E-Fuels sind ein Reizthema, das jede verkehrs- und energiepolitische Diskussion sofort zum Kochen bringt. Für die einen sind sie das Zauberelixier, das die Zukunft des Verbrenners sichert; für die anderen das neue Snake Oil, das den Weg Richtung Elektromobilität blockieren soll.
Frei nach Karl Valentins Bonmot „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen“ stelle auch ich das Thema hier vor, denn viele Debatten verlaufen derzeit im Sand, weil es schon bei den Grundlagen keine Einigkeit gibt. Drei davon sollen in dieser Artikelserie näher beleuchtet werden.
Teil 1: Was sind E-Fuels?
Die Frage ist nicht banal, denn der Begriff wird derzeit sehr unterschiedlich verwendet. Entsprechend unterschiedlich fällt dann auch die Bewertung der Potenziale, Mengen oder Kosten aus.
1. Im Moment sind bekanntlich fast alle Fuels (Kraftstoffe) im Straßen-, See- und Flugverkehr fossile Fuels, also Ölprodukte wie Benzin, Diesel, Kerosin oder Fuel Oil, oder sie bestehen aus Erdgas (CNG/LNG).
2. Hinzu kommen als zweite Gruppe die Biofuels, die aus Fetten/Ölen oder Stärke/Zucker hergestellt werden. Bioethanol und Biodiesel bilden hier die größten Gruppen. Auch HVO und UCO gehören in diese Kategorie. Gerade HVO wird aber irrtümlich immer wieder den E-Fuels zugeordnet.
3. Eine dritte, sehr heterogene Gruppe bilden die synthetischen Fuels. Hier wird zunächst ein Synthesegas (Syngas) hergestellt, das aus Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO) besteht. Die Rohstoffe dafür können fossilen Ursprungs sein (Gas-to-Liquids, Coal-to-Liquids), aus Biomasse entstehen (BtL), oder aus Elektrolyse-Wasserstoff plus klimaneutralem CO2. E-Fuels sind eine Untergruppe in der großen Gruppe der synthetischen Fuels.
Quer zu diesen drei Gruppen gibt es noch weitere Begriffe:
- „Drop-in Fuels“ sind Fuels, die den üblichen fossilen Fuels auch in größeren Anteilen beigemischt werden können oder sie sogar vollständig ersetzen können. Hier handelt es sich zumeist um angepasste Biofuels mit höherem Wasserstoffanteil und optimierten chemischen Eigenschaften.
- „RFNBO“: Diese sperrige Abkürzung bezeichnet im juristischen EU-Jargon „Renewable Fuels of Non-Biological Origin“, schließt also fossile Fuels und Biofuels aus. Was übrig bleibt, gehört zu den RFNBOs. Das deckt sich zum Teil mit den E-Fuels, allerdings ist diese Liste nicht technisch oder stofflich definiert, sondern das Ergebnis politischer Verhandlungen.
E-Fuels gehören wie gesagt zur dritten Gruppe, also den synthetischen Kraftstoffen.
1. Der Name legt bereits nahe, dass Strom (anstelle von Erdgas oder Kohle) verwendet wird, um den für E-Fuels notwendigen Wasserstoff herzustellen. Das muss klimaneutraler Strom sein, also vor allem Solar- oder Windstrom. Schon bei einem geringen fossilen Stromanteil lohnt sich die Produktion von E-Fuels nicht mehr, da in der aufwendigen Produktionskette 70-80% der Energie verlorengehen. Nach der anschließenden, ineffizienten Verbrennung im Motor kommen sogar nur 10-15% der ursprünglich eingesetzten Energie bei den Rädern an. Der hohe Energieverlust ist bei E-Fuels unvermeidlich.
Der deutsche Strommix wäre daher für die Produktion von E-Fuels ungeeignet. Erst bei einer Klimabelastung von unter 130g CO2 je kWh Strom werden E-Fuels (FT-Verfahren) weniger klimaschädlich als konventionelle Kraftstoffe, schätzt die IEA. In Deutschland sind es derzeit 380g CO2 je kWh Strom.
2. In den meisten Definitionen ist klimaneutral gewonnenes CO2 der zweite notwendige Bestandteil, um E-Fuels herzustellen. Dazu später mehr.
Ab hier scheiden sich allerdings die Geister, wenn es um die Frage geht, was zu E-Fuels gehört und was nicht:
- Grünes Ammoniak (e-Ammonia, NH3), das vor allem für den Schiffsverkehr interessant sein könnte, besteht aus Wasserstoff und Stickstoff. CO2 oder CO werden nicht benötigt und entstehen daher auch nicht bei der Verbrennung. Manchmal wird Grünes Ammoniak zu den E-Fuels gezählt, manchmal nicht.
- Weitgehend Einigkeit besteht hingegen darin, dass reiner Wasserstoff (für Brennstoffzellen oder Verbrennermotoren) nicht zu den E-Fuels gehört, selbst wenn er elektrolytisch aus Grünstrom produziert wurde.
- In der aktuellen politischen Diskussion werden E-Fuels häufig noch enger definiert, nämlich nur als Kraftstoffe für den Straßen- und Flugverkehr (E-Benzin, E-Diesel, E-Kerosin). Andere Anwendungsbereiche wie die chemische Industrie oder der Schiffsverkehr bleiben außen vor.
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