Category: China Energiepolitik

  • China Energy Letter Nr.3 (kostenlos)

    In unregelmäßigen Abständen veröffentlichen wir einen kostenlosen Newsletter zum Thema Energiepolitik und Energiemärkte in China.

    INHALT
    S.1-5 China in der Irankrise: Interessen – Optionen – Szenarien
    S.5 Außenhandel mit Energierohstoffen
    S.6 Die internationalen Energiemärkte
    S.7-9 Forschung: Der Kohlebericht der IEA
    S.10-11 Leser berichten
    S.12-14 Chinas Energiepolitik – eine Einführung (Teil 2)…

    S.2 Über das DCEB
    S.14 Ad: China Energy Briefing, Impressum

    Aus dem Inhalt:

    Der Konflikt zwischen Teheran und dem Westen steuert seit Dezember auf einen neuen Höhepunkt zu. Sanktionen gibt es schon seit Jahrzehnten, aber erstmals sind nun auch die Ölverkäufe Teherans gefährdet, von denen 80% der Exporterlöse und 60% der Staatseinnahmen abhängen.

    Damit wären auch Chinas Interessen doppelt betroffen: Zum einen ist Iran ein wichtiger Außenhandels- und Investitionspartner; zum anderen ist China auf den ungestörten Export des Öls vom Persischen Golf angewiesen. Wie stellt sich der Konflikt also aus chinesischer Sicht dar?

    Fortsetzung im “China Energy Letter Nr.3” (der Letter kann kostenlos abonniert werden – Email mit Angabe des Namens und der Firma/Organisation an “bukold@energycomment.de” genügt). 

  • China Energy Letter Nr.3 – Auszüge

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    INHALT

    S.1 China in der Irankrise
    S.5 Außenhandel mit Energierohstoffen
    S.6 Die internationalen Energiemärkte

    S.7 Forschung: Der Kohlebericht der IEA
    S.10-11 Leser berichten: MdB H.-J. Fell

    S.12-14 Chinas Energiepolitik (Teil 2)

    China in der Irankrise – Interessen – Optionen – Szenarien

    Der Konflikt zwischen Teheran und dem Westen steuert seit Dezember auf einen neuen Höhepunkt zu. Sanktionen gibt es schon seit Jahrzehnten, aber erstmals sind nun auch die Ölverkäufe Teherans gefährdet, von denen 80% der Exporterlöse und 60% der Staatseinnahmen abhängen.

    Brüssel will Teheran durch ein abgestuftes Öl-Embargo zum Kurswechsel in der Atompolitik zwingen. Zusätzlich könnte US-Präsident Barack Obama einen großen Teil des internationalen Zahlungsverkehrs des Landes durch den “National Defense Authorization Act for Fiscal Year 2012” blockieren. Die Abwicklung der Ölgeschäfte durch die iranische Zentralbank wäre dann kaum noch möglich. Die amerikanischen Maßnahmen gegen die Ölgeschäfte werden ab Juli wirksam.

    Nach den letzten Meldungen soll spätestens dann auch das EU-Embargo in Kraft treten. Damit wären auch Chinas Interessen doppelt betroffen: Zum einen ist Iran ein wichtiger Außenhandels- und Investitionspartner; zum anderen ist China auf den ungestörten Export des Öls vom Persischen Golf angewiesen.

    Wie stellt sich der Konflikt also aus chinesischer Sicht dar?

    Die Allianz gegen den Iran ist dieses Mal breiter als sonst. Insofern steigen auch die Risiken Pekings, isoliert und ohne Optionen „auf der falschen Seite der Geschichte“ zu landen. Neben den USA und der EU haben auch Indien, Japan und Südkorea erstmals signalisiert, ihre Importe reduzieren zu wollen, oder doch zumindest nicht als Trittbrettfahrer die Mengen auszuweiten, wenn das EU-Embargo anläuft.

    Klar ist allerdings auch, dass sich die asiatischen Großabnehmer dem Embargo nicht voll anschließen wollen und dem amerikanischen Druck nur so weit wie nötig nachgeben. Vor allem in Japan und Indien fehlt die technische Flexibilität, um kurzfristig zu anderen Lieferanten zu wechseln.

    Schon heute ist also offensichtlich, dass im Moment kein vollständiges globales Embargo gegen den Iran möglich ist.

    Peking hat dem amerikanischen Drängen bislang in keiner Weise offiziell nachgegeben. Washington laviert daher: Die Sanktionsbestimmungen geben Präsident Obama einen weiten Spielraum. Schon wenn China nur einige wenige Schritte Richtung Embargo unternimmt, wäre eine Ausnahmeregelung möglich.

    Seit drei Monaten hat der chinesische Ölkonzern Sinopec seine Ölimporte aus dem Iran verringert. Der Umfang der Reduzierung ist jedoch unklar. Zumeist werden 0,3 mb/d genannt, was der Hälfte der üblichen Importe entspräche. Auch die Ursache ist umstritten: Die meisten Medien kolportieren Auseinandersetzungen um die Höhe des Ölpreises für die anstehenden Lieferkontrakte. Aber es könnte auch politische Gründe geben.

    Schon kurz nach US-Finanzminister Geithners erfolglosem Besuch in Peking und noch während Wen Jiabaos Besuch am Golf verhängte das amerikanische Außenministerium überraschend Sanktionen gegen Zhuhai Zhenrong.Der südchinesische Staatskonzern, der im Auftrag Pekings v.a. im Handel „Öl gegen Waffen“ aktiv ist, soll bis Anfang 2011 den Iran mit Benzin und Fuel Oil versorgt haben, was von der Firma allerdings energisch bestritten wird. Praktische Folgen hat die Bestrafung ohnehin nicht, da Zhuhai Zhenrong keine Geschäfte in oder mit den USA betreibt. Trotzdem ist der Schritt eine Eskalation, da die USA chinesische Firmen bisher verschont hatte.

    Die Bedeutung des Irans für China und die Ölmärkte 

    Der Iran exportiert im Schnitt 2,3 Millionen Fass Öl pro Tag (mb/d). Das sind knapp drei Prozent des Weltbedarfs, und entspricht in etwa dem gesamten deutschen Ölkonsum. Durch die Straße von Hormus, mit deren Schließung Teheran gedroht hat, fließen zur Zeit 17 mb/d, also 20% des weltweiten Ölbedarfs, vor allem Richtung Asien. Darunter sind auch ca. 2 mb/d für China, d.h. 35% der gesamten chinesischen Ölimporte.

    Auch China muss also alles daran setzen, die Straße von Hormus offen zu halten, selbst wenn dies nur auf Kosten des Irans möglich wäre. Andernfalls wäre die Ölversorgung Chinas akut gefährdet, denn die strategischen Notreserven sind erst ansatzweise ausgebaut.

    Auch Europa und die USA wären stark betroffen. Diese Regionen können aber auf voll ausgebaute strategische Reserven zurückgreifen. Zwei Drittel des iranischen Öls fließen nach Asien, ein Drittel nach Europa. China ist mit 0,55 mb/d mit weitem Abstand der größte Kunde des Iran, gefolgt von Indien, Japan und Südkorea mit jeweils 0,24-0,32 mb/d. Anders betrachtet: 22% des iranischen Ölexports gehen nach China; umgekehrt liefert der Iran etwa 11% der chinesischen Ölimporte.

    Außerdem laufen im Iran zahlreiche große Investitionsprojekte, die von China finanziert und durchgeführt werden. Die ökonomischen Interessen Chinas sind also nicht unbeträchtlich. Iran ist ein zentraler Öl- und Gaslieferant für China mit großem Potenzial für milliardenschwere Investitionsprojekte.

    Es steht also viel auf dem Spiel. Aber nach welchen Regeln wird es gespielt? Drei Szenarien:

    Szenario 1: Entwarnung Teheran gibt nach oder der Westen verwässert das Embargo. Alles bleibt beim Alten. Chinas politische Zurückhaltung wäre erfolgreich gewesen, da die Beziehungen zum Iran unbeschädigt bleiben, ohne dass China im Westen an Ansehen verliert. Das wäre zu begrüssen, denn die ölpolitischen Diskussionen der achtziger und neunziger Jahre sind nicht ohne Grund zu dem Ergebnis gekommen, dass die Abhängigkeit von Energierohstoffen nicht als politische Waffe genutzt werden sollte. Ein Öl-Embargo ist nur selten erfolgreich (vgl. die Misserfolge im Fall von Irak und Libyen) und trifft meist die Falschen. Es kann sogar ganze Volkswirtschaften zugrunde richten, ohne die Staatsführung zum Einlenken zu zwingen. Dieser Grundsatz gilt in der multipolaren Welt des 21. Jahrhunderts mit seinen globalisierten Absatzmärkten und knappen Ölressourcen mehr denn je, denn jede Störung im Ölfluss führt wegen der steil steigenden Ölpreise umgehend zu einem gigantischen Vermögenstransfer von den Verbrauchern zu den Ölproduzenten.

    Szenario 2: Kurzschlussreaktion Teheran stoppt seine Ölexporte. Für ein bis zwei Monate könnte der Iran seine Fördermengen in der großen Tankerflotte des Landes zwischenlagern. Ein langer Förderstopp in den Ölfeldern wäre zu riskant, da viele Quellen wegen schwieriger geologischer Verhältnisse und fehlender technischer Ausrüstung nur noch mit Mühe reaktiviert werden können. Saudi-Arabien wäre nicht in der Lage, die fehlenden Mengen vollständig auszugleichen. Der Ölpreis würde weltweit steil steigen und die Konjunktur in vielen Ländern abwürgen. Ein Anstieg von 110 auf 150 $/b verteuert die chinesischen Ölimporte um 7 Mrd. Dollar pro Monat und gefährdet eine unüberschaubare Zahl von Exportaufträgen an chinesische Firmen in den Industrieländern. In dieser Situation ist es wahrscheinlich, dass Peking seine Pro-Iran-Haltung aufgibt und zusammen mit den USA und der EU Druck auf Teheran ausübt, um das Wachstum seiner Volkswirtschaft nicht zu gefährden. Ein denkbar schlechtes Resultat für Peking. China wird daher mäßigend auf Teheran einwirken.

    Szenario 3: Peking unterläuft das EU-Embargo Diese Möglichkeit gilt bei vielen Ölmarktbeobachtern als wahrscheinlich. China weitet seine iranischen Exporte offiziell oder inoffiziell aus, so dass das EU-Embargo zum großen Teil verpufft. Zudem könnten die chinesischen Ölkonzerne deutliche Preisnachlässe fordern, da sie gegenüber Teheran in einer starken Verhandlungsposition wären. Finanzierungsprobleme, die durch die Blockade der iranischen Zentralbank durch die USA entstehen, könnte China – wohl als einziges Land – umgehen, da der Exportüberschuss Bartergeschäfte (Waren gegen Waren) ermöglicht.

    Abbildung: Iranische Ölexporte  (hier nicht sichtbar)

    Die Interessen Pekings und der chinesischen Ölkonzerne sind nicht immer deckungsgleich. Immer häufiger folgt Peking den Staatskonzernen, nicht umgekehrt. Es ist also durchaus möglich, dass sich einflussreiche Konzerninteressen gegen außenpolitische Bedenken durchsetzen. Zwei Varianten sind denkbar: China verzichtet im Gegenzug gegen höhere iranische Lieferungen auf Mengen aus der Golfregion und Westafrika. Diese könnten dann Richtung Südeuropa laufen, wo iranisches Öl fehlt. Allerdings würde dies über die Köpfe der Saudis hinweg geschehen, was die bilateralen Beziehungen zwischen Riad und Peking belasten würde.

