4.Okt.2012
1. Aktuelle Lage
Mitte September war es so weit: Die Heizölpreise sanken in weiten Teilen Deutschlands wie erwartet unter die Marke von 90 Euro für 100 Liter. Aber anders als erwartet währte die Erleichterung der Heizölkäufer nur kurz. Bei dieser Marke machten die Preise wieder kehrt und bewegen sich seither in einer engen Bandbreite von 91 bis 94 Euro. Aktuell sind es landesweit Marktpreise um die 92-93 Euro. Bei unveränderten Gewinnmargen lägen die Heizölpreise aktuell bei 88 Euro, aber den Raffinerien und Händlern ist es in den letzten Wochen gelungen, ihre Margen um etwa 3-4 €/100 Liter auszuweiten.
Heizölpreise
© Energiepolitik.DE (Bukold); Datenquelle: esyoil GmbH; Standardieferung 3000 l
Die aktuellen Heizölpreise sind also allein mit dem Rohölpreis oder dem Euro/Dollar-Verhältnis nicht zu erklären. Brent kostete im Schnitt der letzten Woche knapp über 85 Euro und heute nur noch 84 Euro. Schon seit August fallen die Rohölpreise: In Dollar gerechnet von $115 auf $110 und in Euro von €93 auf €85 – also unterstützt von einem relativ starken Euro, der heute wieder an der 1,30-Marke kratzt. Der globale Ölpreis, gemessen in Brent, hat sich in den letzten zwei Jahren ohnehin nur wenig bewegt, wenn man Quartalsdurchschnittspreise verwendet. Es gab zwar starke Schwankungen innerhalb der Quartale, aber die Spannbreite der Durchschnittspreise reichte lediglich von 105 bis 120 Dollar je Barrel.
Der aktuelle Ölpreis bestätigt dieses langfristige Bild einer Seitwärtsbewegung. Sie ist der Vektor von drei gegenläufigen Kräften: Einer schwachen globalen Ölnachfrage, einem spekulationsfreudigen Finanzmarkt (siehe unten) und einem Ölangebot, das sich z.B. in den USA und Irak positiv entwickelt, aber immer wieder neuen Angebotsrisiken ausgesetzt ist, wie zuletzt in der Nordsee, Iran oder Syrien.
Brent-Rohöl in Dollar und Euro
© EnergyComment Bukold; Datenquellen: ICE/Bloomberg BWave; Wochendurchschnittswerte
Zur Spekulation: Der Kurvenverlauf unten offenbart, dass die Wettlust seit Juni deutlich angezogen hat und bis Mitte September ungebrochen war. Dann gab sie beim amerikanischen WTI-Öl deutlich nach, blieb aber in Europa bei Brent-Rohöl und Gasoil stabil.
Spekulation im Rohölmarkt und Gasoil-Markt
Das Schaubild oben zeigt zum einen den Rohölpreis (Brent) als graue Fläche; die farbigen Linien stehen für die Wetten der Hedgefonds auf steigende Ölpreise für WTI-Rohöl, Brent-Rohöl und europäisches Gasöl (ICE Gasoil) an den beiden großen Ölbörsen Nymex und ICE. Per Saldo wurde in den letzten Jahren ausnahmslos auf höhere Ölpreise gewettet, deshalb liegen die Kurven ständig oberhalb der Nulllinie.
2. Raffinerien und Handel: Gasoilpreise und Heizölpreise
Gasoil hält sich recht stabil um die 975 $/t, während Rohöl schwächer tendiert. Das bedeutet höhere Margen für die Raffinerien, wie das folgende Schaubild zeigt.
Gasoil Preise (ICE)
© EnergyComment Bukold; Datenquellen: ICE/Bloomberg GWave; Wochendurchschnittswerte; Frontmonat
Die Gasoil-Marge liegt bei 10 Euro/100 Liter und damit auf Jahreshöchststand. Es fehlen nur noch wenige Cent, dann ist auch der Höchststand des Vorjahres überschritten.
Noch deutlicher ist die Entwicklung bei den Heizölmargen. Sie weiteten sich in nur drei Wochen von knapp über 10 €/100 l auf 13,5 € aus.
In der Summe blieben also etwa ca. 4 €/100 l mehr in den Kassen der Raffinerien und Heizölhändler hängen.
© EnergyComment / Bukold – Wochendurchschnittswerte BWave, GWave, HEL (schwefelarm) 3000 l lt. esyoil GmbH
Die unerwartet hohen Heizölpreise können im Markt offenbar problemlos durchgesetzt werden, denn die Nachfrage nach Heizöl hat nach einem relativ schwachen August im September wieder etwas zugelegt.
© EnergyComment Bukold; Datenquelle: BAFA, AGEB
Die Heizölvorräte bei Importeuren und Raffinerien liegen unter dem Durchschnitt. Eine geringe Nachfrage während des Sommers und die immer ungünstigere Terminmarktlage (Backwardation, d.h. aktuell kostet Gasoil mehr als zur Lieferung in zwei, drei Monaten) verhinderten den Lageraufbau. Das schwefelreichere 0,1%-Gasöl wird in großen Mengen nach Übersee ausgeführt, während schwefelarmes Material in den Dieselmarkt abwandert.
Die Knappheit gilt nicht nicht nur für Europa, sondern auch für die USA, wo in der letzten Woche die Vorräte an Diesel und Heizöl um 3,7 Mio. Barrel schrumpften. Die Erwartung lag bei lediglich 0,4 Mio.
Noch bis Ende Oktober wird die Produktion des globalen Raffinerieparks gedrosselt sein. Aber spätestens ab Anfang November sollte der Gasoil-Mangel abgebaut werden. Die Backwardation wird dann wohl ebenfalls flacher. Die Diesel- und Heizöllager bewegen sich dann spätestens Ende November auf einem komfortablen Niveau. Allerdings nur, wenn der Winter in den USA und Europa nicht verfrüht hereinbricht und die Nachfrage ankurbelt.
3. HEIZÖLPREISE: FAZIT UND VERGLEICHENDE PREISPROGNOSE
Die Ursachen für das hohe Niveau der Heizölpreise liegen also Downstream: zwischen Raffinerie und Endkunde. Die Margen wurden in den letzten Wochen um 4 Euro je 100 Liter ausgedehnt. Preis um die 88 Euro wären die Norm, wenn die Heizölmärkte noch immer so entspannt wären, wie sie es während der Sommermonate waren. Ab November sollten diese Margen wieder unter Druck kommen. Zudem erwarten wir einen eher stabilen Euro und einen seitwärts tendierenden Rohölpreis.
Alles in allem gibt es also wenige Gründe, Preisen über 92 Euro hinterher zu laufen. Falls es keinen verfrühten Wintereinbruch gibt, ist es im Zeitfenster bis November wahrscheinlicher, dass die Heizölpreise noch einmal deutlich nachgeben.
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Und das sagen andere Kommentare zum Thema Heizölpreise (4. Okt. 2012):
◊ esyoil: Kurzfristige Abwärtsbewegung
◊ HeizOel24: kurzfristig seitwärts, dann abwärts
◊ Tecson: Preise abwärts
◊ FastEnergy: –
◊ Brennstoffspiegel: –
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Der Link zu unserem jeweils aktuellsten Bericht ist:
http://www.energiepolitik.de/thema/heizoelpreise/
Autor: Dr. Steffen Bukold (Infos)
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