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INHALT
ÖLPREISE
– Ölpreisentwicklung
– Terminpreiskurve
– Preiskorrelationen
ÖLMARKT
– Aktuelle Entwicklung
– Ölangebot
– Ölnachfrage und Weltkonjunktur
– Lagerbestände
– Prognosen
ÖLPOLITIK & ENERGIEPOLITIK
Oilrix
Brennpunkte
FEATURE
Von Rockefeller bis Peak Oil – Ölkrisen 1850-2020
Ölchronologie
Impressum/Quellen
[divider]
1. Marktkommentar Ölpreise
Händler und Investoren sitzen in den Startlöchern, Experten verbreiten
Optimismus: Der Ölpreis „will“ steigen. Ende Februar schien die 50Dollar-
Marke greifbar, aber die Krise am Aktienmarkt wog am Ende
schwerer.
Nach den heftigen Prognosekorrekturen der großen Ölinstitute suchen
sich die Strategen anderswo Orientierung: Der Dow Jones wird zum
Proxy der Ölnachfrage – als ob die Aktienhändler mehr über den
Zustand der Weltwirtschaft wüssten. Der IWF gilt nun als globale
Autorität in Sachen Wirtschaftswachstum, doch auch er fasst nur die
allseits bekannten Daten zusammen.
Und der Ölmarkt? In der Tat deutet einiges auf eine Normalisierung der
Marktbalance: WTI hat sich erholt, die Terminpreiskurve ist flacher, die
Lagerbestände stagnieren oder fallen leicht, der Nachfragerückgang in
den USA scheint sich nach vorläufigen Daten 2009 nicht mehr zu
beschleunigen. Gleichzeitig gelingt es der OPEC offenbar, ihre massiven
Kürzungsbeschlüsse in die Tat umzusetzen.
Jetzt ist die große Frage: Wird der Ölpreis noch von der Nachfrageseite
gedrückt oder schon vom knapperen Angebot nach oben gezogen? Die
letzten Konjunkturindikatoren lassen vermuten, dass sich die Weltwirtschaft
immer noch im freien Fall befindet (vgl. Kap. Ölmarkt).
Ohne zusätzliche Kürzungen der OPEC könnte also die Nachfrageseite
dominant bleiben.
Unterdessen wird Peking zum größten Verfechter der Peak-Oil-Theorie:
Weltweit vergibt das solvente Reich der Mitte Milliardenkredite, um die
Ölströme dauerhaft Richtung Heimat zu lenken (vgl. Kap. Ölpolitik).
Für den Fall, dass Peking recht behält: Das Feature in dieser Ausgabe
gibt einen Überblick über Krisen und Paradigmen der Ölgeschichte.
2. Die aktuelle Entwicklung der Ölpreise
Seit dem letzten Global Oil Briefing vom 10. Februar haben die Weltölpreise ihre Achterbahnfahrt fortgesetzt. Einer
Schwächephase bis zum 18. Februar folgte ein Wiederanstieg bei Brent und OPEC-Basketöl auf das Niveau von 44-46
$/b. WTI konnte sich noch stärker stabilisieren und hat sich wieder an die Weltmarktpreise angekoppelt. Es profitierte
dabei von drei Faktoren: einer Stagnation der Lagermengen, verringerten Ölimporten und verbesserten Raffineriemargen bei Benzin. Die Lager am Pipelinekreuz Cushing sind allerdings immer noch in der Nähe des
Rekordhochs.
Die Preise der drei Benchmarköle liegen jetzt erstmals in 2009 eng beieinander, wie Chart 1 zeigt. Allerdings gibt es
keinen Ausbruch nach oben oder unten, so dass charttechnisch immer noch von einer Seitwärtsentwicklung
auszugehen ist.
Chart 1: Die aktuelle Ölpreisentwicklung vom 31.12.2008 bis 4.3.2009
Quellen: ICE, WSJ, OPEC
Das zeigt auch der Wochenchart (Chart 2) und der Monatschart (Chart 3). Die Beruhigung der Preise hält nun schon
über drei Monate an. Brent bleibt weiter in der Nähe der 45 $/b-Marke.