    Eine Alternative wäre daher, auch die bisher bestellten Mengen in den arabischen Ländern vollständig abzunehmen und die zusätzlichen iranischen Mengen in die eben anlaufende Phase II der strategischen Ölreserven (SPR) Chinas umzuleiten. Das wäre ein unerwartet schneller und preisgünstiger Weg, die Tanks zu füllen. Phase II der chinesischen SPR umfasst Tanks mit einem Volumen von 112 Mio. Fass. Die Kapazitäten werden seit November 2011 schrittweise fertiggestellt.

    Dann fehlen diese Barrel allerdings auf dem Weltmarkt. Der Ölpreis würde steigen, und die Beziehungen zur EU und den USA wären belastet. Dem stehen auf der Habenseite finanzielle Vorteile und stabile Beziehungen zum Iran gegenüber.

    Der Iran ist für China schon seit Jahrzehnten der wichtigste Verbündete am Persischen Golf. Umgekehrt konnte Teheran in den meisten Fällen auf Pekings Unterstützung gegen amerikanische Initiativen in der UNO zählen. Da China auch zu Pakistan enge Beziehungen unterhält, wachsen in Peking die Hoffnungen auf eine Landbrücke zu den Öl- und Gasreserven am Persischen Golf – unter Umgehung der von der amerikanischen Navy beherrschten Seewege. Die Bedeutung des Iran könnte außerdem in dem Maße wachsen, wie sich die USA aus der Region zurückziehen. Schon jetzt ist der Iran, noch vor Saudi-Arabien und der Türkei, der wichtigste ausländische Player im Irak.

    Andererseits werden auch die arabischen Ölstaaten für China immer bedeutsamer. Ministerpräsident Wen Jiabao tourt zur Zeit durch den Golf und bekräftigt den Wunsch nach engeren Beziehungen zu Saudi-Arabien und den anderen Staaten des Golfrates. In diesen Tagen werden die letzten Unterschriften für die ersten direkten chinesischen Investitionen in saudische Ölanlagen und Raffinerien geleistet. Die Saudis sind mit einem Importanteil von 20% die größten Öllieferanten Chinas (vor Angola und Iran) und sehen in China eine willkommene Alternative zur Abhängigkeit vom Westen. Aber Wen wird in diesen Tagen auch um Verständnis für Chinas enge Beziehungen zu Teheran werben müssen.

    Abb. Chinesische strategische Ölvorräte – Phase II  (hier nicht abgebildet)

    Die Irankrise stellt Peking damit vor schwierige Entscheidungen:
    1. Entweder Solidarität mit dem strategischen Partner Iran oder mit den wichtigen Partnern USA und EU.
    2. Entweder Solidarität mit Iran oder mit den ölpolitisch noch wichtigeren arabischen Golfstaaten, insbesondere Saudi-Arabien.

    Die chinesische Führung muss also das Kunststück fertigbringen, einerseits einen Rückschlag wie in Libyen zu vermeiden, als chinesische Firmen noch während des Aufstands Waffen an Gaddhafi verkaufen wollten und wichtige Investitionsprojekte im Nichts verschwanden; und andererseits die Beziehungen zum langfristig wichtigen Partner Iran nicht zu gefährden, ohne zu wissen, wer dort in den nächsten Jahren regieren wird.

    China ist mittlerweile so stark in weltpolitische und weltwirtschaftliche Abhängigkeiten verstrickt, dass sein bisheriges Prinzip der politischen Nichteinmischung und ökonomischen Kooperation immer häufiger an seine Grenzen stößt. Der Nahe und Mittlere Osten ist ein außenpolitisches Minenfeld, in dem Peking – als historisch noch unbelastete Großmacht – zu Recht enorme Potenziale sieht, aber wo auch jeder Fehltritt den Vertrauensvorschuss zerstören kann.

    CHINA:
    KONJUNKTUR und AUSSENHANDEL mit ENERGIEROHSTOFFEN 

    Von der vielfach erwarteten Abschwächung der chinesischen Konjunkturlokomotive ist im Außenhandel mit Öl, Gas und Kohle bislang nichts zu sehen. Die verhaltene Entwicklung im Oktober wurde schon im November wieder revidiert, und die allmähliche Lockerung der Geldpolitik angesichts nachlassender Inflationssorgen könnte das Wirtschaftswachstum schon bald wieder anheizen.

    Zuletzt (Dezember) lag das Wachstum der Industrieproduktion gegenüber dem Vorjahresmonat bei 12,8% (Nov. 12,4%), der Einzelhandelsumsatz bei +18,1%. Im vierten Quartal 2011 betrug das Wirtschaftswachstum +8,9% gegenüber dem Vorjahrsquartal.

    Niedrige Lagerbestände bei den meisten Ölprodukten, eine florierende Petrochemie und der staatlich geförderte Einsatz von Erdgas lassen zumindest bis zum Frühjahr keine Abschwächung erwarten. Lediglich bei Kohle ist der Ausblick umstritten. Aber hier bleibt zumindest der industrielle Einsatz, der 40% der Kohle verschlingt, ungebrochen.

    Öl – verhaltene Entwicklung 

    Die Ölnachfrage (die allerdings nur ungenau erfasst werden kann – Näheres dazu im China Energy Briefing) lag im November bei 9,57 mb/d (Millionen Fass pro Tag) und damit 2,6% über dem Vorjahr. Wie schon in den letzten Jahren gibt es auch in diesem Winter nicht genug Diesel, vor allem in Südchina. Die Benzinnachfrage stieg um 4,3% auf knapp 1,9 mb/d, die Dieselnachfrage wegen des ungewöhnlich starken Vorjahreswertes nur um 0,8% auf knapp 3,6 mb/d. Jet Fuel setzte seinen Steilflug mit plus 8,1% auf 0,48 mb/d fort, während der Bedarf an Fuel Oil wie schon seit längerem zurückgeht.

    Da die eigene Ölförderung derzeit schrumpft, stiegen die Rohölimporte im November um 8,5% gegenüber 2011 auf 5,54 mb/d, den zweithöchsten Stand in Chinas Ölgeschichte.

    Erdgas – sprunghaftes Wachstum

    Die Erdgasimporte setzen wie geplant ihr sprunghaftes Wachstum fort. Sie stiegen im November gegenüber dem Vorjahresmonat um 26% auf 3,7 Bcf/d. Die Flüssiggasimporte (LNG) über die Terminals an der Ostküste legten sogar um 79% zu. In der Periode Januar-November lag LNG 2011 bislang 25% über dem Jahr 2010, während die Pipelineimporte um 320% zulegten. Der Preis für LNG lag im November bei 10,4 $/MBtu und damit ähnlich hoch wie turkmenisches Pipelinegas, das 9,7 $/MBtu kostete.

    Kohle – Rekordwerte 

    China importierte im November netto 21 Mio. Tonnen Kohle – ein Rekordwert nach 15 Mio t im Oktober und 18 Mio. t im September.

    Vietnam, Australien und Indonesien waren die wichtigsten Bezugsländer. Die Lagerbestände sind nun allerdings so hoch, dass eine Abschwächung zu erwarten ist. Falls Peking die Kohlepreise deckelt, könnten die Importe noch stärker schrumpfen, da dann teurere Kohle, z.B. aus Australien, nicht mehr konkurrenzfähig wäre.

    Die internationalen Ölmärkte

    Das Jahr 2011 erlebte mit 111 Dollar pro Fass (Brent) die höchsten Durchschnittspreise für Öl in der Geschichte. Anders als bei Erdgas und Kohle (siehe unten) ist eine Entspannung nicht in Sicht, obwohl die libyschen Exporte langsam wieder anlaufen.

    Einige Versorgungsketten werden vorsorglich umgebaut, aber generell sehen die Ölmarktakteure die Lage am Persischen Golf noch recht gelassen.

    Die internationalen Ölmärkte beobachten die Irankrise, die Unruhen in Nigeria und die in letzter Zeit sehr schwachen Nachfragedaten aus den USA. Dort liegt die Ölnachfrage zur Zeit 1,3 mb/d unter dem Vorjahr und sogar 2,9 mb/d bzw. 15% unter dem Niveau von 2008.

    Die Ölpreise folgen dem Auf und Ab der Tagesmeldungen zu Iran und Dollar, der seinerseits von der europäischen Schuldenkrise und der geopolitischen „Flight to Safety“ profitiert. Die Spekulationsneigung ist hoch, aber noch nicht extrem.

    Dieser Mix widerstreitender Einflüsse führt seit Dezember dazu, dass das globale Ölpreisniveau (also Brentöl) seit dem Sommer seitwärts tendiert und aktuell bei 113 $/b steht. Der Aufwärtstrend über 115 $/b war bereits im Gang, aber die Verschiebung des EU-Ölembargos gegen den Iran und steigende Lagerbestände in den USA haben diesen Trend gestoppt.

    Nach wie vor gilt jedoch: 100 ist seit Libyen und der Arabellion die neue Preisuntergrenze. Falls ein scharfes Embargo gegen den Iran tendenziell auch von China, Japan, Südkorea und Indien unterstützt wird, dann ist mit Preisen von deutlich über 120 $/b zu rechnen.

    Die internationalen Erdgasmärkte

    a) Amerikanisches Erdgas fiel mit 2,6 $/MMBtu auf den tiefsten Stand seit Herbst 2009. Mildes Wetter und ein ungebrochener Boom in den Schiefergasregionen verstärkten die preisliche Abkopplung von den Weltgasmärkten. Die Lagerbestände liegen so weit über dem Durchschnitt, dass keine Wende in Sicht ist. Es fehlt nur noch ein kleiner Preisschritt nach unten, und Erdgas ist billiger als Kohle.

    Die industriellen Auswirkungen werden immer deutlicher: Statt abzuwandern, siedelt sich immer mehr Industrie in den USA an. Niedrige Löhne in Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit, sehr niedrige Energiekosten und nahe große Absatzmärkte sind eine attraktive Kombination für Schwerindustrie und Petrochemie.

    b) In den ostasiatischen Spotmärkten wie Japan und China (Spot-LNG-Importe) werden derzeit knapp über 15 $/MMBtu für (LNG-)Erdgas bezahlt. Das sind 20% weniger als noch vor zwei Monaten, aber fast sechs Mal mehr als in den USA.

    c) Hohe Lagerbestände lasten auch auf den europäischen Gaspreisen, die aktuell um die 8,6 $/MBtu pendeln. Warmes Wetter ließ die Spotpreise in Deutschland unter 22 €/MWh sinken. Für das Kalenderjahr 2013 müssen lediglich um die 26 €/MWh gezahlt werden. Die Gasspeicher sind zu 78% gefüllt (16,2 bcm).

    Die Spotpreise für Gas in Deutschland liegen zur Zeit mit umgerechnet 8,5 $/Mbtu ein Drittel niedriger als langfristig ölindexierte Gaspreise mit knapp 13 $/Mbtu. Die großen deutschen Gaskonzerne, deren Lieferungen aus Russland langfristig an den Ölpreis gebunden sind, bleiben somit unter Druck.

    Die internationalen Kohlemärkte 

    Ähnlich wie bei Erdgas kamen auch die internationalen Kohlepreise in den letzten zwei Monaten deutlich zurück. Auch hier wirken das warme Winterwetter auf der Nordhalbkugel und die schwache konjunkturelle Entwicklung nach. Zudem verliert Kohle in vielen Regionen in diesem Winterhalbjahr erhebliche Marktanteile, da mehr Windstrom als in den Vorjahren eingespeist wird.

