachs handelt, also das Saldo aus wachsenden und schrumpfenden Absatzmärkten. Die IEA rechnet in ihrem aktuellen Hauptszenario für die Jahre 2008-2035 („New Policies Scenario” des World Energy Outlook 2010, Paris 2010) damit, dass das Wirtschaftswachstum in China bis Ende des Jahrzehnts bei durchschnittlich 7,9% pro Jahr liegt. Danach sinkt es im Szenario 2020-2035 auf 3,9% p.a. Weiterhin wird angenommen, dass alle bereits beschlossenen energiepolitischen Programme weltweit wie geplant in die Tat umgesetzt werden.

    (2) Die modernen Erneuerbaren Energien (EE) wie Wind, Solar etc. erzeugen 1,3% (ohne Wasserkraft). Allein der globale Zuwachs des Energieverbrauchs im Jahr 2010 (+639 mtoe) war vier Mal so hoch wie die Gesamtenergie, die global aus den EE (ohne Wasserkraft) bereitgestellt wurde (159 mtoe).

    (3) EIA: World Shale Gas Resources: An Initial Assessment of 14 Regions Outside the United States, Washington 2011.

    (4) Die Rohölimporte wuchsen 2010 um 18%, die Kohleimporte um 31%, die LNG-Importe um 24%. Das Bruttosozialprodukt legte um 10 Prozent zu, ebenso der Stromverbrauch. 2011 wird sich das Wachstum voraussichtlich abflachen.

    (5) Die bislang in Berlin fehlt; vgl. dazu Friedemann Müller, der die weißen Flecken der deutschen Energiepolitik identifiziert : F. Müller, Reduzieren allein genügt nicht. Welche Energieaußenpolitik erfordert das neue deutsche Energiekonzept? (IP Heft November/Dezember 2010).

    Mehr Informationen zu Chinas Energiemärkten:

    China Energy Letter Nr.1

    China Energy Letter Nr.2

    China Energy Letter Nr.3

    China Energy Letter Nr.4

    China Energy Letter Nr.5

  • Dr. Friedemann Müller (Gastautor): Iran – der unerkannte Riese

    nord-teheran

    Folgt man der medialen Berichterstattung über Iran während der letzten Jahre, so war diese im Wesentlichen durch drei Themen besetzt: Das iranische Atomprogramm, die aggressive Politik und Rhetorik gegenüber Israel sowie Menschenrechtsverletzungen. Alle drei Themen bringen das Land in einen Konflikt mit Europa. Alle drei sind ernst zu nehmen, doch erlauben die Potentiale des Landes weder sich auf diese drei Themen zu beschränken, noch ist es klug, dies zu tun, um westliche Interessen zur Lösung der Konflikte wahrzunehmen.

    Diese Potentiale sind vielfältig: Iran ist das nach Einwohnern mit Abstand größte Land des Mittleren Ostens (78 Millionen), es ist das Land mit dem höchsten Bildungsniveau der Region, wobei 62 Prozent der Studenten Frauen sind. Auch deutet das Erscheinungsbild der 15-Millionen-Metropole Teheran, der Hauptstadt einer 7000 Jahre alten Kulturnation mit einem beträchtlichen Einfluss auf die europäische Geschichte weder auf eine Dominanz der Moscheen, noch auf eine arabischen Ländern vergleichbare Kleiderordnung für Frauen hin. Besonders wichtig aber ist, dass bei aller Dominanz des Mullah-Regimes in strategischen politischen Fragen auch die regierende politische Klasse für Pluralismus und einen kontroversen Diskurs offen ist und dabei keinen Hehl daraus macht, dass sie sich eher von Europa, sogar den USA, als von China angezogen fühlt.

    Im Folgenden soll nun vor allem das energiepolitische und geopolitische Potential des Landes und dessen Bedeutung für Europa ausgelotet werden. Zählt man die beiden für den globalen Handel und die internationale Energiepolitik wichtigsten Energieträger Öl und Erdgas zusammen, so nimmt Iran mit seinen Reserven in Höhe von 370 Milliarden Barrel Öläquivalente (bboe) den zweiten Platz hinter Russland (383 bboe), aber vor Venezuela (333 bboe) und Saudi Arabien (320 bboe) ein.(1) Iran ist (nach Saudi Arabien) der zweitgrößte Ölexporteur der OPEC und der drittgrößte Exporteur weltweit. Längerfristig kommen noch höhere strategische Bedeutung Irans Erdgasreserven zu. Als zweitgrößtes Reserveland der Welt (16% der Weltreserven) nimmt Iran deshalb eine so wichtige Bedeutung ein, weil Erdgas in den bevorstehenden Jahrzehnten eines globalen Umbaus der Energieversorgung  von einer überwiegend fossilen zu einer emissionsärmeren,  verstärkt erneuerbaren Energieversorgung eine Brückenfunktion zufällt.