Selbst im langfristigen Chart seit 2001 (Chart 3) ist die Beruhigung auszumachen. Die aktuellen Preise stabilisieren
sich auf einer Höhe, die zuletzt um den Jahreswechsel 2004/2005 gesehen wurde.
Damit lässt ein „V-Shape“, also die von einigen noch im Spätherbst erwartete rasche Gegenbewegung, weiter auf sich
warten. Langfristige Peakölängste, OPEC-Kürzungen und kleinere spekulative Anläufe waren bislang lediglich in der
Lage, den Abwärtstrend zu stoppen.
Chart 2: Wochenschlusskurse Januar 2008 bis Ende Februar 2009 (ICE Brent )
Quelle: ICE
Chart 3: Die langfristige Entwicklung seit 2001 (Monatschlusskurse ICE Brent bis Februar 2009)
Quelle: ICE
Chart 4: Terminpreiskurven für Brent-Öl (ICE)
Quelle: ICE
3. Die Terminpreiskurve für ICE-Brent
Chart 4 zeigt, dass sich die Terminpreiskurve in
den letzten Wochen deutlich abgeflacht hat – ein
weiteres Zeichen der Normalisierung in den
Ölmärkten. Das amerikanische „Super-Contango“
ist vorläufig verschwunden. Die Contango-Lage
(d.h. Preise für zeitnahe Lieferungen liegen unter
den Preisen für spätere Lieferungen) war von
Dezember bis Februar sehr ausgeprägt. Doch in
den letzten Wochen blieben die Preise für zeitnahe
Lieferungen stabil, während sie für spätere
Liefertermine deutlich einbrachen, so z.B. für
Dezember 2010 von 61 $/b auf 55 $/b. Die
gesamte Kurve rutschte um etwa 5 $/b nach
unten.
Einerseits spricht das dafür, dass die aktuelle
Versorgungslage etwas ausgeglichener ist.
Andererseits zeigt die Terminpreiskurve, dass der
längerfristige Preisoptimismus geschwunden ist.
Zwischen November und März (siehe Chart 4) fiel
der Preis für April-09-Öl von 53 auf 43 Dollar,
aber für Dezember 2011 von 77 auf 59 $/b, also
fast doppelt so stark.
Allerdings sind Terminpreiskurven nie ein
eindeutiger Indikator. Preisveränderungen am
langen Ende könnten auch Folge von
Positionsverschiebungen sein, die nicht unbedingt
eine veränderte Preiserwartung reflektieren
müssen, sondern unter Gesichtspunkten
interpretiert werden müssen, die den
Marktbeobachtern nicht bekannt sind. Dazu
gehören z.B. Kreditprobleme, die bestimmte
Fonds oder Hedger zum Positionsabbau zwingen.
4. Ölpreis-Spekulation / COT-Daten
Der beobachtbare Teil der Ölpreisspekulation
hatte in den letzten drei Wochen keine klare
Richtung. Es überwogen kurzfristige
Engagements, da ein Szenario für längerfristige
Bewegungen nach wie vor fehlt.
Die CFTC meldete, dass die Non-Commercials,
also vor allem Hedge Fonds, ihre Long-Positions
an der Nymex bis zum 10. Februar auf nur noch
16.600 Lots reduziert hatten. In der Woche bis
zum 17. Februar wurden sie dann deutlich auf
45.000 Kontrakte ausgebaut, um dann bis zum 24.
Februar, wohl für Gewinnmitnahmen, wieder
reduziert zu werden.
Jeder Positionswechsel bei den Futures wurde
durch Optionen umfangreich abgesichert. Auch
das deutet darauf hin, dass eher kurzfristig und
orientierungslos agiert wird.
Demgegemüber haben passive Öl-ETF
(börsennotierte Fonds, die in Ölterminkontrakten investieren) fast überhaupt keinen Spielraum in ihrer Anlagestrategie. Der United States Oil Fund hatte durch das
Rollen seiner Terminkontrakte im letzten Monat die Preise verzerrt und für einigen Wirbel gesorgt (vgl. GOB Nr.1).
