Thema Heizölpreise: “Verheizt? Heizöl im deutschen Wärmemarkt (Teil 2 von 4)

Teil 2

2.2 Erneuerbare Energien im Wärmesektor

Erneuerbare Energien hatten 2011 einen Anteil von 12,2% bei der Bereitstellung der Endenergie insgesamt. Der Anteil im Stromsektor steigt steil an, während die Biokraftstoffe nach 2007 Marktanteile verloren haben.

Im Wärmemarkt (Raumwärme, Warmwasser, Prozesswärme, Kälte) erreichten die regenerativen Energien einen Marktanteil von 10,4%. Der Marktanteil wächst mit durschnittlich 0,5 Prozentpunkten pro Jahr nur langsam.

Etwa drei Viertel davon entfallen auf feste Biomasse, insbesondere Holz für die etwa 9 Mio. Kaminöfen und andere Holzfeuerstätten, darunter seit einigen Jahren auch eine steigende Zahl moderner Holzpelletheizungen. Das verbleibende Viertel wird durch Gas (Biogas, Klärgas, Deponiegas), Pflanzenöl, Solarthermie und Geothermie (Erdwärme, Umweltwärme) erzeugt.

Da die Biomasse nicht beliebig vermehrbar ist und auch für andere Anwendungen zur Verfügung stehen muss, steht die deutsche Wärmepolitik vor einem großen konzeptionellen Problem. Die Hauptstütze des Wachstums wird stagnieren, während sich die Alternativen nur langsam entwickeln. Nach dem Einbruch bei den Biokraftstoffen droht nun auch im Wärmemarkt ein Rückschlag bei der Energiewende.

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Quelle:  www.unendlich-viel-energie.de (AEE/BMU)

2.3 Heizöl im Raumwärmemarkt

Hintergrund

Heizöl wird aus fossilem Rohöl hergestellt. Zusammen mit Diesel und Kerosin gehört es zu den Mitteldestillaten, also den Rohölfraktionen “mittlerer” Dichte.

Heizöl hat einen sehr hohen Energiegehalt: 1 Liter Heizöl hat einen Heizwert von 10 kWh. Es ist leicht zu transportieren und verbrennt sauberer als Kohle. Bis Anfang der 70er Jahre war Heizöl bei Rohölpreisen um die 2 Dollar pro Fass ($/b) extrem billig. Im Vergleich zu anderen Brennstoffen bleib es bis Ende der 90er Jahre bei Rohölpreisen um die 20 $/b immer noch relativ preiswert.

Diese Eigenschaften führten seit den 60er Jahren dazu, dass es zum bevorzugten Rohstoff für den Hausbrand wurde. Erst die staatlich geförderte Einführung von Erdgas und Fernwärme verdrängte die Ölheizungen auf den zweiten Platz.

Im privaten Hausbrand kommt fast nur noch leichtes, relativ schwefelarmes Heizöl zum Einsatz. Es hat heute einen Schwefelanteil von maximal 50 mg/kg (zum Vergleich: Dieselkraftstoff hat maximal 10mg). Bis vor wenigen Jahren dominierte noch leichtes Standardheizöl mit einem Schwefelanteil von max. 1000 mg/kg. Seit kurzem werden auch Heizölsorten mit Biokomponenten angeboten. Der Anteil der Pflanzenöle liegt hier bei 5 bis 15 Prozent.

Heizölverbrauch in Deutschland

Deutschland und die USA sind die größten Heizölmärkte der Welt. Daneben haben auch Frankreich und Kanada einen hohen Verbrauch.

Etwa 60% des Heizöls wird in Deutschland in privaten Haushalten für die Raumwärme oder Warmwasser verbrannt. Weitere ca. 25-30% werden für dieselben Zwecke in gewerblichen Räumen (Büros, Läden, Werkstätten) eingesetzt. Der Rest (10-15%) wird in der Industrie für eine breite Palette von Anwendungen verbraucht. (Quellen: MWV, Shell, Destatis, Branchenkreise.)

