23. August 2012
1. Die aktuelle Lage
2. Der Rohölpreis
3. Gasoil und Heizöl
4. Heizölpreise: Fazit und vergleichende Prognose Link
1. Die aktuelle Lage
Wie in der letzten Prognose erwartet lief der Aufwärtstrend der Heizölpreise bei der Marke von 95 €/100 l aus. Seither bewegt sich Heizöl seitwärts, bei nur geringen Schwankungen in der Gegend von aktuell 93-94 Euro.
Die entscheidende Frage ist nun, ob diese Flaute ein Luftholen vor dem nächsten Schritt nach oben bedeutet, oder aber ein Ende des Aufwärtstrends, der Heizöl von knapp über 80 Euro bis zu den höchsten Ständen seit vier Jahren geführt hat. Diese starke Bewegung war ungewöhnlich, denn (vgl. Chart) normalerweise sind Juli/August eher Monate, in den sich die Heizölpreise seitwärts bewegen.
2. Der Rohölpreis
Die Rohölpreise stiegen in der letzten Woche und halten sich derzeit auf dem Niveau von 115-116 Dollar pro Barrel. Da sich der Euro in den letzten Tagen von 1,22 auf 1,25 Dollar stabilisieren konnte, fiel der Preisanstieg im Euroraum etwas gedämpfter aus. Trotzdem ist Rohöl in Euro gerechnet noch immer sehr teuer und weit über den Vorjahrespreisen (vgl. Chart mit den wöchentlichen Durchschnittspreisen).
Der Ölpreis wird noch immer von technischen Problemen in der Nordsee sowie der Lage im Nahen Osten nach unten abgesichert. Gleichzeitig wird er von immer mehr spekulativem Kapital und hohen Produktpreisen nach oben gezogen. Das reicht aus, um unterdurchschnittliche Konjunkturdaten aus China, Europa und Japan zu übertönen.
Selbst WTI, das amerikanische Markeröl, hält sich trotz Überangebot recht stabil, weil die Produktlager in der vergangenen Woche weiter abgebaut wurden und die Hurrikan-Saison in vollem Gange ist (“Isaac”).
Hinzu kommen Hoffnungen der Finanzanleger, dass die amerikanische Zentralbank die Kapitalmärkte mit zusätzlichen Maßnahmen stimulieren wird. Das ist allerdings eine Hoffnung, die angesichts einiger stabiler Konjunkturdaten rasch wieder verfliegen könnte. Außerdem wird die Obama-Regierung so kurz vor den Präsidentschaftswahlen keine Preisrally an den Tankstellen dulden. Notfalls werden einige Vorräte aus der Strategischen Petroleumreserve auf den Markt geworfen. Die eingelagerten Mengen liegen ohnehin weit über Plan.
Im September beginnen die europäischen Raffinerien ihre Produktion planmäßig herunterzufahren, um auf die Wintersaison umzurüsten. Zur selben Zeit könnte auch das Angebot an Nordseeöl allmählich wieder steigen, da die Instandhaltungsarbeiten sich dem Ende nähern. Alles in allem also ein leicht bärisches Umfeld für Brent & Co.
3. Gasoil und Heizöl
Gasoil (Gasöl), das wichtigste Vorprodukt für Heizöl, hat ähnlich wie Brent seine Vorjahrespreise deutlich übertroffen und liegt in Dollar gerechnet nur noch 5-6% unter dem Mehrjahreshoch. Der Aufwärtstrend ist anders als bei Brent bislang ungebrochen, weil ein weltweit hohes Preisniveau die Gasoil-Lieferungen Richtung Europa bremst.
Die Struktur der Terminpreise (Backwardation) gibt den Händlern derzeit keinen Anreiz zum Lageraufbau, denn die aktuellen Preise liegen über den weiter in der Zukunft liegenden Lieferkontrakten. Nachfragedämpfend wirken im Moment auch die niedrigen Pegelstände auf dem Rhein. Die Binnenschiffe können nicht voll beladen fahren, was zu deutlich höheren Frachtraten für Gasoil und Kerosin führt. Die Importeure halten sich deshalb zurück und hoffen auf bessere Gelegenheiten.
Das dämpft im Moment den Preisanstieg, könnte sich aber ab Oktober rächen, falls niedrige Temperaturen zu einer plötzlich erhöhten Heizölnachfrage führen sollten. Auch aus den USA könnten nur begrenzte Mengen importiert, do dort die Gasoil-Lagerbestände weit unter dem Durchschnitt liegen.