    Insbesondere in Europa sind die Lagerbestände der Kraftwerksbetreiber mittlerweile sehr hoch. Da fallen Störungen bei den kolumbianischen Kohleexporten (schwere Regenfälle) nicht weiter ins Gewicht. Saisonale Käufer wie insbesondere indische Importeure haben sich bereits eingedeckt. In Rotterdam (CIF) fielen die Preise auf ein Vierzehnmonatstief von nur noch 106 Dollar pro Tonne. Das zog selbst südafrikanische Kohle mit nach unten.

    Auch in den südchinesischen Hafenregionen zehren die Utilities von überdurchschnittlich hohen Lagerbeständen. Erst im Frühjahr ergibt sich die Notwendigkeit zu Anschlusskäufen. Solange setzen die meisten Käufer darauf, dass die Preise vom aktuellen Niveau aus (CIF 125 $/t) noch weiter nachgeben. Erst bei einem Niveau um die 115 $/t für hohe Qualität aus Australien bzw. unter 105 $/t für Kohle mittlerer Qualität aus Indonesien könnte reges Kaufinteresse entstehen. Die chinesischen Kohleimporte sind relativ hoch, aber die Importeure konzentrieren sich derzeit auf Nebenmärkte („off-spec“), so dass ihre Einkäufe die Standardkontrakte der Weltmärkte nur marginal beeinflussen.

     

    FORSCHUNG: Alvarez/Paulus/Trüby Der Kohlebericht der IEA  

    IEA-Kohlemarktbericht-2011

    China und die internationalen Kohlemärkte

    Die Internationale Energieagentur (IEA) mit Sitz in Paris ist die wichtigste öffentliche Forschungs- und Beratungseinrichtung für Energie in den Industrieländern. Neben der Verwaltung der strategischen Ölreserven ist sie insbesondere mit der Beobachtung der internationalen Energiemärkte beschäftigt.

    Dabei stand bisher der Ölmarkt im Mittelpunkt. Seit vier Jahren wird nun auch über Erdgas prominent berichtet (MTOGM), und seit 2011 nun auch über Kohle. Bald sollen auch die Märkte der erneuerbaren Energien regelmäßig beobachtet werden.

    Der Coal Medium-Term Market Report 2011 ist nun der erste jährliche Kohlebericht der IEA (die Autoren werden auf der nächsten Seite vorgestellt). Der Schwerpunkt der 122 Seiten liegt auf dem internationalen, seewärtigen Kohlehandel. Die Angebots-, Preisund Nachfrageseite wird quantitativ und qualitativ für den Zeitraum 2010-2016 untersucht.

    Während Kohle in Deutschland schon zu den “alten” Energieträgern gezählt wird, verweisen die Autoren darauf, dass sie vor allem für die Schwellenländer nach wie vor im Zentrum steht. Tatsächlich legte im letzten Jahrzehnt kein anderer Energieträger so stark zu wie Stein- und Braunkohle.

    Der internationale Handel nahm ebenso rasch zu wie das Preisniveau, das selbst in der Wirtschaftskrise nach 2008 nur kurz nachgab. Die durchschnittlichen FOB Cash Costs stiegen zwischen 2008 und 2010 um 25%, von $44 auf $56 je Tonne wegen höherer Inputkosten, aber die Preise legten wegen der starken Stellung der internationalen Kohlekonzerne weitaus deutlicher zu. Zwar verfügen fast alle großen Industrieländer über eigene Kohlevorkommen, aber den seewärtigen Export dominieren lediglich sechs Länder und eine Handvoll großer Konzerne.

    Die Studie kommt zu dem wohl wichtigsten Ergebnis, dass der Ausblick für Kohle sogar kurz- und mittelfristig ungewöhnlich unsicher ist. Dafür ist vor allem ein Faktor verantwortlich: China. Da dort die Hälfte der weltweiten Kohlemengen produziert und verbraucht wird, führen bereits kleine Ungleichgewichte im riesigen chinesischen Binnenmarkt zu entsprechenden Schwankungen im Importbedarf und damit zu heftigen globalen Preisausschlägen und Versorgungsrisiken.

    Kohlepreise

     

    In den kommenden Jahren (2010-2016) wird der globale Koh-leverbrauch voraussichtlich von 5225 Mio. Tonnen Kohleinheiten (Mtce) auf 6184 Mtce zunehmen. In China wird jede zweite Tonne gefördert (von 2517 Mtce im Jahr 2010 auf 3123 Mtce in 2016). Das ist ein jährlicher Zuwachs von 3,7%. China bleibt also der dominante Player. Dort wird mit Kohle mehr Primärenergie erzeugt als im gesamten Nahen Osten mit Öl.

    Völlig unklar ist hingegen, wie sich der Importbedarf Chinas entwickelt. Ist das internationale Preisniveau attraktiv, würden sich die Importe der ostchinesischen Provinzen wohl von 92 Mtce (2010) auf 180 Mtce (2016) verdoppeln. Ist aber die chinesische Kohle attraktiver, könnten sie bis 2016 auf 39 Mtce fallen, so die Szenarien der Autoren. Im letzten Fall würden Exporte voraussichtlich Richtung Indien gehen, solange die Preise nicht zu hoch sind.

    Die USA werden zum wichtigsten Swing Supplier, der je nach Weltmarktlage mehr oder weniger exportiert. Neue Anbieter kommen hinzu, vor allem die Mongolei und Mozambique. Die Mongolei ist aus geografischen Gründen für China besonders attraktiv. Die Exporte könnten von 10 Mtce (2010) auf 30 Mtce (2016) anwachsen.

    Der Binnenmarkt 

    Der 12. Fünfjahresplan will den Anteil der Kohle in Chinas Energiemix bis 2015 von 70 auf 63% senken.

    Chinas Kohlenachfrage kommt vor allem aus dem Stromsektor. Das Land ist bereits heute der größte Stromproduzent der Welt, obwohl der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch mit 2,7 MWh noch weit unter dem Durchschnitt der Industrieländer liegt (OECD: 8,1 MWh).

    Etwa 40% der Kohle wird außerhalb der Kraftwerke genutzt, vor allem bei der Stahlproduktion (Kokskohle) sowie der Herstellung von Düngemitteln, Zement und Papier. Hier dürfte sich der Zuwachs aber abflachen, da das Gewicht der Schwerindustrie im chinesischen Industrialisierungspfad allmählich zurückgeht. Außerdem wird Kohle verstärkt durch Erdgas und Strom ersetzt.

    Kohlenachfrage

    DIE AUTOREN

    Johannes Trüby ist seit Februar 2010 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln. In seiner Forschungstätigkeit beschäftigt er sich sowohl mit Elektrizitätsmärkten als auch mit der Modellierung und Analyse von Ressourcenmärkten, insbesondere Steinkohle. Darüber hinaus ist er Koautor der Energieszenarien für das Energiekonzept der Bundesregierung und der Energieszenarien 2011. Während seines Aufenthaltes bei der Internationalen Energie Agentur arbeitete er am Medium Term Coal Market Report 2011 und am World Energy Outlook 2011 mit.

    Moritz Paulus ist seit 2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand im Bereich der Analyse europäischer Elektrizitätsmärkte und internationaler Kohlemärkte am Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln. Unter anderem arbeitete er an Beratungsprojekten und Studien für das Bundeskanzleramt und die Internationale Energie Agentur mit. Zudem ist er Koautor der Energieszenarien für das Energiekonzept der Bundesregierung und des Medium Term Coal Market Report 2011 der IEA. Er trug ebenfalls zu den Analysen der Kohlemärkte im World Energy Outlook 2011 bei.

    Carlos Fernández Alvarez, Bergbauingenieur, ist seit 2010 Senior Coal Analyst bei der Internationalen Energieagentur. Seine Karriere begann er als Berater im Energiesektor wo er hauptsächlich an Energiesystemmodellierung und Sicherheitsprüfung von Kernkraftwerken arbeitete. In 2001, nach zehn Jahren Beschäftigung im privaten Sektor wechselte er zur spanischen Regierung als Berater in Energiefragen. In 2003 wurde er zum stellvertretenden Leiter der Abteilung für Bergbau des Direktorats für Energie und Bergbau berufen. Anschließend wurde er in 2007 Direktor der Spanischen Kohleagentur wo er für den gesamten Kohlebergbausektor in Spanien zuständig war.

     

    chinesische-kohleimporte

    Die chinesische Kohlebranche befindet sich unterdessen in einem raschen Strukturwandel:

    1. Jährlich werden auf Anweisung Pekings Tausende kleiner Kohlegruben aus Effizienz- und Sicherheitsgründen geschlossen. Die großen staatlichen Kohlekonzerne gewinnen immer mehr an Einfluss.

    2. Viele klassische, verbrauchernahe Kohleregionen haben ihren Förderpunkt überschritten. Das Zentrum verlagert sich weiter nach Norden und Nordwesten. Die Innere Mongolei ist mittlerweile die wichtigste Kohleprovinz Chinas.

    3. Die Transportkosten nehmen dadurch zu, entweder per Schiene oder mit dem Küstenschiff. Alternativ wird die Verstromung vor Ort gefördert, vorausgesetzt, dass die Netzanbindung schnell erfolgen kann und dass ausreichend Wasser zur Verfügung steht – im Norden Chinas eher selten.

    4. Hohe Transportkosten, logistische Engpässe und Preisverzerrungen (teure Kohle – niedrige Strompreise) ließen die Kohleimporte der östlichen Provinzen rasch anschwellen. Noch 2008 hat China netto 5 Mio. Tonnen exportiert, aber schon ein Jahr später lagen die Importe bei 103,5 Mio. Tonnen, 2010 sogar bei 157 Mio. Tonnen. Das entspricht zwar nur 5% des chinesischen Kohlebedarfs, aber bereits 19% des globalen Kohleüberseehandels.

    Um das inländische Preisniveau und die Versorgung zu stabilisieren, greift Peking stark in den Außenhandel ein: Exportquoten und Exportsteuern werden immer wieder an die erwartete Marktlage angepasst. Auf Kohleimporte wird eine Einfuhrsteuer von 17% erhoben. Wichtige Bezugsländer für China sind Indonesien (für preiswerte Steinkohle), Australien (hochwertige Steinkohle und Kokskohle), Vietnam (hochwertige Steinkohle) sowie die Mongolei für Kokskohle. Die Sogkraft Chinas wächst: Selbst Südafrika, traditionell ein Versorger Westeuropas, orientiert sich nun Richtung China und Indien.

    Chinesische Importeure kaufen ihre rasch wechselnden Mengen überwiegend am Spotmarkt ein, was die Volatilität und Unsicherheit am Markt weiter verstärkt. Der marginale Preis in Ostasien ist mittlerweile der chinesische Inlandspreis, insbesondere CIF von Qinhuangdao im Norden zu den südostchinesischen Verbrauchszentren. Da die Preise in anderen Importländern niedriger liegen, sind die ehemals großen chinesischen Kohleexporte stark zurückgegangen.

    Vor dem Hintergrund des 12. und 13. Fünfjahresplans, wachsender Erdgasimporte, beginnender Schiefergasproduktion und immer wieder gefährdeter Erdölimporte wird die Kohlepolitik und Kohlebranche zahlreiche Veränderungen und Kurswechsel erleben. Dementsprechend volatil und unvorhersehbar wird sich der internationale Seekohlehandel entwickeln. Vom globalen Preisverfall bis zur Steinkohleverknappung sind alle Szenarien denkbar. Nur eine genauere Analyse der Situation zentraler Importländer wie China oder auch Indien könnte hier Aufschluss geben.

