Am 12. September hat die chinesische Regierung (State Council) ihren neuen, konkretisierten Plan zur Bekämpfung von Smog und Umweltverschmutzung veröffentlicht. Nach der Smogkatastrophe in der Region Peking im Januar 2013 war der öffentliche Druck enorm gestiegen. Schutzmasken sind zu einem alltäglichen Anblick in vielen Städten geworden. Hochqualifizierte Arbeitnehmer werden eher mit hochwertigen Luftfiltern für Privatwohnungen, als mit Dienstwagen geködert. Schulen werben mit ihrer Atemluftqualität. Umweltverschmutzung hat mittlerweile Landenteignungen als wichtigste Ursache für Proteste und Demonstrationen abgelöst.
Nicht zuletzt ein Twitterfeed der US-Botschaft in Peking hatte den Stein ins Rollen gebracht. Darin wurden die bislang von der Pekinger Stadtregierung geheim gehaltenen Luftwerte stündlich veröffentlicht. Den chinesischen Behörden blieb nichts anderes übrig als mitzuziehen, so dass nun in Peking und vielen anderen Städten eine gewisse Transparenz über den Grad der Gesundheitsgefährdung besteht.
Der jetzt veröffentlichte Plan soll die besonders gefährlichen Smogpartikel (PM2.5) in Peking, Tianjin und der Provinz Hebei bis 2017 um 25% reduzieren, in Shanghai bzw. dem Yangtze Flussdelta um 20% sowie im Perlflussdelta (Hongkong, Guangzhou) um 15%. Drei Maßnahmen stehen im Mittelpunkt:
1. Der Anteil der Kohle am chinesischen Energiemix soll bis 2017 von derzeit 67% auf unter 65% fallen. Dazu soll eine Reduzierung der Stahlproduktion ebenso beitragen wie die beschleunigte Schließung alter energieintensiver Anlagen.
2. Stattdessen werden Atomenergie und Erdgas stärker gefördert. Die Ausbauziele für die Atomkraft, die nach Fukushima deutlich reduziert worden waren, wurden implizit wieder leicht angehoben (50 GW bis 2017 statt 58 GW bis 2020; derzeit sind es 12,5 GW)
3. Schließlich sollen die besonders von Smog betroffenen Metropolen die Zahl der Automobile „scharf“ reglementieren. Die übrigen Städte sollen die Automobilisierung nur in „vernünftigem“ Umfang anwachsen lassen. Weniger moderne, emissionsreiche Fahrzeuge („Yellow Label“) sollen bis 2015 bzw. 2017 von den Straßen Chinas verschwunden sein. Für den übrigen Fahrzeugpark wurden die Vorschriften jedoch nicht verschärft.
Unser Kommentar:
Eine leichte Beschleunigung der Energiepolitik; letztlich ein halbherziger Schritt in die richtige Richtung und sicherlich keine „Energiewende“. Dem aktuellen Plan fehlen zudem zahlreiche Konkretisierungen für eine erfolgreiche Implementierung und Überwachung der Ziele.
Die Rolle der Kohle wird wie erwartet prozentual reduziert, aber in absoluten Mengen wird der Kohleverbrauch wohl bis mindestens 2020 weiter steigen. In den dicht bevölkerten Küstenregionen sollen keine neuen Kohlekraftwerke genehmigt werden, aber es ist zu erwarten, dass Kohlestrom über das rasch expandierende Stromnetz aus anderen Provinzen importiert wird.
Der Ausbau der Erdgasversorgung wird nach wie vor von den hohen Gaspreisen gebremst. Hier leisten die Stromkonzerne und die Industrie hinhaltenden Widerstand. Der Plan befürwortet zudem den Bau der großen Coal-to-Gas-Anlagen, die einen hohen Wasser- und Energiebedarf haben. Der Ausbau der AKW wiederum könnte rasch am wachsenden Widerstand in der Bevölkerung sowie an Engpässen der (häufig regionalen) Zulieferer scheitern.
Weitere Links zum Thema:
1. [icon icon=”0077.png”][/icon] Interview zum Thema mit Dr. Steffen Bukold, EnergyComment (am Rande des SwissECS Summit in Bern) im Schweizer Radio (SRF 4 News Iwan Santoro)
2. Monatliche News zur chinesischen Energiepolitik im Global Energy Briefing (hrsg. v. EnergyComment).
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