In der Zwischenzeit wurden nähere Einzelheiten bekannt. Es stellte sich heraus, dass die viel zitierten Position Limits
der Nymex lediglich Richtwerte sind und keine verbindlichen Oberwerte. Der USOF konnte daher am 26. Februar
nach eigenen Angaben 59.495 Kontrakte in Light Sweet Crude (Nymex), 4.000 Kontrakte im Penultimate LS Crude
(Nymex) und 31.113 Kontrakte (Light Sweet) an der ICE halten. Das hatte zusammen einen Marktwert von 4,32
Mrd. Dollar.
Das stellt zwar „nur“ 5% (Nymex) bzw. 6,5% (ICE) des gesamten Open Interest an den beiden Ölbörsen dar, aber
wenn man nur den Frontmonat betrachtet, entsteht ein Gewicht von 20% (Nymex) bzw. 35% (ICE). Es musste daher
fast zwangsläufig zu Verwerfungen kommen. Da das Rollen regelmäßig und vorhersehbar erfolgt, hatten immer mehr
Trader die Zwangslage des Fonds zu ihren Gunsten ausgenutzt und die Volatilität weiter vergrößert.
5. Korrelationen des Ölpreises mit anderen Märkten
Chart 5 zeigt die wöchentlichen Preisschwankungen beim Ölpreis (ICE-Brent), dem breiten Rohstoffindex RJ/CRB,
dem Dollar/Euro-Verhältnis und den amerikanischen Aktienmärkten, gemessen am Dow Jones (DJIA). Dabei sollte
man nicht vergessen, dass dieser Chart einen rein beschreibenden Charakter hat.
Die Devisenmärkte bleiben in den letzten drei Wochen relativ ruhig. Eine Korrelation zum Ölpreis ist nicht
erkennbar.
Deutlicher war die Übereinstimmung mit den Aktienmärkten. Öl und Dow Jones bewegten sich die ersten beiden
Wochen im Einklang, aber in der letzten Woche entgegengesetzt.
Ab dieser Ausgabe wird auch der Rohstoffstoffindex RJ/CRB abgebildet (rote Säulen). Er gewichtet die Rohstoffe
nach dem Umfang ihres Handelsvolumens, wobei Petroleum (Rohöl, Benzin, Heizöl) ein Drittel des Index darstellt.
Eine gewisse Korrelation ist also unvermeidlich. Die Entwicklung seit Jahresanfang zeigt allerdings, dass sich die 19
Rohstoffe nicht im Gleichklang bewegen. Öl ist generell volatiler als der Index (7 von 9 Wochen) und kann sich
gelegentlich sogar in entgegengesetzter Richtung bewegen (1 von 9 Wochen).
Chart 5: Korrelationen zwischen Ölpreis, Dollarkurs, Aktien- und Rohstoffmärkten
Quelle: WSJ, Yahoo
Ölmarkt
1. Der Ölmarkt vom 10. Februar bis zum 5. März 2009
Die Preisentwicklung (Chart 1) zeigte bereits die unterschiedliche Entwicklung der Benchmark-Crudes: Während
Brent und OPEC-Basketöl zunächst fielen und dann auf ihr Ausgangsniveau zurückkehrten, erholte sich WTI von
seinem ungewöhnlich hohen negativen Spread und zog Anfang März gleich.
Noch am 12. Februar lag der Abstand zwischen WTI (33,98 $/b) und Brent (44,65 $/b) bei fast 11 Dollar. Der
Abstand zwischen März-WTI und April-WTI lag bei 8 $ („Super-Contango“).
Die Erholung kam in großen Tagessprüngen, vor allem am 19. Februar, als der Markt mit einem schwachen
Auslaufen des WTI-März-Kontraktes rechnete. Relativ stabile Lagerdaten (EIA) und vor allem der Rückgang der
Rohölimporte (-860 kb/d w/w) nährten die These, dass die OPEC-Kürzungen allmählich auf das Ölangebot
durchschlagen. Das wiederholte sich in der letzten Februarwoche mit erneut positiven Lager- und Importdaten (siehe
unten)
Schon zuvor hatte sich die Marktstimmung angesichts höherer Raffineriemargen bei Benzin und einer anscheinend
wieder wachsenden Benzinnachfrage verbessert. Jüngste Wochendaten deuteten auf eine US-Benzinnachfrage, die
über dem Vorjahr lag. Aber das könnte ein voreiliger Schluss sein (siehe unten).
