Der globale Öldurst springt in diesen Sommermonaten von einem Rekord zum nächsten. Für den Juni schätzt die IEA den Verbrauch auf 103 mb/d (Mio. Barrel pro Tag). Die nächsten Monate könnten noch höher liegen. Im gleichen Maße steigen die Klimaemissionen.
Noch immer ist keine Trendwende beim globalen Verbrauch fossiler Energien erkennbar. Das gilt für Öl in besonderem Maße. Bei Erdgas und Kohle sieht es nicht viel besser aus. Der Gasverbrauch steht in diesem Jahr nur etwa 1,5% unter dem bisherigen Allzeithoch aus dem Jahr 2021 (4109 bcm). Der Kohleverbrauch sprang im letzten Jahr entgegen den Erwartungen sogar auf ein neues Allzeithoch von 8,3 Mrd. Tonnen und wird in diesem Jahr wohl ähnlich hoch bleiben.
Beim fossilen Öl ist das Wachstum noch stetiger. Der Einbruch durch die Corona-Pandemie, der vor allem den Flugverkehr und den Straßenverkehr traf, stellt sich aus heutiger Sicht nur als eine kurze Wachstumsdelle dar. Das bisherige weltweite Allzeithoch von 100,8 mb/d (Mio. Barrel pro Tag) aus dem Jahr 2019 wird in diesem Jahr locker übertroffen.
Die IEA erwartet in ihrem aktuellen Monatsbericht für 2023 eine globale Ölnachfrage von 102,2 mb/d. Das sind 2,3 mb/d mehr als im letzten Jahr. Diese zusätzliche Menge entspricht übrigens ziemlich genau dem gesamten deutschen Ölverbrauch.
Im Jahr 2024 werden weltweit 103,2 mb/d erwartet, falls sich die Konjunktur in China wie erwartet abschwächt. Es könnte also auch mehr werden. Wer sich unter solchen Zahlen nicht viel vorstellen kann: Alle 30 Minuten wird die Ladung eines Supertankers verfeuert.
Das Wachstum des Ölverbrauchs konzentriert sich auf Asien. Allein China wird voraussichtlich mehr als 70% des Mehrverbrauchs in diesem Jahr verursachen, aber auch die USA sind nicht mehr weit von einem Rekordverbrauch entfernt. In der EU sinkt der Verbrauch seit einigen Jahren, wenn auch nur langsam.
Blickt man auf die Nachfragesektoren, so sorgen im Moment vor allem der sommerliche Flugverkehr, die verstärkte Nutzung von Öl im Stromsektor (Hitzewellen!) und die Petrochemie in China für eine verstärkte Nachfrage.
Völlig unerwartet verzeichnet auch der globale Benzinverbrauch einen Höhenflug. Bisher gingen die meisten Analysen davon aus, dass der Höhepunkt des Benzinverbrauchs 2019 überschritten wurde. Das ist jetzt nicht mehr so klar: Benzin profitiert davon, dass der Neukauf effizienterer Fahrzeuge verschoben wurde und dass vor allem in Europa der skandalumwitterte Dieselmotor gegenüber dem Ottomotor an Boden verlor.
Die drei meistzitierten Institute (IEA, EIA, OPEC-Sekretariat) sind sich in ihren Prognosen weitgehend einig. Ein globaler „Peak Oil“ ist zumindest kurzfristig nicht zu erwarten. Umstritten ist nur, ob der Wendepunkt vor oder nach 2030 eintreten wird.
Für die Ölindustrie sind die neuen Prognosen ein willkommener Vorwand, die Energiewende im eigenen Haus erst einmal zu verschieben. Wir liefern, was der Markt verlangt – so heißt das neue Credo.