Im letzten Jahr (2011) wurden 18,0 Mio. Tonnen Heizöl abgesetzt. Das waren 16% des deutschen Ölverbrauchs. Im Jahr 2012 dürfte der Wert ähnlich ausgefallen sein. Die deutschen Privathaushalte verbrennen also, je nachdem wie streng der Winter ausfällt, zur Zeit 11-13 Millionen Tonnen Heizöl pro Jahr. (Anmerkung:  Genauere Daten sind nicht verfügbar: (1) Der Verbrauch des nicht-industriellen Gewerbes in Abgrenzung zu den privaten Haushalten wird nur unregelmäßig erfasst. (2) Die Statistiken erfassen nur den Heizölabsatz, nicht den tatsächlichen Verbrauch. Der wechselnde Füllstand privater Heizöltanks kann nur geschätzt werden und wird nicht flächendeckend erfasst.)

Der Heizölverbrauch (alle Verwendungen) ging in den letzten beiden Jahrzehnten um fast die Hälfte zurück. Anfang der 90er Jahre lag er um die 35 Mio. Tonnen, aktuell bei 18-21 Mio. Tonnen. Die wichtigsten Ursachen dafür sind effizientere Ölbrenner, der Wechsel zu anderen Heizarten und mildere Winter.

Dieser Abwärtstrend dürfte sich fortsetzen, denn:

(1) In Neubauten liegt der Anteil von Ölheizungen bei unter 2% (siehe unten)

(2) Gebäudesanierungen senken den Heizölverbrauch drastisch.

(3) Der Ersatz alter Ölheizungen durch moderne Brennwertkessel senkt den Verbrauch.

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Die deutsche Heizölbranche mit ihren Tausenden meist kleinerer Betriebe (Händler, Servicebetriebe, Anlagenbauer) sieht sich also einem schrumpfenden Markt gegenüber, der allerdings auf der Kundenseite noch einen enormen Modernisierungsbedarf hat, da in vielen Gebäuden veraltete Anlagen arbeiten.

Die Zulieferer reagieren darauf mit effizienteren Anlagen oder Hybridheizungsanlagen, insbesondere in der Kombination Öl-/Solarthermie. Die Heizölhändler reagieren mit neuen Produkten, z.B. Bioheizölbeimischungen, oder nehmen Holzpellets in ihr Angebot auf.

Relevanz der Heizölanlagen im privaten Raumwärmemarkt

Die Bedeutung von Heizöl lässt sich auf unterschiedliche Weise erfassen. Betrachtet man die erzeugte Raumwärme, stellt Heizöl 26% des Bedarfs zur Verfügung. An erster Stelle steht Gas mit 43%. Bereits an dritter Stelle kommen erneuerbare Energien mit einem Anteil von 15%.

Blickt man auf den Markt für neue Heizungen, liegt der Anteil von Ölheizungen bei 14%, davon 9% Öl-Brennwertkessel und 5% Niedertemperaturkessel. Gas führt im Neumarkt mit weitem Abstand mit 74% Marktanteil. An dritter Stelle stehen Wärmepumpen.

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Betrachtet man nur die Heizungsarten in neuen Wohnungen und läßt die Heizungsmodernisierung im Bestand außen vor, dann wird die schrumpfende Attraktivität von Heizöl überdeutlich. Nur noch 1,0% aller Neubauten nutzen Heizöl. Im Jahr 2000 waren es noch 13,4%. Gas und Wärmepumpen sind zur Zeit die attraktivsten Optionen.

Anders verhält es sich im gesamten Wohnungsbestand. Hier heizen noch 29,3% aller Wohnungen mit Heizöl. Der Anteil schrumpft, aber nur langsam. Im Jahr 2000 lag der Heizölanteil bei 32,6%, also nicht wesentlich darüber.

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Ein zentrales Problem: Die Altersstruktur der Ölheizungen

Nach Erhebungen des Schornsteinfegerverbandes gibt es zur Zeit 5,85 Mio. Ölfeuerungsanlagen in Deutschland (und 9,3 Mio. Gasfeuerungsanlagen).  