Der RBOB Crack Spread war schon seit Jahresbeginn in allen Märkten (USA, Europa, Asien) im Aufwind. Er löst die
relativ schwachen Mitteldestillate (Diesel, Heizöl, Jet Fuel) als Preisführer ab und zieht auch die Rohölpreise mit nach
oben. Insbesondere Diesel ist konjunktursensitiv und leidet unter der weltweiten Kontraktion der Industriproduktion.
Ende Februar lag weltweit ein Ausbruch der Ölpreise aus dem Seitwärtskorridor der letzten drei Monate in der Luft,
wie die immer optimistischeren Expertenkommentare zeigten. Letztlich waren es aber wohl die schwachen
Aktienmärkte und immer neue Hiobsbotschaften aus der Bankenlandschaft, die eine stärkere Erholung zunächst
verhinderten. Am 27. Februar fiel der Dow Jones auf den niedrigsten Stand seit 1997. Auch fehlte ein
unkalkulierbarer Auslöser wie z.B. der Gaskonflikt Russland-Ukraine oder der Gazakrieg Ende Dezember.
2. Das Ölangebot
a) Non-OPEC
Das Ölangebot aus Ländern außerhalb der OPEC („Non-OPEC“) dürfte 2009 und 2010 deutlich geringer als erwartet
ausfallen. Die Ölfirmen haben drei Gründe, ihre Investitionen zu kürzen: Der niedrige Ölpreis, die Kreditklemme
und die immer tiefer fallenden Kosten. Sie liegen für neu ausgeschriebene Projekte nicht selten ein Drittel unter dem
Niveau des Vorjahres.
Eine Reihe von Projekten wurde storniert oder auf unbestimmte Zeit verschoben. Zwar sind die langfristigen
Preiserwartungen immer noch hoch, aber die Risikobereitschaft ist gefallen. Das betrifft vor allem nichtkonventionelles
Öl (Ölsand, GTL, CTL), Bioethanol/Biodiesel, konventionelle marginale Vorkommen und sehr
aufwendige Fördermethoden (EOR). Aber auch unterhalb der Projektebene wird eingespart: Druckabfall oder
steigende Wasseranteile werden anscheinend in vielen Feldern weniger energisch bekämpft als bisher.
Die IEA zitiert in ihrem letzten Monatsbericht (Februar) Umfragen von Barclays und IHS Herold, die auf einen
Rückgang der Upstream-Investitionen um 15% insbesondere in Nordamerika und Russland hindeuten. In den USA
bricht die Zahl der Gas- und Öl-Bohrungen rapide ein. Der Baker Hughes Rig Count stand im August 2008 bei 1961
Bohranlagen; Mitte Februar 2009 waren es nur noch 1246.
Andere Länder halten dagegen ihr Investitionsniveau. Dazu gehören Mexiko, China und Brasilien. Peking peilt 2009
eine Steigerung um 1,5% auf 3,85 mb/d an. Im Jahr 2011 sollen es bereits 3,97 mb/d sein.
Die größte Enttäuschung droht in Aserbeidschan. Hier wird in den Prognosen bislang ein deutlich wachsendes
Rohölangebot für 2009 erwartet. Nun heißt es aus Baku, dass man die Produktion erst einmal bei 900 kb/d
stabilisieren wolle. Das liegt nur 20 kb/d über dem Vorjahr. Die Ursachen könnten technische Probleme in den BP-
Feldern sein und/oder die schon 2008 angekündigte Solidaraktion mit der OPEC.
Der russische Energieminister Schmatko legt sich hingegen nicht fest: Je nach Steuerhöhe und Investitionsneigung
könnte die russische Produktion 2013 bei nur noch 9 mb/d oder bei 10,2 mb/d liegen. 2008 waren es 9,75 mb/d.
b) OPEC
Schon am 9.Februar erwähnte der OPEC-Generalsekretär el-Badri, dass in den OPEC-Staaten 35 von 150 Projekten
auf die Zeit nach 2013 verschoben worden seien. Allerdings blieb unklar, welche Projekte dies waren und welche
Ölmindermengen dies bedeuten könnte.