    Die Internationale Energieagentur (IEA) geht im New Policy Scenario ihres jüngsten World Energy Outlook davon aus, dass der globale Verbrauch von Erdgas zwischen 2009 und 2035 um 55% wächst und dabei der Anteil am globalen Energiemix von 21% auf 23% ansteigt, während diese Anteile bei Öl und Kohle zurückgehen werden.(2) Folgt man dem „Golden Age of Gas“-Szenario der IEA, das dann realistisch wird, wenn zum Beispiel auf Grund von Ölengpässen mehr Erdgas im Verkehrssektor verwendet wird oder wenn China den Aufbau seine nachholenden Erdgasinfrastruktur beschleunigt, dann sind die Wachstumsraten für den globalen Erdgasverbrauch noch wesentlich höher anzusetzen.(3)

    Eine solche Perspektive muss Iran, das bisher auf Grund fehlender Transportinfrastruktur und nachholender Produktion nur geringe Mengen Erdgas exportiert, stärker ins Spiel kommen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die großen Nachfragewachstumsmärkte (Europa, China, Indien, Pakistan) in einer Entfernung von Iran liegen, die per Pipeline wirtschaftlich erreichbar ist.

    Europa befindet sich bezüglich seiner Erdgasversorgung in einer doppelten  Veränderungsphase. Zum ersten geht die eigene Produktion zurück und zwar gemäß IEA-Schätzung (für OECD-Europa) um durchschnittlich 1,4% pro Jahr bis 2035, in absoluten Zahlen von 294 Milliarden Kubikmetern (bcm) im Jahr 2009 auf 204 bcm. Gleichzeitig steigt die Nachfrage um jahresdurchschnittlich 0,9% oder absolut von 537 bcm auf 671 bcm an.(4) Der daraus entstehende zusätzliche Nettoimportbedarf in Höhe von 224 bcm kann nicht durch zusätzliche Produktion in Russland abgedeckt werden, zumal Russland in Zukunft auch den asiatischen Markt bedienen will.

    Europa bezieht derzeit mehr als die Hälfte seiner Erdgas-Importe (von außerhalb Europas) aus Russland. Dies ist historisch zu erklären und geht auf die Entspannungspolitik der 1970er Jahre zurück, dem Beginn des Aufbaus der größten internationalen Erdgastransportinfrastruktur der Welt. Ökonomisch sinnvoll wäre eine diversifizierte Belieferung Europas, des mit Abstand größten Importmarktes der Welt. In der Region des südkaspischen Raumes bis zum Persischen Golf mit Iran im Zentrum sind wesentlich mehr Erdgasreserven gelagert als in Russland, und die Entfernung nach Mitteleuropa ist nicht größer als von Westsibirien. Allein die drei Länder Turkmenistan, Iran und Katar verfügen über 40% der Weltreserven (Russland über 21%), während bis auf LNG-Transporte aus Katar kein Erdgas aus dieser Region nach Europa gelangt.

    Die EU hat sich seit den 1990er Jahren um einen Zugang zu den kaspischen Erdgasreserven bemüht. Im Jahr 2007 wurde das Nabucco-Pipelineprojekt (Kapazität 31 bcm pro Jahr) zu einem der vier wichtigsten Energieinfrastrukturprojekte erklärt (die anderen drei sind Stromleitungen). Seit Juni 2012 steht fest, dass das Nabucco-Projekt mindestens im Sinne einer strategischen Diversifizierung der europäischen Erdgasbezüge gescheitert ist. Der wesentliche Grund dafür ist, dass weder turkmenisches, noch iranisches, noch katarisches, auch kein irakisches Erdgas verfügbar ist, um die Pipeline zu füllen. Dabei verfügen alle diese Länder in naher Zukunft über Erdgas, das sie gerne auf dem weltgrößten Importmarkt anbieten würden. Im Falle Turkmenistans und Katars stehen europäische Sanktionen, die keine Durchleitung durch Iran akzeptieren dagegen, bzw. Irans Veto gegen eine transkaspische Pipeline von Turkmenistan nach Aserbaidschan. Mit Iran selbst will die EU keine Gasgeschäfte eingehen, so lange die genannten Differenzen fortbestehen.

    Die europäischen Sanktionen, welche Öl-Käufe aus Iran untersagen, sind im Vergleich dazu zwar von geringerer geopolitischer Bedeutung. Der Mittlere Osten liefert heute schon über 60% seines Öls nach Asien. Dieser Anteil wird sich weiter erhöhen, während Europa seine abnehmenden Ölkäufe im Wesentlichen aus Russland und Afrika, besonders Nordafrika, abdeckt. Doch ist Iran als drittgrößter Ölexporteur weltweit eine wichtige Einflussgröße auf dem Ölmarkt, der bei aller Marktunvoll­kommen­heit einen globalen Preis bestimmt, welcher einen großen Einfluss auf die Konjunkturen aller Verbraucherländer ausübt.