Von diesen 5,85 Mio. Anlagen sind 1,3 Millionen Anlagen älter als 20 Jahre, haben also ihre normale Lebensdauer bereits überschritten. 0,3 Mio. Anlagen sind sogar älter als 32 Jahre (vor 1979). 2,45 Mio. Anlagen sind immerhin älter als 12 Jahre und haben daher höchstwahrscheinlich keine modernen Brennwertkessel. Nur 1,8 Mio. Anlagen, also 31% des Bestandes, sind jünger als 12 Jahre. 

Daraus ergibt sich ein enormer Modernisierungsbedarf in zweistelliger Milliardenhöhe, da mehr als zwei Drittel aller Ölheizungen durch modernere Konzepte ersetzt werden müssen. Ein Drittel aller Anlagen ist schon heute weit vom Stand der Technik entfernt.

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3. Preisrisiken im Heizölmarkt

3.1 Ölpreise bis 2012

Die Preise für Ölprodukte sind in den letzten zehn Jahren stark gestiegen. Das gilt für Benzin, Diesel, leichtes und schweres Heizöl gleichermaßen, da ihr Vorsteuerpreis an den Rohölpreis gekoppelt ist.

Die Rohölpreise (Brent) verließen 2004 ihren langjährigen Preiskorridor von 10-30 Dollar pro Barrel ($/b) und setzten sich im Jahr 2011 und 2012 trotz zahlreicher Krisen auf den Finanzmärkten, konjunktureller Schwächen und eines regionalen Überangebots im amerika-nischen Mittleren Westen bei über 100 $/b fest. Die Ursachen für diesen steilen Aufwärtstrend sind vielfältig und werden im nächsten Kapitel (“Preisprognosen”) näher erläutert.

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In Deutschland kam 2012 erschwerend die Schwäche des Euros gegenüber dem US-Dollar hinzu. Die Preise für Heizöl, aber auch für Diesel und Benzin, stiegen daher noch schneller als der internationale Rohölpreis und erreichten Rekordhöhen. 

Der folgende Chart zeigt die Preissprünge bei Heizöl für ausgewählte Jahre (2002, 2010, 2012, 2013). Das Jahr 2012 war das bislang teuerste Jahr für Heizölverbraucher.

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Quelle: http://www.tecson.de/pheizoel.html

 Die tatsächlichen Kosten liegen für private Einzelhaushalte eher noch etwas höher, da der Trend zu kleineren Bestellmengen geht: Der Preisaufschlag etwa für eine 1000-Liter-Bestellung gegenüber einer 3000-Liter-Standardorder liegt bei durchschnittlich 3-5%.

Auch Erdgas und Steinkohle wurden teurer, wenn auch weniger stark. Das Schaubild zeigt die deutschen Importpreise für fossile Energieträger seit 1995. Die Ölpreise setzten sich nach 1999 von Erdgas und Kohle nach oben ab.

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3.2 Ist-Vergleich der Heizkosten

Schon die bisherige Preisentwicklung machte aus dem ehemals preiswerten Brennstoff Heizöl eine vergleichsweise teure Heizart mit hohem Preisrisiko.

Im Jahr 2011 ist der Heizenergieverbrauch in Deutschland durch den milden Winter um 18% gegenüber dem Vorjahr gesunken. Da der Heizölpreis jedoch um 24,5% gestiegen war, erwartete Heizölnutzer trotzdem eine höhere Heizrechnung. Mieter mit Erdgasheizungen oder Fernwärme zahlten demgegenüber 11% weniger als im Vorjahr.  (Quelle: www.co2-online.de “Bundesweiter Heizspiegel 2012” Der Energiedienstleister Techem kam zu ähnlichen Ergebnissen: www.techem.de “Energiekosten 2011” 27. April 2012: “So sparten Verbraucher, die mit Erdgas heizen, rund 13,5 Prozent an Heizkosten. Auch mit Fernwärme ließ sich sparen. Hier lagen die Kosten 2011 um mehr als acht Prozent unter denen von 2010. Bei Heizöl verpufften die Einsparungen im Verbrauch durch die hohen Brennstoffkosten. Deshalb zahlten die Verbraucher in 2011 hier ein Prozent mehr als 2010.“)

Heizöl wurde zur Preisfalle: Die Preise stiegen in den letzten 10 Jahren um 153%, während die Gaspreise “nur” 53%, Fernwärme 67% und Holzpellets 37% zulegten.