Aktuell hat das Kartell eher damit zu tun, seine Förderung so schnell wie möglich zu drosseln. Marktexperten
schätzten die Fördermenge (OPEC-11, also ohne Irak) Ende Januar auf 26,3 bis 26,5 mb/d, also etwa 1 mb/d
niedriger als Ende Dezember. Ende Februar lagen die Mengen nach ersten Schätzungen von Petrologistics nur noch
bei 25,3 mb/d. Fast alle Beobachter gehen mittlerweile davon aus, dass das im Dezember beschlossene Ziel von
24,845 mb/d in Reichweite liegt. Die OPEC hätte dann seit letztem Herbst 4,2 mb/d (5%) aus dem Markt
genommen.
Fast alle OPEC-Mitglieder haben im Februar gekürzt. Umstritten ist, ob und in welchem Umfang der Iran beigetragen
hat. Unbestritten ist hingegen, dass die Hauptlast der Kürzungen einmal mehr bei Saudi-Arabien lag. Hier könnte es
bald zu Engpässen in der Gasversorgung für die Stromerzeugung und Wasserentsalzungsanlagen kommen, da 60%
der Förderung als Associated Gas aus Erdölfeldern stammt. Fuel Oil wäre eine Alternative, aber Erdgas ist billiger.
Laut Platts/Jadwa Research dürfte der Gaspreis für die ortsansässige Industrie unter 1 $/Mbtu liegen.
3. Die Ölnachfrage
Aktuelle Daten über die Weltkonjunktur
Die folgende Tabelle präsentiert eine Auswahl der wichtigsten neuen Konjunkturindikatoren, die im Berichtszeitraum
veröffentlicht wurden. Sie konzentriert sich auf wichtige Ölkonsumregionen, die zeitnahe Indikatoren veröffentlichen.
An erster Stelle steht naturgemäß die USA, die nicht nur der mit Abstand wichtigste Ölkonsument ist (etwa 22% des
Weltverbrauchs), sondern auch eine Fülle von aktuellen Daten bereitstellt. Daneben ist die EU von großer Bedeutung
(etwa 18% des Weltölverbrauchs), China (knapp 10%), Japan (5%), Indien (4%) und Südkorea (3%). Zusammen
stehen diese Länder für knapp zwei Drittel des weltweiten Ölbedarfs.
Die Daten zeichen ein düsteres, wenn auch nicht völlig einheitliches Bild der Weltwirtschaft. China erlebt eine starke
Eintrübung der Realwirtschaft, kann aber auf ein intakes Finanzsystem und nahezu neutrale Frühindikatoren
(Einkaufsmanager) verweisen, die schon seit mehren Monaten wieder steigen. Die Ankündigung des großen
Konjunkturprogramms hat zweifellos die Zuversicht gestärkt.
Anders in den USA. Hier setzt sich die Kontraktion der Wirtschaft ungebremst fort. Der Arbeitsmarkt bricht
zusammen und verliert monatlich etwa 700.000 Stellen. Die tiefe Krise des Immobilienmarktes erfasst nun auch die
Gewerbeimmobilien. Die Bankenbranche ist paralysiert. Die Industrieproduktion schrumpft monatlich um 2-3% und
die Auftragseingänge für langlebige Güter liegen derzeit 23% unter dem Vorjahr. Fast täglich werden neue
Finanzskandale bekannt. Die Börsen sind auf 10-Jahres-Tiefs. Händler sprechen bereits vom „Obama-Bear-Market“
an den Aktienbörsen. Die Frühindikatoren (Einkaufsmanagerindizes) fallen zwar nicht weiter, sind aber tief im
kontraktiven Bereich. Einziger Lichtblick ist der Einzelhandelsumsatz, der zwar im Vorjahresvergleich real fällt, aber
noch nicht eingebrochen ist.
Noch schneller schrumpft die Industrie in Japan, die besonders unter der Krise des amerikanischen und europäischen
Fahrzeugmarktes leidet. Die japanischen Exporte liegen derzeit 46% unter dem Vorjahreswert. Die
Industrieproduktion ist zweimal in Folge gegenüber dem Vormonat um 10% geschrumpft. Ähnlich in Südkorea, wo
die Industrieproduktion im Januar 26% unter dem Vorjahreswert lag. Auch Indien bleibt nicht verschont.