    Angesichts dieser Konstellationen zeugt es politisch von wenig Phantasie und Geschick, wenn sich die Beziehungen zu Iran auf Vorwürfe, Sanktionen und Isolation beschränken. Ohne die genannten drei Probleme klein zu reden, wäre es doch angemessen, diesem Land Optionen zu öffnen, die zum europäischen Vorteil gereichen. Dazu gehört ein Dialog über die globale Energiewende im Allgemeinen und die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energie und von Erdgas am Energiemix im Konkreten. Ein solcher Diskurs, für den in Iran ein großes Interesse besteht, würde auch die Luft aus der künstlich aufgeblasenen Prestigeangelegenheit des Strebens nach Kernenergie herausnehmen. Viele Entscheidungsträger in Iran sind sich bewusst, dass Kernenergie eine Technologie des 20sten Jahrhunderts, aber kein Statussymbol für die Zugehörigkeit zur modernen Industriegesellschaft darstellt. Hierfür könnte erneuerbare Energie, die angesichts des von der Sonne begünstigten Landes von den Energieministerien durchaus gefördert wird, ein besseres Symbol darstellen. Allerdings sind sich die Entscheidungsträger auch bewusst, dass die Forschung im eigenen Lande von der Spitzentechnologie weit entfernt ist und diese angesichts der gegebenen Isolation auch schwer erreichbar bleibt.

    Bezüglich des Erdgases geht es darum, dass trotz des Scheiterns des Nabucco-Projektes  langfristig eine Transportinfrastruktur zwischen der weltweit größten Reserveregion (zwischen Kaspischer und Golf-Region) und der dauerhaft mit Abstand größten Importnachfrage-Region (Europa) aufgebaut werden sollte. Iran ist hierfür das Schlüsselland, Lösungen ohne Iran sind denkbar (siehe Nabucco), aber schwer realisierbar. Außer der Peitsche sollte auch das Zuckerbrot einer dauerhaften und wechselseitig vorteilhaften Kooperation dem Iran als Alternative zu seiner europafeindlichen Politik konkretisiert und in einen nicht-konditionierten Dialog eingebracht werden. Die Alternative hierzu wäre eine einseitige Orientierung Irans  in Richtung China. Für China bedeutete dies ein großer Schritt zur Lösung seines Energieproblems. Damit wäre aber dieses bedeutende Land Iran aus dem europäischen Einflussbereich verschwunden.

    (1) Berechnet aus den Daten von BP Statistical Review of World Energy, Juni 2012

    (2) International Energy Agency World Energy Outlook 2011, Paris, November 2011, S. 544

    (3) International Energy Agency, World Energy Outlook 2011, Paris, November 2011, S. 170 ff.

    (4) International Energy Agency, World Energy Outlook 2011, Paris November 2011, S.159 und S.165

    Foto: Steba/Shutterstock Nord-Teheran


    friedemann-mueller Dr. Friedemann Müller ist einer der einflussreichsten Berater der deutschen Energie- und Klimapolitik . Er war bis vor kurzem bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Deutschlands größter Denkfabrik für internationale Angelegenheiten, in leitender Position tätig. Er  gründete und leitete das International Network To Advance Climate Talks (INTACT), arbeitete bei der RAND Corporation und dem Overseas Development Council in Washington D.C. sowie im Auswärtigen Amt. Dr. Müller ist jetzt als selbständiger Berater in München ansässig.

     

  • Global Energy Briefing Nr.69 Sonderausgabe: Irankrise

    Aus aktuellem Anlass widmen wir die aktuelle Ausgabe des GEB der schwelenden Krise am Persischen Golf. Drei Szenarien werden untersucht hinsichtlich ihrer Folgen für die Ölpreise und die internationale Ölversorgung.

    1. Harte,  zeitlich begrenzte Sanktionen (EU-Ölembargo plus US-Maßnahmen zum int. Zahlungsverkehr; differenziertes Verhalten der ostasiatischen Ölkäufer)

    2. Harte, zeitlich unbegrenzte Sanktionen (EU-Ölembargo plus US-Maßnahmen zum int. Zahlungsverkehr; differenziertes Verhalten der ostasiatischen Ölkäufer)

    3. Störungen oder sogar zeitlich begrenzte Schließung der Straße von Hormus (durch die knapp 20% der globalen Ölversorgung transportiert wird).

     

  • GEB Nr.58 Global Energy Briefing – Schwerpunkthema Libyenkrise

    Hintergründe und Konsequenzen für Ölpreise und Ölmärkte