    Der IEA-Kohlebericht, der eine wichtige Bereicherung des energiepolitischen Diskurses darstellt, will sich in den kommenden Ausgaben verstärkt diesen Fragen widmen.

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    In unserer Reihe „Leser berichten“ schildert MdB Hans-Josef Fell Eindrücke und Gesprächsergebnisse seiner Chinareise im Dezember 2011. Herr Fell ist Mitglied des Bundestages und energiepolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.

    Gesprächsergebnisse und Beobachtungen aus China – Hans-Josef Fell, MdB, In Peking vom 6. bis 8. Dezember 2011

    CO2-Emissionen & Klimaschutz

    “Offensichtlich bereitet die chinesische Führung eine gesetzliche Kontrolle der CO2- Emissionen vor. Wie die China Daily am 7. Dezember berichtet gibt es eine regierungsamtliche Blaupause, die weitreichende Vorschriften für die nationale Ebene und die Provinzregierungen vorbereitet. So sollen national für jede Einheit des GDP 17 Prozent der Emissionen bis 2015 reduziert werden, auf der Basis von 2010. 2009 hatte die Regierung bereits beschlossen, die Kohlenstoffintensität bis 2020 um 40 bis 45 Prozent zu verringern.

    Die Auflagen der Provinzen hängen von deren Entwicklungsgrad ab. So sollen beispielsweise die industrieintensive Provinz Guangdong die Kohlenstoffintensität um 19,5 Prozent reduzieren, die unterentwickelten Provinzen Qinghai und Tibet dagegen nur 10 Prozent. Damit werden erstmals Ziele für die Kohlenstoffintensität für die Provinzen festgelegt und Teil der sozialen und ökonomischen Entwicklungsziele. Die Ziele basieren unter anderem auf Teilzielen der Steigerung der Energieeffizienz und des Ausbaus der Erneuerbare Energien. Lokale Behörden sollen verantwortlich gemacht werden für die Einhaltung der Ziele. Damit dürfte China bald das erste Land der Welt sein, welches ein nationales Klimaschutzgesetz hat.

    Auch wenn das Ziel der Kohlenstoffintensität zunächst noch weiteres Emissionswachstum zulässt, weil mit wachsendem GDP auch eine Zunahme der Emissionen verbunden ist, so kann dennoch dieses Gesetz mehr Bindungswirkung entfalten, als die Reduktionsziele wie sie beispielsweise in Deutschland oder der EU auf lediglich nationaler Ebene beschlossen sind.

    In Deutschland gibt es kein Klimaschutzgesetz, welches die Einhaltung dieser Ziele einfordert, geschweige denn Vorgaben für die einzelnen Bundesstaaten. Auch werden in Deutschland diese Ziele nicht an den Ausbau von Energieeffizienz und Erneuerbare Energien gebunden.

    Bekanntlich sind ja in Deutschland und der EU 2010 die Emissionen stark gestiegen, trotz beschlossener Reduktionsziele. Konsequenzen wurden daraus keine gezogen.

    Luftverschmutzung & Erneuerbare Energien 

    Wie stark China bemüht ist, einmal beschlossene Umweltgesetze und Zielvorgaben auch einzuhalten wurde am 6. Dezember klar: An diesem Tag gab es einen dicken Smognebel in Peking und die Grenzwerte für die Luftbelastung waren offensichtlich wieder überschritten. Kurzer Hand wurden einige der am meisten befahrenen Autobahnabschnitte gesperrt, um den Schadstoffausstoß zu reduzieren. Am nächsten Tag schien die Sonne wieder, die Luft war viel sauberer. Ob dies an der Autobahnsperrung lag, kann hier aber nicht beurteilt werden.

    Bei einem Gespräch mit Wan Lin, dem Vizedirektor der chinesischen General- Zertifizierungsbehörde wurde noch eine weitere, erstaunliche Dimensionen der aktiven Klimaschutzpolitik Chinas bekannt: Innerhalb der von den USA mit China beschlossenen gemeinsamen Aktivitäten zum Ausbau der Erneuerbaren Energien gibt es einen intensiven Austausch zwischen den US- und den Chinesischen Behörden zu Finanzierungsstrategien für den großflächigen Ausbau der Erneuerbaren. So werden gerade Finanzierungsmodelle erarbeitet, die den Aufbau von Gigawattparks für Fotovoltaik, Windkraft und andere Erneuerbare Energien realisieren sollen. China wird in naher Zukunft den weltweit größten Binnenmarkt für Fotovoltaik haben. Die im aktuellen Fünfjahresplan fünf Gigawatt Fotovoltaik bis 2015 werden möglicherweise ebenso übererfüllt, wie die Windkraftziele im letzten Fünfjahresplan, wo etwa 10 mal mehr Windkraft installiert wurde, als im Plan beschlossen. …

    Besorgniserregend ist allerdings, dass die europäische Ebene noch gar nicht involviert ist. Dies bedeutet, dass die europäischen Hersteller, Finanzierer und Regierungen offensichtlich gar nicht involviert sind und damit die Teilhabe am wohl größten Zukunftsmarkt der kommenden Jahre weitgehend an Europa vorbeigehen könnte.

    Windbranche – Missverständnisse in den Medien 

    Beim Gespräch mit Herrn He Dexin, dem gerade auf der Weltwindkonferenz in Kairo neugewählten Präsidenten des Weltwindverbandes, wurde ebenfalls die Kraft klar, die hinter dem weiteren beschleunigten Ausbau der Windenergie in China steckt. Im Moment werden gerade Strategien vorbereitet um die Netzengpässe zum Anschluss neuer Windparks zu überwinden. Dabei gibt es in China in Teilregionen bereits Konflikte mit den Betreibern von Kohlekraftwerken, die den Anschluss neuer Windräder blockieren. Da aber der Ausbau der Windkraft weiterhin vorrangehen soll, kann dies zumindest in Teilbereichen zukünftig zum Abschalten von Kohlekraft führen. Nach seiner Einschätzung verflacht sich auch bereits der Zubau neuer Kohlekraftwerke, was in den nächsten Jahren zu einem weitgehenden Erliegen des Neubaus führen könnte. Seiner Einschätzung nach habe auch CCS keine ökonomische Chance. Erste Pilotprojekte würden dies auch aufzeigen. Dennoch wird CCS noch von der Regierung unterstützt.

    Dass aktuell viele neue Windkraftanlagen in China nicht am Netz seien, sei ein im Ausland völlig übertrieben dargestelltes und missverstandenes Phänomen. Vor allem erklärte er dies mit den veröffentlichten Zahlen zweier konkurrierender Windkraftverbände, wobei der eine seine höhere Installationszahlen mit den gesamt errichteten Windkraftanlagen verbinde.

    Der andere Verband aber würde seine deutlich niedrigeren Zahlen mit den netzverbundenen Anlagen zusammenbringen. Die große Differenz der Zahlen seien auf die statistischen Erhebungen zu unterschiedlichen Zeiten und Erhebungsmethoden zurückzuführen. Leider mache die Weltpresse daraus eine erhebliche Falschmeldung, wonach die erhebliche Differenz der Angaben pauschal als nicht angeschlossene Windkraftanlagen bezeichnet würden, die also auch keinen Strom liefern würden.

    Natürlich gibt es wie oben bereits erwähnt, Engpässe, weil der Leitungsausbau manchmal nicht hinterherkommt. Dies wäre aber meist nur ein Zeitraum von Wochen, bis der Anschluss realisiert sei. Auch beschrieb er die durchaus vorhandenen technischen Mängel von chinesischen Herstellern als geringfügiges Übergangsphänomen. Die betroffenen Hersteller würden aus den technischen Mängeln sehr schnell lernen und sie Zug um Zug ausmerzen.

    Solartechnik 

    Anlass meines Besuches war die erste Messe Intersolar in China, Peking. Mit 250 Ausstellern und über 7000 Besuchern war die Messe auf Anhieb ein Erfolg, was erneut das große Interesse der Chinesen an der Solartechnik unterstrich. Im Sektor der solaren Warmwassererwärmung sind sie seit vielen Jahren längst Weltmeister in den jährlichen Neuinstallationen. Dies wird vielleicht schon in ein bis zwei Jahren auch für die Fotovoltaik gelten.

    Und erneut haben mich die elektrischen Zweiräder und elektrischen Lastendreiräder fasziniert. Es gibt schlicht keine Verbrennungsmotoren mehr an Zweirädern, sie sind leise und ohne Emissionen massenhaft verbreitet. Nur nachts muss man aufpassen, dass viele zum Stromsparen die Lichter ausmachen und sie man ja auch nicht hört. Ach ja und nach China musst ich fahren um zu erfahren, dass Frankfurt nun die ersten Elektrobusse des chinesischen Herstellers BYD testet.”

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    Chinesische Energiepolitik – eine Einführung (Teil 2) von Steffen Bukold (DCEB)  

    Teil und Teil2 finden Sie hier.

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    China Energy Briefing 

    Neben diesem kostenlosen China Energy Letter bieten wir auch das abonnementgebundene CHINA ENERGY BRIEFING an. Es liefert einen umfangreichen, systematischen und stärker praxisorientierten Überblick über die chinesischen Energiemärkte. Sie finden darin u.a. aktuelle Statistiken, einen breiten News-Überblick, Hintergrundinformationen und – auf Wunsch – kundenorientierte Sektionen. Näheres finden Sie auf unserer Webseite: http://www.dceb.de/china_energy_briefing/ Oder via Email und Telefon: bukold@dceb.de / 040.20911848

  • China Energy Briefing – Special: Windenenergiemarkt

    Eine Sonderausgabe des China Energy Briefing (nur für Abonnenten).

  • China Energy Letter Nr.2 – Energiepolitik und Energiemärkte

    Thema dieser Ausgabe:
    CHINA IM  WORLD ENERGY OUTLOOK 2011…
    S.1 Allgemeines
    S.4 Klimapolitik
    S.5 Erdöl & Ölpreise
    S.7 Erdgas & Gaspreise
    S.9 Kohle & Kohlepreise
    S.12 Strom & Erneuerbare Energien
    S.2 Über das DCEB
    S.13 Impressum
    China Energy Letter: Der Letter ist kostenlos erhältlich. Bitte senden Sie eine Email an bukold@energycomment.de, um in den Verteiler aufgenommen zu werden.
  • China Energy Letter Nr. 2 – China im WEO 2011

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    Am 9. November 2011 erschien der Weltenergieausblick, der World Energy Outlook 2011 (WEO 2011). Er wird von der wichtigsten Energiebehörde der Industrieländer herausgegeben, der IEA (Internationale Energieagentur) mit Sitz in Paris. Wir stellen in dieser Ausgabe des DCEB China Energy Letter einige Erkenntnisse und Daten des Berichts vor.

    Der WEO wird häufig als “Bibel” oder “Fibel” der westlichen Energiepolitik bezeichet. Dem eigenen Anspruch nach liefert er nur Daten und zeigt Szenarien auf, aber in der Wahrnehmung der Medien und der Politik liefert er eine Vielzahl von Prognosen und indirekten Empfehlungen. Zudem ist er eine Fundgrube interessanter Informationen und Hintergründe.

    Die zentrale Stellung der Szenarien im WEO-Bericht und die plausible Annahme, dass die IEA kein Szenario hervorheben würde, das sie selber für unrealistisch hält, führen dazu, dass die Daten wie Prognosen interpretiert und weltweit zur Grundlage energiepolitischer Planungen gemacht werden. Mit seinen 660 Seiten ist der WEO 2011 der Hauptbericht der Internationalen Energieagentur (IEA). Er erscheint jährlich im Spätherbst und deckt alle Energieträger ab, ergänzt um jährlich wechselnde sachliche oder regionale Schwerpunkte. Der Schwerpunkt liegt auf den Prognosen für die Jahre 2010 bis 2035.