In der Eurozone (also ohne Großbritannien) ist die Realwirtschaft bislang relativ intakt. Die Arbeitslosigkeit stieg
minimal und der private Konsum geht nur langsam zurück. Der viel beachtete deutsche ifo-Geschäftsklimaindex für
Deutschland ist nur leicht gefallen. Allerdings sind auch hier die Auftragseingänge besorgniserregend. Sie lagen in der
Eurozone im Dezember 22% unter dem Vorjahreswert.
Ölmarkt/Konjunktur
4. März China Februar Der Einkaufsmanagerindex der China Federation ofLogistics and Purchasing meldet einen Anstieg ihresIndex auf 49 Punkte gegenüber 45,3 im Januar undeinem Rekordtief von 38,8 im November 2008 (Werte unter 50 deuten auf eine Kontraktion).
4. März USA Februar ISM-Einkaufsmanager-Index für Dienstleistungen fiel um1,3 auf 41,6 Punkte. Die Kontraktion beschleunigst sichdamit gegenüber dem Januar, ist aber deutlich langsamer als im Dezember und November.
4. März USA Februar ADP (Beschäftigung in der privaten Wirtschaft) meldet -697.000 Arbeitsplätze im Monat Februar.
2. März Südkorea Januar Die Industrieproduktion sank im Januar um 25,6% gegenüber dem Vorjahresmonat, stieg aber um 1,3% gegenüber Dezember.
2. März China Februar Der CLSA China Purchasing Managers´ Index (Einkaufsmanager-Index) stieg von 42,2 (Januar) auf45,1 Punkte (Februar), liegt damit aber zum siebten Malunter dem neutralen Wert von 50. Allerdings liegt der aktuelle Wert deutlich über dem November-Tief von 40,9.
2. März USA Februar ISM Manufacturing (Einkaufsmanagerindex) steigt zumzweiten Mal leicht an auf nunmehr 35,8 Punkte, was aber immer noch weit unterhalb der neutralen Zone von 50 Punkten liegt, die er bis Juli 2008 gehalten hatte; Stabilisierung bei Aufträgen und Vorräten, aber sehr schlechte Beschäftigungskomponenten
2. März USA Januar Bauausgaben fallen weiter deutlich (-9,1% y/y); dieSchwäche erfasst nun auch die gewerblichen Immobilien
27. Februar Japan Januar Die Industrieproduktion sank im Januar um 10% gegenüber Dezember, der seinerseits 9,8% unter dem November lag.
Die japanischen Exporte lagen im Januar 45,7% unterdem Vorjahreswert.
27. Februar USA Februar Einkaufsmanagerindex für die Region Chicago steigtleicht von 33 auf 34 Punkte (Werte unter 50 signalisiereneine Schrumpfung)
27. Februar Eurozone Januar Arbeitslosenquote in Eurozone steigt leicht von 8,1% auf8,2%.
27. Februar USA Q4 GDP Q4 liegt 0,8% unter dem Vorjahresquartal; Q3 lag noch 0,7% darüber.
26. Februar (rev. 5. März) USA Januar Durable Goods Orders, also die Aufträge für langlebige Güter, fielen um 4,5% gegenüber dem Vormonat und damit zum sechsten Mal in Folge. Im Jahresvergleichliegen die Aufträge 23% unter dem Vorjahresmonat.
26. Februar USA Februar Die wöchentlichen neuen Anträge auf Arbeitslosenhilfe stiegen auf 667.000, den höchsten Wert seit 26 Jahren. Fortlaufende Anträge (continuing claims) erreichten ein Allzeithoch von 5,11 Mio.
24. Februar Deutschland Februar ifo-Geschäftsklimaindex ging leicht auf 82,6 Punktezurück (Januar: 83,0; Februar 2008: 104,0).
24. Februar Eurozone Dezember Rückgang der Auftragseingänge um 22% gegenüber dem Vorjahresmonat (November -26%).
19. Februar USA Februar Der regionale Philadelphia Fed-Index fällt stark auf -41,3Punkte; die schwächste Komponente ist dieBeschäftigung.