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Auch in absoluten Preisen je kWh hat sich Öl deutlich nach oben abgesetzt. Für eine Kilowattstunde lag der Preis im November 2012 bei folgenden Werten:

– Heizöl 8,71 c/kWh

– Gas 6,79 c/kWh

– Pellets 5,05 c/kWh

(Quelle: Deutsches Pellet Institut, www.depi.de.)

Diese Einschätzung deckt sich mit anderen Erhebungen, wie der folgende Chart zeigt.

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Quelle: www.carmen-ev.de/dt/energie/pellets/pelletpreis_grafiken.html

 

Am 23. November 2012 kosteten 3000 Liter Heizöl (bzw. die vergleichbare Energiemenge) laut Brennstoffspiegel/Ceto, jeweils inkl. MwSt.:

– Heizöl 2776 Euro (3000 Liter)
– Erdgas 2282 Euro (33540 kWh; inkl. Arbeits- und Grundpreis)
– Holzpellets 1532 Euro (6100 kg)
– Fernwärme 2586 Euro (28426 kWh inkl. Grundpreis)
– Strom 5127 Euro (28426 kWh, Leistung des Elektroofens 13kW)

(Quelle: www.brennstoffspiegel.de “Energiemarkttrend November 2012” 11.12.2012)

Bei den vorgenannten Beispielen handelt es sich um Brennstoffkosten. Ein Vergleich der Jahresvollkosten, also Brennstoffverbrauch plus Betriebs- und Kapitalkosten ist wegen der technischen Unterschiede der Anlagen naturgemäß schwierig.  

Jedoch bleibt Heizöl wegen der hohen Brennstoffkosten nach dem Elektroofen die teuerste Variante. (Vgl. hierzu AGFW: Heizkostenvergleich nach VDI 2067 Musterrechnung: 15.10.2012, Frankfurt/M. 2012; M. Cerveny/Th.Sturm: Vollkostenvergleich von Heizsystemen für Einfamilienhäuser, ÖGUT, www.oegut.at Wien Dezember 2011.)

Die Attraktivät von Holzpellets und Sole-Wasser-Wärmepumpen leidet jedoch unter den hohen Kapitalkosten, während sich die Bilanz der Fernwärme durch die hohen betriebsgebundenen Kosten verschlechtert. Ein Erdgasbrennwertkessel kann in dieser Situation die günstigere Variante sein.

An dieser Stelle soll noch kurz auf die sehr unterschiedlichen Arten von Stromheizungen eingegangen werden, die nicht einheitlich betrachtet oder bewertet werden können:

a) Als ältere Nachtspeicherheizungen, die ursprünglich den Nachtstrom unflexibler Atomkraftwerke nutzen sollten, weisen sie häufig noch höhere Kosten auf als Heizölbrenner. Das gilt umso mehr, als immer mehr Versorger die rabattierten Nachttarife abschaffen und so gerade in älteren, schlecht gedämmten Wohnungen die Heizkosten auf einen Schlag verdoppeln.

b) Moderne, flexible Stromheizungen, die z.B. überschüssigen und daher kostengünstigen Windstrom im Netz aufnehmen könnten, entweder direkt oder indirekt über einen Warmwasserspeicher, haben hingegen ein zukunftsweisendes technisches Profil, das sich gut in ein regenerativ gespeistes Stromnetz einfügen wird, wenn die Stromtarife für Verbraucher attraktiv gestaltet werden.

 

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