    China wird im WEO seit etwa fünf Jahren immer stärker beachtet. Das galt zunächst für klimapolitische Themen. Mittlerweile hat China aber auch in den meisten Energiemärkten eine wichtige, wenn nicht gar zentrale Rolle erobert. Das galt zunächst für den Ölmarkt und Kohlemarkt. Mittlerweile auch für regenerative Energien und zunehmend auch den Erdgasmarkt.

    Auf den folgenden Seiten werden einige zentrale Ergebnisse des Berichts vorgestellt. Dabei wird die chinesische Entwicklung grafisch in den Kontext der globalen Trends gestellt. Wir konzentrieren uns dabei auf das Hauptszenario der IEA (“New Policies Scenario”). Es unterstellt, dass die aktuell beschlossenen oder fest eingeplanten energiepolitischen Programme auch tatsächlich umgesetzt werden.  Für China bedeutet das vor allem die Umsetzung der Ziele des 12. Fünfjahresplans (2011- 2015). Demnach soll die Energieintensität der Wirtschaft um 16% fallen, und der Anteil nichtfossiler Energie soll von 8,3% (2010) auf 11,4% (2015) zulegen. Erdgas, Atomenergie und erneuerbare Energien werden stark gefördert.

    Das IEA-Szenario hätte vor 2008 noch als etwas zu pessimistisch gegolten, aber seit der Finanzkrise ist es wohl tendenziell eher zu optimistisch, da die energiepolitischen Reformanstrengungen seither weltweit reduziert wurden. Wer sich näher mit dem WEO 2011 beschäftigen will, findet eine detaillierte Analyse im DCEB China Energy Briefing und natürlich im Originalbericht der IEA (120 Euro). Details zur Bestellung bei der IEA und eine kostenlose Zusammenfassung in verschiedenen Sprachen finden Sie auf der Webseite der IEA (www.iea.org) und hier: http://iea.org/w/bookshop/b.aspx?new=10

    Allgemeine Rahmenbedingungen

    Schon im Vorwort des WEO 2011 wird auf den kritischen Pfad hingewiesen, auf dem sich die globale Energieversorgung zur Zeit befindet: Wachsende Energieintensität (d.h. mehr statt weniger Energieverbrauch pro GDP-Einheit), die Krise der Atomenergie (Fukushima), Krisen in der Ölversorgung (Libyen etc.) und eine immer geringere politische Aufmerksamkeit für Energie- und Klimaziele als Folge der Dauerkrise auf den Finanzmärkten.

    Jedoch: Die Herausforderungen für die Energieversorgung nehmen weiter zu. Die Weltbevölkerung wird bis 2035 um 1,7 Mrd. Menschen wachsen. Die Weltwirtschaft wächst im Hauptszenario um 3,5% pro Jahr (China: 5,9%). Der weltweite Primärenergiebedarf steigt von 12.150 Mio. Tonnen Öläquivalente (Mtoe) im Jahr 2009 auf 16.950 Mtoe im Jahr 2035, also um 40% bzw. 1,3% pro Jahr. Der Konjunktureinbruch 2009 ist im langfristigen Trend kaum erkennbar.

    2-weo11

    In diesem dynamischen Prozess spielen die Industrieländer nur noch eine Statistenrolle. An die 90% des Bevölkerungswachstums, 70% des Wirtschaftswachstums und 90% des zusätzlichen Energieverbrauchs finden außerhalb der OECD (Industrieländer) statt.

    China ist bereits seit 2009 der größte Energieverbraucher der Welt. Etwa 30% des zusätzlichen globalen Energiekonsums (2010-2035) entfallen auf das Reich der Mitte. Sein Weltmarktanteil steigt dadurch von 11% (2000) über 19% (2009) auf 23% (2035). Trotzdem wird der Pro-Kopf-Verbrauch auch dann noch mehr als 50% unter dem amerikanischen Niveau liegen.

    Das Schaubild zeigt den prägenden Einfluss Chinas in fast allen Verbrauchssektoren.

    2-incremental

    Energiewende nicht in Sicht – Klimaziele kaum noch erreichbar

    Der Beitrag der fossilen Energieträger (Öl, Gas, Kohle) zur Primärenergieversorgung der Welt wird in den nächsten 25 Jahren nur leicht von 81% auf 75% zurückgehen, obwohl es den erneuerbaren Energien (“Renewables”) gelingen könnte, zumindest beim Strom knapp die Hälfte der neuen Kapazitäten bereitzustellen.

    Die Tür zum klimapolitischen 2-Grad-Ziel schließt sich in diesen Jahren. Im Hauptszenario würden die Temperaturen um 3,5 Grad steigen. Die CO2-Emissionen Chinas werden von 7,5 Gt auf 10,3 Gt steigen, wobei sich der Zuwachs nach 2020 stark verlangsamt. Die Emissionen pro Kopf werden dann in etwa auf OECD-Niveau, aber noch deutlich unter US-Niveau liegen.

    Das erste Schaubild zeigt die Summe der Emissionen im Untersuchungszeitraum. Die Kreise im zweiten Schaubild veranschaulichen die Emissionen im Jahr 2035.

    kumulative-co2-emissionen

    Erdöl

    China wird zum größten Ölnachfrager der Welt. Das Gewicht verschiebt sich dabei immer stärker Richtung Verkehr, vor allem LKW- und PKW-Verkehr.

    Auch in Indien und im ölreichen Nahen Osten wird der Ölverbrauch massiv wachsen. In den alten Industrieländern wird der Bedarf dagegen immer weiter zurückgehen, vor allem dank effizienterer Fahrzeugflotten.

    Die IEA rechnet global mit einem moderat wachsenden Ölbedarf. Er soll von 86,7 Mio. Barrel pro Tag (mb/d) im Jahr 2010 auf 99,4 mb/d (2035) expandieren. In China sind die Werte 8,9 mb/d (2010) bzw. 14,9 mb/d (2035). Da der Bedarf der USA schrumpft, wird China 2035 der größte Ölverbraucher der Welt sein.

    ölnachfrage-nach-sektor

    Die Hoffnungen des Ölmarktes ruhen auf sieben Ländern, die als einzige in der Lage sind, ihre Ölförderung nennenswert auszubauen: Irak, Saudi-Arabien, Brasilien, Kanada, Kasachstan und Venezuela; hinzu kommt der weltweite Anbau von Biokraftstoffen.

    China ist zur Zeit noch der fünftgrößte Ölproduzent der Welt, aber das wird sich bald ändern: Die Ölförderung ist kurz vor dem Peak und wird bis 2035 von 4,2 auf 2,3 mb/d einbrechen.

    ölangebot-2010-2035

    Die Folge ist eine verschärfte Abhängigkeit von Ölimporten. China wird ebenso wie Indien und die EU nur noch einen Bruchteil seines Bedarfs im eigenen Land produzieren können. Nur die USA können sich zunehmend selbst und aus dem nahen Kanada versorgen.

    Öl und Verkehr

    Der Energieverbrauch im Verkehr wird global um 43% zunehmen. Auf China entfällt davon ein Anteil von einem Drittel.

    Global werden 2035 60 mb/d bzw. knapp zwei Drittel des globalen Ölangebots im Verkehr verbrannt. Das sind 14 mb/d mehr als heute. China spielt auch hier eine wichtige Rolle. Schon heute ist das Land der größte Automobilmarkt der Welt. Die Verkäufe stiegen in kurzer Zeit von 1 Mio. (2000) auf 14 Mio. Fahrzeuge (2010).

    pkw-verkäufe-china

    Trotzdem ist die PKW-gestützte Mobilität auch 2035 noch weit unter dem Niveau der EU oder gar der USA. Heute besitzen 30 von 1000 Chinesen einen PKW. In der EU sind es knapp 500, in den USA 700 von 1000.

    Die Geschwindigkeit der zukünftigen Entwicklung ist höchst ungewiss. Schon jetzt zeigen sich innerhalb Chinas große Unterschiede. Bei vergleichbarem Wohlstand ist die PKW-Dichte pro Einwohner in Beijing 3mal so hoch wie in Shanghai. Stadtplanung und Verkehrspolitik werden eine entscheidende Rolle spielen.

    pkw-flotten

    Erdgas

    Erdgas ist der einzige fossile Energieträger, der in den nächsten zwei Jahrzehnten Marktanteile erobern wird. Ähnlich wie bei Kohle ist die Reserven- und Ressourcenlage vielversprechend. In China spielte Gas bislang keine große Rolle. Aber das soll sich schon im laufenden Fünf-Jahres-Plan ändern. Von 100 Mrd. Kubikmeter (bcm) in 2010 soll der Verbrauch bis 2015 auf 200 bcm und bis 2035 auf 500 bcm pro Jahr zulegen. Erdgas könnte dann 11% der chinesischen Primärenergie bereitstellen.

    erdgas-regionen

    Der Zuwachs konzentriert sich auf die Stromerzeugung und die Versorgung privater Haushalte.

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    Anders als bei Öl wird es Chinas Gasbranche vermutlich gelingen, den größten Teil davon im eigenen Land zu fördern. Die Mengen könnten von 85 bcm (2009) auf 290 bcm (2035) wachsen. Dabei spielt die Erschließung von unkonventionellem Gas (CBM aus Kohleminen; Shale Gas aus dichtem Gestein) eine zentrale Rolle. Nur Russland wird in der Lage sein, seine Gasförderung noch stärker als China auszudehnen.

    Trotzdem wird der Importbedarf steigen. Pipelines aus Russland, Kasachstan und Turkmenistan sowie eine große Zahl von LNG-Flüssiggasterminals an der Ostküste werden die Lücke von 210 bcm (2035) schließen. Noch stärker wird nur die EU von Gasimporten abhängen.

    erdgasimporte

    Kohle

    Der globale Ausblick für Kohle ist äußerst ungewiss. Sie steht in direkter Konkurrenz zu Erdgas und den erneuerbaren Energien. Gleichzeitig hängt ihre betriebswirtschaftliche Attraktivität stark von der Höhe der CO2-Kosten und dem regulatorischen Ausblick ab. Die IEA rechnet in ihrem Hauptszenario damit, dass der Kohleverbrauch noch bis 2020 zunimmt und dann bei etwa 5,8 Mrd. Tonnen pro Jahr stagniert.

    Der Anteil Chinas am Weltmarkt ist in den letzten zehn Jahren rasant von 27% auf 47% gestiegen, sowohl bei der Weltproduktion als auch beim Verbrauch. Daran wird sich auch in den nächsten Jahrzehnten wenig ändern. Der Konsum in China wird bis 2020 noch einmal um ein Drittel steigen und sich dann bei bei 2,8 Mrd. Tonnen stabilisieren.  Nur Indien wird eine ähnliche Dynamik aufweisen. In den USA und in der EU wird der Einsatz der Kohle dagegen schrumpfen.

    kohlenachfrage-regionen

    Neben der Stromerzeugung spielt Kohle eine wichtige Rolle in der Schwerindustrie, die im vergangenen Jahrzehnt extrem expandierte. Höhere Effizienz, stärkerer Einsatz von Erdgas und die Verlagerung zu konsumnahen Branchen werden den Kohleverbrauch in diesen Branchen allerdings reduzieren.