Kerosin, das zweite wichtige Vorprodukt für Heizöl, ist in Europa derzeit knapp, weil mehrere Ladungen Richtung USA umdirigiert wurden und Importe nicht attraktiv sind. Das gilt übrigens auch für Benzin, während sich die Versorgung mit schwefelarmem Diesel verbessert hat. Wie üblich zu dieser Jahreszeit ist die höchste Nachfrage nach Gasoil und Diesel im arabischen Raum. Sie halten dort die Klimaanlagen am Laufen. Allein Saudi-Arabien verbraucht in einem heißen Sommer zusätzliche 500.000 Barrel pro Tag.
Für Aufsehen sorgte der Vorstoß der französischen Regierung, die Dieselsteuern vorübergehend zu senken. Die Auswirkungen auf die Heizölpreise sollten allerdings gering sein, da die Nachfrage nach Tankstellen-Diesel bekanntlich kaum auf Preisveränderungen reagiert.
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Vor dem Hintergrund der bislang steil steigenden Rohölpreise und eher unterdurchschnttlicher europäischer Nachfrage ist es erstaunlich, dass die Margen (Crack Spreads) bei Gasoil Schritt halten konnten. Der Preisabstand zwischen Brent und Gasoil blieb in den letzten Wochen bei knapp 9 Euro/100 Liter konstant. Allerdings ist der physische Gasoil-Markt im Moment etwas schwächer als der Terminmarkt, so dass die physischen Brent-Gasoil-Margen de facto etwas geringer sind als es der Terminmarkt zeigt.
Dieser Abschlag im physischen Gasölmarkt muss entsprechend bei der Marge zwischen Gasoil und den Heizölpreisen wieder addiert werden. Sie gab zuletzt nach und liegt mit aktuell 10 Euro/100 l am unteren Ende der Werte im laufenden Jahr.
Ende Juni waren die Margen im Wochenschnitt noch 3 Euro höher. Darin spiegelt sich die veränderte Heizölnachfrage wider: Im Juni fielen die absoluten Heizölpreise so schnell, dass die Margen ausgeweitet werden konnten, ohne die Käufer zu verschrecken. Im Moment gilt das Gegenteil: Ein Preisniveau von knapp 95 Euro blockiert die Nachfrage und erfordert Konzessionen bei den Händlermargen.
Aber das könnte sich schon bald ändern. Schon im kommenden Monat könnten die Temperaturen fallen, während gleichzeitig die Raffinerien in Nordwesteuropa mit ihren üblichen Umrüst- und Instandhaltungsarbeiten beginnen.
Händler schätzen, dass die Heizölverbraucher in Deutschand und der Schweiz ihre Tanks zu rund 54-56% gefüllt haben. Das wäre nur ein durchschnittliches Niveau, trotz der Kaufwelle im Juni/Juli.
Sollte die globale Ölnachfrage dann etwas robuster als erwartet ausfallen, so jedenfalls die Vermutung der IEA, dann könnte im Herbst eine unerwartete Preisrally bei Gasoil und damit auch bei Heizöl drohen.
4. Heizölpreise: Fazit und vergleichende Preisprognose
Wie bereits in der letzten Woche vermutet, gehen dem Aufwärtstrend bei den Heizölpreisen im Moment die Argumente aus: Die Rohölpreise haben sich stabilisiert, die Heizölnachfrage ist äußerst gering, und die hohen Frachtraten auf dem Rhein machen Importe im Moment unattraktiv. Die Preishochs dürften mittlerweile auch bei Benzin und Diesel die Nachfrage bremsen.
Die Raffinerielage könnte ab September dafür sorgen, dass die Rohölpreise nachgeben, während die Margen für Brent-Gasoil wegen der global angespannten Versorgungslage stabil bleiben. Die Heizölhändlermargen sollten dagegen weiter schwach bleiben.
Insgesamt rechnen wir deshalb damit, dass die Heizölpreise kurzfristig den bisherigen Preiskorridor von 90-95 Euro nach unten testen werden. Ab Ende September drohen jedoch erneut Aufwärtsrisiken.
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Und das sagen andere Kommentare zum Thema Heizölpreise (23. August 2012):
◊ Esyoil: Fallende Preise nicht in Sicht
◊ Heizöl24: Heizölpreise werden weiter steigen
◊ Tecson: Abwarten – Preisrutsch im Herbst
◊ Brennstoffspiegel: Neues Jahreshoch nicht in Sicht
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Unsere Analyse erscheint regelmäßig ein bis zwei Mal pro Woche. Der Link zum jeweils aktuellsten Bericht ist:
http://www.energiepolitik.de/thema/heizoelpreise/
Autor: Dr. Steffen Bukold (Infos)
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