18. Februar USA Januar US-Industrieproduktion sinkt 1,8% unter den Dezember-Wert, der seinerseits 2,4% unter dem Niveau des Novembers lag. Die Manufacturing-Komponente sanksogar um 2,5% (Dezember: -2,9%).
16. Februar Japan Q4 BIP sinkt um 3,3% gegenüber dem Vorquartal.
12. Februar USA Januar Einzelhandelsumsatz legt gegenüber dem Vormonat unerwartet um 1,0% zu, nachdem er im Dezember um 3,0% gefallen waren.
12. Februar Indien Dezember Industrieproduktion geht im Dezember um 2% gegenüber dem Vorjahresmonat zurück; im November lag sie noch 1,7% darüber.
Ölnachfrage USA
Der folgende Chart 6 zeigt die amerikanische Ölnachfrage, die aus Daten der EIA indirekt berechnet werden kann
(Products Supplied). Bis zum Dezember liegen die revidierten Monatswerte vor. Für Januar und Februar 2009 sind
nur die vorläufigen Wochenwerte verfügbar, die hier zu monatlichen Durchschnittswerten umgerechnet wurden.
Der Trend zeigt im Dezember eine stabile Entwicklung, die aber etwa 1,6 mb/d unter dem Vorjahreswert bleibt (der
Septemberwert war durch Hurrikanschäden verzerrt). Die vorläufigen Werte für Januar und Februar liegen fast auf
Vorjahresniveau. Ihr Aussagewert ist jedoch begrenzt. Die vorläufigen Werte für Dezember lagen etwa 0,7 mb/d über
den revidierten Monatswerten. Es wäre daher nicht überraschend, wenn auch Januar und Februar deutlich nach unten
korrigiert werden.
Das gilt auch für die Charts 7 und 8. Sie zeigen die Nachfrage nach Benzin bzw. Mitteldestillaten (Diesel, Heizöl).
Die Entwicklung bei Benzin spiegelt die Gesamtentwicklung wider: Stabilisierung im Dezember, Anziehen der
Nachfrage in 2009. Aber auch hier liegen für dieses Jahr noch keine revidierten Werte vor.
Die konjunktursensiblen Destillate scheinen sich schwächer zu entwickeln. Gegen den Trend fiel die Nachfrage im
Dezember. Auch hier bleibt abzuwarten, wie zuverlässig die Werte für 2009 sind.
Die Charts 9 und 10 zeigen die Ölimporte der USA. In Chart 9 sieht man die Gesamtbilanz, also die Nettoimporte
von Rohöl und Ölprodukten (net petroleum imports), in Chart 10 nur die Rohölimporte. Die Importmengen sind, wie
insbesondere in Chart 9 zu sehen sind, auf durchaus normalem Niveau, geben also noch keinen klaren Hinweis auf
die Wirkung der OPEC-Exportkürzungen. Die schwache Binnenkonjunktur der USA sollte die Importmengen
eigentlich merklich reduzieren. Die hohen Importe lassen nun die Lagerbestände anschwellen, könnten aber auch ein
Hinweis auf eine relativ robuste Nachfrage sein.
Chart 11 ist ein Indikator für den Benzinverbrauch. Er zeigt den Straßenverkehr in den USA, gemessen in PKW-
Fahrzeugmeilen. Die Werte für 2008 liegen schon seit März unter den Vorjahren, insbesondere der November. Nun
liegt auch der Dezemberwert vor. Er zeigt eine Annäherung an die Durchschnittswerte. Das dürfte eine Folge der
niedrigen Benzinpreise sein, die aktuell nur noch halb so hoch wie im Sommer 2008 sind. Die Beobachtung deckt sich
mit den Nachfragewerten (Chart 7).
Chart 12 erweitert Chart 11 mit einem gleitenden 12-Monatsdurchschnitt in der langfristigen Perspektive. Ende 2007
wurde ein jahrezehntelanger Trend gebrochen. Im November 2007 erreichte die Verkehrsmenge zeitgleich mit dem
Beginn der amerikanischen Rezession ihren Höhepunkt bei 3038 Mrd. Fahrzeugmeilen. Im Dezember 2008 lag der
Wert bei 2922 Milliarden, also 3,8% niedriger.