    Die globalen Kohlereserven übersteigen die Gas- und Ölreserven um das 3,2fache bzw. 2,5fache. Sie liegen beim 150fachen der Produktion von 2009. Eine Verknappung ist in diesem Jahrhundert nicht zu erwarten, dafür aber eine deutliche Kostensteigerung, da die Inputfaktoren (v.a. Öl) teurer geworden und die attraktivsten Vorkommen erschöpft sind.

    China hat nach den USA die größten Kohlereserven der Welt mit 180 Mrd. Tonnen Steinkohle und 10 Mrd. Tonnen Braunkohle. Das entspricht in etwa dem 70fachen aktuellen Verbrauch. In den westlichen Landesteilen und in tieferen Schichten dürften jedoch noch weitere Vorkommen vorhanden sein.

    kohlereserven

     

    Ihre Erschließung ist allerdings teuer und der Transport zu den Kraftwerken aufwendig. Die Preisarbitrage und logistische Probleme entscheiden letztlich darüber, ob China zum Kohleimporteur oder zum Kohleexporteur wird.

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    In den letzten drei Jahren wurde immer mehr Kohle importiert. In 2010 waren es 126 Mio. Tonnen. Die Mengen entsprechen zwar nur fünf Prozent der eigenen Förderung, aber schon das reichte aus, die weltweiten Kohlepreise nach oben zu treiben. Der WEO rechnet mit einem weiteren Anstieg der Import bis auf 185 Mio. Tonnen (2015), dann aber mit einem deutlichen Rückgang.

    china-kohleimporte

    Strom & Erneuerbare Energien

    Die Stromerzeugung wird global bis 2035 um 57% zulegen. Der Anteil des Stroms am Primärenergieverbrauch steigt dadurch von 38% auf 42%. Dazu tragen insbesondere die erneuerbaren Energien mit einer Zunahme der Stromproduktion von 3900 TWh (2009) auf 11.100 TWh (2035) bei (zum Vergleich: Ein großes Kohlekraftwerk erzeugt etwa 6 TWh pro Jahr). Je ein Drittel dieses Zuwachses entfallen auf Windenergie und Wasserkraft. Die Erneuerbaren (inkl. Hydroenergie) liefern 44% der zusätzlichen Strommengen in den kommenden 25 Jahren.

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    Im Jahr 2035 wird knapp 30% des globalen Stromverbrauchs in China stattfinden. Kohle bleibt bis mindestens 2035 das Rückgrat der Strombranche, aber der Mix wird im Vergleich zum Jahr 2009 vielfältiger. Erneuerbare Energien (Wasserkraft, Wind, Solar) werden 2035 einen Marktanteil von 20% haben.

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    China wird schon in wenigen Jahren der größte Stromproduzent aus erneuerbaren Energien sein. Dafür ist vor allem die Hydroenergie mit ihren großen Staudammprojekten verantwortlich. Zieht man diese Branche ab, erzeugt China in 25 Jahren etwa genauso viel Strom aus den (non-hydro) Erneuerbaren wie die EU.

    erneuerbare-energien-china

    Quelle der Charts: IEA: World Energy Outlook 2011, Paris 2011.

    Quelle des Textes: Steffen Bukold: China Energy Letter Nr.2, Hamburg 2011

  • China Energy Letter 1 (Oktober 2011)

    Oktober 2011

    (Unten sehen Sie die Textform; das PDF bitte anfordern)

    China Energy Letter Nr.1 21.Oktober 2011

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    INHALT

    S.1 Vorstellung des DCEB
    S.2 Internationale Energiemärkte
    S.3 Energiestatistik
    S.4 Fahrzeugmarkt/Verkehr
    S.6 News: International
    S.7 News: National
    S.9 Special: Chinas Energiepolitik
    S.10 Impressum

     

     

     

     

     

    Willkommen!

    Dies ist der erste China Energy Letter des DCEB. Hier werden Sie mit wechselnden Schwerpunkten und festen Rubriken über die Energiemärkte Chinas und die wichtigsten Akteure in diesem Feld informiert.

    Wollen Sie in unseren kostenlosen Verteiler aufgenommen werden? Eine kurze Email mit Name und Anschrift genügt: Schreiben Sie an info@dceb.de

    Falls Sie noch ausführlicher, stärker praxisorientiert und systematischer über Hintergründe und Trends in China informiert werden wollen, empfehlen wir Ihnen unser China Energy Briefing.

    Über das DCEB

    Am 16. August 2011 wurde in Hamburg das DCEB gegründet, das Deutsch-Chinesische Energiebüro. Es widmet sich den Energiemärkten und der Energiepolitik Chinas, wobei neben Energie im engeren Sinn auch relevante Entwicklungen in angrenzenden Sektoren wie Verkehr, Städtebau, Klima- und Wirtschaftspolitik vorgestellt werden.

    Das DCEB wendet sich mit seinem Informations- und Beratungsangebot:

    – an Unternehmen und Verbände, die in diesen Sektoren tätig sind oder dies planen

    – an politische Akteure im Bereich Energie- und Klimapolitik, Außen- und Sicherheitspolitik

    – an NGOs mit Schwerpunkt Energie oder China

    – an überregionale Medien, die fundiert über China berichten wollen.

    Die Angebote des DCEB umfassen:

    1. Regelmäßige Veröffentlichung von Newslettern: China Energy Briefing (für Abonnenten) und China Energy Letter (kostenlos)

    2. Seminare/Vorträge: Ab Winter 2011 bietet das DCEB Seminare und Vorträge an.

    3. Portal: Wer macht was? Wir bieten Akteuren und Interessenten aus Wirtschaft, Politik und Forschung die Möglichkeit, sich über das DCEB und die Newsletter zu präsentieren und auszutauschen.

    4. Beratung und Forschung: Das DCEB berät Politik, Wirtschaft und Forschung bei strategischen Fragen. Welche Markttrends, welche energiepolitischen Herausforderungen, welche Forschungsfragen zeichnen sich ab?

    5. Fachübersetzungen: Qualitativ hochwertige Übersetzungen zu Energie-, Verkehrs- und wirtschaftspolitischen Themen Deutsch-Chinesisch und Chinesisch-Deutsch.

     

    UMFELD: DIE INTERNATIONALEN ENERGIEMÄRKTE

    Internationaler Kohlemarkt

    Die Kohlepreise setzten in den letzten Wochen ihre Seitwärtsbewegung fort. In Rotterdam mussten 121 Dollar für eine Tonne gezahlt werden. Die Preise bleiben hier schon seit fast einem Jahr in der Spanne zwischen 120 und 130 Dollar. In Australien liegen sie ähnlich hoch, nachdem die Schäden der Flutkatastrophe des vergangenen Winters überwunden wurden.

    In China gaben die Preise für den Kohlehafen Qinhuangdao in den letzten Wochen von über 140 auf 134 $/t nach. Die chinesischen Einkäufer halten sich auch nach der “Goldenen Woche” noch zurück.

    Die europäischen Kohlelager sind gut gefüllt. Der Verbrauch in Deutschland ist wegen des milden Wetters und des hohen Wind- und Solarenergieangebots unter Durchschnitt.

    CHART: Internationale Kohlepreise

    kohlepreise1

    Internationaler Gasmarkt

    Die Gasmärkte zeigen sich weitgehend unbeeindruckt von den globalen Konjunkturängsten. Lediglich im abgeschotteten US-Markt fielen die Gaspreise von 4,5 $/MMBtu (= 1000 Kubikfuß) auf nur noch knapp über 3,5 $/MMBtu. In Europa blieben die Spotpreise dagegen fest bei um die 10 $/MMBtu, während die ölpreisindizierten Gasverträge bei teuren 13,6 $/MMBtu lagen.

    Importe nach China und Japan setzten hingegen ihren steilen Anstieg fort und notierten im Oktober sogar bei 17,5 $/MMBtu. Mit anderen Worten: Gasimporte in Ostasien waren fünf Mal (!) so teuer wie Gas in den USA. Dieses Gefälle wird immer stärkere industrielle Konsequenzen haben: Schon jetzt siedeln sich immer mehr petrochemische Fabriken in den USA an. Die Deindustrialisierung des Mittleren Westens scheint wegen der niedrigen Rohstoffpreise gestoppt.

    CHART: Internationale Gaspreise

    gaspreise-1

    Internationaler Ölmarkt

    Die Weltölpreise (d.h. Brentöl) stabilisierten sich mit 112 Dollar pro Fass ($/b) zuletzt wieder deutlich über 100 Dollar. Öl hat sich von der Misere der Finanz- und Bankenwelt abgekoppelt und spiegelt vor allem die aktuellen (Libyen, Nigeria) und befürchteten Versorgungsprobleme (Iran, Peak Oil) wider.

    Wie beim Gas hat auch hier die USA eine Sonderrolle: Da die steigende Ölproduktion im Mittleren Westen und in Kanada mangels Pipelinekapazitäten nicht exportiert werden kann, bleiben die Preise für WTI-Rohöl etwa 25 $/b unter dem Weltmarktniveau.

    Chart: Ölpreise

    ölpreise-1

    CHINA KONJUNKTUR + ENERGIEMARKT + ENERGIEAUSSENHANDEL

    China Konjunktur

    Die aktuellen Konjunkturindikatoren zeigen keine Abschwächung. Zahlen für September 2011 gegenüber

    Vorjahresmonat:

    Industrieproduktion: +13,8%

    Einzelhandel: +17,7%

    Produzentenpreisindex (PPI): +6,5%

    Konsumentenpreisindex (CPI): +6,1%

    Bruttosozialprodukts drittes Quartal ggü. Vj.: 9,1%

    Anlageinvestitionen (ohne ländl. Haushalte) Jan- Sep 2011: +24,9% gegenüber Vorjahr

     

    china-gdp

    Chart: WSJ

     

    China – Energieimporte

    Chinas Einfuhr von Öl, Gas und Kohle bleibt robust. Das zeigen die jetzt veröffentlichten Daten für die Monate August und September. Von einer Konjunkturabschwächung ist nichts zu spüren. Vielmehr scheint sich eine Phase des Lagerabbaus dem Ende zu nähern.

    China – Ölmarkt

    Der Ölbedarf Chinas wächst seit dem Sommer moderater als erwartet, steht aber immer noch für etwa die Hälfte des globalen Zuwachses. Im September stieg die Nachfrage je nach statistischer Basis um 1-2% gegenüber dem allerdings ungewöhnlich starken Vorjahresmonat auf 8,9 mb/d (Millionen Fass pro Tag).

    Für das Gesamtjahr wird ein Anstieg von 5% erwartet.

    Wie immer ist die tatsächliche Endnachfrage unklar, da keine genauen Lagerdaten veröffentlicht werden. Die chinesischen Netto-Rohölimporte liegen laut NDRC mit 189 mt bislang in diesem Jahr 9,5% höher als im Vorjahreszeitraum.

    China – Ölförderung

    Chinas eigene Ölförderung fiel im August um 2%, v.a. wegen der Probleme in Offshore-Feldern in der Bohai-Bucht. Mehrere Lecks an den Anlagen des Feldes Peng Lai und behördliche Auflagen legen nach wie vor einen großen Teil der Förderung von 150.000 b/d lahm.

    Im September ging die Produktion noch weiter auf 3,97 mb/d und damit um 5,2% gegenüber dem Vorjahr zurück. Wiederum waren Lecks und technische Probleme an Offshore-Feldern die Ursache.

    Chinesischer Kohlemarkt

    Die Kohleimporte zogen im August stark an auf 16,6 Mio. Tonnen (mt). Hauptlieferant für Kesselkohle war erneut Vietnam, während die Kokskohle aus Indonesien und Australien kam.

    Hintergrund der starken Nachfrage ist die alljährliche zweiwöchige Stilllegung der “Kohlebahn” von Daqin Railways. Diese Strecke führt von Datong (Shanxi) über mehrere kohlereiche Regionen bis zum wichtigsten chinesischen Kohlehafen Qinhuangdao. Ein zweiter Faktor, der Importe unterstützt, ist ein schweres Grubenunglück von China Coal in Shanxi.

    Kohleproduktion Chinas wächst weiter sprunghaft

    Laut NEA stieg die Kohleförderung im August um 14% gegenüber dem Vorjahr auf 323 mt (Millionen Tonnen). In den ersten acht Monaten 2011 wuchs sie um 12% auf 2.396 mt. Parallel dazu bauten die wichtigsten Eisenbahnen und Häfen ihre Kapazitäten aus.

    Etwa 55% des Angebots wanderte in Kohlekraftwerke, etwas über 15% in die Stahlindustrie, knapp 15% in die Zementindustrie und andere Baustoffbranchen, weitere 5% in die Kohlechemie.

    China exportierte im Zeitraum Januar-September 2011 insgesamt 12,2 mt und importierte 120 mt Kohle (+1,9% ggü. 2010).

    Chinas Erdgasmärkte

    China verbrauchte in den ersten acht Monaten des Jahres 84,2 bcm Erdgas (Mrd. Kubikmeter). Das sind 21,7% mehr als vor einem Jahr.

    Die chinesischen Gasimporte fielen im August gegenüber Juli von 2,9 auf auf 2,6 bcm bzw. 1,89 Mio. Tonnen LNG (Flüssiggas).

    Gegenüber dem Vorjahr lagen die LNG-Einfuhren über die vier großen LNG-Terminals 5,5% höher. Etwa 40% der Einfuhren kam über die Pipeline aus Turkmenistan.

    Chinesischer Strommarkt

    Die Bruttostromproduktion wuchs im September um 11.5% gegenüber dem Vorjahr auf 386,1 Mrd. kWh. Die Wachstumsdynamik hat damit leicht nachgelassen. Aus thermischen Kraftwerken (insb. Kohle) kamen 314,6 Mrd. kWh, aus Atomkraftwerken 7,69 Mrd. kWh.

    Der Strom aus Wasserkraft fiel deutlich um 20,2% auf 56,85 Mrd. kWh aufgrund geringer Regenfälle im Süden und Südwesten des Landes.

    (Aktuell) Gipfel der EU mit China wegen Euro-Krisentreffen abgesagt

    (AFP 21.Okt.2011 )–Ein für Dienstag geplantes Gipfeltreffen der Europäischen Union mit China ist wegen der Serie von Krisenberatungen zur Euro-Schuldenkrise abgesagt worden. In einem Telefonat des EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy mit dem chinesischen Regierungschef Wen Jiabao einigten sich beide Seiten darauf, rasch einen neuen Termin für das Treffen zu finden, wie am Freitag in Brüssel mitgeteilt wurde.

    Automobilmarkt

    Im August lagen die PKW-Verkäufe in China “nur” noch 7,5% über dem Vorjahr. Auch in Deutschland wurde im August/September dieser Wert erreicht.

    Chinas Motorisierungstempo normalisiert sich damit gegenüber dem sprunghaften Anstieg der Vorjahre, als Zuwächse von 20-30% pro Jahr an der Tagesordnung waren.

    Die Gründe sind v.a. politischer Natur: In großen Städten wird es schwierig, eine Zulassung zu erhalten; die steuerlichen Anreize laufen aus und die Benzinpreise liegen auf Weltmarktniveau. Im September gab es jedoch eine starke Erholung, da Kaufentscheidungen vorgezogen wurden. Der Absatz stieg gegenüber dem schwachen August um 22,7% auf 1,28 Mio. Fahrzeuge.

    Der Kauf der meisten Modelle mit einem Verbrauch unter 6,9 Liter/100km wurde seit dem vergangenen Jahr staatlich mit 3000 Yuan (342 Euro) gefördert. Bis heute wurde damit der Erwerb von 2,5 Mio. Fahrzeugen subventioniert.

    Chart: Chinesischer Automobilabsatz

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    Ab diesem Oktober fallen jedoch die meisten Fahrzeugtypen aus der Förderung heraus, da dann verschärfte Anforderungen in Kraft treten. Zum Beispiel dürfen Fahrzeuge in der Gewichtsklasse zwischen 1,2 und 1,32 Tonnen nur noch 6,3 Liter/100km verbrauchen. Bei höherem Gewicht dürfen maximal 6,7 Liter/100km verbrannt werden.

    Der Absatz dürfte nach diesem Vorzieheffekt im September wieder fallen. Für 2011 wird ein Absatzplus von nur noch 3% erwartet. Das entspräche hochgerechnet 18,4 Mio. Fahrzeugen. China wäre also immer noch mit Abstand der größte Automarkt der Welt weit vor den USA (2010: 11,6 Mio.).

    Von Januar bis September lag der Zuwachs noch bei 6,4%. 2009 stiegen die Autoverkäufe um sagenhafte 46% gegenüber 2008; 2010 legten sie 32% zu. Das Schaubild verdeutlicht die Abflachung: Die Autoverkäufe stagnieren (rechts), während der Benzinverbrauch zwar gegenüber 2010 höher liegt, aber im Jahresverlauf 2011 bislang seitwärts tendiert.

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    Benzin- und Dieselrichtpreise werden gesenkt

    Der NDRC hat zum ersten Mal in diesem Jahr die Spritpreise um durchschnittlich 3,5% gesenkt. Es ist die erste Anpassung seit April. Peking reagiert auf die international niedrigeren Rohölpreise. Zudem werden dadurch der Inflationsdruck verringert und die Margen der Raffineriebetreiber verbessert.

    Innovation im Verkehr: LNG-Fahrzeuge auf Straßen und Flüssen

    Fahrzeuge können nicht nur mit komprimiertem Erdgas (CNG) oder “Autogas” (LPG) angetrieben werden, sondern auch mit flüssigem, stark gekühltem Erdgas (LNG=Liquefied Natural Gas). Das ermöglicht eine weitaus größere Reichweite und einen kleineren Tank. Zudem ist LNG billiger als Diesel.

    Petrochina schätzt, dass Ende 2010 knapp 6.000 LKW und Busse LNG-Antrieb hatten. Ende 2011 soll die Zahl auf 30.000 gestiegen sein.

    Auch im Schiffsverkehr auf dem Yangtze kommt LNG zum Einsatz. Mehrjährige Testfahrten wurden 2010 abgeschlossen. Insbesondere Kunlun Energy (Petrochina) verfolgt einen aggressiven Ausbauplan für LNG-Tankterminals für Schiffe. Der potenzielle Markt ist groß: Auf dem Yangtze gibt es täglich 150.000 Schiffsbewegungen.

    IEA CHARTS

    NEWS: INTERNATIONAL

    Überraschend Spannungen zwischen China und Myanmar

    Das international weitgehend isolierte Nachbarland Chinas hat den Bau Myitsone Damms am Irrawaddy überraschend vorläufig gestoppt. Das 3,6 Mrd. Dollar teure Projekt, das ab 2019 eine Kapazität von 6 GW erreichen sollte, wird von chinesischen Unternehmen gebaut und vorfinanziert.

    Es ist in Myanmar heftig umstritten. Ähnlich starke Proteste gibt es gegen den Bau von zwei Öl- und Gaspipelines durch Myanmar Richtung Südchina. Für China ist Myanmar nicht zuletzt wegen seiner geografischen Lage für Energieimporte ein wichtiger Verbündeter. Beobachter vermuten, dass das Regime im früheren Burma mit dem Projektstopp auch seine außenpolitische Unabhängigkeit gegenüber China demonstrieren will.

    Kitimat genehmigt

    Kanadische Behörden haben dem Kitimat LNG-Terminal grünes Licht gegeben. Kitimat würde 5 Mrd. Dollar kosten und könnte den Startschuss für kanadische Gasexporte Richtung Ostasien geben.

    Bislang wurden kanadisches Gas und kanadisches Öl nur in die USA exportiert. Wie bei den Ölexporten gewinnt aber auch beim Gas der Absatzmarkt China an Attraktivität, da hier weitaus höhere Preise erzielt werden können. Die Gaspreise in Japan/China sind drei bis vier Mal höher als in den überversorgten USA.

    China und Kasachstan: Dritte Pipeline beschlossen

    Die Gasleitung “Line C” wird in den Jahren 2012-2014 gebaut und ergänzt die beiden bereits bestehenden Pipelines, die Zentralasien mit China verbinden. Die Kapazität steigt dadurch von derzeit 30 bcm auf 55-60 bcm pro Jahr. Das entspricht in etwa der Hälfte des aktuellen chinesischen Gasbedarfs.

    Spannungen im Südchinesischen Meer (Öl- und Gasexploration)

    Zwischen China, Taiwan, Vietnam, Indonesien, Brunei, Malaysia und den Philippinen gibt es immer wieder heftige, gelegentlich gewaltsame oder Gewalt androhende Auseinandersetzungen über Hoheitsansprüche im Südchinesischen Meer.

    Peking beansprucht bislang den größten Teil der Seeregion, nach einigen Karten bis hin zur Küste Indonesiens. Besonders umstritten sind die Gebiete um die Spratly- und Paracel-Inseln, denn hier werden große Öl- und Gasvorkommen vermutet.

    Nun wurde auch Indien in den Konflikt gezogen, da die indische ONGC Videsh und die vietnamesische PetroVietnam in zwei Regionen explorieren, die von China beansprucht werden. Peking hat Indien ernste Konsequenzen angedroht, falls die Aktivitäten fortgesetzt würden.

    Neu-Dehli und Hanoi weisen die chinesische Kritik zurück. In den letzten Tagen fanden hochrangige bilaterale Gespräche zwischen Peking und Hanoi statt, um die Spannungen abzubauen. Laut Xinhua gelang es, eine Reihe prozeduraler Fragen zu lösen.

    M&A: Sinopec bietet für kanadische Daylight

    Sinopec bietet 2,1 Mrd. Dollar für den kanadischen Öl- und Gaskonzern. Der Versuch eines Friendly Takeover ist ungewöhnlich, da chinesische Konzerne bislang den Kauf von Minderheitenanteilen oder von Assets bevorzugten.

    Daylight besitzt nur konventionelle Vorkommen mittlerer Größe, allerdings im potenziell für Exporte nach China wichtigen Westen des Landes.

    Sinopec setzt damit seine Serie von großen Akquisitionen fort (Repsol-Assets in Brasilien, Occidental-Assets in Argentinien, Addax (u.a. Westafrika, Irak).

    Erdgas: Endlosverhandlungen mit Russland

    Auch nach fünfjährigen Verhandlungen und dem jüngsten Besuch Putins in Peking konnten sich die beiden Länder nicht auf einen Preis für die geplanten russischen Erdgasimporte einigen.

    Im Prinzip ist vereinbart, dass Russland ab 2015 dreißig Jahre bis zu 68 bcm (Mrd. Kubikmeter) Erdgas aus Ostsibirien über eine Pipeline nach China exportiert. Moskau erwartet einen Preis um die 300 Dollar je 1000 Kubikmeter und eine Ölpreisbindung wie für die Exporte nach Westeuropa. China bot anscheinend bislang 200 Dollar, mittlerweile wohl 250 Dollar und lehnt eine Ölpreisbindung ab.

    Die jüngsten Preiskonflikte bei den Ölimporten konnten hingegen gelöst werden. Russland liefert 300.000 b/d Öl seit Anfang des Jahres.