Chart 6: Die US-Ölnachfrage im Monatsdurchschnitt (Products Supplied)
Chart 7: Die US-Benzinnachfrage im Monatsdurchschnitt (Products Supplied)
Chart 8: Die US-Mitteldestillatnachfrage im Monatsdurchschnitt (Products Supplied)
Quelle: EIA
Chart 9: US-Nettoimporte von Rohöl und Ölprodukten Chart 10: US-Nettorohölimporte
Quelle: EIA
Chart 11: Straßenverkehr USA (Individualverkehr) – Milliarden Fahrzeugmeilen pro Monat
Quelle: EIA
Chart 12: US-Straßenverkehr – laufender 12-Monatsdurchschnitt
Januar 1983 – Dezember 2008 in Mrd. Fahrzeugmeilen (Individualverkehr)
Ölnachfrage: Andere Regionen
Beim drittgrößten Ölverbraucher der Welt, Japan, setzte sich der Rückgang der Ölnachfrage fort. Im Januar lagen die
Rohölimporte 8% unter dem Vorjahr. JBC Energy zitiert amtliche Statistiken, wonach die Produktverkäufe im selben
Monat zum achten Mal in Folge auf nunmehr 3,71 mb/d gefallen sind. Das ist der niedrigste Stand seit 20 Jahren und
rangiert 9,2% unter dem Vorjahr.
Quelle: DoT
In China stiegen der Raffinerieoutput gegen den globalen Trend an. Das muss jedoch kein Hinweis auf eine höhere
Nachfrage sein, sondern könnte das Ergebnis verringerter Produktimporte und attraktiverer Exportmöglichkeiten sein.
Laut Zollbehörden fielen die Rohölimporte im Januar gegenüber dem Vorjahr um 8% auf 3,04 mb/d. Platts sieht den
Nettoimport von Rohöl und Ölprodukten (net petroleum) 13,6% unter dem Vorjahr.
Damit setzt sich der Konjunktureinbruch in China fort. In den ersten neun Monate des Jahres 2008 lag der
Produktkonsum noch 15,2% über dem Vorjahr; im vierten Quartal dagegen 3,6% darunter. Platts schätzt für die
einzelnen Monate, dass der Konsum im November 2% unter dem Vorjahreswert lag, im Dezember bereits 6,5%.
Die Experten sind sich über die Ölnachfrage Chinas im Jahr 2009 nicht völlig einig, gehen aber unisono von einem
leichten Anstieg aus. Wood Mackenzie erwartet +0,4%, die IEA +0,7%, die OPEC +2,25% und JBC Energy etwa
+3,6% (+285 kb/d).
Ölnachfrage der Industrieländer ohne USA
Der folgende Chart 13 zeigt die Ölnachfrage in den Industrieländern ohne die USA. Statistische Probleme und
Ungenauigkeiten führen dazu, dass insbesondere die Daten für November und Dezember 2008 mit Vorsicht
interpretiert werden müssen. Die Nachfrage hat sich ähnlich wie in den USA entwickelt. Im November lag sie etwa
1,8 mb/d und im Dezember etwa 1 mb/d niedriger als ein Jahr zuvor. Das ist ein Rückgang um 6% bzw. 3,5%. Der
prozentuale Rückgang in den USA liegt mit 7,5% bzw. 7,3% deutlich darüber.
Chart 13: Ölnachfrage in Industrieländern (OECD) ohne USA
Nachfragesektoren
Im globalen Flugverkehr verschärfte sich der extreme Nachfrageeinbruch weiter (vgl. GOB 1). Der internationale
Frachtverkehr (Tonnenkilometer) lag im Januar 23,2% unter dem Vorjahr (Dezember -22,6%), wobei besonders Asien
mit -28,1% betroffen war. Der internationale Passagierverkehr (Passagierkilometer) fiel im Januar um 5,6% gegenüber
2008, ebenfalls ein steilerer Rückgang als im Dezember (4,6%). Grob geschätzt (eigene Schätzung) bedeutet der
Einbruch des Luftverkehrs im Januar einen Rückgang des Jet-Fuel-Bedarfs um etwa 200 kb/d gegenüber dem Vorjahr.
Fortsetzung in Teil 2