     

    Turkmenistan hat das zweitgrößte Gasfeld der Welt

    Nach unabhängigen Bewertungen (GCA) enthält das turkmenische Feld South Iolotan 21.200 Mrd. Kubikmeter Gas (21,2 tcm). Das sind 50% mehr als bislang geschätzt wurde.

    Zur Größenordnung: Mit dieser Menge könnte der aktuelle deutsche oder chinesische Gasbedarf über 200 Jahre lang gedeckt werden. Nur das Feld South Pars, das von Iran und Qatar ausgebeutet wird, ist noch größer.

    Die Attraktivität des Landes für China und die EU wird dadurch weiter steigen. Allerdings könnte es noch lange dauern, bis nennenswerte Gasmengen fließen. Das gigantische kasachische Ölfeld Kashagan (“Cash all gone”) wurde vor 12 Jahren entdeckt und liefert wegen permanenter innenpolitischer und technischer Probleme noch immer keine größeren Ölmengen.

     

    Buchtipp Henry Kissinger: China. Zwischen Tradition und Herausforderung. München 2011. 608 S., 26,– €.

    Interessant geschriebene und erhellende Analyse der chinesischen Außenpolitik der letzten Jahrhunderte. Der Diplomat und Historiker untersucht insbesondere die Beziehungen zwischen den USA und China seit den 60er Jahren, in denen er selbst lange Zeit eine wichtige Rolle spielte. Europa spielt in seinen Darstellungen nur am Rande eine Rolle. Zahlreiche Interviewskripte und persönliche Eindrücke machen das Buch lebendig. Wer davon ausgeht, dass in der chinesischen Außenpolitik auch heute noch geschichtlich gewachsene Konstanten und Prinzipien wirksam sind, insbesondere im Verhältnis zu den USA und den Nachbarstaaten, der wird hier fündig.

    NEWS CHINA NATIONAL

    Schiefergas: Produktionsziele veröffentlicht

    Laut CNPC und NEA will China bis zum Jahr 2015 6,5 bcm (Mrd. Kubikmeter) Schiefergas pro Jahr fördern. Bis 2020 sollen es bereits 80 bcm sein. Chinas Gasverbrauch liegt zur Zeit bei knapp über 100 bcm pro Jahr.

    In diesem Jahr haben Probebohrungen begonnen. Gas aus dichtem Gestein (Shale Gas / Schiefergas) ist einer der größten Hoffnungsträger der chinesischen Energieversorgung. China soll laut USGS/EIA über die größten Vorkommen der Welt verfügen. In den USA hat der rasante Anstieg der Schiefergasförderung in wenigen Jahren zu einem Überangebot an Gas und extrem niedrigen Preisen geführt.

    Eine zweite unkonventionelle Gasquelle entspringt Kohlevorkommen. Bis 2015 soll die Förderung des Grubengases auf 21,5-23,5 bcm zulegen.

    Dokumente 2011-2015: Shale Gas Development Plan drafted by the National Energy Administration (NEA),

    Solarenergie:

    Proteste in China Anwohner protestierten gegen die giftigen Emissionen einer Solarpanelfabrik von Jinko Solar in Haining (Zhejiang). Die Behörden ordneten daraufhin die Schließung der Fabrik an. Nach einem Monat nahm sie ihren Betrieb nach einer erneuten Prüfung durch die Behörden wieder auf.

    Chinas Windenergiemarkt:

    Wachstum mit Hindernissen Chinas installierte Windkraftleistung ist 2010 um 70% auf 42 GW gewachsen. Im Jahr 2020 sollen es bereits 150 GW sein.

    Aber die Nutzung der Anlagen fällt: Fehlende Stromleitungen, Tarifprobleme und andere Faktoren sorgten z.B. 2009 dafür, dass nur die Hälfte des erzeugten Stroms eingespeist werden konnte. Ein Viertel der Kapazitäten wurde überhaupt nicht genutzt.

    Steuerreform für Rohstoffe

    Peking hat Höhe und Form der Besteuerung von Energierohstoffen und anderer Rohstoffe, darunter Seltene Erden, deutlich verändert und teilweise stark angehoben. Für Rohöl würden sich die Steuern in etwa verzehnfachen. Die Reform sollte ursprünglich schon 2007 stattfinden. Im Schnitt beläuft sich die Steuer auf 5-10% des Verkaufspreises.

    Solarinstallationen wachsen schneller als erwartet

    Nach Medienberichten ist die Projektpipeline für größere PV-Anlagen in China (nur non-residential projects) auf 14 GW bzw. knapp über 1000 Großprojekte angeschwollen. Die Kosten für installierte Anlagen über 10 MW sollen auf knapp 2,4 Dollar pro Watt gefallen sein. Der Boom geht in erster Linie auf den nationalen Einspeisetarif zurück und konzentriert sich auf die wasserarmen und weniger dicht besiedelten Provinzen im Westen und Nordwesten Chinas.

    Chinas Atomausbau verzögert

    Peking hat auf der Grundlage der mehrmonatigen Sicherheitsanalysen der Atomaufsichtsbehörden seinen Ausbauplan für die Atomenergie bekräftigt. Die installierte Leistung sollte urspünglich von gegenwärtig 10,8 GW auf 40 GW im Jahr 2015 und 86 GW in 2020 steigen. Ende 2010 wurde etwa 1% des chinesischen Stroms in Atomreaktoren erzeugt.

    Allerdings wird der Baubeginn genehmigter Reaktoren weiterhin hinausgezögert. Hier soll das Sicherheitsdesign erneut überprüft werden. Das Atomprogramm ist mitterweile so stark verzögert, dass bis 2020 höchstens 60-70 GW möglich erscheinen.

    Strommangel hält an

    Die Dürre im Südwesten Chinas zieht nicht nur die Bauern, sondern auch die Industrie in Mitleidenschaft. Die Wasserkraftwerke, eine Hauptstütze der Energieversorgung in diesen Provinzen, werden bis in den Winter hinein weniger Strom als normal liefern können. Hinzu kommt ein verhaltener Widerstand von den Betreibern der Kohekraftwerke, die höhere Einkaufspreise wegen der staatlich fixierten Strompreise nicht an die Kunden weitergeben können. Da es kein nationales integriertes Stromnetz gibt, können Überschussprovinzen im Norden den Süden nicht mitversorgen.

    Schon im Frühjahr 2011 war befürchtet worden, dass China in diesem Winter 40 GW an Stromleistung fehlen werden. Die Stomkrise hat mittlerweile auch die hochindustrialisierten Küstenprovinzen, insbesondere Guangdong, erfasst. Viele Industriebetriebe müssen ihre Produktion mehrere Tage pro Woche stilllegen.

    Video: Coal Liquefaction – Öl aus Kohle

    Shenhua Group produziert mittlerweile 3000 Tonnen Diesel täglich aus Kohle (Coal Liquefaction). Der enorme Kohleverbrauch (3,5 Tonnen Kohle für 1 Tonne Öl) und vor allem Wasserverbrauch (6-8 Tonnen Wasser pro Tonne Öl) spricht allerdings gegen den Ausbau der Anlagen. Video Link zu Reuters: http://www.reuters.com/video/2010/11/08/china-turnsto- dirty-liquified-coal?videoId=177072189 ——-

    Chinesische Energiepolitik – eine aktuelle Einführung (Autor: Steffen Bukold)

    Diesen Aufsatz finden Sie hier

     

  • China Energy Letter Nr.1 – Energiepolitik und Energiemärkte

    Themen dieser Ausgabe:…
    S.1 Vorstellung des DCEB
    S.2 Internationale Energiemärkte
    — Internationaler Kohlemarkt – Internationaler Gasmarkt – Internationaler Ölmarkt
    S.3 China Energiestatistik – Nationale Märkte
    — Konjunkturdaten, chinesischer Kohlemarkt, chinesische Gaspreise, chinesische Ölpreise, Nachfrage und Importe
    S.4 Fahrzeugmarkt/Verkehr
    — Automobilmarkt, Änderung der staatlichen Kaufanreize, neue Diesel-/Benzinrichtpreise, Innovation im Verkehr: LNG im ÖPNV und auf dem Yangtze
    S.6 News: China International
    — China und Myanmar / Kitimat / Südchinesisches Meer / Sinopec und Daylight / Erdgas aus Russland / South Yolotan / Henry Kissinger: China
    S.7 News: China Binnenmärkte
    Schiefergas / Shale Gas Development (NEA) / Solarenergie Proteste / Chinas Windenergiemarkt / Steuerreform für Energierohstoffe / Solarinstallationen Wachstum / Chinas Atomausbau / Strommangel / Video: Coal Liquefaction – Öl aus Kohle
    S.9-11 Special: Chinas Energiepolitik – ein aktueller Überblick  (Teil 1)
    China Energy Letter
    Der Letter ist kostenlos erhältlich. Bitte senden Sie eine Email an info@dceb.de, um in den Verteiler aufgenommen zu werden.
  • Abo-Newsletter CHINA ENERGY BRIEFING: Erste Ausgabe

    Seit dieser Woche kann unser  GLOBAL ENERGY BRIEFING abonniert werden. Dieser deutschsprachige Premium-Newsletter informiert umfassend über Hintergründe und Trends in den chinesischen Energiemärkten und in der chinesischen Energiepolitik.

    Nach unserem Kenntnisstand gibt es kein vergleichbares Produkt in deutscher Sprache – auch international sind die Angebote rar gesät und oft nur zu horrenden Preisen verfügbar. Details unseres Angebots finden Sie hier.

  • Gründung des DCEB (EnergyComment)

    Der Aufstieg Chinas ist das bedeutendste wirtschaftspolitische Phänomen unserer Zeit. Nie zuvor in der Geschichte ist eine große Volkswirtschaft so rasant gewachsen…
    In den letzten sieben Jahren hat sich der chinesische Energieverbrauch verdoppelt. Heute werden dort 20% der Energie weltweit konsumiert – mit steigender Tendenz. Größe und Dynamik machen China zum Dreh- und Angelpunkt der internationalen Energiemärkte und der globalen Energiepolitik – mit weitreichenden Konsequenzen auch für die deutsche Wirtschaft und Energiepolitik.
    Jede langfristig angelegte Strategie bleibt daher ohne eine Analyse der chinesischen Energiemärkte Stückwerk.
    Folgen für Unternehmensstrategien: Umfang und Geschwindigkeit der chinesischen Investitionen in der Energieversorgung und im Verkehr bedeuten, dass die globalen Lead Markets in China liegen. Neue Geschäftsfelder und neue Märkte entstehen in einer für europäische Verhältnisse ungewohnten Geschwindigkeit.
    Folgen für die deutsche Energiepolitik: Die Weichenstellungen in Fernost beeinflussen die deutschen Öl- und Kohlepreise unmittelbar. Dasselbe gilt schon bald für die Gasimportpreise und bereits heute für die Investitionskosten der Erneuerbaren Energien. Insbesondere das Exportland Deutschland braucht mehr Expertise, um vorausschauend auf den energie- und verkehrspolitischen Kurs Chinas reagieren zu können.
    Diesen Themen widmet sich das DCEB, das Deutsch-Chinesische Energiebüro, das heute in Hamburg gegründet wurde.
    Nehmen Sie mit uns Kontakt auf oder melden Sie sich für unseren kostenlosen “China Energy Letter” an, wenn Sie Näheres über unsere Aktivitäten erfahren wollen.

    Hamburg, den 16.8.2011

    Dr. Steffen Bukold

    Leiter
    EnergyComment
    Hamburg